Ein Zeichen gegen rechte Gewalt und ein hasserfülltes gesellschaftliches Klima soll am Samstag mit „Es reicht! Rechte Gewalt stoppen“, gesetzt werden. „Es reicht!“ ist allerdings kein neues Bündnis, sondern eine Kampagne. An ihr beteiligen sich mittlerweile über 40 gesellschaftliche Gruppen, Verbände und Parteien.
Kampagne aus Wut und Empörung über die Übergriffe entstanden
Entstanden ist die Kampagne aus Wut und Empörung über die zunehmenden Übergriffe von Neonazis auf politisch Andersdenkende, erklärt Iris Bernert-Leushacke (Linke), die auch die Demonstration am Samstag angemeldet hat.
„Es reicht – das war unser erster Gedanke, nachdem es Übergriffe auf Jugendliche gab, die zufällig der linken Jugendorganisation ,Solid’ angehören.“ Die Frage: Wie reagiert man? „Natürlich mit großer Empörung, aber es muss auch etwas hinterherkommen.“
„Ziel ist es daher gewesen, nicht alleine oder als einzelnes Bündnis etwas zu tun“, betont die Demoanmelderin, die auch eine der SprecherInnen des Bündnisses „BlockaDO“ ist. Einen ersten Vorgeschmack gab es am 20. August, als nur wenige Tage nach den Übergriffen und Überfällen rund 700 TeilnehmerInnen auf die Straße gingen und friedlich in Dorstfeld demonstrierten.
Über 40 Gruppen sind dabei: „Das ist etwas Neues für Dortmund“
Aus der ersten „Es reicht!“-Demo ist nun die Kampagne geworden. Es sind immer mehr Gruppen, Verbände und Parteien an Bord – bis weit hinein in bürgerlich-konservative Kreise. Daher ist es auf dem Flyer eng geworden – obwohl noch einige Logos fehlen. Über 40 Gruppen sind dabei: Das zeigt die Breite. „Das ist etwas Neues für Dortmund“, freut sich Bernert-Leushacke.
Mit dabei ist beispielsweise auch der Arbeitskreis gegen Rechtsextremismus, in dem vor allem Parteien, Kirchen und Gewerkschaften vertreten sind. „Wir haben mit ganz vielen an der Kampagne beteiligten Organisationen ganz unterschiedliche Zielsetzungen.
Aber auf ein Thema zugespitzt gemeinsam etwas zu machen, fanden wir richtig“, betont die DGB-Vorsitzende Jutta Reiter – neben Pfarrer Friedrich Stiller Sprecherin des Arbeitskreises.
„Die kurzfristig organisierte Demo in Dorstfeld hat uns im Arbeitskreis beeindruckt. Trotz der massiven Provokationen der Neonazis blieb es friedlich“, so Reiter. Daher habe man beschlossen, die Kampagne zu unterstützen. Denn das Eintreten gegen rechte Gewalt eine die Gruppen.
„Wir wollen nicht eingeschüchtert, bedroht oder angegriffen werden“
„Wir wollen ja auch nicht eingeschüchtert, bedroht oder angegriffen werden“, so Reiter. „Das, was die Rechten machen, ist nicht vom Grundgesetz gedeckt – Gewalt ist eine Straftat.“ Auch der Zusammenschluss von Parteien, Gewerkschaften und Kirchen ist in Sorge, weil die Neonazis den sogenannten „Raumkampf“ intensivieren.
Vor allem in Dorstfeld werden sie immer aggressiver, um „ihren“ Kiez abzustecken. In diesem Klima fanden auch die Attacken gegen potenzielle politische Gegner statt. Die Stadtgesellschaft müsse ersthaft wahrnehmen, „dass es um Bedrohungen geht und nicht um Geplänkel, wie ein Polizeisprecher sagte“, kritisiert Reiter.
Mit Sorge registriert sie, „dass Sachbeschädigungen, Übergriffe und reale Angriffe zunehmen und ganz und gar keine Seltenheit mehr sind“. Das Problem: Viele Übergriffe würden zwar vielleicht noch angezeigt, nach außen aber nicht mehr dokumentiert, bzw. nicht mehr öffentlich gemacht. Ein Grund sei die Sorge, dass diese Öffentlichkeit die Neonazis stärken könne.
„Nach meiner Auffassung stärkt man sie nicht zwangsläufig, sondern macht deutlich, dass ein bestimmtes gesellschaftliches Klima entstanden ist, welches das zulässt. Und diesem Klima wollen wir uns entgegenstellen“, so die DGB-Vorsitzende.
Demonstration startet an der Steinwache und dem NSU-Mahnmal
Daher hoffen die Nazi-Gegner auf eine starke Beteiligung an der Demo, die am Samstag, 24. September, um 13 Uhr auf der Nordseite des Hauptbahnhofs (Cinestar) starten wird. Dort wird es – mit Blick auf die Mahn- und Gedenkstätte Steinwache und das NSU-Mahnmal – schon die ersten thematischen Schwerpunkte geben.
