Notschlafstelle für obdachlose Männer wird neu gebaut – Frauen sollen ins Landhotel Syburg umziehen

Seit 1986 gibt es die Notschlafstelle an der Unionstraße  - sie wird an dieser Stelle neu errichtet und erweitert.
Seit 1986 gibt es die Notschlafstelle an der Unionstraße  – sie wird an dieser Stelle neu errichtet und erweitert.

Die Stadt Dortmund will das Thema Obdachlosigkeit deutlich offensiver angehen und auch die Angebote ausweiten. Die Notschlafstelle für Männer soll an der Unionstraße neu und größer errichtet werden. Die Angebote für Frauen sollen in das ehemalige Landhaus Syburg umziehen – hier würde es deutlich mehr Plätze geben.

Auslastung der beiden Frauennotschlafstellen in Dortmund lag bei 142 Prozent

Nicht nur der Lack ist ab. Es mangelt an Stauraum - auch nur für die Habseligkeiten der Bewohner.
Nicht nur der Lack ist ab. Es mangelt an Stauraum – auch nur für die Habseligkeiten der Bewohner.

Obdachlosigkeit wird in Dortmund – ebenso wie in anderen größeren Städten in NRW – deutlicher wahrgenommen als in der Vergangenheit. Zudem wird es immer schwieriger, preiswerte Wohnungen zu bekommen. In Dortmund beziehen rund 400 obdachlose Menschen Sozialleistungen zum Lebensunterhalt. Doch sie machen nur einen Teil der Gruppe aus.

Die Stadt Dortmund hat einen Bericht vorgelegt, der viele Bedarfe aufzeigt. Vor allem reichen die Plätze in den Notschlafstellen für Männer und Frauen nicht mehr aus. Die prozentuale Belegungsauslastung bei den Männern lag im Jahr 2015 bei 65,9 Prozent und stieg im vergangenen Jahr auf 77,2 Prozent.

Die Auslastung ist also fast durchgängig sehr hoch und weiter steigend. Immer wieder kommt es vor, dass die Plätze in der Unionstraße nicht ausreichen. Dort gibt es bisher 48 reguläre und sieben Notplätze – nicht nur in der kalten Jahreszeit reichen diese oft nicht mehr aus.

Das Diakonische Werk hält im Auftrag der Stadt für Frauen in der Prinz-Friedrich-Karl-Straße 14 reguläre und zwei Notplätze vor. In der Jägerstraße gibt es weitere sechs plus zwei Plätze. Die prozentuale Auslastung lag im Jahr 2015 bei 93 Prozent. Im Jahr 2016 lag sie sogar bei 142 Prozent.

Das ehemalige Landhotel Syburg hat die Stadt im Herbst 2015 für zehn Jahre angemietet

Auch im Landhaus Syburg werden Flüchtlinge untergebracht.
Im ehemaligen Landhaus Syburg waren Flüchtlinge untergebracht – jetzt sollen hier Frauen einziehen.

Das Angebot reicht also bei weitem nicht aus. So werden durchschnittlich 25 Frauen separat untergebracht – in der Regel in einem Hotel. Daher soll es nun in einer neuen Einrichtung deutlich mehr Plätze geben.

Als beste Lösung sieht Sozialdezernentin Birgit Zoerner das Landhaus Syburg. In dem ehemaligen Hotel, welches die Stadt ursprünglich für die Unterbringung von Flüchtlingen für zehn Jahre bis zum 30.11.2015 angemietet hat, gibt es maximal 180 Plätze.

Das Gebäude ist mittlerweile von den Flüchtlingen leergezogen und wäre sofort verfügbar. Hier sollen auch andere Hilfsangebote – unter anderem für Frauen in besonders schwierigen Lebenssituationen, alleinreisende Asylbewerberinnen und alleinerziehende Asylsuchende mit Kindern – gebündelt werden.

Es bietet – durch seinen Bau als Hotel mit eigenen Nasszellen an jedem Zimmer – deutlich mehr Privatsphäre für die Frauen. Auch die verhältnismäßig große Entfernung von der City sieht Zoerner als Pluspunkt. Wegen der teils sehr schwierigen Biographien komme der Entfernung auch eine Schutzfunktion zu.

