Gleich zu Beginn der Pressekonferenz zum Verkehrsbericht 2018 sprach Polizeipräsident Gregor Lange Klartext und fing mit schlechten Nachrichten an. Die Zahl der Verkehrstoten auf den Autobahnen ist trotz intensiver polizeilicher Maßnahmen nicht gesunken. Während 2017 in diesem Bereich 21 Todesfälle registriert wurden ist diese Zahl 2018 sogar auf 22 gestiegen. Ein grundsätzliches Problem im Straßenverkehr sehen sowohl Lange als auch der Leiter der Direktion Verkehr der Polizei Dortmund, Ralf Ziegler, in der Respekt- und Anstandlosigkeit vieler VerkehrsteilnehmerInnen. So mussten sich die PolizeibeamtInnen 2018 zunehmend mit dem immer akuter werdenden Problem der sensationslüsternen Gafferei an Unfallorten herumschlagen.
Trotz intensiver Bemühungen zu viele Todesfälle auf den Autobahnen
„Unser Ziel muss sein, in die Köpfe der VerkehrsteilnehmerInnen einzudringen, um hier Verhaltensänderungen zu bewirken. Uns ist klar, dass wir dafür einen langen Atem brauchen werden“, so Gregor Lange. Es gelte durch präventive und repressive Massnahmen weiter am Ball zu bleiben.
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Die Zahl der Verkehrstoten auf den Autobahnen sei nicht hinnehmbar und nicht zu akzeptieren. Die Polizei habe ihre Maßnahmen wie Geschwindigkeitskontrollen, die Einrichtung von Überholverbotszonen oder den Ausbau der Straßenbeschilderung im vergangenen Jahr massiv hochgefahren. Dennoch konnte die Zahl der Todesfälle trotz täglicher Unfallanalysen nicht reduziert werden.
Als Hauptunfallstrecke hat sich auch in diesem Jahr die Autobahn A1 mit fünf gleichzeitigen Dauerbaustellen herauskristallisiert. Auf dem Streckenabschnitt zwischen Hamm und Wuppertal kam es 2018 zu 8 Todesfällen. Seit November 2018 arbeitet die Polizei nach einem neuen Konzept für die schwierige Infrastruktur der A1. Bis Ende Februar waren hier keine weiteren Verkehrstoten zu verzeichnen.
Die Gruppe der „schwachen VerkehrsteilnehmerInnen“ ist besonders betroffen
Ein erstes Zeichen also, dass das neue Konzept funktioniert. Lange sprach diesbezüglich von einer Entwicklung, die ihn hoffen lässt. Auch die Aufstellung eines sogenannten Enforcement, Trailers, eines mobilen Blitzanhängers zur Geschwindigkeitsüberwachung, habe auf diversen Streckenabschnitten positive Wirkung erzielt.
Während die Zahl der Todesfälle seit 2011 ihren vorläufigen traurigen Höhepunkt erreicht hat, ist die allgemeine Zahl der auf der Autobahn verunglückten Personen rückläufig. Die Anzahl der Personenschadensunfälle sank 2018 um 6,2 Prozent auf insgesamt 1045 Fälle.
Im Dortmunder Stadtgebiet kamen 2018 fünf Menschen ums Leben. Die Zahl hat sich im Vergleich zum Vorjahr nicht geändert. Auffällig dabei ist, dass es sich bei den Getöteten in drei Fällen um Fahrradfahrende und in einem Fall um eine/n FüßgängerIn handelte, die den sogenannten „schwachen VerkehrsteilnehmerInnen“ zugeordnet werden.
Mehr Verkehrsunfälle aber weniger verletzte Kinder und Jugendliche im Stadtgebiet Dortmund
Insgesamt ereigneten sich in Dortmund 24.577 Verkehrsunfälle, was den höchsten Wert der letzten elf Jahre bedeutet. Die Zahl der Unfälle mit Personenschaden hat um 4,3 Prozent zugelegt und liegt bei 1825 Fällen. 275 Personen wurden schwer verletzt, was eine Steigerung um 19 Prozent im Vergleich zum Vorjahr bedeutet. 2.017 Personen erlitten leichte Verletzungen, ebenfalls eine Zunahme um 2,9 Prozent.
