Von Claus-Dieter Stille
Erfreulich viele Besucher*innen kamen am vergangenen Sonntag zur Eröffnung der Ausstellung „Jüdisches Leben in New York“ der bekannten Dortmunder Künstlerin Bettina Brökelschen ins Kulturzentrum „Alte Schmiede“ in Huckarde. In einer Videobotschaft nannte Oberbürgermeister Ullrich Sierau die Bilder der Künstlerin „farbenprächtig, kraftvoll“ und eine „fantastische Arbeit“. – Während eines Rundganges durch die Exposition wurde an jedem einzelnen Bild Halt gemacht und die jeweils dazu im Ausstellungskatalog geschriebenen Texte zu Gehör gebracht. Die ausdrucksstarken Bilder werden einen Monat gezeigt. Die Künstlerin hat sie der Jüdischen Gemeinde Dortmund geschenkt.
Oberbürgermeister Ullrich Sierau: Themen aufgegriffen, „die man früher nicht beachtet hat“
Sierau betonte in seiner Botschaft: Sie, die Künstlerin greife „in besonderer Weise Themen auf, die man früher nicht beachtet hat“ und sei „eine Brückenbauerin zwischen dem Leben und uns durch ihre Bilder“.
Brökelschen habe mit ihren Arbeiten ihren Respekt vor dem jüdischen Leben nicht nur in New York, sondern auch dem Dortmund zum Ausdruck gebracht. ___STEADY_PAYWALL___
Wolfgang Polak, Vorstand der Jüdischen Kultusgemeinde Dortmund, lobte die Hingezogenheit der Künstlerin zum Judentum und versprach, die Bilder würden in der Jüdischen Gemeinde an exponierter Stelle dauerhaft gehängt werden.
Gerhard Hendler, Vorsitzenden der Interessengemeinschaft Huckarder Vereine und die Künstlerin Bettina Brökelschen begrüßten die zahlreich erschienen Gäste im Kulturzentrum „Alte Schmiede“, einer ehemaligen Werkstatt der Zeche Hansa, in Huckarde mit einem „Herzlichen Glück auf!“. Bettina Brökelschen bedankte sich bei denen, „die geholfen haben den Katalog zu etwas ganze Besonderen zu machen, indem sie eine Interpretation, eine Geschichte oder ein Gedicht“ zu einzelnen Bildern geschrieben haben. Musikalisch wurde die Ausstelleröffnung bestens von Matthias Rothenberg (Gittare/Gesang) begleitet.
Jörg Stüdemann: Die Arbeiten von Bettina Brökelschen sind warmherzig und voller Empathie gemalt
Kulturdezernent und Stadtdirektor Jörg Stüdemann bezeichnete Bettina Brökelschen als eine „feste Instanz im Dortmunder Kulturleben“ schon über viele Jahre. Die Künstlerin zeichne „eine spezifische Art zu malen“ aus.
Manchmal, so Stüdemann, habe er gedacht, der Stil müsste aus der afrikanischen Kunstszene, der „art populaire“, herrühren. Ein großes Bild in diesem Stil könne man sich in der Innenstadt von Brüssel anschauen.
Diese Malkunst erinnere ihn an Arbeiten von Brökelschen. Deren Kunst sei überwiegend eine gegenständliche Kunst, die die Malerin unverwechselbar mache. Es sei ein „erzählender Stil“ – man lerne und erfahre etwas und werde angeregt sich mit einem Thema auseinanderzusetzen; „Die Bilder sind bunt, sie sind vital, sie haben oft eine zeichnerische Kontur und ein sehr sehr starkes Kolorit.“
Besonders zeichne die Arbeiten von Bettina Brökelschen aus, dass sie sehr warmherzig seien und voller Empathie gemalt würden, unterstrich der Kulturdezernent. Brökelschen verstehe Kunst nicht als einfache Illustration, nicht „nur Dekoration und Lebensbegleitung in der ein oder anderen charmanten Form“, sondern ihr gehe es um etwas. In diesem Sinne habe sie sich in viele soziale Projekte eingebracht.
Vision von Bettina Brökelschen: Gesellschaft und Stadt mithilfe und über die Kunst humanisieren
Stüdemann nannte einige: „bei der Mitternachtsmission, Projekte von Frauen gegen Genitalverstümmelung, für Kinder, für unsere bunte Stadt oder für die AIDS-Hilfe.“ Kunst sei für die Künstlerin auch in mehrerer Hinsicht eine Art von Therapie, natürlich auch für einen selbst. Was in ihrem Fall ganz besonders stimme, da sie therapeutisch-künstlerisch tätig sei.
Die große Vision von Bettina Brökelschen sei die Idee, dass man die Gesellschaft, die Stadt humanisieren könne mithilfe und über die Kunst. Ihre Kunst werde stets in einem sozialen Zusammenhang und in einen Auftrag gestellt, was als „ein sehr ethisches Anliegen“ bezeichnet werden könne.
Der Stadtdirektor sprach davon, dass ihn bei seinen Besuchen in New York, speziell in Brooklyn, das große Spektrum jüdischen Leben sehr beeindruckt habe.
