Die Mahn- und Gedenkstätte Steinwache soll zu einem modernen Lern- und Erinnerungsort werden

Mahn- und Gedenkstätte Steinwache
Markus Günnewig, Christina Steuer, Dr. Stefan Mühlhofer und Jochen Meis stellten die Steinwachen-App vor.

Die Dauerausstellung „Widerstand und Verfolgung in Dortmund 1933-1945“ in der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache auf der Nordseite des Hauptbahnhofs erfreut sich ungebrochener Beliebtheit, zumindest was die Besucherzahlen angeht. Insgesamt besuchten 20.540 Menschen 2013 das Haus. Zum Vergleich: Im Jahr 2012 waren es 20.120 Menschen. Allerdings ist das Gezeigte mehr als in die Jahre gekommen: Über 30 Jahre hat sie auf dem Buckel. Daher soll nun eine komplett neue Ausstellung her.

Entwicklung der neuen Ausstellung braucht drei bis vier Jahre 

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Markus Günnewig präsentiert die modernen Lehrmaterialien für das selbständige Erforschen und Weiterdenken. Fotos: Alex Völkel

Bereits im vergangenen Jahr hat das Team um Dr. Stefan Mühlhofer mit der Neukonzeption begonnen. Drei bis vier Jahre wird es dauern, bis die neue Ausstellung am historischen Ort in der Nordstadt fertig ist. „Wir haben sie liebgewonnen. Aber sie ist weit über die Volljährigkeit hinaus“, spielte Mühlhofer auf das Alter der Ausstellung an. „Man muss dann auch mal die Kinder gehen lassen.“

Die Mahn- und Gedenkstätte in Dortmund ist eine der letzten Ausstellungen in Nordrhein-Westfalen, die noch nicht vollständig überarbeitet worden ist. Sie entspricht in kleinster Weise mehr den modernen Sehgewohnheiten. Auch der Stand der NS-Forschung ist viel weiter: „Die Ausstellung wird endlich einen roten Faden bekommen“, verspricht der Leiter der Steinwache. „Der Ort selbst wird ernster genommen, das Polizeigeschehen, die Täter und Strukturen dann deutlich herausgearbeitet.“ Damals, als die Zeitzeugen noch lebten, war dies nicht gewünscht oder möglich. 

Keine lange Schließungszeit während des Umbaus geplant

Allerdings soll das Haus nicht – wie beispielsweise das Naturkundemuseum – für zwei Jahre schließen. „Das können wir uns nicht erlauben“, betont Mühlhofer. Daher sei es denkbar, einen Teil der neuen oder alten Ausstellung auszulagern, um sie an einem anderen Ort zeigen zu können. „Wir werden auch nicht drei oder vier Jahre warten, sondern schon jetzt auch neue Sachen ausprobieren“, so Mühlhofer weiter. Noch in diesem Jahr soll ein Grundsatzbeschluss des Rates gefasst werden, in dem Konzept, Zeitplan und Kosten konkretisiert sind.

Zusätzliche Seminarräume  – Multifunktionsbau auf dem Parkplatz geplant

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Wenn der Umbau beschlossen wird, sollen die Mitarbeiter in einen Multifunktionsbau umziehen.

Denn eins ist klar: Auch baulich muss etwas geschehen: „Wir brauchen mehr als nur einen Seminarraum.“ Auch die WC- und Garderoben-Situation soll verbessert werden. Bis zu sieben Schulklassen täglich besuchen die Steinwache. Logistisch ist das Haus längst an seine Grenzen gestoßen. Daher sollen beispielsweise die Wachleute aus dem Eingangsbereich weichen. Auf dem Parkplatz soll ein Multifunktionsbau entstehen.

Damit werde der historische Baukörper nicht entstellt, sondern vielmehr wieder hergestellt. „Der Komplex war früher viel größer“, betont Markus Günnewig, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Mahn- und Gedenkstätte. Bis zum Krieg war dort bereits ein Zweckbau für die Polizeikräfte.  Das Gebäude soll dann stärker den ursprünglichen Zuschnitten angepasst werden. Ziel ist es, einen modernen Lern- und Erinnerungsort zu schaffen, die denkmalgeschützen Elemente aber zu erhalten.

Parallel wurde in der zweiten Jahreshälfte 2013 das gedenkstättenpädagogische Programm überarbeitet. Es soll nebst neuem Material und Handreichungen für Lehrkräfte 2014 zum Einsatz kommen. Ein Schwerpunkt ist das selbständige Erforschen und Weiterdenken durch Schülerinnen und Schüler. Gleichzeitig wird  durch neue Materialien die Einbettung in den Unterricht erleichtert. „Wir können den Lehrerinnen und Lehrer ein Rund-um-sorglos-Paket anbieten“, verspricht Günnewig.

 Kostenlose Steinwachen-App für iOS- und Android-Smartphones

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Bislang verweist die Steinwachen-App zu 15 historischen Orten aus der NS-Zeit. Eine Erweiterung wäre möglich.

Neu ist seit Anfang 2014 eine kostenlose Steinwachen-App: Sie führt zu Orten im Dortmunder Stadtgebiet, an denen Facetten der Geschichte des Nationalsozialismus nachvollzogen werden können. Die Orte können wahlweise über das Menü oder über eine Kartenansicht angewählt werden. Für jeden der aktuell 15 Orte sind Informationen und Bilder hinterlegt. Ein Wegweiser führt zu den entsprechenden Orten hin. Christina Steuer von der Geschichtsmanufaktur zeichnet inhaltlich, Jochen Mais von GeoMobile Dortmund für die Technik verantwortlich. 

Darüber hinaus informiert die App über die Dauerausstellung und die Veranstaltungen in der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache. Die Steinwachen-App wurde von GeoMobile Dortmund inhaltlich konzipiert und von der Geschichtsmanufaktur Dortmund technisch umgesetzt.

Erweiterung wäre problemlos möglich – mit einer Redaktion

Die App kann problemlos ergänzt werden, zum Beispiel wenn weitere Orte eingebunden werden sollen. Aber auch das Einspielen von Audio- und Videodateien ist möglich. Denkbar wäre beispielsweise die Einbindung der Stolpersteine. Der Jugendring hat ein Erinnerungsportal im Internet angelegt, wo die rund 200 Stolpersteine dargestellt werden. Allerdings – das machte Mühlhofer deutlich – brauchte es dazu weitere Ressourcen und ein Redaktionsteam. Denn die inhaltlich umfangreichen Gedenkblätter des Stadtarchivs mit den zahlreichen Informationen müssten für eine solche Anwendung angepasst werden. Das wäre wohl ein eigenes Projekt…

 

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