Die Wahl zum Seniorenbeirat läuft: Teilhabe und Demokratie kennen keine Altersgrenze

Dortmunder:innen ab 60 Jahren können noch bis 27. März wählen:

Auf dem Bild links unten kniend: Sozialdezernentin Birgit Zoerner, dahinter: Martin Fischer (Seniorenbeirat) und dahinter Mirja Düwel.Neben Frau Zoerner kniend: einige der neuen Mitarbeiter*innen des Projektes ‚Begegnung VorOrt‘.
Startschuss für das Projekt ‚Begegnung VorOrt‘ während Corona – angestoßen durch den Seniorenbeirat. Foto: Alexander Völkel für nordstadtblogger.de

Alle Dortmunder:innen ab 60 Jahren erhalten in diesen Tagen die Briefwahlunterlagen für die Wahl des neuen Seniorenbeirates. Die Wahl läuft bis zum 27. März 2025. Mit der Wahl können die Dortmunder:innen entscheiden, wer in den nächsten fünf Jahren ihre Interessen vertritt. Das Gremium stellt die Belange älterer Menschen in den Vordergrund. Auch Nicht-Deutsche können mitmachen und sich engagieren. Der Seniorenbeirat ist die demokratisch legitimierte Vertretung älterer Menschen in Dortmund. Seine Aufgabe ist es, an der seniorengerechten Gestaltung der Stadt mitzuwirken und die Interessen der älteren Generation wahrzunehmen und zu vertreten. Er besteht aus 27 Mitgliedern in den zwölf Stadtbezirken. Warum die Arbeit wichtig und warum Menschen kandidieren, dazu kommen hier exemplarisch einige der Kandidierenden zu Wort.

Vier amtierende bis neue Kandidierende im Gespräch

Martin Fischer ist seit 2015 Mitglied des Seniorenbeirates. Von 2015 bis 2020 war er bereits  Mitglied in den Arbeitskreisen „Demografischer Wandel“ und „Öffentlichkeitsarbeit“ und stellvertretender Schriftführer des Gremiums. In der aktuell laufenden Wahlperiode haben ihn die Mitglieder des Seniorenbeirates zum Vorsitzenden gewählt. Außerdem arbeitet er weiter im Arbeitskreis „Öffentlichkeitsarbeit“ und vertritt das Gremium auch im Inklusionsbeirat.

Martin Fischer Foto: Alex Völkel für Nordstadtblogger.de

Im März möchte Fischer erneut zur Wahl antreten: „Es macht Spaß, in der Diskussion mit Politik und Verwaltung Veränderungen zu erreichen, die den Menschen, für die wir uns einsetzen, nutzen“, beschreibt er seine Motivation.

Reiner Gerd Kunkel ist seit dem Jahr 2020 Mitglied im Seniorenbeirat. Für das Gremium sitzt er im Ratsausschuss für Kinder, Jugend und Familie sowie im Ratsausschuss für Klimaschutz, Umwelt Stadtgestaltung und Wohnen. Diese Arbeit möchte Kunkel fortsetzen: „Ich möchte die bisherige Zusammenarbeit im Seniorenbeirat für eine seniorengerechte Gestaltung der Stadt fortsetzen.“

Susanne Schulte befindet sich erst seit März 2024 als Nachrückerin im Gremium. Möglich wurde dies durch eine geänderte Wahlordnung. Weil ein Sitz frei war, hatte die Bezirksvertretung Nordstadt auf Vorschlag des Seniorenbeirats die 66-Jährige gewählt, ohne dass sie vorher auf der Liste gestanden hatte. Manfred Sträter ist bisher noch nicht im Gremium vertreten. Er möchte im März erstmalig kandidieren.

 „In einer Demokratie ist Jede und Jeder gefragt. Das gilt auch für Ältere mit ihrer Lebenserfahrung“

Alle werben dafür, dass möglichst viele Menschen wählen gehen und sich auch bereit erklären, für diese ehrenamtliche Aufgabe zu kandidieren. Denn politisches Engagement und Teilhabe seien auch im Alter wichtig: „In einer Demokratie ist Jede und Jeder gefragt. Das gilt auch für Ältere mit ihrer Lebenserfahrung“, findet Martin Fischer.

