Von Gina Thiel
Über die Dortmunder Nordstadt scheiden sich die Geister. Brennpunktreportagen über den Stadtteil tragen nicht unbedingt zur Imageaufwertung bei. Dabei steht der Dortmunder Stadtbezirk für viel mehr. Wer im Sommer über die Mallinckrodtstraße läuft oder um den Nordmarkt spaziert, stellt schnell fest, hier findet das Leben auf der Straße statt. Sprachbarrieren oder kulturelle Unterschiede werden beim Gemüsehändler um die Ecke oder an einen der vielen Gastronomieangebote schnell überwunden. Wer sich aber gar nicht erst in die Nordstadt traut, der bekommt davon natürlich nichts mit.
Kochen verbindet: Regelmäßige Kochabende über Zoom in bunter Runde
Marian Engelhardt hat sich vorgenommen, das zu ändern. Er ist Gründer von „Die Nordstadt lädt ein“ und möchte dazu beitragen, die Menschen aus der Nordstadt mit Menschen aus anderen Vierteln zu verknüpfen. Entstanden ist seine Idee schon vor Corona, aufhalten lassen hat er sich vom Virus nicht.___STEADY_PAYWALL___
Über Zoom veranstaltet er regelmäßige Kochabende und lädt genau dazu ein, einen Blick in die Nordstadt zu werfen und Menschen zusammenzuführen. Ansprechen will er damit Nordstädter*innen aber vor allem auch Leute aus anderen Stadtteilen. Die Runde soll bunt werden, gern auch mit Teilnehmern*innen über 60.
Sogar für eventuelle Sprachbarrieren hat er eine Lösung – die Dolmetscherfunktion von Zoom. Sofern jemand verfügbar ist, der sich zum Übersetzen bereiterklärt, kann der Ton für einzelne Zoom-Teilnehmer*innen zugeschaltet werden.
Das Konzept ist simpel: Mitmachen kann jede/r, der/die einen Internetzugang hat.
Jeden Sonntag zwischen 17 und 19 Uhr sind alle Menschen zum Life-Kochevent über Zoom eingeladen. Das Konzept: ein*e Nordstadtbewohner*in öffnet seine oder ihre virtuelle Tür und kocht ein (Lieblings)-Gericht vor. Die anderen Teilnehmer*innen wählen sich über Zoom ein und können live mitkochen. Das Rezept zum jeweiligen Gericht wird in der Woche zuvor in einer Facebook-Veranstaltung veröffentlicht, sodass genug Zeit bleibt, alle benötigten Zutaten zu besorgen.
Dabei achtet Marian auch darauf, dass alle Lebensmittel im Supermarkt zu finden sind. Das ist manchmal gar nicht so einfach. Die größte Herausforderung bisher – Gewürze, „weil alle Nationen mehr Gewürze verwenden als wir Deutschen.“, sagt er.
Bisher waren die Kochevents auf verschiedene Länder abgestimmt. Es gab Reisbällchen mit Erdnusssoße aus Ghana, Mushroom Pulao aus Indien oder Turn Cornmeal aus Jamaika. Von dem länderbezogenen Fokus will Marian sich zukünftig aber lösen. Es gehe nicht um das Vorstellen von Speisen aus anderen Ländern. „Gemeint ist, wir laden Euch zu uns ein, nicht wir laden uns gegenseitig ein.“, so Marian. Das gemeinsame Kochen kann dabei ein guter Weg sein, Berührungsängste abzubauen und Vorurteile aufzulösen.
Dortmund soll offener werden, besonders für die eigenen Stadtteile
Inspiriert von Städten wie Berlin, wo jährlich das Festival der Kulturen stattfindet und Menschen aus allen Teilen Deutschlands anzieht, um kulturelle Vielfalt zu feiern, will Marian innerhalb Dortmunds Brücken bauen. Dass Bewohner*innen aus anderen Stadtteilen die Nordstadt gar nicht betreten wollen oder direkt mit einem Kriminalitätshotspot assoziieren, dem will er mit seinen Veranstaltungen entgegenwirken. Kochen verbindet. Auch über die Sprachgrenzen hinweg.
Marlene Paul hat am 14. Februar ihr Rezept für das Turn Cornmeal vorgestellt. Sie findet die Initiative von Marian super und wünscht sich, dass zukünftig mehr Menschen an den Kochabenden teilnehmen. Für sie sind die Abende auch eine Chance, die akutelle Zeit erträglicher zu machen und sich dabei die Teller zu reichen. „Kochen soll Spaß machen und den Geist öffnen.“, sagt sie. Ihren Nachfolger*innen empfiehlt sie einfach mit Herz, Spaß und guter Laune dabei zu sein. Das sei das Wichtigste.
Wer jetzt Lust bekommen hat, auch mal Nordstadtluft zu schnuppern oder selbst sein Gericht vorstellen möchte, kann über die Facebookseite „Die Nordstadt lädt ein“ Kontakt zu Marian aufnehmen oder sich einfach sonntags über den Zoom-Link einwählen.
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