„Melde rechte Gewalt“ in Dortmund: Opferberatung „Back-Up“ präsentiert neue Kampagne und will sensibilisieren

„Melde rechte Gewalt“: Die Beratungsstelle„BackUp“ startet mit der Kampagne in das Jahr 2018. Fotos: Leopold Achilles

Von Leopold Achilles

Darauf, dass es wichtig ist, in aktuellen Zeiten die Augen nicht vor rechter Gewalt zu verschließen, weißt die Beratungseinrichtung „BackUp“ mit ihrer neuen Kampagne hin. Jutebeutel und Sticker sind die symbolischen Werkzeuge der nun vorgestellten Kampagne unter dem Slogan „Melde rechte Gewalt“.

„BackUp“ in Dortmund: seit 2011 für alle da, die zum Ziel rechtsextremer und rassistischer Angriffe geworden sind

Ähnliche „Outing-Aktionen“ gab es bereits in der Vergangenheit. Foto: Alex Völkel
Ähnliche „Outing-Aktionen“ gab es bereits in der Vergangenheit. Foto: Alex Völkel

Vor nichteinmal zwei Wochen gab es den wohl aktuellsten Fall: Über 50 Namen, die meisten mit passendem Portrait und bei 15 Personen sogar mit vermeintlichem Wohnort, wurden unter der Überschrift „Keine Anonymität für Linksextremisten“ und in Form großer Plakate an vielen Orten in Dortmund ausgehangen.

Dass diese Form der Gewalt von hiesigen rechtsextremen Aktivisten, kurz Neonazis, ausgehet ist an dieser Stelle eine Vermutung. Trotzdem, alle beteiligten von „BackUp“ nicken mit dem Kopf, auf die Frage, ob genau das rechte Gewalt sei.

Die Beratungsstelle ist für genau solche Angelegenheiten eingerichtet worden. Hier können Betroffene sich melden, persönlich oder auch nur telefonisch, und Ihre Situation erklären. Sei es aktive körperliche Gewalt oder, wie in dem genannten Fall, eine Form von Bedrohung, findet hier Ansprechpartner mit dem passenden Wissen.

Im Falle der an den Pranger gestellten AntifaschistInnen wäre eine Meldesperre über das Einwohnermeldeamt eine Möglichkeit um sich zu schützen, erklärt Katharina Dannert von „BackUp“.

Justiz und Polizei scheinen auch in Dortmund häufig eine andere Sicht auf die Dinge zu haben

Katharina Dannert von Back-Up.

Dannert erklärt, dass es immer noch vorkomme, dass Betroffenen nicht klar sei, dass es sich um rassistische Gewalt handele. Bei anderen werde genau dies nicht anerkannt, wie es viele Beteiligte im NSU-Prozess erleben mussten. „Die Justiz ist auch hier in Dortmund immer wieder ein Problem, wenn es um die Anerkennung rassistisch motivierter Taten geht“, so Dannert weiter.

„BackUp“ will auch im Jahr 2018 in Dortmund sensibilisieren und dafür sorgen, dass bisher unsichtbare Fälle erkannt werden. Denn, da sind sich alle Beteiligten sicher: es wird wahrscheinlich eine große Dunkelziffer geben, an Taten, die nicht gemeldet werden. „Es gibt blinde Flecken, die den Zugang zur Beratung zum Beispiel bei Backup nicht haben“ erklärt, Dannert. Die Opfer erhalten keine Hilfe, die Täter nicht ihre Strafe.

Diese „blinden Flecken“ können Flüchtlinge sein, die gar nicht verstehen, dass sie gerade rassistischer oder antisemitischer Gewalt ausgesetzt sind oder einfach solche, die nicht von Organisationen wie „BackUp“ wissen und sich aus diesem Grund nicht melden und auch nicht gehört werden. Dazu zählt Dannert eben Flüchtlinge, Behinderte und Obdachlose. „Zu diesen Gruppe ist der Zugang schwer herzustellen und der Kontakt oft noch schwerer zu halten“, erklärt die Geschäftsführerin von „BackUp“.

Rassismus, Antisemitismus, politisch motivierte Straftaten: Diese Themen gehen jeden an, auch 2018!

