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Von Amelie Borggrefe und Louisa Beer
Ein kurzer und heftiger Winter-Wahlkampf geht zu Ende: Wortgefechte in Talkshows, Diskussionen an Wahlkampfständen, heftige Tiraden in sozialen Netzwerken. Die Bundes-SPD besinnt sich zum Finale auf Traditionen und frühere Erfolge. Nicht von ungefähr findet der Wahlkampfabschluss in der viel beschworenen „Herzkammer der Sozialdemokratie“ statt. Die Republik schaut für den Moment nach Dortmund, wo die SPD „in die Westfalenhalle“ geladen hat. Oberbürgermeister Thomas Westphal verweist auf große Parteitage und Veranstaltungen seiner Partei – und Parteigranden freuen sich über die voll besetzte Halle. Allerdings ist es „nur“ die Westfalenhalle 3 – die große und tradionsreiche große Halle bespielt die Noch-Kanzlerpartei nicht (mehr).
„Die Wahl entscheidet über meine Zukunft und die sieht gerade nicht so gut aus.“
Vor Beginn der Veranstaltung sammeln sich zwei lange Schlangen am Einlass zum Saal. Nordstadtblogger kommt mit Besuchenden ins Gespräch über ihre Hoffnungen und Sorgen hinsichtlich der Bundestagswahl.„Ich denke einfach, dass es wichtig ist, zusammenzustehen für die Demokratie. Ein ordentliches Zeichen zu zeigen, dass die SPD da, wo sie ist, nicht hingehört“, sagt Jihane Zerhouni.
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Wie viele andere Besuchende ist Elisabeth Vossebrecher in Rot gekleidet, der Parteifarbe der SPD: „Ich erhoffe mir, dass das Parteienspektrum gut vertreten ist“, sagt sie in Hinblick auf die Wahl am Sonntag.
Gerade Jüngere äußern ihre Besorgnis: „Die kommenden vier Jahre sind für mich als junge Person super entscheidend“, sagt Emilie, die ganz hinten in der Schlange wartet: „Ich habe ziemlich Angst. Die Wahl entscheidet über meine Zukunft und die sieht gerade nicht so gut aus.“
„Ich will mich mit den Prognosen nicht so befassen“
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Der Saal füllt sich langsam, später auch die Bühne. Nicht nur Olaf Scholz, sondern auch weitere SPD-Prominenz war angereist. Auf der Bühne stehen die Parteivorsitzenden Lars Klingbeil und Saskia Esken, Verteidigungsminister Boris Pistorius und Entwicklungshilfeministerin Svenja Schulze.
Die Dortmunder Direktkandidierenden Sabine Poschmann und Jens Peick genießen das Rampenlicht und stehen für Selfies zur Verfügung. Doch das „beliebteste“ Selfie-Motiv ist zumindest vor der Veranstaltung Bundestagspräsidentin Bärbel Bas.
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Bei den Vorredner:innen aus der Partei halten sich die Zuschauenden noch zurück. Als Olaf Scholz auf die Bühne kommt, ist die Stimmung ausgelassen, gar euphorisch: „Ich will mich mit den Prognosen nicht so befassen“, sagt Zuschauer Joel vor Beginn der Veranstaltung.
Und ein bisschen scheint das vielen im Raum so zu gehen: Man habe noch Hoffnung in die circa 27 Prozent der Wählenden, die noch nicht entschieden seien, betont Parteivorsitzende Saskia Esken. Es wird munter vom Regierung führen geredet, dass es eine starke SPD brauche.
Zuversicht an der Basis und der Spitze: „Wir geben die Hoffnung nicht auf“
Auch ein paar Zwischenrufe gibt es. Darunter ein Protestler, der eine Palästina-Flagge hochhält und ruft: „Ihr seid Zionisten!“ Kurz darauf wird er von Sicherheitskräften aus dem Raum gebracht. Scholz unterbricht seine Rede und reagiert: Er stehe klar an der Seite Israels, kritisiere aber gleichzeitig die aggressive Siedlungspolitik.
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Nach Ende der Veranstaltung bildet sich eine Menschentraube rund um den Noch-Bundeskanzler. Der ein oder andere will noch mal ein Selfie machen, einige rufen, „Olaf, Olaf, Olaf“ im Chor.
Die Direktkandidatin für den Dortmunder Wahlbezirk II Sabine Poschmann, die seit 2013 im Bundestag sitzt, kommentiert: „Der Kanzler war einmalig, spitze“. Zu ihrer eigenen Chance, wieder in den Bundestag einzuziehen, meint sie: „Es ist sehr knapp. Aber wir hoffen, mit zumindest einem kleinen Unterschied das Direktmandat wieder zu holen“.
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