Ver.di will mit Streiks im Cinestar einen Tarifvertrag erkämpfen – das Kino reagiert in Dortmund mit Aussperrungen

Trotz der Repressionen treten Teile der Belegschaft weiterhin in den Streik.
Trotz der Repressionen treten Teile der Belegschaft beim Cinestar in Dortmund weiterhin in den Streik.

Ein Kino sollte ein Ort für große Emotionen sein. Freude, Nervenkitzel, Liebe. Darum geht es in Kinos. Bei CineStar geht es auch um Wut, Enttäuschung und Angst, denn CineStar-Kinos werden zum Ort der Einschüchterung und Repression. So sehen es zumindest die streikenden Beschäftigten und die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Denn das Unternehmen reagiert mittlerweile mit Aussperrungen, um die Streikenden in die Knie zu zwingen. #Endgame (Endspiel) Mindestlohn – in Anspielung auf den Marvel-Kassenhit „Avangers“ – und #CineStreik steht auf ihren Schildern.

Mindestlohn in Höhe des Preises von Popcorn mit Cola gefordert

In den Kinos der CineStar-Gruppe fordern die Beschäftigten seit Monaten eine faire Entlohnung – festgeschrieben in einem Tarifvertrag. Elf Euro sollen es mindestens sein, denn weniger würde geradewegs in die Altersarmut führen. Elf Euro – das ist in etwa der Preis von einer Portion Popcorn mit Cola in ihrem Kino. 

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Doch da dieses Ziel auf dem Verhandlungsweg nicht zu erreichen ist, organisieren die Beschäftigten, gemeinsam mit ver.di, Warnstreiks. Sie nehmen damit ihr grundgesetzlich verbrieftes Streikrecht wahr.

Doch wie reagiert CineStar? „Liebesentzug haben die Beschäftigten erwartet. So nennen sie es, wenn Vorgesetzte nach einem Streik nicht mehr grüßen oder sie anders spüren lassen, was sie vom Streikrecht halten“, berichtet Gewerkschaftssekretär Fabian Trelle. 

Aussperrungen bringen nicht organisierte KollegInnen in existenzielle Nöte

Mit „Liebesentzug“, nicht aber mit Aussperrungen, hatten die streikenden Beschäftigten gerechnet.
Mit „Liebesentzug“, nicht aber mit Aussperrungen hatten die streikenden Beschäftigten gerechnet.

Doch jetzt überschreitet CineStar nach Ansicht von ver.di eine rote Linie. „Immer wieder werden TeilnehmerInnen der Warnstreiks tagelang ausgesperrt. Sie werden nicht mehr zu Schichten eingeteilt und verdienen in dieser Zeit kein Geld“, berichten die Betroffenen.

Klar: ver.di-Mitglieder erhalten auch finanzielle Unterstützung ihrer Gewerkschaft. Aber wer kein Mitglied ist, kommt schnell in existenzbedrohende Situationen. Während der laufenden Tarifrunde greift CineStar immer wieder zu Aussperrungen. 

„Die Arbeitsverhältnisse sind extrem belastet. CineStar will die Beschäftigten offensichtlich unterwerfen und einschüchtern“, so Trelle. „Während Warnstreiks und Aussperrungen setzt CineStar StreikbrecherInnen ein und bezahlt Streikbruchprämien.“

Interview

Servicekraft Sven Hannig: „Ich glaube, Solidarität macht den Unterschied” 

Eben noch hinter der Snacktheke - jetzt im Visier des Arbeitgebers. Servicekraft Sven Hannig berichtet, wir der der Cinestar versucht, seine Beschäftigten klein zu kriegen.
Eben noch hinter der Snacktheke – jetzt im Visier des Arbeitgebers. Servicekraft Sven Hannig berichtet, wir der Cinestar versucht, seine Beschäftigten klein zu kriegen.

Frage: Herr Hannig, Sie  arbeiten im CineStar Dortmund als Servicekraft. Haben Sie damit gerechnet, dass der Arbeitgeber Streikende aussperrt, wenn Sie streiken? 

Sven Hannig: Nein, ganz bestimmt nicht. Obwohl ich mich viel mit Streiks und den möglichen Folgen befasst habe, wusste ich nicht genau, was Aussperrungen überhaupt sind. 

Man hört ja auch viel mehr über Streiks als über Aussperrungen.

Ja, das liegt vermutlich daran, dass es in Deutschland fast nie zu Aussperrungen kommt. In den 60ern und 70ern des letzten Jahrhunderts waren ArbeitnehmerInnen wohl in größerem Umfang von Aussperrungen betroffen. Das stieß damals auf große Kritik in der Bevölkerung. Der Spruch auf unserem Banner„Wer aussperrt, gehört eingesperrt” stammt aus dieser Zeit. 

Was bringen Aussperrungen dem Arbeitgeber?

Historisch betrachtet ging es bei Aussperrungen wohl darum, die Gewerkschaften finanziell in die Knie zu zwingen. Während der Aussperrung verdienten die Beschäftigten kein Geld. Die Gewerkschaften mussten mit Streikgeldzahlungen einspringen. 

Trotz der Repressionen treten Teile der Belegschaft weiterhin in den Streik. Fotos: privat
Trotz der Repressionen treten Teile der Belegschaft weiterhin in den Streik. Fotos: privat

Und CineStar? 

CineStar glaubt vermutlich nicht, dass die Streikkasse von ver.di pleite geht, wenn sie ein paar Kinoleute aussperren. Da muss was anderes dahinter stecken. 

Was glauben Sie, was dahinter steckt? 

Ich glaube, der Arbeitgeber will uns unmissverständlich klar machen, dass er uns als Gegner betrachtet. Er will uns mal ordentlich zeigen, wo der Hammer hängt. Diese Einschüchterung und Repression hat ja tatsächlich viele von uns überrascht. 

Es gibt aber noch einen Aspekt: Streikbereite KollegInnen, die sich gegen eine Mitgliedschaft in ver. di entschieden haben, können eine längere Aussperrung wirtschaftlich nicht überstehen. Für sie ist das Grundrecht auf Streik praktisch wertlos. 

Wie gehen Sie und Ihre Kolleg*innen damit um?

Ich glaube, Solidarität macht den Unterschied. Wenn Kinogäste uns unterstützen und ermutigen, dann durchstehen wir das. Auch unser Arbeitgeber ist da sehr sensibel, denn er ist ja auf unsere Gäste angewiesen. Dabei kommt es auf jeden einzelnen Menschen an. Wer sich solidarisch verhält, kann wirklich viel bewegen. 

Wie wird es in den Verhandlungen weitergehen?

Die ganzen Reaktionen des Arbeitgebers zeigen ja, wie nervös er ist. Auch CineStar ist nicht damit zufrieden, wie es gerade läuft. Wir brauchen nun ein faires Angebot von CineStar und Besonnenheit auf beiden Seiten, sonst wird das eine lange Auseinandersetzung. Wir sind gut aufgestellt und vorbereitet. 


HINWEIS: Nordstadtblogger.de hat die Cinestar-Gruppe um eine Stellungnahme gebeten. Sie liegt bislang noch nicht vor. Wir werden sie – falls eine Reaktion kommt – nachreichen.

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