„Ich hatte in den ersten Jahren nach meiner Pensionierung den Eindruck gewonnen, dass ältere Menschen überwiegend an den Rand der Gesellschaft geraten sind – außer in ihren Familien. Die Entscheidungen treffen überwiegend Jüngere. Das konnte ich nicht akzeptieren, weil die Älteren ihre Lebenserfahrungen und ihr Wissen durchaus in den Entscheidungsprozess einbringen können“, findet der amtierende Vorsitzende des Seniorenbeirats.

Reiner Gerd Kunkel Foto: privat

„Außerdem fordern die Einbindung in die Entscheidungsprozesse die Teilnehmenden, also auch die Älteren. Die damit verbundenen sozialen Kontakte und die Teilhabe fördern die geistigen Fähigkeiten, was nach den wissenschaftlichen Erkenntnissen die Menschen ,jung’ erhält. Alt und Jung profitieren von der Einbindung der Älteren”, findet Martin Fischer.

Für Reiner Gerd Kunkel ist es aufgrund des hohen Anteils an Menschen über 60 Jahre wichtig, die vielfältigen Handlungsfelder auch für diese Altersgruppe zu vertreten und in politische Ziele umzusetzen. „Mir ist es wichtig – wie bisher – auf die Anregungen der älteren Generation einzugehen und wenn möglich, eine gemeinsame Lösung zu finden.“

„Der Seniorenbeirat ist die Möglichkeit, parteipolitisch unabhängig politisch für den Bezirk zu arbeiten, in dem ich wohne und in dem ich mich auskenne. Zudem hat der Beirat in den vergangenen Jahren viele Änderungen und Verbesserungen angestoßen, die das Leben von vielen Menschen in der Stadt einfacher und lebenswerter machen“, findet Susanne Schulte. „Außerdem werde ich in den Sitzungen der Bezirksvertretung Nordstadt durchaus ernst genommen und gehört“, blickt sie auf die positiven Erfahrungen zurück.

Der Einsatz gegen Altersarmut ist ein Grund für die Kandidatur

Manfred Sträter kandidiert erstmalig für das Gremium. Er möchte damit an die berufliche Arbeit anknüpfen: „Seit über 20 Jahren setzen wir uns in Dortmund aktiv mit dem DGB, der AWO und vielen anderen für eine den Lebensstandard sichernde Rente und gegen Altersarmut ein.“

Das ist auch bitter notwendig:  In Dortmund leben rund 122.000 Menschen über 65 Jahre. Als von Armut gefährdet gelten in NRW alleinstehende Menschen mit weniger als 1.166 Euro monatlich. In Dortmund betrifft dies über 21.000 der über 65-Jährigen, über 9.200 erhalten die Grundsicherung im Alter. Frauen, die im Jahr 2021 in die Rente gingen, erhielten in Westdeutschland durchschnittlich 809 Euro und Männer 1.218 Euro Rente.

Manfred Sträter Foto: privat

„Für Menschen mit Grundsicherung müssen 5,80 Euro für drei Mahlzeiten pro Tag reichen. Jeder Cent wird gezwungenermaßen dreimal umgedreht. Damit das Geld bis zum Monatsende reicht, jobben schon jetzt viele Rentnerinnen und Rentner in Dortmund – Tendenz steigend. Immer mehr Rentnerinnen und Rentner versorgen sich bei den Tafeln mit Lebensmitteln”, rechnet Sträter vor.

Zudem würden immer mehr Menschen immer älter – und damit leider auch gebrechlicher. Die Zahl der Senior*innen, die Unterstützung im Alltag benötigen, steigt ständig. „Die Situation werde sich weiter zuspitzen: Laut aktuellem Pflegereport der Krankenkasse DAK ist davon auszugehen, dass in den kommenden 25 Jahren deutschlandweit 2,3 Millionen Menschen mehr als heute auf pflegerische Unterstützung angewiesen sein werden. Auch in den ambulanten Pflegediensten zeichnen sich zunehmend Versorgungsengpässe ab.” Umso wichtiger ist eine politische Vertretung der Älteren, findet Sträter.