Anschließend führt der Demozug zum ehemaligen Ladenlokal des Dortmunder NSU-Opfers Mehmet Kubasik in der Mallinckrodtstaße, bevor die Kundgebung dann über den Königswall zur Kampstraße führt. Am ehemaligen Gewerkschaftshaus (heute Conrad) und an der U-Bahnstation Kampstraße (Tatort des Mordes an Punker Thomas Schulz) wird es Zwischenkundgebungen geben.
Die Demo endet gegen 17 Uhr mit einem Musik- und Talkprogramm auf den Reinoldikirchplatz (Nordseite). Die VeranstalterInnen rechnen mit rund 1000 TeilnehmerInnen – mehr dürfen es natürlich gerne werden.
Gewaltfreie Demo-Teilnahme: „Es ist an der Polizei, uns zu schützen.“
Mit Problemen – auch in Punkto Sicherheit – rechnen sie nicht. „Wir sind ausgesprochen entspannt. Die Polizei hat sich sehr kooperativ gezeigt“, so Bernert-Leushacke. Am 20. August hätten die teilnehmenden Gruppen ja sehr eindrucksvoll gezeigt, dass sie gewaltfrei und ohne Eskalation die Demo von der City nach Dorstfeld gemacht hätten.
Trotz massiver Provokationen durch Neonazis sei alles ruhig und gewaltfrei geblieben – zumindest von Seiten der Demo-TeilnehmerInnen. „Und das auch mit einem gemischten Publikum. Wir haben uns nicht anmachen lassen“, so die Anmelderin. Gewaltfreiheit sei auch weiterhin das Ziel. Die Ordner würden deeskalieren. „Aber es ist an der Polizei, uns zu schützen. Sie hat das Gewaltmonopol!“
„Wir gehen dieses Mal bewusst nicht nach Dorstfeld. Zum einen, um die Bevölkerung nicht weiter zu belasten und auch um nicht die Konfrontation suchen“, unterstreicht Jutta Reiter. „Daher erwarte ich, dass es gar keine Zwischenfälle gibt und die Polizei alle Provokationen von Rechts unterbindet.“
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Polizei Dortmund
Die Polizei zum Versammlungsgeschehen in Dortmund am 24.9.2016
Für Samstag (24.09.2016) liegt dem Polizeipräsidium Dortmund eine Anmeldung für eine Versammlung vor mit dem Thema „Es reicht! – Rechte Gewalt stoppen in Dortmund und anderswo“. Der Anmelder rechnet mit circa 1000 Teilnehmern.
Die Versammlung ist im Zeitraum von 13-18 Uhr geplant und soll in Form eines Aufzuges durchgeführt werden. Auftakt ist der „Cinestar“-Vorplatz am nördlichen Ausgang des Hauptbahnhofs. Nach Zurücklegen einer durch die nördliche und westliche Innenstadt verlaufenden Wegstrecke wird die Abschlusskundgebung an der Straße „Friedhof“ erfolgen. Unterwegs sind drei Zwischenkundgebungen geplant.
Derzeit rechnet die Polizei mit einer höheren Teilnehmerzahl als den angemeldeten 1000. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich auch gewaltbereite Straftäter unter die friedlichen Versammlungsteilnehmer mischen werden.
Der Dortmunder Polizeipräsident ruft zu friedlichem Protest gegen den Rechtsextremismus auf: „Es ist gut und wichtig, dass es in Dortmund ein breites zivilgesellschaftliches Engagement gibt, um gewaltbereiten, rechtsextremistischen Verfassungsfeinden in unserer Stadt öffentlich entgegenzutreten. Die Dortmunder Polizei, deren herausgehobener Schwerpunkt ebenfalls der Kampf gegen den Rechtsextremismus ist, unterstützt dieses Engagement ausdrücklich!“
Gregor Lange weiter: „Ich appelliere an alle, den Protest gegen die Rechtsextremisten in friedlicher Form auf die Straße zu bringen. Niemand hört Gewalt- und Straftätern zu. Wir als Polizei werden gegen jede Form der Gewalt konsequent vorgehen!“ Die Dortmunder Polizei sieht, dass sich die rechtsextreme Szene speziell im Vorort Dortmund-Dorstfeld zunehmend radikalisiert. Das Aggressionspotential wächst spürbar und in diesem Bereich besonders. Gregor Lange betont, dass die Polizei diesen Vorort im Blick hat und dieser Entwicklung ganz aktuell entgegensteuert. In den betroffenen Bereichen der Versammlung müssen die Bürgerinnen und Bürger am Samstag mit temporären Verkehrsbeeinträchtigungen rechnen.
Ab heute, 22.09.2016, 12 Uhr hat die Dortmunder Polizei ein Bürgertelefon eingerichtet. Sie erreichen es unter 0231 / 132-5555. Die Erreichbarkeiten des Bürgertelefons sind heute, Donnerstag 22.09.2016: 12 – 20.00 Uhr, Freitag, 23.09.2016: 10.00 bis 18.00 Uhr und am Samstag, 24.09.2016, ab 09.00 Uhr.