Ein halbes Jahrhundert Verbraucherzentrale in Dortmund – 1,5 Millionen Kontakte mit Ratsuchenden. Obgleich das Domizil schon an verschiedenen Standorten in der Stadt aufgeschlagen war, haben Dortmunder der Beratungsstelle in den zurückliegenden 50 Jahren die Treue gehalten.
Kostenfallen bei Freemail-Diensten und Abzocke mit mobilen Zahlungsmitteln
Pünktlich zum Jubiläum im Februar hatte das Team mit dem Umzug in die neuen Räume im Reinoldihaus ein zukunftsfähiges Zuhause gefunden: barrierefrei und mit viel Raum für individuelle Beratungen.
Kostenfallen bei Freemail-Diensten und Abzocke mit mobilen Zahlungsmitteln, Fallstricke beim Onlineshopping und dubiose Mahnbriefe von Inkassobüros: Für fast 23.300 Ratsuchende war die Verbraucherzentrale in Dortmund 2015 Wegweiser zu Rat und Recht. Insbesondere Klickfallen beim Onlineshopping hat sie ein dickes „Dislike“ erteilt.
Ob Wettervorhersagen, Rezepte oder Spiele – tausendfach wurden Nutzer bei diesen Anwendungen nicht nur mit Infos oder Unterhaltung versorgt, sondern durch argloses Tippen auf mitgelieferte Werbebanner unbeabsichtigt in ein kostenpflichtiges Abo gelotst: „Von dem angeblichen Vertragsabschluss haben die Betroffenen jedoch erst erfahren, als das Abo-Entgelt einfach über die monatliche Mobilfunkrechnung abgebucht worden war“, erklärt Helene Schulte-Bories.
„Die Rufnummer des Nutzers war automatisch übermittelt worden, was den Abzockern den Weg zum Mobilfunkanbieter weist und die Zahlung ausgelöst hatte“, zeigt Beratungsstellenleiterin der Verbraucherzentrale in Dortmund die Fallstricke beim WAP-Billing auf, dem unkomplizierten Bezahlen per Smartphone.
In der Beratungsstelle gab es nicht nur Hinweise zum Sperren solcher Abofallen, sondern auch rechtliche Hilfestellungen, um unrechtmäßig einbehaltene Beträge zurückzuholen.
Verbraucherprobleme in der digitalen Welt bestimmen zunehmend den Beratungsalltag
Ab in den Warenkorb, Adressdaten eingeben, Zahlungsart auswählen und Bestellung aufgeben – die Beratungsstellenleiterin berichtet, dass immer mehr Konsumenten die Vorteile des Onlineshoppings zu schätzen wissen: „Doch bereits beim Bestellvorgang können kostenträchtige Gefahren lauern.
Dass wesentliche Produktmerkmale oder Endpreise nicht angegeben werden, Kunden bei unbemerkten Extras oder wegen kostenpflichtiger Zahlungsarten draufzahlen, hat 2015 für viele Nachfragen gesorgt“, so Helene Schulte-Bories. Überhaupt: Verbraucherprobleme in der digitalen Welt bestimmen zunehmend den Beratungsalltag.
Unter dem Deckmantel von Deutscher Rentenversicherung, Verbraucherzentrale oder Microsoft hatten Gauner per Telefon versucht, Kontodaten oder Passwörter auszuhorchen oder Geldzahlungen einzutreiben.
„Was sich zunächst abenteuerlich anhört, ist in Zeiten der IP-Telefonie mit einem einfachen Trick zu bewerkstelligen. Der Telefonanschluss wird so manipuliert, dass beim Angerufenen auf dem Display eine andere Telefonnummer als die tatsächliche angezeigt wird“, berichtet Schulte-Bories. Die Masche des IP Spoofing sorgte für Ärger und Verunsicherung.
Wieder fanden Internetbetrüger dreiste Methoden, um Nutzer über den Tisch zu ziehen: Da hatten Banken vermeintlich ein neues Sicherheitssystem an den Start gebracht, bei dem nun persönliche Daten einzugeben waren. In Wirklichkeit wollten Betrüger aber über eine gefälschte Webseite zur Eingabe von Kreditkarten- oder Log-in-Daten verleiten und mit diesen dann später Konten leerräumen.
In den Spamordner gehörten Mails, die millionenschwere Erbschaften oder lukrative Arbeitsangebote versprachen, aber für die Versprechen erst einige hundert Euro Vorschuss für Transfer- und Anwaltskosten oder als Beitrag zur Aufnahme in eine Datenbank verlangten.
Bei Rechtsberatungen standen häufig Probleme mit Telekommunikationsanbietern im Mittelpunkt
Bei vielen außergerichtlichen Rechtsberatungen und -vertretungen standen einmal mehr Probleme mit Telekommunikationsanbietern im Mittelpunkt: Zumeist ging es um nicht nachvollziehbare Posten in der Rechnung oder um Schwierigkeiten bei der Kündigung von Verträgen.
Oftmals gab es mit den Unternehmen gleich mehrere Probleme. Eine bleibende Belästigung: Ungebetene Werbeanrufer, die zur Teilnahme an Gewinnspielen drängen oder Energieliefer-verträge oder Dienstleistungen rund um Telefonie und Internet unterjubeln wollten.
