Volles Haus beim nachgeholten „Talk im DKH“ mit dem bekannten Islamkritiker Hamed Abdel-Samad in Dortmund

Mehrfach kam es zu verbalen Duellen zwischen Aladin El-Mafaalani und Hamed Abdel-Samad.
Mehrfach kam es zu verbalen Duellen zwischen Aladin El-Mafaalani und Hamed Abdel-Samad.

Von Clemens Schröer (Text) und Alexander Völkel (Fotos)

Endlich war es so weit: Der international bekannte Politikwissenschaftler und Islamkritiker Hamed Abdel-Samad zu Gast bei Aladin El-Mafaalanis „Talk im DKH“ in Dortmund. Vor einem guten halben Jahr sollte es schon über die Bühne gehen, doch Sicherheitsbedenken sprachen dagegen und deswegen fand die Veranstaltung nun auch nicht im Dietrich-Keuning-Haus in der Nordstadt statt, sondern im Reinoldinum, dem Tagungszentrum der Ev. Kirche in der City.

Großes Interesse an den Thesen des streitlustigen Islamkritikers

Kabarettist Ilhan Atasoy - Der König vom Borsigplatz - sorgte für den unterhaltsamen Rahmen.
Kabarettist Ilhan Atasoy – Der König vom Borsigplatz – sorgte für den unterhaltsamen Rahmen.

Binnen weniger Tage waren die Plätze im Großen Saal der kirchlichen Einrichtung vergeben worden. Intensive Sicherheitskontrollen draußen, viele Beamte des Landeskriminalamtes drinnen. Der Saal mit seinen 300 Plätzen fast voll, das Publikum sehr gemischt. Neben der Mitte der Zivilgesellschaft und etwas politischer Prominenz auch rhetorisch auf Krawall gebürstete Islamgegner und angriffslustige Verteidiger.

El-Mafaalanis dramaturgische Entscheidung, den Großteil des Abends im direkten Schlagabtausch mit seinem Widerpart zu bestreiten, das Publikum dagegen erst nach gut 90 Minuten direkt Fragen stellen zu lassen und auch hier straff zu redigieren, war deshalb gut nachvollziehbar, wie einige Redebeiträge der ZuhörerInnen erweisen sollten.

Diese sahen das naturgemäß anders, doch dazu unten mehr. Ilhan Atasoy, der „König vom Borsigplatz“, umrahmte den Abend mit einigen kabarettistischen Einlagen und bekannte zu Beginn, beim türkischen Verfassungsreferendum mit „HAYIR“, also „Nein“ gestimmt zu haben.

Abdel-Samad weist den Vorwurf zurück, ein Islamhasser zu sein

Hamed Abdel-Samad
Hamed Abdel-Samad

Zunächst wies Abdel-Samad den Vorwurf zurück, er sei ein Islamfeind, Islamhasser oder islamophob. Aber er sieht im Umgang vieler gläubiger Muslime mit Kritikern wie ihm Symptome einer Krankheit, die tief im Islam selbst wurzele.

Er unterscheidet ganz klar zwischen dem spirituellen Islam und den diesen vorrangig im privaten Raum lebenden Muslimen auf der einen Seite, denen seine wohlwollende Sympathie gelte, sowie dem Islamismus als einer politreligiösen Ideologie und den diese verfechtenden Islamisten auf der anderen Seite, denen sein eigentlicher Kampf gilt.

So gering sei die reflektierte Distanz auch vieler „normaler“ Muslime gegenüber ihrer Religion, dass sie sich bei jedweder Kritik sofort persönlich angegriffen fühlten, von den gewaltbereiten Fanatikern ganz zu schweigen.

Wer kritische Bücher über den Islam schreibe, werde bedroht und müsse unter Polizeischutz gestellt werden. Das gebe es bei keiner anderen Religion. Weiteres Kennzeichen sei, dass sie sich gegen jede Evidenz zur Pauschalverteidigung aufgefordert sähen, weshalb sie behaupteten, Gewalt, Terror und Diktatur habe mit dem Islam überhaupt nichts zu tun.

Unglaubwürdige und kurzsichtige Verharmlosungen, die wiederum natürlich die Gräben zu den Mehrheitsgesellschaften in nichtmuslimischen Ländern vertieften.

Koran-Exegese als Diagnose und Therapieansatz für ein „krankes“ Islamverständnis

Im Vorfeld waren binnen weniger Tage die 300 Plätze vergeben. Fotos: Alex Völkel
Zugang nur mit Voranmeldung: Im Vorfeld waren binnen weniger Tage die 300 Plätze vergeben.