Notschlafstelle für Männer soll an der selben Stelle neu gebaut werden

48 Betten plus sieben Notplätze gab es für Männer an der Unionstraße in Dortmund.

Die Notschlafstelle für Männer – betrieben von European Homecare – soll in der Unionstraße 33 bleiben. Allerdings ist dort eine Erweiterung des stark sanierungsbedürftigen Gebäudes nicht machbar und eine Dependance kommt wegen der deutlich höheren Kosten nicht in Frage.

Daher ist ein Neubau an der selben Stelle geplant, da sich der Standort als sehr positiv erwiesen hat und bei den Gästen wegen seiner Nähe zu anderen Einrichtungen (Sozialamt, Gasthaus etc.) akzeptiert ist.

Der Verwaltungsvorstand favorisiert nun die Möglichkeit, Modulbauten der Übergangseinrichtung an der Breisenbachstraße zu nutzen. Ein Riegel der Modulbauten bietet eine Kapazität von 70 Plätzen.

In der voraussichtlich zweijährigen Umbauphase ist dann eine Zwischenlösung von Nöten – benötigt wird ein Ersatzstandort mit ca. 70 Plätzen. Eine Entscheidung darüber ist nicht noch nicht gefallen.

Gesundheitsamt verzeichnet immer mehr schwer psychisch erkrankte Obdachlose 

Als eine neue Herausforderung für die Stadt Dortmund zeichnet sich die Gesundheitssituation von Obdachlosen ab. Das Gesundheitsamt macht deutlich, dass ein immer größerer Teil der Obdachlosen psychisch erkrankt ist.

Das ist zwar nicht neu – „Aber die Schwere hat sich verändert“, erklärt Birgit Zoerner. „Wir überlegen, ob es spezielle Kapazitäten braucht. Gleiches gilt für drogenkonsumierende Obdachlose. Wir müssen sehen, wie wir mit den Veränderungen und Bedarfen umgehen werden.“

Armutszuwanderung: Situation von EU-AusländerInnen bezeichnet die Stadt als „Dilemma“

Einer der vielen Armutsmigranten ohne Obdach schläft in einer Hausecke in der Alsenstraße
Einer der vielen Armutsmigranten ohne Obdach schläft in einer Hausecke in der Alsenstraße. Foto: Klaus Hartmann

Als „Dilemma“ bezeichnet der städtische Bericht die Lage von obdachlosen EU-AusländerInnen: Mittlerweile gibt es mehr Klarheit, was den Rechtsstatus angeht. Seit Dezember 2016 macht das „Gesetz zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung (…)“ deutlich, dass AusländerInnen aus anderen EU-Staaten, die kein Aufenthaltsrecht nach dem Freizügigkeitsgesetz der EU haben, generell von der Grundsicherung und der Sozialhilfe ausgeschlossen sind. Das gleiche gilt für Leute, die ihr Aufenthaltsrecht verloren haben.

AusländerInnen erhalten nunmehr erst nach einem mindestens fünfjährigen rechtmäßigen Aufenthalt in Deutschland Leistungen im jeweiligen Leistungssystem.

Im Klartext bedeutet das: Bei obdachlosen EU-BürgerInnen leistet die Stadt Dortmund reine Nothilfe für eine Nacht und bietet eine Rückreise ins Heimatland an.

Mehr zum Thema auf nordstadtblogger.de:

Hohe Auslastung bei Notschlafstellen für Obdachlose in Dortmund – Dringender Sanierungsbedarf in der Unionstraße

 

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Reaktionen

  1. Bebbi

    Und wie kommen die obdachlosen Frauen nach Syburg? Wobei ich es gut finde, dass auch in solchen Stadtteilen soziale Hilfseinrichtungen untergebracht werden.

  2. SPD-Fraktion

    SPD-Ratsfraktion hat noch Fragen zur Neuordnung der Wohnungslosenhilfe

    Für die nächste Sitzung des Sozialausschusses hat die Verwaltung sehr kurzfristig einen Bericht zur Situation von obdachlosen Menschen in Dortmund nachgereicht. Bestandteil des Berichts ist auch ein Beschluss, die jeweiligen Übernachtungsstellen für Männer und Frauen baulich bzw. konzeptionell neu zu errichten.

    „Der Beschluss zur Männerübernachtungsstelle an der Unionstraße ist unkritisch, die Einrichtung soll an Ort und Stelle neu gebaut werden und dabei gleichzeitig auch erweitert werden. Die SPD-Ratsfraktion wird diesen Teil des Beschlusses selbstverständlich gerne mit tragen“, so Michael Taranczewski, SPD-Ratsmitglied und Vorsitzender des Sozialausschusses.