Nicht nur der wachsende Antisemitismus im Bundesgebiet, rassistische Körperverletzungsdelikte und bewaffnete Angriffe auf politische Akteure sind für „BackUp“ deutliche Zeichen, dass die anhaltende Bedrohung durch rechte Gewalttaten immer noch präsent ist.

Die jetzt vorgestellte Kampagne „Melde rechte Gewalt“ ist für „BackUp“ der Startschuss in das Jahr 2018, gegen Rassismus, Antisemitismus und politisch motivierte Straftaten. Die Jutebeutel sowie die Sticker sind bei der Beratungsstelle selbst kostenlos abzuholen und werden in der Stadt über Einrichtungen, wie Schulen und Jugendeinrichtungen, verteilt.

Im November 2011 ist BackUp an den Start gegangen. Die Beratungsarbeit wird seither mit Mitteln des nordrhein-westfälischen Ministeriums für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport sowie der Stadt Dortmund gefördert. Träger dieser Arbeit ist seit Januar 2014 der neu gegründete zivilgesellschaftliche Verein „BackUp- ComeBack…e.V.“.

Alle, die Opfer oder Zeuge von rechten Übergriffen geworden sind, können sich telefonisch unter 0172/1045432 oder per E-Mail an contact@backup-nrw.org an die Opferberatungseinrichtung „BackUp“ wenden.

Weitere Informationen und einen Einblick in die Arbeit, vermittelt die aktualisierte Internetpräsenz von „BackUp“.

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Reaktionen

  1. Die Linke Dortmund

    Gezielter Einschüchterungsversuch: Neonazis verbreiten Plakate mit Namen und Adressen von Antifaschist*innen

    In den vergangenen Tagen verklebten Neonazis in mehreren Stadtteilen Plakate mit Gesichtern, Namen und Wohnadressen von Aktivist*innen gegen Rechts. Auf einer Internetseite berichtet eine in Dortmund ansässige neonazistische Splitterpartei über die anonyme Aktion. Bereits vor rund einem halben Jahr hatte eine ähnliche Aktion stattgefunden.

    Hierzu erklärt Christiane Tenbensel, Sprecherin der Partei DIE LINKE. Dortmund: „Hierbei handelt es sich zweifelsohne um den plumpen Versuch, Mitglieder antifaschistischer Gruppen und Bündnissen gegen Rechts einzuschüchtern. Wir sehen einen direkten Zusammenhang mit dem für den 14. April geplanten Neonazi-Aufmarsch, der mit Beteiligung entsprechender Gruppierungen aus dem europäischen Ausland in Dortmund stattfinden soll.

    DIE LINKE erklärt sich solidarisch mit den Betroffenen. Unsere Partei ist teil der Gegenproteste und wird sich am 14. April an den Protestaktionen gegen Rassismus und Nationalismus beteiligen. Während Gruppierungen von Rechtsaußen die Gesellschaft spalten und Hetze verbreiten wollen, ist unsere Alternative eine soziale Politik für alle Menschen ungeachtet ihrer Herkunft, Religionszugehörigkeiten oder ihren Lebensentwürfen. Wir lassen uns von derartigen Provokationen nicht beeindrucken und treten für eine buntes, plurales und solidarisches Dortmund ein.“

  2. corinna.gehle

    wer schützt uns bitte vor Angriffen von den Antifaschisten? Wo gibt es dafür Anlaufstellen. Mein Sohn (12) und seine Freunde wurden von Linksextremen angegriffen und verprügelt, weil er einen Haarschnitt hatte der ihrer Meinung nach ein „Nazihaarschnitt“ sei. Wo ist denn bitte schön seine Opferberatungsstelle? In unserer Gegend wurden schon so oft Zettel in den Briefkästen verteilt von Nazis die in der Nähe wohnen sollen. Daher finde ich es nur legitim wenn auch die Nazis solche Zettel von den Linken verteilen. Nehmen tuen sich beide nichts. Gewalt geht von Links und Rechts aus. Übrigens in Hörde der Kinderschänder der von den Nazis geoutet wurde und die bei ihm in der Strasse vor ein paar Monaten standen, wird oder würde der der auch von Backup geschützt werden ?

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