Opferberatungsstellen warnen: Rassistische und rechtsextreme Gewalt erreichen neuen Höchststand

Neonazis - Mitglieder und Unterstützer der Partei "Die Rechte" - demonstrierten in Dortmund.
Neonazis attackieren Journalisten verbal und körperlich – teils mit Pfefferspray in der Hand.

Rassistische Gewalt steigt in Nordrhein-Westfalen seit 2010 Jahr für Jahr an und erreichte 2014 einen neuen Höchststand. Dies geht aus einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Partei „Piraten“ im Landtag NRW hervor. Betroffen sind Geflüchtete, schwarze Deutsche und Menschen mit Migrationsgeschichte, die teilweise seit Jahrzehnten ihren Lebensmittelpunkt in NRW haben.

Erkenntnis der Beratungsstellen: Viele Täter kommen aus sogenannten Mitte der Gesellschaft

Neonazi-Ausschreitungen überschatteten den Wahlabend in Dortmund
Mitglieder und Aktivisten der Partei „Die Rechte“ attackierten am Wahlabend Demokraten in Dortmund.

Diese Menschen wurden nicht nur von Tätern angegriffen, die mehr oder weniger der organisierten rechten Szene angehören. Viele Menschen, die von den beiden Opferberatungsstellen betreut werden, sind Opfer von Tätern aus der sogenannten Mitte der Gesellschaft.

„Viele negativ von Rassismus Betroffene berichten uns, dass sich das Klima deutlich verschlechtert und rassistische Anfeindungen zu ihrem Alltag gehören“, so Birgit Rheims von der Opferberatung Rheinland.

Gleichzeitig zeichnet sich in NRW ab, dass militante Neonazis immer offensiver agieren. Bereits im vergangenen Jahr kam es in Dortmund mit dem Einzug der Partei „Die Rechte“ in den Stadtrat zu erheblichen Ausschreitungen, deren Aufarbeitung auch fast ein Jahr danach noch völlig unbefriedigend ist.

In Köln offenbarte der Aufmarsch der „Hooligans gegen Salafisten“ (Hogesa) das enorme Gewaltpotential von rechten Hooligans und organisierten Rechten: Dabei kam es zu regelrechten Straßenschlachten mit der Polizei und Jagdszenen im Hauptbahnhof, bei denen nicht nur Polizisten, sondern auch Passanten und Journalisten bedroht und angegriffen wurden.

Durch Pegida und Hogesa: Bedrohungssituationen spitzen sich immer mehr zu

Gewalttätige Hooligans und Neonazis waren bei der "HoGeSa"-Aktion in Köln dabei. Foto: Marcus Arndt
Gewalttätige Hooligans und Neonazis waren bei der „HoGeSa“-Aktion in Köln dabei. Foto: M. Arndt

In den ersten Monaten dieses Jahres hat sich die Situation zugespitzt. Bei und im Umfeld der vielen rechten Aufmärsche (Pegida, Dügida, Hogesa) kam es immer wieder zu schweren Körperverletzungen, und auch Bedrohungen via Internet und Facebook nehmen zu.

Journalisten wurden bei Aufmärschen bedroht, Gegendemonstranten verletzt und bei der Rückreise gezielt angegriffen. Hinzu kamen Angriffe auf Passanten in Köln und Düsseldorf, weil sie „schwarzer“ Hautfarbe sind oder als politisch „links“ wahrgenommen wurden.

In Köln wurde versucht, Teilnehmende einer Solidaritätskundgebung für Opfer der NSU-Anschläge anzugreifen. In Dortmund wurden fingierte Todesanzeigen in Umlauf gebracht, einer der bedrohten Journalisten wurde später tätlich angegriffen.

Beratungsstellen als Anlaufstelle für Opfer und Zeugen rechtsextremer und rassistischer Gewalt

Katharina Kostusiak ist die neue Leiterin der Opferberatungsstelle Back Up hat eine neue Leiterin.
Katharina Kostusiak ist die Leiterin von Back Up.

„Wir als Beratungsstellen haben es darüber hinaus zunehmend auch mit Ratsuchenden zu tun, die verunsichert sind und Angst haben“, fasst Katharina Kostusiak von BackUp – der Beratungsstelle für Opfer und Zeugen rechtsextremer und rassistischer Gewalt – zusammen.

Die Beratungsstellen versuchen in solchen Fällen, die individuelle Gefährdung abzuklären und mit den Betroffenen Möglichkeiten eines größeren Schutzes zu finden.

„Gegen ein durch rechte und rassistische Gewalt verursachtes Klima der Angst aber müssen alle gesellschaftlichen Akteure vorgehen und ihre Stimme erheben“, so die Leiterin der Beratungsstelle.

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