Nicht alle Tage verabreden sich zwei dem Stadtrat beigeordnete Ausschüsse zu einer gemeinsamen Sondersitzung. Das Thema muss von Gewicht sein, ebenso eine gewisse Dringlichkeit vorliegen. – Am letzten Dienstag, 3. Mai, war dies der Fall. Auf dem Programm stand die Erörterung eines Großprojekts, das Dortmund seit über zwei Jahrzehnten beschäftigt und kaum vor 2030 abgeschlossen sein dürfte. Es geht um den „Boulevard Kampstraße/Brüderweg“. Darum, endlich die dritte und letzte Umbauphase zwischen den Stadtkirchen St. Petri und St. Reinoldi zu bewältigen. Soll dies gelingen, muss ein Konsens über konzeptionelle Grundlagen bestehen. Denn ohne zu wissen, was ich eigentlich bezwecken will, kann mein Tun keine Gestalt annehmen. – Unbestritten ist nun weniger, dass der ursprüngliche Entwurf teils nicht mehr zeitgemäß ist, sondern vielmehr, wie tief verändernde Eingriffe hier gehen müssen und dürfen.
Wettbewerb zur Umgestaltung von Kampstraße/Brüderweg zum „Boulevard“
Versammelt haben sich Fachleute aus den Parteien, spezialisiert auf verschiedene Aspekte, die beim Umbau eines ganzen Straßenzuges von Bedeutung sind. Das sind Probleme der Stadtgestaltung etwa, der Infrastrukturentwicklung, Maßnahmen aus der Perspektive von Klima- oder Umweltschutz. Planerische Expertise spielt eine Rolle und nicht zuletzt architektonisches Können wie Praxiserfahrung.
Die bringt Professor Hendrik Stahl mit in die Sitzung. Er hatte maßgeblich an einem ersten Entwurf für die Neugestaltung der Straßenzüge Kampstraße und Brüderweg zu einem Boulevard mitgewirkt. Fast zweieinhalb Jahrzehnte ist das nun her. Auf eine Ausschreibung der Stadt Dortmund hin bemühte sich seinerzeit ein Düsseldorfer Architektenbüro, das Atelier Fritschi + Stahl, um die Erarbeitung eines Konzeptes.
Das war 1998. An den baulichen Strukturen der beiden Straßenzüge, wie sie während des Wiederaufbaus entstanden waren, hatte sich bis dahin kaum etwas geändert. Weshalb auch, solange sie ihrem Zweck dienten, nämlich als viel befahrene Durchgangsstraßen die östliche mit der westlichen Innenstadtgrenze zu verbinden.
Durch Innenstadttunnel frei werdende Flächen sollen umgenutzt werden
Obwohl in den 90er Jahren noch Straßenbahnen und Autos für rege Betriebsamkeit auf Brüderweg wie Kampstraße sorgten, war klar: irgendwann wird in darunter angelegten Tunneln eine Stadtbahn zwischen den Wallgrenzen des Osten- und Westentors hin und her fahren.
Damit war zu erwarten, dass die vormaligen Verkehrsflächen umgenutzt werden können. Es folgte ein Wettbewerb zur Ausgestaltung dieser Idee, aus dem das Planungsbüro mit Sitz in Düsseldorf 1999 schließlich als Sieger hervorging.
Der eingereichte Entwurf versprach nach Ansicht der Jury offenbar einem kriselnden Industriezentrum – inmitten von Umorientierung und Strukturwandel – die dringend benötigte Aufwertung des Stadtbildes. Mit einem auf Jahre angelegten Großprojekt, das den „Boulevard Kampstraße/Brüderweg“ entstehen lassen sollte.
Doch die Realisierung des ehrgeizigen Vorhabens entpuppte sich über die Zeit als äußerst zäh, massive Verzögerungen waren keine Seltenheit. Nur ein Beispiel aus den jüngeren Jahren: 2019 gab es in Dortmund, wir erinnern uns, den Deutschen Städtetag und vor allem den Evangelischen Kirchentag mit seinen unzähligen Veranstaltungen. Zu diesen – für die Stadt als Gastgeber bedeutsamen – Anlässen waren allerdings Presslufthämmer oder Bagger als Hintergrundbeschallung unerwünscht.
Massive Verzögerungen bei Fertigstellung von Teilabschnitten des Projekts
Immerhin wollte sich die Kommune von ihrer besten Seite zeigen, ließ sich dies einiges kosten und spielte auf strategischen Gewinn: Wir zahlen zunächst drauf, aber gewinnen über eine Attraktivitätssteigerung des gesamten Stadtbildes langfristig mehr: locken Tourist:innen, Veranstaltungen, Unternehmen. Ergo wurden in dem Jahr die Außenarbeiten am Boulevard vollständig unterbrochen. – Kann so eine hinreichende Begründung aussehen?