Aber es gibt auch positive Entwicklungen. So ist die Zahl der verunglückten Kinder und Jugendlichen in Dortmund gesunken. Bei den Kindern um 3,5 Prozent, was eine Fallzahl von 194 Fällen im Gegensatz zu 201 Fällen 2017 bedeutet. Bei den Jugendlichen gar um 27, 3 Prozent. Dies ist besonders erfreulich da die Quote 2017 deutlich angestiegen war und um 43,5 Prozent zugelegt hatte.
Insgesamt wurden 72 Jugendliche im Straßenverkehr verletzt, 27 Personen weniger als 2017. Im Bereich der Raser- und Tuningszene ist festzustellen, dass die Gesetzesänderung von der Ordnungswidrigkeit zur Straftat im vergangenen Jahr erste Wirkungen zeigt. Zusätzlich haben intensive Kontrollen und die Arbeit eines runden Tisches in Kooperation mit der Stadtverwaltung Dortmund dafür gesorgt, dass die Szene nicht mehr so auffällig ist wie früher.
Raser- und Tuning-Szene ist in Dortmund nicht mehr so auffällig wie früher
2018 kam es zu 12 illegalen Straßenrennen, die mit einem Unfall endeten, wobei neun Personen schwer und vier leicht verletzt wurden. Die Polizei registrierte 50 weitere Rennen ohne Unfallausgang.
Insgesamt konnten die Beamten 2018 60 Führerscheine sicher stellen. Lange und Ziegler stellen klar, dass die Stadt keine Rennstrecke ist. „Wer so rücksichtslos agiert, muss mit einer klaren Reaktion der Polizei rechnen“, so der Dortmunder Polizeipräsident.
Auch im Stadtgebiet Lünen waren mehr Verkehrsunfälle und mehr Verunglückte als im Vorjahr zu verzeichnen. Eine Person verlor ihr Leben. Auch hier ist auffällig, dass die Zahlen der verunglückten Fahhradfahrenden und Zu-Fuß-Gehenden drastisch gestiegen sind. Bei den FußgängerInnen beträgt der Anstieg 23,1 Prozent auf insgesamt 48 Fälle, bei den RadfahrerInnen gar 50 Prozent auf 123 Fälle.
Jeder fünfte Verunglückte ist entweder mit dem Rad oder zu Fuß unterwegs
Die Quoten sind also auch hier vor allem im Bereich der „schwachen VerkehrsteilnehmerInnen“ gestiegen. Dies spiegelt sich auch in den Altersgruppen der Verunglückten wider. Bei den Kindern ist der Anteil um 10 Prozent auf 33 Unfälle, bei den Jugendlichen um 33,3 Prozent auf 24 Fälle und bei den SeniorInnen um 34,5 Prozent auf insgesamt 74 Fälle angestiegen.
Mit Sorge beobachten Lange und Ziegler dass die sogenannten „schwachen VerkehrsteilnehmerInnen“ wie RadfahrerInnen und FußgängerInnen im Rahmen von Verkehrsunfällen in Dortmund und in Lünen deutlich in den Fokus geraten sind.
Insgesamt ist festzustellen, dass jeder fünfte Verunglückte entweder mit dem Rad oder zu Fuß unterwegs ist. Insgesamt ereigneten sich 2018 653 Verkehrsunfälle an denen RadfahrerInnen beteiligt waren. 290 davon wurden durch eigenes Fehlverhalten verursacht.
Lange und Ziegler appellieren an die Eigenverantwortung des Einzelnen
In diesem Zusammenhang appellieren sowohl Gregor Lange als auch Ralf Ziegler an die Eigenverantwortung des Einzelnen. „Schützen Sie sich selbst und seien Sie Vorbild, indem Sie einen Helm tragen. Gerade in den Wintermonaten macht es Sinn, helle, reflektierende Kleidung zu tragen und für gute Beleuchtung am Fahrrad zu sorgen“, so Ziegler.