Ein realistisches Verständnis der eigenen Religion, eine präzise Diagnose, ist nach Meinung des Autors zahlreicher einschlägiger Fachbücher unverzichtbare Grundbedingung einer Heilung des Islam.

Daran hat sich Abdel-Samad in „Der Koran“, seinem jüngsten Buch, versucht. Das heilige Buch der Muslime selbst enthalte sowohl eine Botschaft der Liebe als auch eine Botschaft des Hasses.

Nicht nur die tätigen Menschenfreunde und sehnsuchtsvollen Gottsucher, wie etwa die Sufis, die die Schöpfung bewahren möchten, im Gebet Trost und im Fasten Läuterung fänden, könnten sich auf entsprechende Koranverse berufen, sondern leider auch die Hassprediger, Dschihadisten und Diktatoren.

„Entgöttlichung und Vermenschlichung“ der Heiligen Schrift als Königsweg

Aus diesem Dilemma hilft nach Abdel-Samad nur ein radikaler Schnitt, der Bruch mit der herrschenden Lehre, dass der Koran insgesamt das authentische, zeitlos gültige Wort Gottes sei.

Stattdessen sei er ein von Menschen verfasstes Buch, das eine Vielzahl menschlicher Befindlichkeiten und gesellschaftlicher Erfordernisse und Ordnungsvorstellungen der Zeit des Propheten Mohamed und insbesondere dessen wechselnde Interessenlagen widerspiegele.

Diese Auffassung erst erlaube eine auswählende „Tauglichkeitsprüfung“. Abdel-Samads Maßstab wäre der neuzeitliche Humanismus, die Hass- und Kriegsaufrufe, die Verherrlichungen einer theokratischen Diktatur landeten damit auf dem Müllhaufen der Religionsgeschichte.

Die Unterschiede zur liberalen Religionskritik Kaddors und Korchides

So radikal wie Hamed Abdel-Samad verfahren liberale muslimische Wissenschaftler wie die in Dortmund gern gesehene Religionswissenschaftlerin Lamya Kaddor (sie bestritt den ersten „Talk im DKH“) und Mouhanad Korchide (er sprach letztes Jahr vor vollem Haus in der Reinoldi-Kirche) jedoch nicht, wenn sie die Gesamtgöttlichkeit des Koran beibehalten.

Sie unterscheiden lediglich, mittels luzider hermeneutisch-historistischer Exegesen, zwischen nur zeitverhaftet gültigen und damit heute überholten Teilen und dem unwandelbaren Kern des den Menschen in Barmherzigkeit zugewandten Gottes und der basalen Glaubenspflichten.

Das führe mitunter zu unglaubwürdigen Verrenkungen, etwa wenn es wichtiger sei, die Prügelerlaubnis für eine unbotmäßige Ehefrau doch noch irgendwie mit dem heutigen Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit in Einklang zu bringen, statt diese archaische Praxis ein für alle Mal für obselet zu erklären. Dafür erhielt Abdel-Samad starken Applaus.

Unterschied zwischen dem muslimischen und christlichen Gottesverständnis

An dieser Stelle machte Abdel-Samad dann noch auf einen fundamentalen Unterschied zwischen dem klassisch-muslimischen und klassisch-christlichen Gottesverständnis aufmerksam: Während Allah vom Menschen verlange, sich ihm in letzter Konsequenz zu opfern, der Märtyrertod sei das höchste, opfere sich nach christlicher Überzeugung Gott dem Menschen.

Abdel-Samad beklagte sich über eine mangelnde Dialogbereitschaft der konservativen und teils moderaten Gläubigen mit ihm, dem „Abtrünnigen“. Besonders stört ihn, dass viele sich das Recht zu selbstgerecht-exaltiertem Beleidigtsein herausnähmen, während sie ihn, der tatsächlich übelst diffamiert und selbst mit dem Tod bedroht werde, im Stich ließen.

Zusätzlich stoßen ihm die geheuchelten Bekundungen zur Dialogbereitschaft auf. So fragte er, ob es zum Beispiel in den DITIB-Moscheen möglich sei, über Erdogan zu diskutieren. Die sunnitischen Deutschtürken, also Kurden und Aleviten herausgerechnet, liege „die Zustimmung zum türkischen Diktator bei 80 Prozent“.

