„Wer wagt, durch das Reich der Träume zu schreiten, gelangt zur Wahrheit“ – KJT Dortmund zeigt Hoffmanns Sandmann

Proben zum Theaterstück der Sandmann im Kinder-und Jugendtheater Dortmund. Fotos (3): Birgit Hupfeld

Ein klaustrophobischer Raum, der nicht verlassen wird, atmosphärische Musik und eine Hauptfigur, die an der Grenze zum Wahnsinn entlang schlittert – so inszenieren sieben SchauspielerInnen im Kinder- und Jugendtheater Dortmund eines er wohlbekanntesten Stücke E.T.A. Hoffmans – der Sandmann. Das Stück feiert am 22. Februar um 19 Uhr Premiere. Die Veranstaltung ist ausverkauft.

Hintergründe zum Sandmann – von einer Erzählung zum Theaterstück

Thorsten Schmidt als Nathanael.

Ernst Theodor Amadeus Hoffmann wurde 1766 geboren und gilt als einer der wichtigsten und prägnantesten Autoren der schwarzen Romantik. Neben dem Schreiben war er auch Komponist und Künstler, arbeitete als Kritiker und war den Großteil seines Lebens als Beamter im gerichtlichen Dienst tätig. Auffällig an seinen Werken ist, dass sie die Zerrissenheit zwischen Realität und Fiktion zeigen.

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Eins der Paradebeispiele für diese Spaltung zwischen Realität und Fiktion ist sein Werk „Der Sandmann“. Wer dabei an das liebe Sandmännchen denkt, liegt sowas von falsch. Der eigentlich harmlose Sandmann verwandelt sich jeden Abend in eine Art Monster. „Das ist ein böser Mensch, der kommt zu den Kindern, wenn sie nicht zu Bett gehen wollen und wirft ihnen Händevoll Sand in die Augen, dass sie blutig zum Kopf herausspringen.“

So beschreibt der Autor die Auffassung der Hauptfigur Nathanael, der zerrissen ist zwischen der Realität und seiner eigenen Wahrnehmung. Er ist seit dem mysteriösen Tod seines Vaters traumatisiert, für den er den Advokaten Coppelius verantwortlich macht. Nach dessen Auftauchen befindet sich Nathanael an der Grenze zum Wahnsinn und nicht einmal seine Verlobte kann ihn vor sich selbst bewahren.

Der Mensch besteht nicht nur aus Romantik, sondern auch aus vielen seelischen Abgründen

Echte Schauspieler und Puppen auf der Bühne.

„Es ist ein Schauerstück und deswegen definitiv nicht für Kinder zu empfehlen“, erklärt Andreas Gruhn, Regisseur des Theaterstücks, die Altersfreigabe ab 16 Jahren. Echte SchauspielerInnen, Videos, atmosphärische Musik, Puppen und Figuren sind alle Teil der Inszenierung. Gruhn hat sich dagegen entschieden, auf bereits existierende Bühnenfassungen zurückzugreifen. „Die waren alle nicht nah genug für mich an dem echten Stück.“

Genau diese Nähe zum Stück war Gruhn wichtig. Die ZuschauerInnen bekommen so ein einmaliges Erlebnis. „Erst sehen wir Nathanaels Geschichte aus seinen Augen, dann findet ein Perspektivenwechsel statt und wir sehen die Geschichte Nathanaels durch die Augen der anderen Figuren“, so Gruhn.

Und genau das erinnert an aktuelle Debatten zum Thema Medien. Man stellt sich die Fragen: Wie verändert sich die Wahrnehmung der Menschen durch die Medien? Wie wirken sich Medien auf die psychische Gesundheit aus?

Eine Herausforderung aber auch eine einmalige Gelegenheit, sich mit Dingen auseinanderzusetzen

Lioba Sombetzki (Dramaturgie) Foto: Jennifer Pahlke

Und genau um die Psyche geht es hauptsächlich in dem Stück. Der Autor war damit schon seiner Zeit voraus. 100 Jahre vor Freuds Psychoanalyse hat er schon die Psychose beschrieben und wie wichtig es ist, diese zu behandeln. Später analysierte Freud auch den Sandmann.

Aber genau das war auch eine Herausforderung für Thorsten Schmidt, der Nathanael spielt. Lioba Sombetzki (zuständig für die Dramaturgie) sagt, dass nicht nur das Lernen der riesigen Textmasse schwer war. „Wir haben oft über das Thema Psychose gesprochen, trotzdem ist es eine Belastung, die man mit nach Hause nimmt“, so die Dramaturgin.

„Doch genau das ist das Tolle an der Schauspielerei. Man kann sich mit einer Situation auseinandersetzen, ohne diese selbst zu erleben oder durchzumachen“, betont Gruhn. Auch dass es eine Art offenes Ende gibt, regt zum Auseinandersetzen mit der Thematik an. Waren es wirklich böse Mächte oder hat Nathanael einfach die Realität aus den Augen verloren? Es gibt kein richtig oder falsch, für beide Interpretationen lassen sich Anhaltspunkte finden.

Der Sandmann ist auch in Zukunft ein wichtiger Punkt in der Schulbildung

Bis 2021 bleibt der Sandmann ein integraler Bestandteil des Abiturs in NRW. Doch er ist auch nicht unbedingt die einfachste Lektüre – nicht nur wegen seiner Thematik. „Unglaublich lange Sätze, Flashback in Flashbacks und keine lineare Erzählweise machen das Verständnis manchmal schwer“, sagt Sombetzki.

Und manchmal sagen Bilder einfach mehr als tausend Worte. „Manchmal erschließen sich durch Bilder und einen gesprochenen Text Inhalte mehr, als wenn man den Text liest“, sagt Gruhn. Und genau das ist es, was man will. Verstehen und nicht einfach nur Lesen.

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Weitere Informationen:

Premiere des Theaterstücks: 22. Februar 2019, 19:00 Uhr (Kinder- und Jugendtheater Dortmund, Sckellstraße 5, 44141 Dortmund)

Weitere Termine:

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Mittwoch, 27. Februar 2019
Donnerstag, 28. Februar 2019
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Dienstag, 19. März 2019
Mittwoch, 20. März 2019
Donnerstag, 21. März 2019
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Mittwoch, 10. April 2019
Donnerstag, 11. April 2019

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