Keine Arztpraxis, sondern Lotsen-Funktion und Beratungsstelle

Vom Bund finanziertes Pilotprojekt: Der erste Gesundheitskiosk soll in der Nordstadt entstehen

Rund um den Häuserblock ging die Warteschlange vor dem Sozialen Zentrum. Fotos: Alex Völkel
Im Sozialen Zentrum in der Westhoffstraße soll der Gesundheitskiosk eingerichtet werden. Die Einrichtung ist in der Nordstadt bekannt: Rund um den Häuserblock ging die Warteschlange, als im Sommer 2021 die ersten Corona-Impfungen ohne Vorbedingungen angeboten wurden. Foto: Alexander Völkel für nordstadtblogger.de

Im Ruhrgebiet erfreuen sich sogenannte „Buden“ großer Beliebtheit: Die Trinkhallen oder Kioske kennt jede:r in der Nachbarschaft – sie sind erste Anlaufstelle und wichtig für die schnelle Versorgung. Analog könnte man die Idee des Gesundheitskiosks beschreiben. In der Nordstadt soll ein erster Gesundheitskiosk entstehen. Mit dem Pilotprojekt möchte die Stadt die gesundheitliche Versorgung der Menschen in Dortmund verbessern – insbesondere für jene, die noch nicht im Gesundheitssystem „angekommen“ sind.

Gute Angebote, frühe Zugänge und dadurch gesunde Lebensbedingungen

In Deutschland sind immer mehr Menschen von einer ausreichenden und wirksamen gesundheitlichen Versorgung abgeschnitten. Dies betrifft vor allem Menschen mit niedrigem sozio-ökonomischem Status und häufig auch Menschen mit Zuwanderungsgeschichte. 

Für sie ist das Gesundheitssystem oftmals schlecht zu erreichen und schwer zu verstehen. Das wirkt sich fatal aus, besonders auf Kinder und Jugendliche. Kitas, Schulen, Jugendhilfe, Gesundheitsamt und soziale Beratungsstellen berichten von Übergewicht, Verhaltensauffälligkeiten und Problemen mit der Zahngesundheit.

Die Stadt Dortmund möchte gemeinsam mit ihren Partner:innen gute Angebote, frühe Zugänge und dadurch gesunde Lebensbedingungen schaffen – auch, um das „Dortmunder Kindergesundheitsziel“ zu erreichen, das 2017 vom Rat beschlossen wurde. Voraussetzung dafür sind kurze, leicht zugängliche Wege, die der Gesundheitskiosk bietet.

Gesundheit und Gesundheitskompetenz verbessern als Ziele

Der Gesundheitskiosk richtet sich daher vor allem an Familien und werdende Eltern. Ziel ist es, deren Gesundheit, aber auch Gesundheitskompetenz zu verbessern. Damit verbindet sich die Hoffnung, medizinisch nicht notwendige Besuche bei Ärztinnen und Ärzten sowie Besuche in den Notaufnahmen zu reduzieren. Das spart letztlich auch Kosten.

Eine Vielzahl von Angeboten gibt es im Sozialen Zentrum in der Westhoffstraße in der Nordstadt.
Ab Mitte 2024 stehen für den Kiosk geeignete Räume an der Westhoffstraße zur Verfügung. Archivfoto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Als Standort des Gesundheitskiosks ist das Soziale Zentrum Dortmund e. V. an der Westhoffstraße vorgesehen – dort stehen ab Mitte 2024 geeignete Räumlichkeiten zur Verfügung.

Die Miete, das Personal und die technische Ausstattung sollen aus Bundesmitteln finanziert werden, konkret aus dem Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD-Pakt), der während der Corona-Pandemie beschlossen wurde. Angebunden ist das Team des Gesundheitskiosks direkt beim Gesundheitsamt.

Der Gesundheitskiosk ist allerdings keine Arztpraxis. Hier gibt es weder Diagnosen noch Behandlungen oder Vorsorgeuntersuchungen. Auch wird den Hilfesuchenden nichts verschrieben. Was es hier geben soll, sind allerdings schnelle Informationen und Orientierung durch den Dschungel der medizinischen Versorgung. So die Idee.

Kiosk als erste Anlaufstelle bei medizinischen Fragen im Stadtteil

Die Mitarbeitenden im Gesundheitskiosk sollen daher vor allem koordinieren: Sie informieren die Menschen darüber, welche medizinischen Leistungen es wo gibt, vermitteln an Sozialberatungsstellen und klären auf, wie man welche Leistungen der öffentlichen Gesundheitsvorsorge erhalten kann. 

Eine Vielzahl von Angeboten gibt es im Sozialen Zentrum in der Westhoffstraße in der Nordstadt.
Eine Vielzahl von Angeboten gibt es im Sozialen Zentrum in der Westhoffstraße. Archivfoto: Alex Völkel für Nordstadtblogger.de

Wer bereits in einer Beratung oder laufenden medizinischen Behandlung steckt und Fragen dazu hat, kann diese am Gesundheitskiosk besprechen.

Dazu baut das Gesundheitskiosk ein Netzwerk auf, zu dem Arztpraxen, Krankenkassen, therapeutische und andere gesundheitliche Einrichtungen gehören. In den Beratungen kann es aber auch um soziale Leistungen gehen: Im Gesundheitskiosk gibt es keine Zuständigkeitsgrenzen zwischen Gesundheits- und Sozialwesen.