Und dies sei nicht zuletzt deshalb skandalös, weil Erdogan sich neulich herausgenommen habe, den Europäern damit zu drohen, dass hier bald keiner mehr auf den Straßen sicher sei, wenn die angeblich schlechte Behandlung „der Muslime“ nicht aufhöre. Da gab es einen Riesenapplaus.

Glorifizierung starker Führer im Herkunftsland als Zeichen fehlender Integration

Moderator Aladin E-Mafaalani
Moderator Aladin E-Mafaalani

Moderator Prof. Aladin El-Mafaalani entgegnete, dass es auch in Deutschland mit Sicherheit Sondergesetze geben würde, wenn an der Landesgrenze ein heißer Krieg tobe, eine Minderheit grenzüberschreitend und zunehmend militant aufbegehre.

Auch sei es kein türkendeutsches Spezifikum, für einen autoritären Führer im Herkunftsland zu schwärmen, wenn man sich hier nicht recht integriert fühle. Man betrachte nur das Verhältnis vieler Russlanddeutscher zu Putin und auch in der hiesigen polnischen Community genieße Kaczynski große Popularität.

El-Malaafani gab dann mehrere Beispiele, wo Muslime religionsspezifische Diskriminierung erfahren hätten. Als in den 1990ern in Bosnien und Tschetschenien die Muslime abgeschlachtet worden seien, habe der Westen nur zugesehen, desgleichen aktuell beim syrischen Bürgerkrieg, ganz anders habe es aber bei den Jesiden im Sindschargebirge oder arabischen Christen ausgesehen.

Schwierige Verortung der muslimischen Minderheit zwischen Selbstausgrenzung und Diskriminierung

Sein Diskussionspartner führte dagegen den Eingriff des Westens im Kosovo an und gab zu bedenken, dass die muslimischen Bürgerkriegsflüchtlinge Syriens in den muslimischen Nachbarländern sichere Zuflucht bekommen hätten, die Jesiden dort aber überall angefeindet würden.

Auch habe die Bundesregierung in 2015 ca. eine Million überwiegend muslimische Flüchtlinge aufgenommen. Generell forderte Abdel-Samad, dass die Muslime aus ihrer Opferrolle herauskommen und aufhören müssten, immer dem Westen die Hauptschuld für alles Leid in Nahost oder die nordafrikanische Küste entlang zu geben.

Was in internationaler Perspektive gelte, gebe es auch hier: In vielen muslimischen Familien gebe es eine Selbstausgrenzung, die Deutschen würden als „schmutzig“ gelten, das Ganze werde in den Moscheen oftmals noch verstärkt, Mangel an Qualifikation und Leistungsbereitschaft gern als Diskriminierung umgelogen.

Radikalisierungspotential: Wurzeln der Gewaltbereitschaft liegen in der Frühzeit des Islam

El-Malaafani schob nach, diese Haltungen würden maßgeblich dadurch verstärkt, dass die Muslime eigentlich ein religiös begründetes Elitenbewusstsein als Anhänger der „vollkommensten“ Religion hätten, in der Praxis aber oft nicht recht mitkämen und in den unteren Etagen der westlichen Gesellschaften verharrten. Dieses vermeintliche Unrecht radikalisiere sie enorm.

Abdel-Samad widersprach dem nicht. Er führte gegen die marxistische Ursachenzuschreibung im sozioökonomischen Bereich an, dass es auch andere Migrantengruppen mit Erfolgsproblemen gebe, aber keine davon zum „Gegenmittel“ religiös motivierter Gewalt greife.

Da war er wieder bei seiner Kernthese, dass der Koran eben auch eine „Botschaft der Gewalt“ enthalte und solche legitimiere. Dies sei aufs Engste mit der Situation Mohameds und seiner Anhänger verknüpft.

In der ersten Zeit in Mekka habe der noch machtlose Prophet ein stark christlich inspiriertes Barmherzigkeitsnarrativ gepredigt, mit nur gelegentlichen Giftigkeiten gegen die störrischen Ungläubigen durchsetzt.

In Medina hingegen habe Mohamed das neue Staatswesen mit einer Unzahl an Feldzügen, Kriegsbeute und Lösegeld für Kriegsgefangene am Leben erhalten und im Namen Gottes auch die harschen Gesetzesregeln der Scharia durchgesetzt.

Ziel sei nicht eine multikulturelle Gesellschaft gewesen, sondern der „Endsieg“ des Islamismus. Die heutigen Dschihadisten könnten sich zurecht auf diese gewaltsamen Elemente des Koran und der Glaubenspraxis berufen. Insofern sei es schizophren, dass die Mehrzahl der heutigen Muslime für Kalifat und Scharia sei, aber gegen den IS.

