+++VIDEO+++ Lautstarke und kreative Proteste gegen AfD: Landtagswahl-Debatte an der TU Dortmund geplatzt

Lautstarker und kreativer Protest schlug den AfD-Vertretern an der TU Dortmund entgegen.
Lautstarker kreativer Protest schlug den AfD-Vertretern an der TU Dortmund entgegen. Foto: Mariana Bittermann

Von Mariana Bittermann

Am Donnerstag (02.02.2017) sollte die erste große Debatte zur Landtagswahl in Dortmund stattfinden – doch diskutiert wurde nicht. Weil das Autonome Schwulenreferat (ASR) der TU Dortmund auch die AfD eingeladen hatte, gab es zahlreiche Proteste. Im Saal saßen nicht nur viele AfD-Anhänger. Auch 25 Neonazis und Aktive der Partei „Die Rechte“ waren gekommen. Nach fast zwei Stunden des Wartens, kurzzeitigen Rangeleien, Taschenkontrollen, Polizei- und Securityeinsatz sowie kreativem und lautstarken Protest wurde die Veranstaltung abgebrochen.

Autonomes Schwulenreferat an der TU Dortmund wollte politisch neutral bleiben

Im Foyer gerieten Neonazis und ANtifaschisten kurzzeitig aneinander. Der Sicherheitsdienst ging dazwischen. Danach rückte eine Polizei-Hundertschaft an.
Im Foyer gerieten Neonazis und ANtifaschisten aneinander. Der Sicherheitsdienst schritt ein. Danach rückte eine Polizei-Hundertschaft an.

Schon im Vorfeld zeichnete sich ab, dass die Veranstaltung nicht so reibungslos verlaufen würde, wie sich dies das Autonome Schwulenreferat erhofft hatte.

Die Entscheidung, mit Matthias Helferich einen Vertreter der AfD einzuladen, traf in den Tagen vor der Podiumsdiskussion auf viel Gegenwind. Über Social Media wurde mehrfach zum Protest aufgerufen.

Das ASR hielt an seiner kontroversen Entscheidung fest und begründete diese damit, dass sie als Hochschulreferat bei der Hörsaalnutzug dazu verpflichtet seien, politisch neutral zu bleiben.

Stadtbekannte Neonazis mussten zwei Stunden im Foyer des Unigebäudes warten

Rund 25 Neonazis waren zur Podiumsdiskussion gekommen. Sie warteten mehr als zwei Stunden im Foyer.
Rund 25 Neonazis waren zur TU gekommen. Sie warteten mehr als zwei Stunden im Foyer.

Als Maßstab für politische Neutralität suchten sie sich die sogenannten „Sonntagsfragen“ aus („Wenn am nächsten Sonntag Landtagswahl wäre…“) und luden alle Parteien ein, die laut diesen Umfragen die Fünf-Prozent-Hürde überschreiten würden.

Für einige mehr, für andere allerdings weniger überraschend, trafen die StudentInnen und MitarbeiterInnen der TU Dortmund am Abend der Diskussion dann auch noch auf etwa 25 stadtbekannte Neonazis im Foyer der Emil-Figge 50.

Darunter anwesend waren u.a. Siegfried „SS-Siggi“ Borchert und Michael Brück, zwei Aktivposten der Partei „Die Rechte“ in der Dortmunder Kommunalpolitik.

Schon etwa drei Wochen zuvor störten Neonazis das Gründungstreffen der anarchistischen Hochschulgruppe. Die Polizei musste damals einschreiten.

Studentin sieht Neonazis an der Uni als „Zumutung“ an – aber auch Frust über Störungen

Lautstarker und kreativer Protest schlug den AfD-Vertretern an der TU Dortmund entgegen.
Die AfD war das erklärte Feindbild.

„Für mich ist es eine Zumutung, dass die Neonazis hier in unserem Foyer stehen“, erklärt eine Studentin gegenüber den Nordstadtbloggern.

Aus ihrer Sicht sei es ein „Unding“, dass die Security das Gefahrenpotential der Neonazis verkannt habe und auch nicht einschritten, als diese Studierenden filmten.

