Es ist eine Aussage mit Seltenheitswert, aber auch sehr speziell gemeint: „Bei der Nachfrage nach Wohnraum haben wir eine relativ entspannte Situation“, sagt Dortmunds Stadtdirektor Jörg Stüdemann. Allerdings gilt dies nur für die Unterbringung der Geflüchteten aus der Ukraine, „weil sie nicht in großen Quantitäten zu uns gekommen sind in den vergangenen Wochen“, berichtet der Liegenschaftsdezernent.
Die Stadt hält zehn Gemeinschaftseinrichtungen für Geflüchtete vor
5737 Geflüchtete – darunter rund 1900 Kinder – aus der Ukraine hat die Stadt Dortmund an die Bezirksregierung in Arnsberg vor dem vergangenen Wochenende gemeldet. Hinzu kommen noch jene, die in Landeseinrichtungen auf dem Dortmunder Stadtgebiet untergebracht sind.
Einen verstärkten Zuzug hat es in den Osterferien nicht gegeben. Daher kommt die Stadt aktuell mit der Unterbringung von Ukrainer:innen in den städtischen Unterkünften gut hin, da ihr größter Teil in Privatwohnungen lebt. „Nur“ knapp 500 befinden sich derzeit in städtischen Einrichtungen.
Selbst wenn sich nach und nach mehr Menschen melden sollten, weil eine private Unterbringung auf die Dauer nicht möglich ist, gibt es derzeit noch ausreichend Kapazitäten in städtischen Übergangseinrichtungen. Denn schrittweise werden weitere Einrichtungen ans Netz gehen.
Insgesamt zehn Gemeinschaftsunterkünfte sollen reaktiviert oder neu eingerichtet werden, darunter die ehemaligen Hauptschulen am Ostpark und in Derne sowie das ehemalige Kreiswehrersatzamt in der Leuthardstraße. Die erste Einrichtung geht in wenigen Tagen in Betrieb, die anderen in sechs Wochen bzw. in zwei Monaten.
Die Herausforderung wird sein, Geflüchtete längerfristig in Wohnungen unterzubringen. Denn der Wohnungsmarkt in Dortmund ist – insbesondere im bezahlbaren Segment – sehr angespannt. Ebenso muss ihre Integration bewerkstelligt werden – insbesondere die Schaffung von Schul- und Kitaplätzen. Keine leichte Aufgabe.
Viele Angebote von Wohnungseigentümer:innen – Stadt kam kaum hinterher
Die positive Nachricht: Es stehen prinzipiell viele Wohnungen zur Verfügung, die der Stadt von Privatleuten bzw. Wohnungsgesellschaften angeboten wurden. Hier ist die Stadtverwaltung im Rückstand, auf die zahlreichen Offerten vergangener Wochen zu reagieren – wofür sich Stüdemann ausdrücklich im Namen der Stadt entschuldigt und sich für die Angebote bedankt.
„Wir haben noch nicht mit allen Eigentümern Kontakt aufnehmen können. Es tut uns sehr leid, es gab viel zu tun in kürzester Zeit. Daher hat sich die Kontaktaufnahme verzögert. Aber wir sind dankbar und freuen uns“, sagte er mit Blick auf die Hilfsbereitschaft von Eigentümer:innen und Wohnungswirtschaft.
Liegenschaftsverwaltung und Wohnungsamt prüfen derzeit die Angebote – nicht nur dahingehend, ob die betreffenden Liegenschaften geeignet sind für die Unterbringungen von Geflüchteten und Familien. Es geht auch darum, ob die „Angemessenheitskritierien“ erfüllt sind – sprich: Die Stadt könne „keine überteuerten Wohnungen nehmen für Menschen, die Transferbezieher sind oder werden“, erklärt Jörg Stüdemann.
Er geht davon aus, dass die Stadt „in ein bis zwei Wochen“ alle Anfragen abgearbeitet haben wird und mit der Unterbringung von Familien bzw. Einzelpersonen fortfahren kann.
Sollte die Zahl der Geflüchteten deutlich ansteigen bzw. die Stadt weitere Ukrainer:innen zugewiesen bekommen, stehen zusätzliche Einrichtungen für deren Einquartierung zur Verfügung. Konkret könnten jeweils 300 Menschen ad hoc in der Westfalenhalle 6 sowie an der Sckellstraße untergebracht werden.
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