„Zwischen Zeche und Familie“: Frühlingstreffen des Dortmunder Forums Frau und Wirtschaft e.V.

30-jähriges Jubiläum des Netzwerktreffens

Gruppenfoto zu Beginn des Frühlingstreffen des Dortmunder Forums Frau und Wirtschaft e.V.. Amelie Borggrefe | Nordstadtblogger

Zum nun 30. Mal treffen sich die Frauen des Dortmunder Forums Frau und Wirtschaft (dffw) zum Frühlingstreffen, dieses Jahr auf der Zeche Zollern. Diesmal nutzen sie die Gelegenheit, um einen Blick auf die Vergangenheit der Frauenarbeit zu werfen – jenseits des Hausfrauenlebens. Seit 1995 treffen sich die Mitglieder jährlich, besuchen spannende Orte in und um Dortmund und vernetzen sich miteinander. „Können wir nicht mal was machen, wo wir miteinander reden können?“, das sei der Gründungsimpuls aus dem Kreis der Mitglieder für das Frühlingstreffen gewesen, berichtet Mitbegründerin des Treffens und ehemaliges Vorstandsmitglied Sabine Schlusnus. Das Treffen diene als eine Art Dankeschön und zur Mitgliederbindung, betont Vorstandsvorsitzende Gabriele Brübach.

Ankommen: Wiedersehen, neue Gesichter und eine Menge Gesprächsstoff

Zum diesjährigen Treffen hat der Verein zwei Führungen in der Zeche mit anschließendem Netzwerken eingeplant. Schon vor Beginn des offiziellen Programms bilden sich kleine Gesprächskreise, der Austausch ist rege. Der Verein suche stetig Nachwuchs, einige neue Gesichter seien vor kurzem dazu gekommen, erklärt Ursula Bobitka, Vorstandsmitglied des Vereins.

Gleichstellung in der Wirtschaft vorantreiben

„Das Dortmunder Forum hat das Ziel Frauen in ihrem beruflichen Erfolg zu stärken. Dafür machen wir unterschiedliche Veranstaltungen und Unterstützungsangebote für die Frauen“, erklärt  Brübach. Das Dortmunder Forum Frau und Wirtschaft setzt sich seit 1992 für betriebliche Gleichstellung in Dortmund ein.

Führung durch die Schachthalle: Hier leisteten Frauen körperlich höchst anstrengende Arbeit Amelie Borggrefe | Nordstadtblogger

So unterstützt der Verein beispielsweise lokale Akteure, die Gleichstellung vorantreiben, und macht unter anderem mit Aktionen auf Themen wie den Gender Pay Gap aufmerksam. Der Gender Pay Gap beschreibt den Verdienstabstand zwischen Männern und Frauen. Im Jahr 2024 betrug der bereinigte Gender Pay Gap, der unter anderem Qualifikation, Arbeitsumfeld und Erfahrung ins Verhältnis zum Lohnunterschied setzt, sechs Prozent.

Wenn diese genauen Arbeitsdaten nicht spezifisch berücksichtig werden, liegt der undbereinigte Gender Pay Gap im Jahr 2024 bei 16 Prozent. Zum Vergleich: Zur ältesten Erhebung des Gender Pay Gaps in Deutschland im Jahr 1995 betrug der unbereinigte Gender Pay Gap 21 Prozent.

Gute Stimmung in der Zeche

Wie es den Frauen in Zeiten des Bergbaus im Ruhrgebiet erging und wie ihr Leben durch die Arbeit unter Tage geprägt wurde, erfahren die Frauen des dffw bei den Führungen durch das Museum. Alternativ gibt es Einblicke zur Rolle Westfalens im Kolonialismus.

In einem der Ausstellungsräume steht ein Modell der Zechenanlage. Die Zeche Zollern galt zur Zeit ihres Baus als Demonstration wirtschaftlicher Macht, die sich in der im Jugendstil gehaltenen Architektur widerspiegelt. Kohle wurde in der Zeche Zollern knapp 64 Jahre gefördert. 1966 fand die letzte „Seilfahrt“ statt, so die Anne Reh, die die Führung leitet.

Die Frau im Ruhrgebiet: nicht nur Hausfrau

Frauen unter Tage? Das klingt auf den ersten Blick ungewohnt: Das typische Bild der Frau im Ruhrgebiet des 20. Jahrhunderts ist eine Hausfrau, die Kinder, Heim und Garten umsorgt.

Doch spätestens im Ersten Weltkrieg begannen Frauen unter Tage als Schlepper in der Kohleförderung zu arbeiten, weil nicht mehr genug Männer verfügbar waren. Auch über Tage arbeiteten Frauen in der Zeche: In der Schachthalle trennten sie Kohle und Stein, sie schoben die leeren Loren in Förderkorbe oder arbeiteten in der Maschinenhalle. Die Arbeit sei körperlich sehr anstrengend gewesen, so Reh. Die Kinder der Arbeiterinnen seien zumeist sich selbst überlassen worden oder bei Nachbarn aufgewachsen.

Frauen im Bergbau: Harte Arbeit, wenig Lohn und geringe Wertschätzung

In der Schachthalle beginnt eine Geräuschkulisse zu spielen. Metallstücke reiben aneinander, lautes Quietschen erklingt. Zwischendrin sind Fetzen menschlicher Stimmen zu hören. „Nur Poltern, Schreien und Getöse“ steht auf einem digitalen Banner in roter Schrift.

Auch in der Maschinenhalle arbeiteten Frauen. Amelie Borggrefe | Nordstadtblogger

Nicht nur die Arbeitsumgebung war herausfordernd, auch gab es keine ausreichende Arbeits- oder Schutzkleidung. Der Verdienst der Frauen war gut ein Drittel weniger als der eines Bergmannes. Anspruch auf Zechenwohnungen, günstige Werkswohnungen, hatten die Frauen auch nicht, so Reh. Im Zweiten Weltkrieg arbeiteten Frauen auch in der Zeche, allerdings vor allem Zwangsarbeiterinnen.

Rückblick: Was wir aus dem Gestern für die heutige Zeit lernen können

Brübach betont im Gespräch mit Nordstadtblogger: „Ich glaube das der Blick in das Vergangene zeigt, dass Frauen schon früh ihren Mann gestanden haben, dass Frauen schon früh angefangen haben für sich selbst zu sorgen und sich zu behaupten, auch weil sie es auch mussten.“

Gabriele Brübach, Vorstandsvorsitzende des Vorstandes im Dortmunder Forum Frau & Wirtschaft e.V. Amelie Borggrefe | Nordstadtblogger

Auch auf die Anpassungsfähigkeit der Frauen verweist sie: „Wir können außerdem lernen, dass Frauen in unterschiedlichen Zeiten, unterschiedliche Rollen eingenommen haben.“

Welche Rückschlüsse können für die Gegenwart aus der Lebensrealität der Frauen im Ruhrgebiet gezogen werden? „Der Blick in die Vergangenheit ist manchmal auch ein tröstlicher, denn auch, wenn wir manchmal nicht so glücklich sind über das erreichte, können wir doch sehen: Es ist schon Einiges für den Status der Frau erreicht“, so Brübach.


Anm.d.Red.: Haben Sie bis zum Ende gelesen? Nur zur Info: Die Nordstadtblogger arbeiten ehrenamtlich. Wir machen das gern, aber wir freuen uns auch über Unterstützung!

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