Das wird 2024, wenn Dortmund einer der Austragungsorte bei der Fußball-EM 2024 ist, jedoch kaum anders sein. Nicht jedem Ausschussmitglied erschließt sich indessen die hier wirksame Hintergrundlogik, gerade wo es sich in Dortmund lediglich um einige wenige Begegnungen und dazu in einem überschaubaren Zeitfenster handeln kann.
Dennoch wird es voraussichtlich zu einem Baustopp wegen der Europameisterschaft kommen, war gestern zu hören. Vielleicht tröstet es: der sei als zwischenzeitliche Unterbrechung – auf dem Weg zum Abschluss sämtlicher Baumaßnahmen gegen Ende 2029 – schon eingeplant. Ob dergleichen für das Jahr 2027 ebenfalls vorgesehen ist, wenn in Dortmund die Internationale Gartenschau zu Gast sein wird, war nicht zu erfahren.
Aufgeben ist keine Option, auch wenn das Projekt noch nicht die Zielgerade sieht
Vermutlich ist die Prognose nicht vermessen, dass nach dem Erstentwurf für den Dortmunder Boulevard bis zur zukünftigen Beendigung aller Baumaßnahmen deutlich mehr als drei Jahrzehnte ins Land gegangen sein werden. Es könnte deshalb die Frage aufgeworfen werden: Warum überhaupt weitermachen? Sich auf einen möglichen Abbruch einzulassen und von vorne anzufangen, widerspricht hingegen einer basalen sozialpsychologischen Erkenntnis.
Die besagt, dass je mehr Energie als Mittel für die Erreichung eines bestimmten Zwecks bereits eingesetzt wurden, desto schwieriger fällt die Umkehr. Dafür muss nicht einmal eine Zielgerade in Sicht sein. Was für den weiteren Umbau der Kampstraße ja gleichermaßen zutrifft.
Können nun keine begründeten Zweifel an der Güte des Gesamtvorhabens geltend gemacht werden, bleibt der Dortmunder Kommunalpolitik wohl nichts anderes übrig, als den innerstädtischen Baumarathon weiter zähneknirschend hinzunehmen und allenfalls Teilanpassungen an neue Herausforderungen vorzunehmen, die erst über jüngere Diskurse in unser Problembewusstsein gerückt sind.
Wichtige Entscheidungen über Realisierungsmodalitäten müssen jetzt getroffen werden
Baudezernent Arnulf Rybicki ist davon jedenfalls überzeugt. Die städtebauliche Wirkung der seit geraumer Zeit in der Innenstadt laufenden Baumaßnahme sei beträchtlich und spiele für die Stadtgestaltung insgesamt eine große Rolle, bedeutet er. Soll sich die Angelegenheit indessen nicht noch weiter hinauszögern, dann stehen gewichtige Entscheidungen an, die den zukünftigen Straßenzug prägen werden.
Es sind die charakteristischen Gestaltungsmerkmale des dritten und letzten Bauabschnitts der Innenstadtquerung, die gegenwärtig in der kommunalpolitischen Diskussion stehen. Die beiden gewundenen äußeren Teilstücke Richtung Ostentor (über den Brüderweg) und zum Westentor (via Kampstraße ab Petri-Kirche) sind fertiggestellt. Nun muss als „tragendes Element“ das Herzstück, der mittlere Abschnitt endlich in Angriff genommen werden.
Dabei handelt es sich um einen geradlinigen Streifen mit einer Länge von ungefähr 535 Metern, gelegen zwischen den beiden Stadtkirchen St. Petri im Westen und der östlich davon gelegenen Reinoldikirche bzw. dem Willi-Brandt-Platz mit dem Pylon über der DSW-21-Stadtbahn-Haltestelle.
Angesichts neuer Herausforderungen muss ein zeitgemäßer Entwurf her
Da der ursprüngliche Entwurf zu diesem Teilabschnitt aber vor gut zwei Jahrzehnten konzipiert wurde und dies gefühlt eine Ewigkeit her ist, weil sich seitdem vieles in der Welt verändert hat, bedurfte es einer Reevaluation damaliger Beurteilungsmaßstäbe in Kontrast zu jenen, die heutzutage Diskurse stärker bestimmen – darüber, was sinnvoll oder wünschenswert ist, was wir wollen oder wovon wir uns verabschiedet haben.
Aktuelle Themen wie Nachhaltigkeit, Biodiversität, Grünflächen, Räume für den Radverkehr beispielsweise haben die Anforderungen an Stadtgestaltung und -entwicklung verschoben. Dem war Rechnung zu tragen, die Beteiligten sprachen miteinander, Rücksprachen mit dem Düsseldorfer Planungsatelier erfolgten.