Es kam zu Auseinandersetzungen, als eine größere Gruppe AntifaschistInnen mit Ballons das Foyer betreten wollte. Die Neonazis versperrten ihnen den Zugang zum Foyer. Die Rangeleien konnten jedoch schnell aufgelöst werden.

Keine Ausschlussklausel: Den Neonazis hätte der Zutritt gestattet werden müssen

Lautstarker und kreativer Protest schlug den AfD-Vertretern an der TU Dortmund entgegen.
Lautstarker und kreativer Protest schlug den AfD-Vertretern an der TU Dortmund entgegen.

Die Befugnis, die Neonazis von der Veranstaltung auszuschließen, lag laut einem Mitglied des Autonomen Schwulen Referats nicht bei ihnen.

Das Referat hätte im Vorfeld und deutlich früher auf die selbst verfassten Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufmerksam machen müssen, um das Recht zu besitzen, spezifische Gruppen auszuschließen.

Daher gab es lange Diskussionen. Der Einlass zu der Veranstaltung verzögerte sich um mehr als eine Stunde. Zu dem Zeitpunkt merkte man dem studentischen Gremium seine Überforderung deutlich an.

BesucherInnen besetzten die für die Neonazis vorgesehenen Plätze

Die AfD-Mitglieder wurden als Gruppe in den Saal geführt und auch separat heraus begleitet.
Die AfD-Mitglieder wurden als Gruppe in den Saal geführt und auch separat heraus begleitet.

Als der Einlass begann, wurden die BesucherInnen angewiesen, die hinteren Sitzreihen für die Gruppe der Neonazis freizuhalten, die im Foyer warten mussten, bis die Veranstaltung beginnen konnte.

Doch unter „Alerta Antifascista“ und „Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda“-Rufen besetzen mit Schildern ausgestattete Antifaschist*innen diese Plätze.

Auch „Say it Loud, Say it clear, Refugees are Welcome here“-Gesänge halten mehrfach durch den voll besetzen Hörsaal.

Im Endeffekt musste das Autonome Schwulenreferat die eigene Veranstaltung absagen, da sich die AntifaschistInnen sich weigerten, die für die Neonazis vorgesehenen Plätze freizumachen und auch die „StörerInnen„ sich weigerten, den Saal zu verlassen…

Gemischte Gefühle – „Eindeutiges Zeichen“ gegen Rechtsextremismus

Die PodiumsteilnehmerInnen warteten vergeblich auf die Debatte. Fotos: Alex Völkel
Die PodiumsteilnehmerInnen warteten zwei Stunden vergeblich auf den Beginn. Fotos: Alex Völkel

Mit geteilten Gefühlen gingen die BesucherInnen nach Hause. „Ich dachte, ich würde heute Abend nach Hause gehen und die AfD noch mehr hassen. Stattdessen hasse ich jetzt die Antifa“, sagt eine frustrierte Studentin, die lange an der Uni gewartet hat, um sich bei der Diskussion über alle politischen Positionen zu informieren.

„Die AfD freut sich bestimmt sehr über das, was heute Abend passiert ist“, merkt ein anderer Student an. Das, was an dem Abend passiert sei, wäre laut ihm die „beste Propaganda“ für die AfD.

„Die Studenten haben heute ein eindeutiges Zeichen gesetzt, dass Rechtsextremismus an Hochschulen keinen Platz hat“, kommentiert ein Mitarbeiter der TU.

Ähnlich sieht es auch SPD-Abgeordnete Nadja Lüders, die eigentlich als Diskussionsgast eingeladen war. „Unter dem Strich gehe ich mit dem Gefühl raus, dass wir einen Protest gesehen haben und die Mehrheit hier im Saal protestiert hat und das stimmt mich dann am Ende eines nicht gelungenen Abends doch noch sehr glücklich.“

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Reaktionen

  1. Thomas

    Es ist doch auch abstrus mit Leuten diskutieren zu wollen, die die eigene Lebensform widerlich finden. Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Schlächter selber.

    • Rainer

      Es ist kein Spiel, sondern eine von vielen Formen wie man Rechten gegenübertreten kann. Kann man ja draus lernen und beim nächsten Mal mitmachen.

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