Ein Quintett sorgte 1973 für das finanzielle und sportliche Überleben

Wolfgang Polak, der „Vereinsretter“ von Borussia Dortmund, feiert jetzt seinen 90. Geburtstag

Seit mehr als sechs Jahrzehnten engagiert sich Wolfgang Polak für die Jüdische Gemeinde in Dortmund.
Seit mehr als sechs Jahrzehnten engagiert sich Wolfgang Polak für die Jüdische Gemeinde in Dortmund. Der große Saal der Gemeinde wurde vor einigen Jahren nach ihm benannt. Der BVB war und ist – neben seiner Familie – eine weitere große Leidenschaft. Archivfoto: Alexander Völkel für nordstadtblogger.de

Von Gerd Kolbe

Wir schreiben das Jahr 1973: Borussia Dortmund ist mit drei Millionen DM Schulden finanziell so gut wie am Ende und sportlich nach dem Abstieg 1972 in der 2. Liga. Wegen der desolaten Finanzen wird sogar erwogen, keine Lizenz für die 2. Bundesliga zu beantragen, sondern den Gang in die Amateurklasse anzutreten. Der bisherige Vorstand ist zurückgetreten, Niemand scheint Willens, die Nachfolge anzutreten. Hermann Heinemann und Erich Rüttel, Dortmunds wichtigste Persönlichkeiten, gehen Ende 1973 auf die Suche nach Vorstands-Kandidaten. Sie haben Erfolg!

Fünf Männer packen mutig die Sanierung des BVB an

Am 4. Januar 1974 steht genau um 21.03 Uhr ein neues BVB-Präsidium auf der Bühne der Jahreshauptversammlung. Es besteht aus Heinz Günther, Wolfgang Polak, Friedhelm Wulff,  Jürgen Vogt und Reinhold Wosab. Diese fünf Männer sind entschlossen, den BVB aus seiner lebensbedrohenden Existenzkrise zu befreien und wiederzubeleben.

Der BVB-Vorstand 1978: „Außenminister“ Wolfgang Polak ist ganz rechts zu sehen. Foto: Archiv Gerd Kolbe

Unter ihnen also Wolfgang Polak, damals gemeinsam mit Bruder Achim Inhaber des Autobasars in der City, der am 21. Januar 1934 in Dortmund geboren wurde und nun seinen 90 Geburtstag feiern kann.

Mutig packt man das Thema „Sanierung“ an. Jeder Pfennig muss mehrfach umgedreht werden, Gespräche mit Trainer Bedl und den Spielern stehen auf dem Programm, um sie zu einem nicht unerheblichen Gehaltsverzicht zu bewegen. Das Vorstandsmotto lautet: Wer nicht mitzieht, fliegt. Nach einigen Rauswürfen wird die Botschaft verstanden.

Neues Westfalenstadion entpuppt sich als Goldgrube

So kommt ein positiver Aspekt zum anderen und die Club-Sanierung, also die BVB-Rettung, gelingt. Insbesondere natürlich aufgrund des neuen Westfalenstadions, das sich zu einer Goldgrube für den BVB entpuppt. In der Spielzeit 1974/75 kommen 642.000 Besucher ins schmucke neue Stadion des immer noch Zweitligisten BVB. Dadurch fließen 4,2 Millionen DM in die Kassen.

Eine der Bauphasen des Stadions aus dem Jahr 1971. Foto: Archiv Kolbe

Am 1. Dezember 1975 titelt die Ruhrnachrichten: „Wunder von Dortmund perfekt. BVB schuldenfrei!“ Innerhalb des BVB-Vorstands ist Wolfgang Polak der heimliche Außenminister, der die Belange des Clubs erfolgreich nach außen vertritt. Ist im Verhältnis zu externen Gesprächspartnern – Sponsoren, Behörden, Werbepartnern, Spielern, Sportjournalisten – etwas Delikates zu bewerkstelligen, dann ist Polak gefragt.

Nach der Vereins-Sanierung erlebt er mit den Schwarz-Gelben den Wiederaufstieg in die erste Bundesliga. Der diplomatisch geschmeidige Polak holt Spieler wie Willi Lippens, Zoltan Varga und Manni Burgsmüller zum BVB. Gerade bei der Verpflichtung von Varga, der von Ajax Amsterdam zum BVB kommt, macht es sich bezahlt, dass Polak, dessen jüdische Familie in der Nazi-Zeit nach Holland emigriert war, perfekt holländisch spricht und sprachlich auf Augenhöhe mit dem Ajax-Vorstand verhandeln kann.

Wolfgang Polak ist seit mehr als 60 Jahren BVB-Mitglied

Wolfgang Polak ist aber auch als Bindeglied zwischen dem Gesamtvorstand und den BVB-Abteilungen unverzichtbar. Seine Tätigkeit als BVB-Vize dauert bis 1981: seiner Borussia bleibt er weiterhin verbunden: In der Jahreshauptversammlung 2024 wird er für seine 60jährige Vereinszugehörigkeit geehrt.

OB Thomas Westphal überreichte Wolfgang Polak im Namen des Bundespräsidenten das Bundesverdienstkreuz.
OB Thomas Westphal überreichte Wolfgang Polak 2023 im Namen des Bundespräsidenten das Bundesverdienstkreuz. Foto: Alexander Völkel für nordstadtblogger.de

Beruflich ist der Vater dreier Töchter über viele Jahre Geschäftsführer der Jüdischen Kultusgemeinde Dortmunds, die er gemeinsam mit seinem Vater nach dem 2. Weltkrieg wieder aufgebaut hat.

Hierfür wird er von seiner Gemeinde, aber auch und insbesondere von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zum Beispiel mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt.

„Herzlichen Glückwunsch zum 90. Geburtstag, lieber Wolfgang Polak, und alles erdenklich Gute für das kommende Lebensjahr. Deine BVB-Familie.“


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