In jüngerer Vergangenheit habe es auch interfraktionelle Info-Runden über die dritte Ausbaustufe zusammen mit der involvierten Verwaltung der Stadt geben. Dabei konnte einiges geklärt werden, doch nicht alles, erklärt der Baudezernent. Das vorläufige Resultat all dieser Konsultationen ist ein modifizierter Entwurf des Ateliers Fritschi + Stahl für den letzten großen Bauabschnitt im Zentrum Dortmunds.
Ebenfalls liegt den konzertierten Ausschussmitgliedern ein davon teils abweichender Beschlussvorschlag der Stadtverwaltung zur Empfehlung vor.
Wasserlaufanlage entlang der Promenade: Gestalterisch wertvoll, aber kostenintensiv
Ziel des überarbeiteten Entwurfs aus dem Atelier, so Mareike Trentz, verantwortlich im Tiefbauamt für Sonderprojekte, sei eine „funktionale Zusammenfügung der City“ bei mehr Aufenthaltsqualität, um eine Belebung der Innenstadt zu fördern.
Konkrete Gestaltungselemente sind: eine Promenade mit Lichtband und parallel geführter Wasserlaufanlage, die ursprünglich ein Quell-, Mittel- und Endbecken über eine Länge von gut 500 Metern miteinander verbinden sollte, aus technischen Gründen aber um etwa 100 Meter verkürzt bzw. unterbrochen werden muss; im Weiteren Fahrradabstellanlagen, möglichst viel Grün (Bäume), dazu Bänke und Spielinseln für Jung und Alt.
Der dergestalt in den Boulevard integrierte Wasserfluss soll nicht nur zum Verweilen motivieren oder als Anziehungspunkt für die Außengastronomie interessant werden, sondern er erzeugt angesichts des Klimawandels Abkühlungseffekte. Allerdings, so stellte sich heraus, führen mehr oder weniger offene Rinnen nicht allein das begehrte Nass, sondern eine Reihe von Folgeproblemen mit sich, die einer Lösung bedürfen.
Der Wasserfluss müsste auch als Straßenentwässerung funktionieren, d.h. dort, wo sonst der Regen von herkömmlichen Gullys geschluckt worden wäre. Die tägliche Reinigung einer entsprechenden Anlage von Hand ist genauso vonnöten wie beständiger Frischwasserzufluss zur Qualitätssicherung. Zudem braucht es Überquerungsstellen entlang der Rinne, was gusseiserne Sonderanfertigungen wären.
Dortmunder Verwaltungsspitze hält finanzielle Auswirkungen für untragbar
Kurzum, bei aller Exklusivität, eine derartige Anlage wäre unter Nachhaltigkeitsaspekten wegen ihres Wasserverbrauchs wohl kein Geniestreich und kostenintensiv dazu: in Anschaffung wie Unterhalt. Für den Bau von Rinne und Brunnen sind derzeit über drei Millionen Euro veranschlagt, die Betriebskosten belaufen sich auf 161.000 Euro pro Jahr.
Demgegenüber fällt für die Planungsverantwortlichen aus dem Düsseldorfer Atelier eher der „gestalterische Gewinn“ und die dem Wasser eigene Erlebnisqualität im innerstädtischen Bereich ins Gewicht. Möchte das federführende Architekturbüro aus diesem Grund gern am gegenwärtigen Entwurf festhalten, wie Hendrik Stahl deutlich macht, hat sich die Stadtverwaltung wegen der finanziellen Auswirkungen zur Kehrtwende in Sachen Wasserlauf entschlossen.
Darauf solle doch bitte verzichtet werden. Die Fachausschüsse mögen dem Stadtrat – gegen dessen eigenen, 2019 ergangenen Baubeschluss – empfehlen, diesen Teil des Vorhabens nicht zu realisieren. Die drei Brunnen sollen aber erhalten bleiben. Darüber wird im Rat das letzte Wort fallen. Utz Kowalewski, Linke+, schlägt vor, bei der Gestaltung der betreffenden Becken wenigstens zu prüfen, wie ein maximaler Kühleffekt eintreten kann.
Urheberrecht liegt beim Düsseldorfer Planungsbüro – Einvernehmlichkeit ist gefragt
Auch Benedikt Stahl hält die Becken für unerlässlich, fiele schon bedauerlicherweise die Rinne weg. Zwar würde, so ist aus seinen Erklärungen zum Konzept vor dem Ausschuss-Ensemble herauszuhören, das Projekt wegen der Streichung des kostenintensiven Postens kaum scheitern, doch andererseits kann sich ebenso das politische Dortmund keine Alleingänge bei der weiteren Projektausgestaltung leisten.