Angebote zur Prävention und Gesundheitsförderung geplant

Die Mitarbeiter:innen sind im Kiosk ansprechbar, gehen aber auch in Familienzentren, Eltern-Cafés und andere Einrichtungen, um die Menschen direkt anzusprechen, zu beraten und zu begleiten oder an andere Stellen zu vermitteln. Dies geschieht in verschiedenen Sprachen und kultursensibel, also abgestimmt auf die besonderen Bedürfnisse der Menschen.

Fachberater Ramazan Demirci berät Menschen u.a. auf türkisch. Fotos: Alex Völkel
Seit 2016 berät die „Clearingstelle Gesundheit“ in Trägerschaft des Sozialen Zentrums zum Krankenversicherungsschutz. Archivfoto: Alexander Völkel für die nordstadtblogger.de

Der Dortmunder Gesundheitskiosk soll Angebote zur Prävention und Gesundheitsförderung machen, wird aber selbst keine medizinischen Leistungen erbringen. Vielmehr ist er ein Knotenpunkt im Gesundheitsnetzwerk des Stadtteils. Er vernetzt Einzelne, aber auch Einrichtungen und Organisationen. Angedacht ist dazu eine Stadtteilgesundheitskonferenz.

Zusammengefasst arbeitet der Gesundheitskiosk in vier Feldern: Niedrigschwellige Gesundheitsberatung, Case-Mangement, Netzwerkarbeit sowie Gesundheitsförderung und Prävention.  (Anm.d.Red.: Case Management will bedarfsentsprechend im Einzelfall eine nötige Unterstützung, Behandlung, Begleitung, Förderung und Versorgung von Menschen angemessen bewerkstelligen)

Die Ausweitung auf weitere Standorte ist geplant

Vorbild dafür ist ein Modell, das 2017 in Hamburg Billstedt/Horn entwickelt wurde und Ausgangspunkt für eine Gesetzinitiative des Bundes war. Das Gesetz steht noch aus, dennoch richten einige Kommunen, vor allem in NRW, bereits Gesundheitskioske zur Erprobung ein. Sobald das Gesetz vorliegt und die Pilotphase des Gesundheitskiosks in der Nordstadt evaluiert ist, sollen weitere Standorte in Dortmund in den Blick genommen werden.

Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD)
Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD) Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

„Wir haben die einmalige Gelegenheit, den Piloten für einen Dortmunder Gesundheitskiosk kostenneutral zu etablieren. Damit bieten wir den Menschen einfache Zugänge zu unserem Gesundheitssystem und Orientierung für alle, die sich darin nicht zurechtfinden“, sagt Oberbürgermeister Thomas Westphal.

Der Rat der Stadt wird in seiner Sitzung im Mai über die Einrichtung des Gesundheitskiosks in der Nordstadt beschließen. Das Projekt ist zunächst befristet bis Ende 2026.


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  1. GRÜNE und CDU begrüßen ersten Gesundheitskiosk (PM)

    Die Ratsfraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU verbessern die gesundheitliche Versorgung in der Nordstadt. 2022 stieß die Projektpartnerschaft beider Fraktionen die Einrichtung eines Gesundheitskiosks an. Mitte 2024 nimmt nun ein Gesundheitskiosk seine Arbeit auf.

    „Ab Mitte 2024 geht der Gesundheitskiosk in den Räumen des Sozialen Zentrums Dortmund e.V. an der Westhoffstraße in der Nordstadt an den Start“, freut sich Jenny Brunner, Ratsmitglied der GRÜNEN und Mitglied im Sozialausschuss. „Der vorgesehene Gesundheitskiosk stellt eine wesentliche Verbesserung der medizinischen Versorgungssituation in der Dortmunder Nordstadt dar. Das Team des Gesundheitskiosks ist dabei direkt beim Gesundheitsamt angebunden.“

    Die Chancen auf Gesundheit sind auch in Dortmund ungleich verteilt. Dort, wo überdurchschnittlich viele EmpfängerInnen von Sozialleistungen, Menschen mit Migrationshintergrund oder auch Alleinerziehende oder SeniorInnen leben, treten chronische Krankheiten früher und häufiger auf und ist das durchschnittliche Sterbealter geringer. Gleichzeitig ist die Versorgungssituation in diesen Stadtteilen oft schlechter.

    „Im Vordergrund des Gesundheitskiosks steht deshalb die Prävention und die Vermeidung medizinisch nicht notwendiger Besuche bei Ärztinnen und Ärzten sowie in den Notaufnahmen“, ordnet Thomas Bahr, Ratsmitglied der CDU und Mitglied im Sozialausschuss, ein. „Dies ist nicht nur eine Entlastung für das Gesundheitssystem, sondern schafft auch finanziellen Spielraum, da bei anderen Trägern Kosten eingespart werden können. Gleichzeitig ist der Gesundheitskiosk Anlaufstelle für alle beteiligten Ärzte und Ärztinnen sowie soziale Einrichtungen. Mit dem Pilotprojekt können wir nicht nur die medizinische Versorgung vor Ort verbessern, sondern auch dazu beitragen, dass unsere Bürgerinnen und Bürger eigenverantwortlich und kompetent mit ihrer Gesundheit umgehen.“

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