Immerhin lebten in New York über zwei Millionen Menschen jüdischer Herkunft, jüdischer Kultur und jüdischer Religion in einer großen Vielgestaltigkeit. Außergewöhnlich sei erst recht das Leben in Brooklyn und dem Stadtteil Williamsburg mit einer ganz anderen Facette jüdischen Lebens. All das habe die Künstlerin in Ausschnitten sehr treffend abgebildet
Schauspielerin Tirzah Haase über ihre Freundschaft zur Künstlerin unter „K & K, wie Kunst und Krankheit“
Stüdemann zeigt sich hocherfreut darüber, dass Bettina Brökelschens Bilder künftig in der jüdischen Gemeinde eine Heimat fänden. Spätestens könnten sie dort ausgestellt werden, wenn die jüdische Grundschule in der Nähe der Berswordt-Schule und der Franziskus-Schule gebaut sei, was er für 2022/2023 in Aussicht stellte. Die Bilder würden gewiss, meinte der Stadtdirektor, auch dazu anregen, mit jüdischen Menschen in der Stadt ins Gespräch zu kommen.
Die Schauspielerin Tirzah Haase stellte sich als Freundin von Bettina Brökelschen vor. Sie rubrifizierte diese unter „K & K, wie Kunst und Krankheit“. Dass das auch eine Verbindung schaffen kann, eine Freundschaft entstehen lassen könne, erzählte die engagierte Schauspielerin. Drei explizite Daten gab sie, verpackt in drei Akten, dazu, wo und wie sich die beiden Frauen kennengelernt hatten.
Bei der Aktion „Weibsbilder“ im Jahre 2000 etwa im Rathaus. Später sah man sich bei anderer Gelegenheit abermals. Bettina Brökelschen schenkte der Schauspielerin ein Bild, das sie aussuchen sollte und die wählte sich dann eines mit dem Titel „Das Kind im Manne“. Tirzah Haase besuchte die Künstlerin zu Hause.
Über die Jahre entwickelt sich zwischen Schauspielerin und Künstlerin eine Freundschaft
Die Künstlerin erzählte ihr dann von einer Brustkrebserkrankung, die sie von 2005 auf 2006 gehabt hatte. 2008 hatte ein freundschaftliches Verhältnis zum Johannes-Hospital und zu Chefarzt Dr. Georg Kunz.
Haase schlug seinerzeit vor, eine Benefiz-Veranstaltung der Palliativstation im Krankenhaus zu machen. Tirzah Haase gab ein Konzert. Bettina Brökelschen stellte Bilder aus.
Zwei Monate später, erzählte Tirzah Haase – kurzzeitig abermals von den Gefühlen von damals tief ergriffen -, sei bei ihr Brustkrebs diagnostiziert worden. Bei einem weiteren Gespräch im Hause Brökelschen habe die Künstlerin ihr aus ihrem Leben erzählt. Da habe die Schauspielerin Bettina Brökelschen als wirkliches Weibsbild erlebt.
Und nochmals seien sie dann 2009 zusammengetroffen. Ein vierte Akt also noch. Kurz vor der OP von Tirzah Haase. Bettina Brökelschen machte wieder eine Ausstellung und hatte sie mit Ehemann eingeladen. Das habe Tirzah Haase Mut gemacht. Und soweit sei auch alles schließlich in Ordnung gekommen. Seitdem hätten beide Frauen viele Veranstaltungen zusammen gemacht.
Exkursion durch Ausstellung mit jeweils besonderen Blick auf jedes einzelne Bild mit textlicher Ergänzung
Für alle Besucher*innen schloss sich dem offiziellen Teil eine interessante Exkursion mit ganz besonderen Augenblicken an. Vor jedem Bild der Künstlerin wurde in Gruppen Station gemacht. Und diejenigen, welche zu den jeweiligen Bildern Texte oder Gedichte verfasst hatten – sie sind neben denen im Katalog abgedruckt – lasen diese vor. Waren einzelne Autoren nicht da, übernahm Tirzah Haase diese Aufgabe.
So stellte sich zu den einzelnen Bildern noch einmal eine ganz besondere Verbindung her bzw. wurden Besucher*innen der Ausstellung zu interessanten Gedanken angeregt. Der Kommunalpolitiker Friedrich Fuß, der einen Text zu Bettina Brökelschens Porträt von Benno Elkan (geb. am 2.12.1877 in Dortmund, gest. am 10.1.1960 in London) geschrieben hatte, las seinen Text persönlich. Fuß, erzählte übrigens, dass er ein Kunstwerk von Benno Elkan besitze. Es könne auf Anfrage bei ihm zu Hause besichtigt werden.
Elkan ist Mitbegründer des ersten Fußballvereins Dortmund (1895) sowie des Fußballvereins Bayern München. Nach ihm ist die Benno-Elkan-Allee in der Stadtmitte am Dortmunder U benannt. Ein Kunstwerk von Elkan kann man virtuell via Smartphone oder Tablet im Museum für Kunst- und Kulturgeschichte betrachten. Friedrich Fuß äußerte die an die Stadt Dortmund gerichtete Hoffnung, dass das Kunstwerk in naher Zukunft einmal in Bronze gegossen werde, um dann ausgestellt zu werden. Von Elkan stammt übrigens die große Menora vor der Knesset (dem israelischen Parlament) in Jerusalem.
Weitere Informationen:
- Das neue Projekt ,Jüdisches Leben in New York’ ist durch eine Freundin von Bettina Brökelschen entstanden, die sie in Brooklyn im jüdisch-orthodoxen Viertel besuchen durfte. Die Vielfalt und Andersartigkeit der dortigen Bewohner weckten in Bettina Brökelschen den Wunsch, darüber mehr zu erfahren und zu malen.
- Die Ausstellung wird ab dem 18. Oktober 2020 für einen Monat gezeigt und kann freitags von 17:00 Uhr bis 19:00 Uhr und nach telefonischer Absprache (Mobil: 01731933459) besichtigt werden.
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