Denn das Urheberrecht liegt eindeutig beim Planungsbüro. Daher, heißt es von dort, sei das Büro „bei Änderungswünschen hinsichtlich der Entwurfsgestaltung“ einzubinden, auch, was das Thema „Materialität“ beträfe. – Gut an dieser Konstellation dürfte die bewirkte Förderung von Diskussions- und Kompromissbereitschaft unter den Beteiligten sein. Ein Scheitern wäre für alle die schlechteste Lösung.
Wo hakt’s denn noch? – Nach den bisherigen Kontakten, einschließlich der Fach-Diskussion vom Dienstag mit Stadtverwaltung und Architektenbüro scheint es vor allem das erwähnte Material der Promenadengeraden und deren kontrastierende Farbgebung relativ zur Umgebung zu sein, wo es noch Diskussionsbedarf gibt. Einzelne Inhalte des Entwurfs stoßen im politischen Dortmund auf dezidierten Widerstand; Kompromisse müssten her, mit denen beide Seiten leben können.
Forderung an Konzeptgestaltung: Vorscheinen muss, was darin ideell aufgehoben
Inwieweit das gelingen kann, ist gegenwärtig – nach den Ausschuss-Debatten – unklar. Wolle man über einzelne Elemente Entscheidungen treffen, dann stelle sich doch immer die Frage, erläutert Hendrik Stahl: „Was war eigentlich die gesamte Idee und steht die da noch, stimmt die noch?“
Ob also in der konkreten Realisierung einer Konzeption die darin enthaltenen Grundannahmen oder ihre basalen Intentionen noch durchscheinen, kenntlich sind – oder schlimmstenfalls der ganze Ansatz bis zur Unkenntlichkeit verzerrt wird. So dass im Grunde genommen über das gesamte Projekt ein Kreuz geschlagen werden kann.
Was die Wasserlinie beträfe, sei es eben schon schwierig für sie, dass die nicht nach der Vorlage seines Büros gemacht werden solle. Die Frage sei doch: „Was ist einem das wert, dass man das in der Stadt hat?“
Kritik an anthrazitfarbener Promenade und Konfliktpotentiale zwischen Fuß- und Radverkehr
Weniger akademisch formuliert, dafür handfester sind hier die Einwände der Ausschussfachleute aus den einzelnen Parteien. Moniert wird das anthrazitfarbene Promenadenband, weil es eher Hitze staue, wo alle Bestrebungen doch Richtung Stadtkühlung gingen, verdeutlicht etwa Carla Neumann-Lieven von der SPD. „Wir wissen, dass es immer heißer wird.“ Die Verwaltungsvorlage hingegen fände die Zustimmung ihrer Partei.
Aus Sicht des Behindertenpolitischen Netzwerks beklagt Wilfiried Rupflin eine „Quadratur des Kreises“ im vorgelegten Verkehrskonzept für den Promenadenbereich. Es ginge um die Interessen von „Behinderten, die zu Fuß gehen“ oder sich in Rollstühlen fortbewegten. Eine hohe Aufenthaltsqualität, Entspannung hier, Fahrraddurchgangsverkehr dort, das passe einfach nicht zusammen.
Barrierefreiheit bedeute da wohl eher, dass es mit dem „Verkehr klappt“, und zwar für die Radfahrer. Die hätten dann quasi „freie Fahrt“, stellt er in Anspielung auf das berüchtigte Paradigma fest, wonach Geschwindigkeitsbeschränkungen für PKWs auf bundesrepublikanischen Autobahnen gleichsam Menschenrechtsverletzungen gleichkommen.
Einen untragbaren Zustand macht er hier aus, wo sich doch eigentlich der Radverkehr dem Geschehen unterzuordnen habe. Von der seitens der Verwaltung in diesem Zusammenhang geäußerten Absicht, wegen der möglichen Nutzungskonflikte zwischen Fahrrad- und Fußverkehr ein Kommunikationskonzept zu entwickeln, hält er dementsprechend nicht viel. Wie die zwangsläufig entstehenden Konflikte verhindert oder bewältigt werden sollten – „das ist mir ein Rätsel“. Und fordert stattdessen, das Behindertenpolitische Netzwerk zukünftig bei der Beratung über solche Konzepte „wirklich“, also deutlich stärker miteinzubeziehen.
Plätzen in fertiggestellten Abschnitten fehlt es häufig an Aufenthaltsqualität
Carla Neumann-Lieven schlägt ob der vorprogrammierten Konflikte im Verkehrsbereich vor, die Lage nach einem Jahr einer Evaluation zu unterziehen. Im Zweifelsfalle müsste der Radverkehr an Ort und Stelle eben wieder entfernt werden. – Friedhelm Sohn weißt noch auf eine häufige Fehleinschätzung hin: Radfahrer, die hätten „ein Ziel“, wollten schnellstmöglich dahin gelangen. „Das sind nicht alles Freizeitradfahrer“. Sollte es gar nicht anders gehen, könnte er sich für den Radverkehr in dem Bereich auch eine eigene Trasse vorstellen.