Der Leiter der Direktion Verkehr sieht ferner Gründe für die Zunahme der Radunfälle im vermehrten Gebrauch von e-bikes und Pedelecs. Durch unzulässiges Tuning könnten die Fahrzeuge hohe Geschwindigkeiten erreichen, was das Unfallrisiko enorm erhöhe.
Aus diesem Grund arbeitet die Polizei Dortmund auf diesem Gebiet nicht nur repressiv mit Geschwindigkeits- und Fahrzeugkontrollen, sondern bietet auch präventive Beratungsangebote und Schulungen für e-bike-NutzerInnen und Pedelec-FahrerInnen an.
Polizei verfolgt Null-Toleranz-Strategie für pietätlose Gafferei an Unfallorten
Und auch bei einem weiteren Thema appellieren die Polizeibeamten an den gesunden Menschenverstand der VerkehrsteilnehmerInnen. Auch 2018 beschäftigte Polizei und Rettungskräfte vor allem bei großen Unfallgeschehen auf der Autobahn das Problem der sensationslüsternen Gafferei.
Lange und Ziegler machen unmissverständlich klar, dass es sich hierbei nicht um ein Kavaliersdelikt handelt und die Polizei konsequent gegen offensichtliche TäterInnen vorgeht. Diese müssen im Falle einer Verurteilung mit einer Geldstrafe von 100 Euro und einem Punkt rechnen.
Dies sollte allen VerkehrsteilnehmerInnen bewusst sein. In einem einzigen Fall, bei dem ein Familienvater 2018 auf der A44 um sein Leben kämpfte, seien allein 50 Anzeigen gegen Gaffer gestellt worden.
Wer die Regeln bricht, bringt nicht nur sich selbst, sondern vor allem andere in Gefahr
In diesem Zusammenhang aber auch im allgemeinen Verhalten im Verkehr, gelte es laut Lange und Ziegler, eine öffentliche Diskussion anzustoßen. „Es geht darum, Regeln zu beachten.
Wenn jemand einen Ladendiebstahl begeht, ist das in den Köpfen der Bevölkerung ein Verbrechen. Fährt jemand mit überhöhter Geschwindigkeit, hält den Sicherheitsabstand im Verkehr nicht ein oder ähnliches wird immer ein Auge zugedrückt. Hier herrscht eine andere Wahrnehmung und es wird an die Grenzen gegangen“, so Ralf Ziegler.
Fehlverhalten gehörten öffentlich angeprangert. Auch als BeifahrerIn trage man Verantwortung und es müsse kommuniziert werden, dass wer die Regeln bricht, verantwortungslos handelt und nicht nur sich selbst sondern vor allem auch andere VerkehrsteilnehmerInnen in Gefahr bringt.
„Wir sind uns unserer Aufgabe bewusst, diese Dinge im Bewusstsein der Menschen zu verankern. Doch menschliches Verhalten zu verändern ist das Bohren eines ganz dicken Brettes“, so Gregor Lange. Ziel sei es die Diskussion am Leben zu halten und ein Umdenken zu erwirken, um gegen diese „abartige Erscheinung der heutigen Zeit“ vorzugehen.
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Reader Comments
Angelika Steger
Herr Polizeipräsident Lange und Herr Ziegler, appellieren Sie nicht nur an den/die einzelne, sondern machen Sie sich die wahren Unfallursachen für Radfahrende und auch Fußgänger klar! Die schlechte Verkehrsinfrastruktur wie z. b. zu enge Straßen, hervorgerufen durch noch mal einen Parkstreifen, durch rücksichtslose Falschparker, zu kurze Ampelphasen, dooring zone, weil der „Radfahrstreifen“ gleich neben parkenden Autos verläuft… das sind die Ursachen! Bekämpfen Sie Ursachen, nicht Symptome! Sich grellbunt und mit Styropor-Halbkugel am Kopf überfahren zu lassen, bringt gar nichts! Der Helm ist kein Allheilmittel! Ausführliche Begründungen finden Sie hier: https://velocityruhr.net/blog/2019/02/27/helmdebatten-warum-eine-helmpflicht-ein-teil-des-problems-und-nicht-der-loesung-ist/