Senior:innen bringen jede Menge Lebenserfahrung in die Arbeit ein

„Gerade im Alter, wenn man nicht mehr erwerbstätig sein muss, kann man sich um Politik vor Ort kümmern, ohne in Abstimmungsnöte mit dem Arbeitgeber oder der Arbeitgeberin zu kommen. Die Arbeit ist nun zwar nicht ohne Stress, aber stressfreier, als sie vorher gewesen wäre“, findet Susanne Schulte.

Susanne Schulte Foto: Alex Völkel für Nordstadtblogger.de

„Zudem bringt man jede Menge Lebenserfahrung mit, hat funktionierende Netzwerke, geht bewusster durchs Viertel und das Quartier und bemerkt mehr Dinge, die zu verbessern sind als früher“, erklärt die Seniorenbeirätin aus der Nordstadt.

Dabei können die Mitglieder ihre sehr unterschiedlichen Erfahrungen gut einbringen: „Die Arbeit des Seniorenbeirates hat sich als Querschnittaufgabe herausgestellt. Es gibt kaum ein Sachgebiet, in dem der Seniorenbeirat nicht gefragt wäre“, verdeutlicht Martin Fischer. Das wird auch bei einigen konkreten Zielen, die Fischer auch nach der kommenden Wahl verfolgen will.

„Die Sicherstellung der Teilhabe für Ältere, die Begleitung des Digitalisierungsprozesses, ohne diejenigen, die nicht wollen oder können, abzuhängen und Bereitstellung für bezahlbaren, barrierefreien Wohnraum für Ältere, um ihnen das Leben in Selbständigkeit so gut es geht zu ermöglichen“, so der Aplerbecker.

„Seniorinnen und Senioren sind Teil der Gesellschaft – mit allen Rechten und Pflichten

Auch Susanne Schulte kann und will ihre bsiherigen beruflichen Erfahrungen weiter einbringen: „Ein wichtiger Punkt ist, den Seniorenbeirat präsenter zu machen und eine intensivere Einmischung des Gremiums in die Politik.

Gerade in Dortmund, der Stadt, in der der Beirat von allen über 60-Jährigen gewählt wird und in allen Ausschüssen mitreden darf, muss er auch laut werden“, sagt die gelernte Journalistin, die sich auch mehr  Nordstadtblogger ehrenamtlich engagiert. „Und speziell für die Nordstadt: Sich dafür einzusetzen, dass alle Generationen aller Nationen sich hier wohlfühlen“, nennt sie ein weiteres Ziel ihrer Arbeit.

Für Manfred Sträter gibt es keinen Grund, sich im Alter nicht zu engagieren: „Seniorinnen und Senioren sind Teil der Gesellschaft – mit allen Rechten und Pflichten. Die demokratische Teilhabe der Seniorinnen und Senioren ist gesetzlich zu regeln und auch auf kommunaler Ebene mit mehr Leben zu füllen“,, betont der Gewerkschafter. „Für den gesellschaftlichen Zusammenhalt ist es wichtig, für ein menschenwürdiges und auskömmliches Leben aller Menschen zu sorgen.“

Mehr Informationen:

  • Weitere Informationen zur Wahl und zu den Kandidat:innen sind auf dortmund.de/seniorenbeirat sowie beim Wahlamt der Stadt Dortmund erhältlich.
  • Auch die Geschäftsstelle des Seniorenbeirates gibt Auskunft: Telefon: 0231/50-24887 oder per E-Mail: seniorenbeirat@dortmund.de

Anm.d.Red.: Haben Sie bis zum Ende gelesen? Nur zur Info: Die Nordstadtblogger arbeiten ehrenamtlich. Wir machen das gern, aber wir freuen uns auch über Unterstützung!

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Reaktionen

    • Nordstadtblogger-Redaktion

      Hallo, die Hörner:innen sind wie alle anderen Kandidierenden aus allen Stadtbezirken unten in der Fotostrecke mit Bild, Telefon und Mailadresse….

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