Die potentiellen Konflikte zwischen Rad- und Fußverkehr stellen für die Grünen auch einen der entscheidenden Kritikpunkte an der Verwaltungsvorlage dar. Diese würden sie ablehnen, erklärt ihr Sprecher, Oliver Stieglitz. Aber nicht nur deshalb: Die Kampstraße, dass sei eh ein Ort, „den wir alle meiden“, betont er. Der Grund: Den dortigen Flächen fehle es schlicht an Attraktivität. Beispiel: das parkplatzähnliche Gebilde vor der Reinoldikirche. Ganz abgesehen davon, dass eh viel zu viele versiegelt seien.
CDU-Sprecher Reinhard Frank rechnet vor, dass sich – auch angesichts der Tatsache, dass die Verbindung des Wasserlaufes zwischen den Brunnen an einer Stelle aus technischen Gründen um ca. 100 Meter unterbrochen werden müsse – die damit verbundenen Ausgaben, nicht zuletzt wegen eines schwierigen Haushaltes, aus seiner Sicht nicht lohnten.
Zustimmung zur Verwaltungsvorlage signalisiert auch er. Mahnt aber an, „die Verwaltung möge bis zur Ratssitzung am 23.6. einen Vorschlag unterbreiten, wie man die Kampstraße … attraktiver gestalten kann“. – Mit der soweit in der Ausschusssitzung angezeigten Unterstützung für den Beschlussvorschlag der Stadt ist auch eine mehrheitliche Zustimmung bereits gesichert. Für den ursprünglich geplanten Wasserlauf sieht es damit erst einmal schlecht aus.
Endlich mal mehr gute Ideen haben als Gründe, sie nicht zu realisieren!
Unzweideutig steht darüber hinaus im Raum, weil von verschiedener Seite betont: die Forderung nach mehr Grün auf den durch den Boulevard bezeichneten Flächen.
In solchen Situationen kommt Fachleuten aus der Verwaltung häufig eine undankbare Aufgabe zu. Sie müssen gegenüber politisch motivierten Wünschen unter Umständen ein Primat rechtlicher Vorgaben oder schlicht technischer Hindernisse begründen.
Mareike Trentz zählt eine Reihe verschiedener Faktoren auf, die im Einzelfall dem Wunsch nach Realisierung von einem Mehr an Grün in einer verdichteten Stadtumwelt wie der Kampstraße im Wege stehen können. Ob nun die Tiefenlage der Stadtbahn stellenweise zu gering ist, ein zweiter Rettungsweg für die Feuerwehr freigehalten oder versiegelte Flächen für größere Veranstaltungen vorgehalten werden müssen.
Ein Konzept für mobiles Grün sei aber gerade in Abstimmung, erklärt sie. Geeignet für die City, einschließlich Kampstraße. Auch CDU-Mann Frank spricht sich dafür aus.
Begrünung entlang des Boulevards: Blick von horizontalen auf vertikale Flächen
Der Hindernisse sind mannigfaltig und so manches grüne Herz mag murren. Es scheint zuweilen so, als müssten Wege durchs Unterholz eines Dschungels frei geschlagen werden. Utz Kowalewski (Die Linke+) hat einen Alternativgedanken, mit Blick nach oben, wenn ebenerdige Flächen nichts mehr hergeben, weil nahezu jeder Quadratzentimeter für irgendwas anderes schon verplant ist: Wie es denn um Fassadenbegrünungen bestellt sei, möchte er wissen.
Solche und eine Reihe anderer Verbesserungsvorschläge kommen während der Sitzung mehrfach zur Sprache. Was nicht weiter verwunderlich ist, denn Entwürfe sind eben das, was sie sind: Richtungsskizzen, in denen keine Lösungen für alle nur denkbaren Problemkonstellationen präsentiert werden können. Denn die bilden sich erst im komplexen Prozess konzeptioneller Präzisierungen heraus.
Und wie geht es nun praktisch weiter? In diesem Jahr hätten sie in der Tat, wie angekündigt, weiter gebaut und würden dies fortsetzen, kann Mareike Trentz verkünden. Das betrifft im Kern die Maßnahme um den Pylon am östlichen Ende der Promenade. 2023 sollen am Platz von Netanya die Oberflächen hergestellt werden. Und so weiter. Den Abschluss bildet dann der Bauabschnitt 5e (s. die Skizze unten), großzügig geplant für das 4. Quartal 2029.
Reaktionen
Ingo St.
