Wenn Käse auf Rosine trifft: Rosinenblues von Rolf Dennemann im Theater im Depot

Rosinenblues im Theater im Depot. Rosinenblues von Rolf Dennemann: Archaische musikalische Erzählungen und alltägliche Heimatgeschichten
Rolf Dennemann liest archaische musikalische Erzählungen und alltägliche Heimatgeschichten

Von Rainer Wanzelius

Es war, wenn er sich richtig erinnert, eine Tante vom Lande, die ihn, den Autor, als er noch klein war, mit Rosinenstuten fütterte. Der Rosinenstuten war mit Käse belegt. Das schmeckte, hatte aber auch Folgen. Die schlimmen waren die bösen Träume, die sich nächtens nach jeder Rosinenkäseschnitte einstellten.

Rosinen-Käse-Träumereien beschreiben traurig-düsteres Milieu

Rosinenblues im Theater im Depot. Rosinenblues von Rolf Dennemann: Archaische musikalische Erzählungen und alltägliche Heimatgeschichten. Thomas Erkelenz
Sorgt für den Blues, auch mit der Mundharmonika:  Thomas Erkelenz

Kleine Frau, fingergroß, sägt sich aus einer Kiste frei – und sticht staunendem Mann, dem Träumer, die Augen aus. Oder der Mann, wieder sehend, träumt, dass der nächtliche Alp ihn nass geschwitzt hat (wenn er erwacht, ist er trocken). Die anderen, guten Folgen waren so etwas wie kreative Ausschüttungen, die diese Träume mit sich brachten: literarische Konsequenzen. Denn zu Text geworden, hat die Realität im Schreiben des Autors seither wohl keinen Bestand mehr.

Der Autor ist Rolf Dennemann, seine Realität wäre das Revier, in dem er lebt und arbeitet und fiktiv mit einem geschenkten Taxi herumkurvt. Es ist ein traurig-düsteres, zugleich sich sehnendes Milieu, das sich durch seine Rosinen-Käse-Träumereien verwandelt hat; nur Gelsenkirky war immer schon, wie es ist. Schneeleoparden ziehen jetzt vorbei, in Kneipen hocken Männer und pflegen ihr Männer-Weh und -Ach. Der Trinker aus dem „Sofa-Blues“ dämmert ein. Der nächste erwacht, kann sich aber an sein Helau-Erlebnis nicht mehr erinnern. Hatte ihm die Briefträgerin zugezwinkert? Überhaupt, dieser Erinnerungswahn allüberall! Die ganze Gegend dafür längst ein einziger Tatort. Klar, dass da die Leichen / bleichen // und die Verdächtigen / nächtigen! So lustig ist das gar nicht.

Musiker Thomas Erkelenz und Gregor Hengesbach sorgen für den Blues in musikalischer Form

Rosinenblues im Theater im Depot. Rosinenblues von Rolf Dennemann: Archaische musikalische Erzählungen und alltägliche Heimatgeschichten. Gregor Hengesbach
Ausgezeichneter Gitarrist: Gregor Hengesbach

„Rosinenblues“ nennt Dennemann seinen Lese-Abend im Theater im Depot. Knapp zwei Stunden Rosinen-Käse-inspirierte Geschichten à la Dennemann, die Titel eingeblendet und alles in einen musikalischen Mantel gehüllt.

Nicht alles ganz neu. Abstecher nach Griechenland. Und, wie gesagt, Gelsenkirchen. Ein paar richtig große Stories sind dabei, die „Bacchus-Verbrennung“ offenbarrt auch Dennemanns Neigung zu fast endlosen, mit Personal die Fantasie zuschüttenden Aufzählungen, hier beim Beschreiben der herbeieilenden Trauernden (bis aus Kasachstan), alles spielt natürlich in einer Revier-Kneipe, wo sonst?

Dass der Abend wirklich, im Ursinn, den Blues hat, dafür sorgen die Musiker Thomas Erkelenz und Gregor Hengesbach, zwei ausgezeichnete Gitarristen, die, zitierfreudig und in vielen Stilen daheim, so etwas wie die Trost spendende, liebevolle, belächelnde Begleitung dazutun.

Und siehe da, auch Ironie schwingt mit. Das muss so sein, wenn Käse auf Rosine trifft!

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