Schlagabtausch über die Befähigung zur menschenfreundlichen Humanität

El-Malaafani warf die langen Zeiten der Mäßigung ein, den Multikulturalismus in Al-Andalus, das „Goldene Zeitalter des Islam“, die Ambiguität im Sinne Thomas Bauers.

Abdel-Samad tat das damit ab, dort habe nur deshalb diese Offenheit geherrscht, weil der Islam in diesen Peripherien kaum eine Rolle gespielt habe, in den religiösen Hochburgen wie Mekka und Medina jedoch stets Starrsinn und Intoleranz.

Mohamed habe als Prophet, Staatsführer, Gesetzgeber, oberster Richter und Kriegsherr gehandelt, Jesus dagegen nie eine politische Funktion ausgeübt und auch deshalb die alttestamentarische Gewalt- und Vergeltungskultur zu einer Kultur des Verzeihens und der Nächstenliebe fortentwickeln können.

El-Mafaalani setzte dem wiederum die Denkfigur entgegen, das Christentum besitze vielleicht eine schöne, menschenfreundliche Ideologie, mit den Kreuzzügen einsetzend und dem Kolonialismus nicht endend, jedoch eine schlimme Praxis. Der Islam dagegen verzeichne zwar eine teilweise militantere Ideologie, jedoch eine humanere Praxis.

Publikum zwischen ideologischer Starrheit und Bereitschaft zur interkulturellen Verständigung

An diesem Punkt war nun endlich Raum für die Fragen des immer forcierter auf Beteiligung drängenden Publikums. Vor allem El-Mafaalani, der sich weniger als Moderator, sondern eher als ebenbürtiger Diskutant präsentierte, bekam zuvor immer wieder sein Fett weg.

Auseinandersetzung um kontroverse Äußerungen eines AfD-Politikers

AfD-Politiker Andreas Urbanek und Piraten-Politiker David Grade waren die ersten Besucher am Mikro.
AfD-Politiker Andreas Urbanek und Piraten-Politiker David Grade waren die ersten Besucher am Mikro.

Den Anfang machte der in der Nordstadt wohnende und aus dem Osten stammende AfD-Kommunalpolitiker Andreas Urbanek. Er behauptete zum einen, es gebe kaum Unterstützung der Muslime für Opfer des islamistischen Terrors. Ganz im Gegenteil hätten in der Nordstadt nach den Anschlägen in Brüssel im letzten Jahr öffentlich muslimische Jubelfeiern stattgefunden.

Zum anderen vetrat er eine kaum verbrämte kulturrassistische Variante der Flüchtlingspolitik: Sollte es in unseren westlichen Nachbarländern einmal zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen kommen, werde man die von dort Flüchtenden selbstverständlich aufnehmen, aber nur, weil sie aus dem gleichen Kulturkreis kämen.

David Grade, Nordstadt-Bezirksvertreter der Piraten, sah darin eine Ähnlichkeit zu der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit der Islamisten und bestritt entschieden, dass es solche Jubelfeiern gegeben habe.

Darin bestärkte ihn später auch ein Islamkundelehrer des Helmholtz-Gymnasiums mit seinem 90 Prozent-Anteil muslimischer SchülerInnen. Hier habe es stattdessen zum Gedenken an die Brüsseler Terroropfer Lichterketten gegeben.

Hamed Abdel-Samad kommentierte diesen Streit nicht, ergänzte aber, dass es ihn störe, dass Muslime bei israelischen Luftschlägen auf Gaza sofort auf die Straße gingen, der syrische Bürgerkrieg sie jedoch merkwürdig kalt lasse.

Testfall Kopftuch: Symbol oder Unterdrückung oder Zeichen für Liberalität?

Sarah Beckhoff, Vorsitzende der Jungen Union und Landtagskandidatin, der besagte Islamkundelehrer und seine Frau sprachen sodann das Kopftuchverbot an. Abdel-Samad kritisierte, dass das Kopftuch ursprünglich ein Privileg der freien Frauen gewesen sei, die Sklavinnen mussten unbedeckt gehen.

Heute werde es zunehmend zu einem Symbol des politischen Islam umfunktioniert, in repressiv-religiösen Gesellschaften sei es Zwang. Hierzulande dagegen solle es jeder Frau freistehen, ob sie es trage oder nicht, El-Mafaalani war ob dieser Liberalität überrascht.