Es ist ein Anachronismus eine 20 Jahre alte Planung aus dem Vor-Internet-shopping-Zeitalter in eine Klimawandel gerechte Planung für 2030 ff runterzubrechen. Canale Grande auf dem U-Bahn-Tunnel damals, jetzt Wasserbecken und schwarzes Band (nur auf dem Plan und vom Reinlodikirchturm erfahrbar). Warum ein Jahr Baupause während EM 2024? Wegen drei Spiele in Dortmund? Sind die Bauarbeiter alle Fußball gucken? Wird völlig überschätzt.
Norbert
Danke für den Bericht. Mal wieder besser als das, was die RN abliefern.
Ingo St. hat völlig recht, dass Städtebau, der nur aus Vogelsicht funktioniert, wenig taugt. Das war auch vor 20 Jahren schon so.
Viel behauptet, m. W, nie bewiesen, der Nutzen des DEKT für Dortmund.
Es spricht nicht für die Stadt Dortmund, dass vor zwei Jahrzehnten die Bedeutung von Nachhaltigkeit, Biodiversität, Grünflächen, Räume für den Radverkehr nicht bedacht wurde. Unbekannt war das damals nicht mehr. Fahrradabstellanlagen lösen aber nicht das eigentliche Problem, dass die City querbar sein muss mit dem Rad. Das Problem ist teilweise eins der städtischen Köpfe, die immer wieder gerne die Verbindungen zustellen mit Weihnachtsmarkt und Co., ja selbst mit der Verkaufsveranstaltung „E-Bike-Festival“, die ja angeblich den Radverkehr fördern soll. Solange Verantwortlichen diese Dissonanzen im eigenen Denken nicht gewahr werden, wird das alles nix mit der Radverkehrsförderung.
Verkehrskozepte, die ein Kommunikationskonzept brauchen, taugen nix. Bei der Breite sollte Rad- und Fußverkehr zusammen passen. Für den Aufenthalt gibt es aber auch andere Flächen in der Stadt. Vielleicht ist die Kampstraße funktional vor allem Erschließung.
Sommer-Look im großen Rundbeet an der Kampstraße (PM)
Am Donnerstag vollendet das Grünflächenamt die Neubepflanzung des Rundbeetes in der Kampstraße/Platz von Netanya. Danach wird das rund 260 Quadratmeter große Beet in seinem grünen Sommerkleid erstrahlen, das nach und nach immer bunter werden wird.
Mit den Planungen der beiden Beete wurde bereits im Herbst des vergangenen Jahres begonnen. Hier durften die Auszubildenden gemeinsam mit ihrer Ausbildungsleitung aktiv an einem der schönsten Beete in der City mitwirken und ihre Ideen einbringen.
In das Rundbeet an der Kampstraße werden im Bereich der jährlichen Sommerbepflanzung zum wiederholtem Male, Insektenfreundliche Stauden verwendet. „So sind wir in der Lage, nicht nur schöne Akzente in der Innenstadt zu setzten, sondern wir bieten gleichzeitig für diverse Insekten und Bienen eine Nahrungsquelle mitten im dicht bebauten urbanen Bereich“, betont Ausbildungsleiter Sebastian Porzybot vom Grünflächenamt.
Der Ausbildungsbetrieb setzt sich also aktiv für den Artenschutz ein. Darüber hinaus wurde bei der Planung des Rundbeetes großen Wert auf die Nachhaltigkeit gelegt. Sobald die Vorbereitungen für den Weihnachtsmarkt beginnen, werden die mehrjährigen Stauden aus dem Beet entfernt und in anderen Grünbereichen wieder eingesetzt (z.B. Dortmunder Stadtgarten oder Westpark). Ebenso wurde bereits beim Abbau des Paradiesgartens an der Reinoldikirche im vergangenen Jahr verfahren.
Diese Pflanzen wachsen nun im Rundbeet:
– Sommerblumen bestehend aus: Indischem Blumenrohr (Canna indica, Sorte Cleopatra), Begonia in Weiß und Rot und Dahlien in Sorten
– Ziergräser bestehend: Calamagrostis (Reitgras), Miscanthus (Chinaschilf)
– Stauden: Rudbeckia fulgida (Gewöhnlicher Sonnenhut) , Echinacea Sorte „Alba“(Weißer Sonnenhut), Echinacea Sorte „Magnus“(Purpur-Sonnenhut), Delphinium elatum (Rittersporn)
– Anzahl der Pflanzen im Rundbeet: 1.600 Sommerblumen, 9 Ziergräser und 1.310 Stauden
Hintergrund: Grün in der City
Die Stadt Dortmund möchte die City mit immer mehr grünen Oasen bereichern und zum Verweilen einladen. Vor allem das Grünflächenamt kümmert sich um die Umsetzung dieses Vorhabens. So kommt auch in diesem Jahr der Paradiesgarten vor der Reinoldikirche wieder zurück. Und mit Pop-Up-Bäumen kommt bald noch zusätzliches Grün ins Herz der Stadt.
