Es war ein eindrucksvolles und friedliches Zeichen, welches die „Kampagne „Es reicht – Rechte Gewalt stoppen in Dortmund und anderswo“ am Samstag in Dortmund setzte. In der Spitze mit 2000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern war der Demozug in der Nordstadt und der City unterwegs.
Mehr als 40 antifaschistische und bürgerliche Gruppen riefen zur Teilnahme auf
40 Gruppen, Parteien und Institutionen hatten dazu aufgerufen – einen so breiten und vielfältigen Zusammenschluss aus antifaschistischen Gruppen und bürgerlichen Kräften hat es lange nicht (noch nie?) in Dortmund gegeben.
Die VeranstalterInnen wollten unabhängig von einem Neonazi-Aufmarsch ein politisches Zeichen setzen. Sie besuchten daher u.a. Tatorte rechter Gewalt, um auf das Problem der Neonazi-Gewalt zu sprechen zu kommen.
Denn die Übergriffe und Gewalttaten haben in den vergangenen Wochen erneut deutlich zugenommen. Vermeintliche politische Gegner, aber auch FlüchtlingshelferInnen und JournalistInnen geraten wieder zunehmend ins Visier der Neonazis.
Wie das enden kann, machte die Demoroute mehr als deutlich: Schließlich steuerten die DemonstrantInnen den Tatort des Mordes am türkischen Kioskbesitzers Mehmet Kubasik in der Nordstadt sowie den Tatort des Mordes am Punker Thomas Schulz („Schmuddel“) am U-Bahnhof Kampstraße an. Insgesamt fünf Morde in Dortmund gingen zwischen 2000 und 2006 auf das Konto von Neonazis.
Eindrucksvolles Schweigen für die Opfer rechter Gewalt in der Nordstadt
Beeindruckend war vor allem die Schweigeminute auf der Mallinckrodtstraße: Wie als wenn man einen Schalter umgelegt hatte, hätte man trotz der 2000 TeilnehmerInnen die sprichwörtliche Stecknadel fallen hören können.
Auch der Startpunkt war passend gewählt: Los ging es auf der Nordseite des Hauptbahnhofs: In Sichtweite des NSU-Mahnmals wie auch der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache wurde an rechtsextreme Gewalt damals wie heute erinnert.
Die TeilnehmerInnen erinnerten außerdem auch an die durch einen Neonazi ermordeten drei Polizisten – allerdings liegt der Gedenkstein dafür in Brackel und damit außerhalb der Laufweite der Demo.
„Wir werden die Serie rechter Gewalt stoppen und uns nicht einschüchtern lassen, sondern stehen Seite an Seite mit den Opfern und ZeugInnen rechter Gewalt“, machten die TeilnehmerInnen in den Redebeiträgen deutlich. Das Motto: „Getroffen wird Einer – gemeint sind wir aber Alle.“
Eintreten für eine weltoffene Gesellschaft, in der Faschisten nichts zu melden haben
Gemeinsam traten sie für eine weltoffene Gesellschaft ein. Und die Botschaft an die Neonazis war klar: „Wir zeigen euch, dass ihr hier nichts zu sagen habt.“ Den Abschluss fand die Demo mit einem Musik- und Wortprogramm auf dem Reinoldikirchplatz.
Die Neonazis wagten – anders als bei der spontanen „Es reicht!“-Demo nach Dorstfeld am 20. August – keine Provokationen. Sie verlegten sich darauf, nur „ihren Nazi-Kiez“ in Dorstfeld zu schützen.
Doch dabei machte ihnen die Polizei einen Strich durch die Rechnung: So kontrollierten u.a. auf der Emscherstraße Beamte vier Personen, die dem rechten politischen Spektrum zuzuordnen sind. Bei ihnen fanden sie mehrere Schlagwaffen. Diese wurden sichergestellt und entsprechende Straf- und Ordnungswidrigkeitenanzeigen gefertigt. Die betroffenen Personen erhielten zudem einen Platzverweis.
Noch im Vorfeld warnte die Polizeiführung davor, dass sich auch gewaltbereite Straftäter unter die friedlichen Versammlungsteilnehmer mischen könnten. Doch dazu kam es – wie schon am 20. August – nicht.
Polizeipräsident lobt die friedliche Protestkultur gegen Rechts
Die Polizei konnte auf einen friedlichen und störungsfreien Verlauf mit in der Spitze bis zu rund 2.000 Teilnehmern zurückblicken. Polizeipräsident Gregor Lange lobte daher die Protestkultur: „Rund 2.000 Menschen haben das wahre Gesicht Dortmunds gezeigt, indem sie friedlich gegen den Rechtsextremismus Flagge gezeigt haben!“
Mehr zum Thema auf nordstadtblogger.de:
Reader Comments
Bezirksvertretung Innenstadt-West
Resolution der Bezirksvertretung gegen Rechts
Die Bezirksvertretung Innenstadt-West verurteilt die Ausbreitung der rechtsextremen Szene in Dorstfeld. Sie fordert von der Stadt, der Polizei, der Justiz und den Bürgern ein verstärktes Engagement im Kampf gegen den Rechtsextremismus in Dortmund.
In letzter Zeit machen Angriffe von rechtsextremen Gewalttätern auf Bürger in Dorstfeld verstärkt von sich reden. Alleine ein Aufkleber für die Begrüßung von Flüchtlingen reicht aus, um in Dorstfeld nicht mehr sicher zu sein.
Mitglieder und Sympathisanten der Rechten konzentrieren sich in Wohnungen in der Nähe des Wilhelmplatzes und versuchen einen nationalen Kameradschaftstreff zu betreiben. Rechtsgerichtete Parolen verschmutzen regelmäßig die Straßen und einige Wohnhäuser in Dorstfeld. Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass die Aktivitäten der Rechten die Gegengewalt der linksautonomen Szene anlockt.
Den Bewohnern muss wieder ein sicheres Gefühl beim Leben, Arbeiten und Einkaufen in Dorstfeld gegeben werden. Das schlechte Image und die potentielle Gefahr durch Rechte dürfen nicht zu einem Meiden von Orten oder einem Angstgefühl im Alltag führen.
Die Stadt ist aufgerufen ihr Engagement in Dorstfeld zu reaktivieren. Polizei und Justiz müssen jeden Fall von rechtsextremer Bedrohung und Einschüchterung vermeiden und bekämpfen. Jeder Bürger sollte seine Grundrechte wahrnehmen und den Rechten im Alltag keinen Raum für ihre Aktivitäten geben.