    Zur Frauenübernachtungsstelle, betrieben vom Diakonischen Werk, schlägt die Verwaltung vor, diese nicht am bisherigen Standort zu erweitern. Im Landhaus Syburg sollen zukünftig obdachlose Frauen sowie weibliche Flüchtlinge mit und ohne Kindern eine neue Anlauf- und Übernachtungsstelle finden.

    Michael Taranczewski meint dazu: „Für einen so weitreichenden Beschluss fehlt uns bis zum Sozialausschuss kommenden Dienstag die notwendige Beratungszeit. Die Erreichbarkeit des Landhauses in Syburg scheint doch eher schlecht und auch mit den Trägern müssen wir hier noch Gespräche führen.

    Die SPD-Fraktion wird sich daher im April das Landhaus in Syburg einmal näher anschauen und gemeinsam mit der Verwaltung und den Trägern die Bedingungen vor Ort diskutieren. Deshalb hält es die SPD-Fraktion auch für dringend notwendig, dass dieser Teil der Vorlage verschoben wird, bis alle Fragen geklärt sind.“

  3. BODO e.V.

    Obdachlosenunterkünfte: Bleibendes Problem – Stadt Dortmund will Unterbringung neu ausrichten

    Die Stadt Dortmund will die Unterbringung obdachloser Menschen neu ausrichten und die Kapazitäten in den städtischen Übernachtungsstellen ausweiten. bodo e.V. begrüßt den Schritt grundsätzlich, sieht aber ein grundlegendes Problem weiter ungelöst.

    Der städtische Bericht liefert eine notwendige Analyse darüber, wie es um die Unterbringung obdachloser Menschen in Dortmund bestellt ist. Weil eine Obdachlosenstatistik nicht existiert, kann die Zahl der Betroffenen nur geschätzt werden, Akteure der Wohnungslosenhilfe gehen von 400 Personen aus, die Dunkelziffer dürfte deutlich höher sein.

    „Grundsätzlich begrüßen wir die Pläne der Stadt, die Notunterbringung von Menschen ohne Obdach an den tatsächlichen Bedarf anzupassen“, sagt bodo-Vertriebsleiter Oliver Philipp. Diese sehen vor, dass die Frauenübernachtungsstelle von der östlichen Innenstadt ins ehemalige Landhaus Syburg umzieht. Sie seien aber unausgegoren: Wenn die Frauenübernachtungsstelle wie geplant in den Stadtteil Syburg umzieht, sind die Innenstadt und damit Schulen und wichtige Anlauf- und Beratungsstellen nur noch schlecht erreichbar.

    Zusätzlich soll die Männerübernachtungsstelle in der Unionstraße neu gebaut und dabei auf insgesamt 70 Plätze werden. Bisher bietet das Gebäude maximal 55 Personen einen Schlafplatz. Obwohl die Einrichtung anders konzipiert ist, bleibt die Hälfte der Männer dort länger als ein halbes Jahr. Einen Ausweichstandort für die mindestens einjährige Bauphase gibt es noch nicht.

    Zugang nur mit Kostenträger

    Zudem bleibe ein ganz grundlegendes Problem bestehen, sagt Oliver Philipp: „Der Zugang zu den städtischen Einrichtungen hängt weiter von einem Kostenträger ab, und wer diesen nicht hat, zahlt selbst. Die Aussage, ,Niemand, der in Dortmund einen Schlafplatz benötigt und sich nicht selber helfen kann, muss draußen übernachten‘, stimmt nur für die Hilfesuchenden, deren Leistungsansprüche in Dortmund gelten.

    EU-Bürgern, deren Anteil unter obdachlosen Menschen ansteigt, wird der Zugang ins Hilfesystem weiterhin praktisch verwehrt: Sie erfahren ,reine Nothilfe für eine Nacht mit dem Angebot auf Rückreise ins Heimatland‘. Damit wird die Definition der unfreiwilligen Obdachlosigkeit zu Lasten der Betroffenen umgekehrt. Denn wenn sie das Angebot der Rückreise nicht annehmen, gelten sie als freiwillig obdachlos. Wir hoffen, dass die Stadt Dortmund hier umdenkt und unbürokratisch im Sinne der Betroffenen handelt“, so Oliver Philipp.

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