„Dortmund zieht an – Aufbruch City“: Bauzaun weg, Treppe bald wieder da: Das tut sich gerade im Bereich der Kampstraße (PM)
Wer zuletzt im Bereich des BaseCamp an der Kampstraße unterwegs war, hat es bemerkt: Anfang März wurde der Bauzaun am Hotel und Wohnhaus mit Appartements für Student*innen abgeräumt. Der Blick auf das Gebäude, in dem die Arbeiten für das BaseStack, eine E-Sports-Arena, noch laufen, ist jetzt frei. Im ehemaligen Baustellenbereich wird nun die Fahrbahn wiederhergestellt, die durch die Hochbaumaßnahme des BaseCamp in Mitleidenschaft gezogen worden war. Im April folgen Begrünungsarbeiten im Mittelstreifen zwischen Hansastraße und Platz von Leeds. Gleichzeitig laufen gegenüber im südlichen Parkstreifen noch die Bautätigkeiten der DONETZ, die im vergangenen Jahr gestartet sind.
Hier ein Überblick über die Arbeiten im gesamten Baubereich:
Tiefbauarbeiten: Platz von Netanya bis Platz von Leeds
Im Bereich vom Platz von Netanya bis zum Platz von Leeds laufen seit Januar 2022 vorbereitende Tiefbauarbeiten für den Boulevard Kampstraße. Hier arbeiten verschiedene Beteiligte: DEW21, DONETZ, der Eigenbetrieb Stadtentwässerung und das Tiefbauamt. Die Kanalbauarbeiten konnten bereits abgeschlossen werden. Auch eine Querung der Fernwärmeleitung von DEW21 wurde bereits erstellt.
Derzeit laufen – bis zum Platz von Amiens – weiterhin Tätigkeiten der DONETZ an den Versorgungsleitungen. Alle Arbeiten werden archäologisch begleitet. Der Baufortschritt braucht aufgrund der archäologischen Begleitung länger, jedoch haben alle Beteiligten großes Interesse daran, dass eventuelle Funde sorgfältig begutachtet und dokumentiert werden. Die Arbeiten in Höhe des Platzes von Amiens sollen bis Ende 2023 abgeschlossen werden.
Umgestaltung des Platzes von Netanya
Um den Platz von Netanya umzugestalten, erfolgen seit Ende Februar Arbeiten der Telekom. Zudem sind derzeit die Straßenbauarbeiten ausgeschrieben, die dann im Anschluss erfolgen werden. Die Umgestaltung des Platzes wird vor der EURO 2024 fertiggestellt sein.
Pylon und Friedhof
Der Bau im Bereich des Pylons wird Ende April wieder aufgenommen. Auch in diesem Bauabschnitt sind verschiedene Beteiligte tätig: DONETZ, Telekom, DSW21 sowie das Tiefbauamt. Die Arbeiten sollen voraussichtlich Mitte 2024 beendet werden.
… und auch das steht noch an:
In Höhe des Übergangs Brückstraße / Platz von Leeds an der Reinoldikirche wird zurzeit die Treppenanlage wiederhergestellt. Die für die Weihnachtsstadt provisorisch errichtete Treppenkonstruktion wurde bereits wieder abgebaut, sodass der Bereich für Fußgänger*innen momentan nicht nutzbar ist. Die Arbeiten werden noch etwa zwei bis drei Wochen andauern.
(Hintergrund: Für die Arbeiten am Reinoldikirchplatz musste eine Zufahrtsmöglichkeit für die Baustellenfahrzeuge geschafft werden. Hierfür wurde die Treppenanlage zurückgebaut und eine Rampe erstellt.) Im gesamten Bereich wird außerdem das Grünflächenamt tätig, um gemäß dem Zwischennutzungskonzept z.B. mit mobilem Grün Akzente zu setzen.
Widmungsverfahren läuft
Zwischen Freistuhl und Hansastraße soll die Kampstraße zu einer Fußgängerzone umgewandelt werden. Das notwendige offizielle Widmungsverfahren wurde bereits gestartet. Bis zu einer Umsetzung werden mindestens neun Monate vergehen.
An verschiedenen Gebäuden entlang des Baubereichs sind Sanierungen und umfangreiche Umbauarbeiten von den Eigentümer*innen geplant. So zum Beispiel am ehemaligen „Mayerschen“-Gebäude. Diese Arbeiten müssen eng zwischen den Beteiligten abgestimmt werden.
Hintergrund: „Dortmund zieht an – Aufbruch City“
Unter der Überschrift „Dortmund zieht an – Aufbruch City“ arbeiten die Stadt Dortmund und ihre Partner*innen gemeinsam an dem Ziel, die City zu stärken, damit sie ein Magnet für die Dortmunder*innen und das Umland bleibt. City-Entwicklung ist eine stetige Aufgabe, die derzeit eine besondere Priorität hat. Dabei ist der Stadt die breite Beteiligung der Bürger*innen wichtig.