„Vorsicht: Das ist ein Kredit!“ – mit dieser Warnung hat die Verbraucherzentrale die Stolperfallen kreditfinanzierter Käufe in den Blick genommen. „Die Werbung für Fernseher, Smartphone oder Sofa trommelt für die unkomplizierte Wunscherfüllung durch Null-Prozent-Finanzierung, Sofortkredit oder verlockend klingende Ratenzahlungen.
Doch häufig werden diese Konsumfinanzierungen durch zusätzliche Verträge, Versicherungsprämien oder Kreditkartenentgelte zum finanziellen Bumerang“, so Helene Schulte-Bories. Die Beratungsstelle gab zum einen
Hilfestellungen, um gängigen Verkäuferargumenten zu widerstehen und die eigene finanzielle Belastungsgrenze realistisch auszuloten. Zum anderen gab es praktische Hinweise, um das Kleingedruckte auf Fallstricke zu prüfen und gegen überflüssige und teure Zusatzverträge gewappnet zu sein.
Gezielte Hilfestellungen: Vorträge vor Ehrenamtlichen in der Flüchtlingshilfe
Auch erste Verbraucherprobleme von Flüchtlingen sind bei der Verbraucherzentrale angekommen: „So hatten umtriebige Mitarbeiter in Telefonshops Flüchtlingen ein kostenloses Smartphone oder Tablet versprochen, sie damit dann in zwei oder gar drei Verträge mit 24-monatiger Laufzeit gelockt“, zeigt Helene Schulte-Bories auf, dass die Unerfahrenheit dieser Menschen zum Beispiel bei Vertragsabschlüssen ausgenutzt wird.
Aber auch die Zahlungsmodalitäten bei der Energieversorgung mit Abschlägen für Strom und Gas und der Jahresabrechnung für den Gesamtverbrauch sind vielfach unbekannt. Die Beratungsstelle bringt sich in Dortmund in das lokale Netzwerk ein, damit Integration auch im Verbraucheralltag gelingt.
Insbesondere Ehrenamtlichen in der Flüchtlingshilfe gibt sie etwa in Vorträgen gezielt Hilfestellungen. So besuchten die Lotsen aus dem Projekt „interkulturelle Lotsen“ die Beratungsstelle, um sich vor Ort über die wichtigsten Beratungsangebote für Flüchtlinge zu informieren.
Wenn Rechnungen für Strom und Gas unbezahlt bleiben, ist der Grund dafür in den seltensten Fällen ein einmaliger finanzieller Engpass. Meistens stecken größere, strukturelle Probleme dahinter. Kommt es gar zur Sperrung von Strom und Gas, können die Betroffenen oft die hohen Gesamtforderungen nicht begleichen.
Die Budget- und Rechtsberatung bei Energiearmut ist in Dortmund fest etabliert
Sie benötigen Hilfe bei der Bewältigung des akuten Problems genauso wie bei der langfristigen Beratung ihrer Lage. Im Landesprojekt „NRW bekämpft Energiearmut“ beschäftigt sich die Verbraucherzentrale NRW seit 2012 in enger Kooperation mit den örtlichen Energieversorgern.
Die Budget- und Rechtsberatung bei Energiearmut in Dortmund hat sich im Angebotsportfolio der Verbraucherzentrale fest etabliert. 93 Ratsuchende mit Zahlungsproblemen rund um die Energierechnung fragten 2015 nach Hilfestellungen.
„In rund 232 Beratungsgesprächen wurde für die Betroffenen in den meisten Fällen gemeinsam mit der DEW21 eine nachhaltige und tragfähige Lösung erreicht. Flankierend konnte die Energieberatung im Haus oder auch der Energiesparservice der Caritas unterstützend einbezogen werden“, erläutert Claudia Kurz, Fachberaterin Energiearmut.
Mit der Kampagne „Besser heizen – Kosten regeln“ hat die Verbraucherzentrale auch in Dortmund Wissenswertes zum Energiesparen für jedes Budget mit auf den Weg gegeben. Zudem hat sie aufgezeigt, dass ein Wechsel des Gastarifs viele Haushaltskassen sicher entlasten kann.
„Neben dem Preis sind dabei vor allem kurze Laufzeiten und Kündigungsfristen, die richtige Einschätzung von Preisgarantien und eine besondere Vorsicht bei Bonusversprechen entscheidend“, erläutert Schulte-Bories die Formel, um mit Sicherheit den günstigsten Gastarif zu finden.
Auch 2015 hat die Verbraucherzentrale Schule gemacht: Mit 18 Veranstaltungen rund um die Themen Geld und Smartphonenutzung hat sie 344 Schülerinnen und Schülern in Dortmunder Schulen das kleine Einmaleins des Verbraucheralltags nahe gebracht.
Mehr Informationen:
- Öffnungszeiten:
Montag und Dienstag 9.30 – 13 Uhr, 14 – 17 Uhr
Donnerstag 9.30 – 13 Uhr, 14 – 19 Uhr
Freitag 9.30 – 15 Uhr
- Kontakt:
Telefon: 0231 – 720 91 701
E-Mail: dortmund@verbraucherzentrale.nrw
www.verbraucherzentrale.nrw/Dortmund
- Budget- und Rechtsberatung Energiearmut
Tel. 0231 – 720 91 708
- Offene Sprechstunde ohne Terminvereinbarung
dienstags 9.30 – 11.30 h
- Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung
Tel. 0231 – 720 91 707
- Umweltberatung
Tel. 0231 – 720 91 705
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