Religionsmündigen Mädchen solle man es aber nicht oktroyieren, dies greife zu stark ins Grundrecht der freien Persönlichkeitsentfaltung ein. Dass eine Richterin auf dem Kopftuch bestehe, weil sie sich sonst „nackt“ fühle, leuchtet ihm jedoch nicht ein. Denn vor Gericht „passiert da nichts.“

Der muslimische Religionslehrer führt dazu mit seiner Frau, einer Literaturwissenschaftlerin an der Uni Essen, eine kleine Agitprop-Szene auf. Sie ist eine zum Atheismus konvertierte Ex-Muslimin mit Kopftuch und nahm dieses demonstrativ ab, er versicherte schmunzelnd, dass sie dafür aber keinerlei häusliche Sanktionen zu erwarten hatte.

Feindbildzementierung durch muslimischen Kunstlehrer aus der Nordstadt

Ein Kunstlehrer bezeichnete sich als stolzen Moslem und baute gegenüber dem Islamkritiker Abdel-Samad wieder die bedrohliche Front auf.

Er behauptete, der Islamkritiker habe alle Muslime und den Islam „faschistisch“ genannt. Und dies obwohl Abdel-Samad zuvor ganz eindeutig zwischen Islam und Islamismus sowie zwischen Muslim und Islamist differenziert hatte.

Das war nach den AfD-Sprüchen das zweite Mal, dass man dem Moderator dankbar sein konnte, dass bestimmte Publikumsbeiträge nur solch knappen Raum erhielten. Seinen Kommentar jedoch, Szenenapplaus ginge von der Diskussionszeit des Publikums ab, hätte sich der Politikprofessor aber vielleicht doch verkneifen können.

Bedauerlich dagegen, dass Abdel-Samad Widersprüche zwischen einzelnen Grundgesetzartikeln und Koranstellen nicht mehr genauer durchdeklinieren und zur Diskussion stellen konnte.

So endete der dreistündige Abend mit dem Appell des humanistischen Religionskritikers, in unserer modernen Zeit solle der Mensch im Mittelpunkt stehen und nicht ein Gott.

 

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Reaktionen

  1. Andreas Urbanek

    Meine Frage, wo denn die Lichterketten und Protestresolutionen der gemäßigten Muslime bleiben, wenn in Ihrem Namen Terror ausgeübt wird, halte ich aufrecht. Was ich höre, sind beschwichtigende Erklärungen einzelner Würdenträger, die behaupten, das hätte nichts mit ihrer Religion zu tun. Selbstkritische Reflexion? Fehlanzeige. Wahrnehmbarer Widerspruch aus der breiten Masse? Ebenso.

    Herr El-Malaafani, der in seiner Rolle als Diskussionspartner seinem Gast argumentativ wenig entgegensetzen konnte, sich selbst aber als neutralen Moderator missverstand, stellte mit Blick auf die Türkei die Frage, welche Situation bei einem Konflikt in einem Nachbarland wohl hierzulande herrschen würde. Meine Antwort war, daß ich jederzeit für eine holländische, dänische oder tschechische Familie ein Gästezimmer einrichten würde.

    Da sie aus meinem Kulturkreis kommen, ist ihr Verhalten für mich lesbar. Ich bin also Kulturalist und kein Rassist, wie Sie mir unterstellen. Jeder Anthropologe, der den Schutz indigener Stämme im Südamerikanischen Regenwald vor dem Einfluss anderer Kulturen fordert, müßte nach Ihrer Logik also auch Rassist sein. So wie die Yanomami habe auch wir Deutschen ein Recht auf unsere Kultur und ihren Fortbestand. Zu unserer Kultur gehört der Pluralismus. Es ist also zulässig, Multikulturalist zu sein. Es ist aber ebenso legitim die Gegenposition zu vertreten.

    Andreas Urbanek

  2. Alexander Richard

    „Der muslimische Religionslehrer führt dazu mit seiner Frau, einer Literaturwissenschaftlerin an der Uni Essen, eine kleine Agitprop-Szene auf. Sie ist eine zum Atheismus konvertierte Ex-Muslimin mit Kopftuch und nahm dieses demonstrativ ab, er versicherte schmunzelnd, dass sie dafür aber keinerlei häusliche Sanktionen zu erwarten hatte.“

    Marchenstunde dieser beiden Protagonisten , im Interview mit der NRZ klagt das anders, da ist sie Muslimin.
    Da kann man schon mißtrauisch werden, wenn schon da so gelogen wird.
    Taqiyya heißt es wohl ?

    im http://www.nrz.de/region/moslem-sein-ein-paar-sein-und-religion-hinterfragen-id210033299.html

    • Katya

      Wo wird denn da gelogen? Haben Sie das Interview auch gelesen, oder nur die Zwischenüberschrift? Da geht es doch eindeutig auch um Zweifel am Glauben, und die Erkenntnis, dass man sein Leben nicht nach der Religion ausrichten muss. Dass die Frau eine Ex-Muslimin sei, hat sie im übrigen auf dieser Veranstaltung nie gesagt, sondern Muslimin und Atheistin. Warum nicht?