Das Büro Stadt+Handel hat im Auftrag der Stadt unter dem Titel „Miteinander. Mitte. Machen.“ gemeinsam mit allen Akteur*innen konkrete Ideen und eine Strategie für die Verwaltung und das kommende Citymanagement entwickelt – einzusehen unter dortmund.de/cityentwicklung.
Kurzfristige Maßnahmen und mittel- bis langfristige Konzepte ergänzen sich dabei. Die Stadt und ihre Partner*innen bringen deshalb fortlaufend verschiedene Maßnahmen auf den Weg: Von Kultur- und Freizeit-Events über Sonderreinigungen bis zur Aufstockung des Service- und Präsenzdienstes des Ordnungsamts.
Allein von der Stadt Dortmund bringen sich 17 Ämter und Abteilungen in das gemeinsame Stärkungsprojekt für die City ein: Amt für Stadterneuerung (federführend), Stadtplanungs- und Bauordnungsamt, Wirtschaftsförderung, Kulturbetriebe, Städtische Immobilienwirtschaft, Umweltamt, Sport- und Freizeitbetriebe, Jugendamt, Grünflächenamt, Tiefbauamt, Ordnungsamt, Stabsstelle Kreativquartiere, Sozialamt, Stabsstelle Chief Information/Innovation Office, Wohnungsamt, der Nachtbeauftragte und die Dortmund-Agentur.
Über die Entwicklungen in der City berichtet die Stadt regelmäßig in einem Infoheft – abrufbar auch im Internet unter http://www.aufbruchcitydortmund.de.
Die Kampstraße zwischen Freistuhl und Hansastraße gehört den Fußgänger*innen: Umgestaltung mit einfachen, aber effektiven Mitteln für mehr Aufenthaltsqualität (PM)
Entspanntes Bummeln und Spazierengehen: Das soll künftig auf der Kampstraße auch zwischen Freistuhl und Hansastraße möglich sein. Die Umgestaltung zur Fußgängerzone findet momentan statt.
Viele City-Besucher*innen haben es schon bemerkt: Die Kampstraße zwischen Freistuhl und Hansastraße wandelt sich gerade zur Fußgängerzone – und das ist nicht zu übersehen. Leuchtend bunte Kreise auf dem Asphalt zeigen: Dieser Bereich gehört ab jetzt den Fußgänger*innen! Die Beschilderung steht auch schon.
Große bauliche Eingriffe sind nicht geplant, da es sich um eine provisorische Lösung handelt, bis die endgültige Neugestaltung der Kampstraße kommt. Daher arbeitet die Stadt Dortmund mit einfachen, aber effektiven und vor allem optisch ansprechenden Mitteln. Zusätzlich zu den bunten Markierungen werden demnächst mobile Möbel aufgestellt. Es kommen Pflanzkübel mit und ohne Sitzbankkombination zum Einsatz. Diese mobilen Möbel verengen die Zufahrten, sorgen für mehr Komfort und verschönern den Bereich. Temposchwellen am Beginn und Ende der neuen Fußgängerzone steigern außerdem die Sicherheit.
Warum wird eine Fußgängerzone eingerichtet?
Hier stehen die Aufenthaltsqualität in der City, Nachhaltigkeitsaspekte und die Sicherheit der Besucher*innen im Vordergrund. Weil Auto-Cruising und -Posing vor allem an den Wochenenden auf dem Abschnitt zum Trend wurde, hatte die Stadt mit der Bezirksvertretung Innenstadt-West die Widmung zur Fußgängerzone auf den Weg gebracht.
Die südliche Straßenseite gehört schon länger den zu Fuß Gehenden. In der Hansastraße wird der Autoverkehr nun schon an der Einmündung Bissenkamp abgebremst. Radfahrende können die neue Fußgängerzone weiterhin ganztägig in alle Richtungen befahren. So wie zwischen Reinoldikirche und Platz von Netanya haben Fußgänger*innen aber Vorrang.
Lieferverkehr darf weiterhin zu festgelegten Zeiten stattfinden und Anliegerverkehre sind ebenfalls möglich. Ein absolutes Halteverbot auf beiden Seiten der Lütge Brückstraße ermöglicht zukünftig, dort den Radverkehr in Gegenrichtung zuzulassen.
Umsetzung ist in vollem Gange
Aktuell wird in der City an vielen Stellen gebaut. Die neue Fußgängerzone, die gerade entsteht, macht den Besuch der City angenehmer. Fußgänger*innen haben jetzt mehr Raum, der an anderen Stellen aufgrund der Baustellen derzeit noch fehlt. Daher wurde die Maßnahme nun kurzfristig umgesetzt.