Die Steinwache vor einer Neuausrichtung: Gedenkstätte präsentiert neues Team, neue Pläne und das Programm

Das alte Polizeigefängnis soll um einen Neubau erweitert werden. Fotos: Klaus Hartmann

Die Mahn- und Gedenkstätte Steinwache steht vor einer grundlegenden Neuausrichtung. Bereits seit 2014 laufen die Vorbereitungen für die neue Dauerausstellung. Das Konzept dafür, erarbeitet von Steinwache-Leiter Dr. Stefan Mühlhofer und seinem Stellvertreter Markus Günnewig, steht.

Das Team der Steinwache wurde um zwei Historiker und einen Grafiker ergänzt

Steinwache stellt Programm und neue Mitarbeiter vor. V.l.: Dr. Stefan Klemp, Carmen Hause, stellv. Leiter Markus Günneweg, Arnd Lüfling, Leiter Dr. Stefan Mühlhofer
Das Team: Dr. Stefan Klemp, Carmen Hause, Markus Günneweg, Arnd Lülfing und Dr. Stefan Mühlhofer

Im vergangenen Jahr konnte das Team um die beiden Historiker Carmen Hause und Dr. Stefan Klemp sowie den Grafiker und Fotografen Arnd Lülfing erweitert werden. Inzwischen wurde auch ein Büro gefunden, das den Wettbewerb für die Gestaltung der neuen Steinwache gewonnen hat.

Es hat die Auflage, mit moderner Museumstechnik heutige Sehgewohnheiten zu bedienen und die Ausstellung inklusiv zu gestalten, so dass unterschiedliche Besuchergruppen angesprochen werden.

Die Kernidee des Hauses soll im Mittelpunkt stehen

Inhaltlich stellt die neue Dauerausstellung das ehemalige Polizeigefängnis selbst in den Mittelpunkt – als Zentrum lokaler und regionaler Verfolgung. Dabei nimmt sie seine Insassen sowie die nationalsozialistische Polizei und auch die zeitgenössische Stadtgesellschaft in den Blick.

Die Steinwache wird erlebbar als „Schnittstelle“ bzw. „Durchlaufstation“: Lokalgeschichten werden über die Steinwache verzahnt mit den bekannten Orten des NS-Terrors in ganz Deutschland und dem während des Krieges besetzten Europa, vor allem den großen Konzentrationslagern.

Dabei orientiert sich die Darstellung am aktuellen Stand der Forschung. „Wir wollen deutlich machen, welche Bedeutung das Haus in der NS-Zeit für die Stadt und die Region hatte“, so Mühlhofer.

Der Rat der Stadt hat dem Bau eines neuen zusätzlichen Gebäudes zugestimmt

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Dr. Stefan Mühlhofer leitet die Gedenkstätte.

Nachdem der Rat der Stadt Dortmund im vergangenen Jahr dem Bau eines neuen Funktionsgebäudes zugestimmt hat, läuft derzeit noch ein Antragsverfahren für weitere Mittel.

Das neue Gebäude soll Seminar- und Veranstaltungsräume beherbergen sowie Platz für Wechsel- und Sonderausstellungen bieten.

Der einzige Seminarraum, den die Steinwache derzeit hat, reicht schon seit Jahren nicht mehr aus, um ihrer Rolle als für die ganze Region bedeutender Lern- und Bildungsort gerecht zu werden.

Wann genau die Steinwache nach dem Neubau und dem Umbau der Ausstellung wieder eröffnet, steht noch nicht fest.

Russische Revolution, Siegfried Kracauer, Imre Kertész und mehr: Das Programm im 1. Halbjahr 2017

Die Steinwache in Dortmund.
  • Den Anfang macht am 19. Januar ein Vortrag von Bastian Pütter, Historiker und Chefredakteur des Straßenmagazin Bodo, zur Geschichte der Dortmunder Nordstadt und den periodisch wiederkehrenden Debatten und Vorurteilen über den Stadtteil.
  • Martin Sabrow, Professor für Neueste Geschichte und Zeitgeschichte an der Berliner Humboldt-Universität und Direktor des Zentrums für Zeithistorische Forschung in Potsdam, spricht am 22. Februar über Erich Honecker im Widerstand gegen den Nationalsozialismus.
  • Um den Journalisten und Philosophen Siegfried Kracauer geht es in einem Vortrag von Dr. Jörg Später von der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg am 4. Mai.
  • Dazwischen wie danach folgen Lesungen aus dem Werk des 2016 verstorbenen ungarischen Schriftstellers Imre Kertész durch Claus-Dieter Clausnitzer in der benachbarten Auslandsgesellschaft (5. April.)
  • Schon Tradition haben die Lesungen aus den Werken NS-Verfolgter durch Dortmunder Autoren anlässlich des Jahrestages der Bücherverbrennung (24. Mai).
  • Am 11. Mai stellt Schriftstellerin Dr. Eva Weissweiler die erste Frau des Malers Max Ernst vor: Luise Straus-Ernst ist Holocaust-Opfer, Muse der Dadaisten und Surrealisten, Kunsthistorikerin, Rundfunkautorin und Verfasserin von Kurzgeschichten, Reportagen und Romanen.
  • Am 21. Juni folgt der Vortrag von Professor Dr. Martin Aust (Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn) über die russischen Revolutionen von 1917 und ihre Bedeutung bis ins Jahr 2017.
  • Der Eintritt für alle Veranstaltungen ist frei.
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Reaktionen

  1. Stadt Dortmund

    „Die Dortmunder Nordstadt. Von ,Im Norden die Horden‘ zur ,No-Go-Area‘?“

    Die Dortmunder Nordstadt entstand Mitte des 19. Jahrhunderts für zuwandernde Arbeiter. Seitdem finden sich wiederkehrende Muster im Sprechen und Handeln über und in der Nordstadt.

    In einem Vortrag in der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache zeigt der Journalist und Historiker Bastian Pütter diese Muster auf. „Die Dortmunder Nordstadt. Von ,Im Norden die Horden‘ zur ,No-Go-Area‘?“ heißt es am Donnerstag, 19. Januar, 19 Uhr an der Steinstraße 50. Der Eintritt ist frei.

    Von der Massenzuwanderung ländlicher Unterschichten im 19. Jahrhundert über die „Gastarbeiter“ und ihre Familien bis zur Zuwanderung aus der EU und Geflüchteten aus der ganzen Welt zeichnet der Vortrag vergessene Kontinuitäten nach. Migration erzeugt Konflikte – schon immer, wie Pütter nachweist.

    Er erzählt von der wiederkehrenden Empörung über prekäres Wohnen (heute „Ekelhäuser“), von der selektive Anwendung von Ordnungsrecht („Task Forces“) oder von der Diskussion über einen „Arbeiterstrich“, der die Rolle der Ausbeutenden außen vor lässt.

    Bastian Pütter leitet die Redaktion des sozialen Straßenmagazins „bodo“.

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