  3. Katya

    Das ist eine recht interessante Darstellung des Abends, mir scheint fast, als wäre ich auf einer komplett anderen Veranstaltung gewesen. Hier mal ergänzend ein paar Eindrücke von jemandem, der im Publikum saß:

    Das Publikum hat den Moderator ständig ausgebuht. Ganz egal, wie fair El-Mafaalani fragte – niemand schien zu verstehen, dass es sich hier um einen Dialog handelte und nicht um einen alleinigen Vortrag Abdel Samads. Entsprechend ging total vieles unter, weil viele im Publikum ihren völlig unbegründeten Unmut herausposaunen mussten.

    El-Mafaalani brachte Zahlen und Fakten, die von Abdel Samad konstant ignoriert wurden. Kleines Beispiel: Abdel Samad behauptete, Muslime wollen nicht mit ihm reden, seien nicht kritikfähig. El-Mafaalani entgegnete, dass er ja jetzt gerade von muslimischen Gastgebern eingeladen wurde, dass er gerade ein Buch mit einem islamischen Theologen herausgegeben habe, dass die Proteste gegen seinen letzten Auftritt in Dortmund lediglich von linken Gruppen, nicht etwa von muslimischen Gruppen kamen, und dass sich viele muslimische Geistliche bereit erklärt hatten, gerne mit ihm zu diskutieren. Er müsse doch also zugeben, dass es einen großen, diskussionsfreudigen Anteil unter Muslimen geben würde. Weil Abdel Samad darauf keine Antwort wusste, lenkte er ab, indem er Erdogan einwarf, und dass man den ja nicht in einer DiTib-Moschee kritisieren dürfe. Was das mit ihm zu tun hat, erklärte er nicht.

    Eindeutig fremdenfeindliche Zwischenrufe aus dem Publikum (zum Beispiel „Alle ausweisen!“ auf die Frage eines Islamlehrers, wie man den Problemen der islamischen Communities in Deutschland umgehen solle) kommentierte Abdel Samad gar nicht.

    Die hier als „Agitprop“ dargestellte Aktion, war lediglich eine Reaktion auf Abdel Samads süffisante Provokation, jede Frau, die behaupte sie könne das Kopftuch jederzeit ausziehen, würde nur sich und der Gesellschaft etwas vormachen.

    Die Stimmung wurde durch Aussagen Abdel Samads extrem hochgekocht. Die Unterscheidung zwischen Islam und Islamismus sprach er an, das stimmt. Indem er beides mit Alkohol und Alkoholismus verglich. Ein billiger Schachzug, den er letztendlich noch einmal erklärte: Muslime seien dann integrierbar, wenn sie mit dem Islam im Prinzip nichts mehr zu tun hätten. Indem Abdel Samad alles, was islamische Praxis ist, als „politisch“ wertete, und dem politischen Islam das Existenzrecht völlig absprach, lehnte er de facto alle sichtbaren Muslime ab. Das machte er auch ganz deutlich.

    Die Quittung kam sofort. Gegen Ende der Veranstaltung brüllte ein aufgebrachter Mann und lautstarker Unterstützer Abdel Samads Dinge wie: „Lassen Sie uns mit ihrem Islam in Ruhe! Wir wollen Sie hier nicht! Wir wollen hier keine Muslime!“ Das wurde so aufdringlich, dass er von den Veranstaltern zur Räson gerufen werden musste und schließlich Parolen brüllend freiwillig den Saal verließ.

    Also alles in allem eine Veranstaltung, bei der man dem Moderator El-Mafaalani tatsächlich eine Engelsgeduld attestieren muss, weil er sich gegen einen sehr unfair debattierenden Abdel Samad behaupten musste, und ein noch unfaireres Publikum behaupten musste.

  4. DKH

    Talk im DKH am 3. Mai fällt aus

    Der nächste Termin Talk im DKH am 3. Mai mit Dunja Hayali fällt leider aus. Einen Nachholtermin geben wir rechtzeitig bekannt.

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