Von Robert Bielefeld
„Es gibt einen ungemeinen Unterschied zwischen der objektiven Sicherheit und dem subjektiven Sicherheitsempfinden der Bürger“, betont Uda Bastians, Rechtsexpertin des Deutschen Städtetages im Dortmunder Rathaus. Die SPD-Fraktion hatte sie als Referentin bei ihrer prominent besetzten Runde zum Thema Sicherheit und Ordnung eingeladen.
Kriminalitätsraten sinken deutlich – das Vertrauen in den Staat aber auch
Objektiv betrachtet würden die Kriminalitätsraten in ganz Deutschland sinken. Dortmund liege hierbei sogar über dem Trend. Mit einem Rückgang von 11,8 Prozent aller Verbrechen sei man hier anderen Städten in NRW weit voraus. Trotzdem fühlen sich nach Umfragen in den Städten rund 44 Prozent der Bürger nicht sicherer. Ganz im Gegenteil: „Alles wird nur noch schlimmer“, höre man immer häufiger, weiß Bastians, Beigeordnete des Dezernats für Recht und Verwaltung beim Städtetag bei der gut besuchten Podiumsdiskussion.
Empfinden von und Realität der Entwicklungen von Verbrechensstatistiken passen nicht zusammen. Es gibt ein nie zuvor da gewesenes Misstrauen der Bürger gegenüber den staatlichen Institutionen. Die Ursachen für das mangelnde Sicherheitsgefühl liegen für sie vor allem in zwei Punkten. Zum einen einer zu geringen Präsenz der Institutionen und zum anderen die zu hohe Präsenz der Straftaten selber
Jeder Vorfall könne heutzutage über soziale Netzwerke schnell von Person zu Person wandern. So ist es nicht verwunderlich, dass eine ständige Flut an schlechter Nachrichten durchaus die Wahrnehmung der Bevölkerung stark beeinflusst hat.
Zusammen mit vier weiteren SprecherInnen aus den Bereichen der Polizei, Feuerwehr, des Ordnungsamts und dem Dezernat für Arbeit, Soziales, Sport und Freizeit wurden Probleme und mögliche Lösungsansätze zusammen mit der SPD-Fraktion erörtert.
Verbrechen ist in Dortmund auf dem Rückzug: Polizeipräsident Lange zieht positive Bilanz
Die Polizei kommt den meisten wohl am ehesten in den Sinn, wenn über Sicherheit und Ordnung diskutiert wird. „Die Entwicklungen in Dortmund sind ausgesprochen positiv, besonders in der Nordstadt können wir enorme Erfolge verzeichnen“, unterstreicht Polizeipräsident Gregor Lange. Allgemein ist die Zahl von Verbrechen jeder Art kontinuierlich gesunken, so dass im Jahr 2018 ein Rekordtief in Dortmund zu verzeichnen sei, wie man es in 25 Jahren noch nicht hatte.
Nur eine Art von Verbrechen erfuhr vor allem in den letzten Jahren einen signifikanten Aufschwung: Übergriffe gegen Beamte – seien sie verbal oder handgreiflich – haben laut der Polizei deutlich zugenommen. Das betrifft auch die Feuerwehr sowie auch den medizinischen Rettungsdienst. Die plötzliche Zunahme der Attacken gegen Polizei- und Rettungskräfte habe für Lange ebenfalls mit dem schwindenden Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zu tun.
Der Polizeipräsident pflichtet Uda Bastians bei: „Man kann keinesfalls wegen einer objektiv fallenden Kriminalitätsrate das Sicherheitsempfinden der Leute außer acht lassen.“ Die Konsequenzen würden sich in ihren Anfängen jetzt schon abzeichnen. Polizeipräsenz auf den Straßen, aber auch außerhalb der Dienstwagen, seien da wichtig.
„Die Polizisten sollen Ansprechpartner für die Bürger seien, das geht nicht wenn man nur mit dem Streifenwagen an ihnen vorbeifährt. Man muss auf die Polizisten zugehen können und diese müssen dann sofort helfen können.“, argumentiert Lange vor dem Podium. Doch um das so durchzusetzen brauch er dringend Verstärkung, die nächste Welle Auszubildender sei erst in drei Jahren so weit, bis dahin lege die Personalknappheit sprichwörtlich Handschellen an das Handlungsraum der Polizei.
„Hey da hinten passiert was“, Nordstadt entwickelt sich vom „Sorgenkind“ zum Erfolgsprojekt
Um auch vor dem kommenden Personalzuwachs etwas für die Sicherheit zu tun sind aber auch schon weitere Projekte in NRW geplant. Überwachung und Prävention sind hier ganz zentrale Diskussionspunkte mit der sich die Polizei aktuell auseinandersetzt.
Verbrechen rechtzeitig zu erkennen und vorzubeugen seien ganz weit oben auf der Liste der Polizei Dortmund. Ein erster Ansatz wäre wachsende Überwachung des öffentlichen Raums um beispielsweise Terrorattacken effektiv vorzubeugen.
Laut der Polizei sei das auch der Wunsch der Öffentlichkeit, zufolge einer Umfrage haben sich 70 Prozent der Befragten für zusätzliche Videoüberwachung an öffentlichen Orten ausgesprochen. Neben Terror und Gewalttaten soll eine wachsende Überwachung dieser Areale auch den Drogenhandel in Dortmund weiter zurückdrängen.
Die Drogenszene ist nun schon seit mehreren Jahren laut Angaben des Polizeipräsidenten auf dem Rückschritt. „Wir konnten dieses und letztes Jahr rund 44 Verurteilungen für das Verkaufen von Rauschgiften verzeichnen.“, berichtet Lange. Besonders spiegeln sich für ihn diese Fortschritte in der positiven Entwicklung der Nordstadt.
Im Stadtbezirk Innenstadt-Nord haben die Verbrechen prozentual gesehen nämlich am stärksten abgenommen. Besonders freut sich Gregor Lange aber neben den guten Zahlen über die Beziehung der Polizei zu den EinwohnerInnen der Nordstadt. „Das Misstrauen verschwindet immer weiter. Jetzt treten die Leute auch mal an die Polizisten heran und sagen mal: ‚Hey da hinten passiert etwas‘.“
Keine brenzlige Angelegenheit: Feuerwehr wappnet sich zuversichtlich für kommende Herausforderungen
Doch nicht nur die Sicherheit vor Verbrechern und Terroristen war im Gespräch bei der SPD-Podiumsdiskussion, auch Dirk Aschenbrenner, Leiter der Feuerwehr Dortmund, war im Gespräch mit der Fraktion. Für ihn trüge die Rettungstätigkeit der Feuerwehr nämlich ebenfalls ungemein zum Sicherheitsgefühl der BürgerInnen bei.
Was Brände über die letzten Jahre in Dortmund angehe, gebe es zahlentechnisch keine ungewöhnlichen Entwicklungen: Mit leichten Schwankungen seien die Einsatzzahlen nämlich konstant geblieben, so Aschenbrenner.
Lediglich die Natur die Brände habe sich verändert. Immer weniger Großbrände würden in Dortmund wüten -kleinere Feuer jedoch nahmen über die Zeit weiter zu. Die BeamtInnen mussten über „eine größere Fläche gestreut“ werden. Dies habe zur Folge das häufiger Sachschäden entstehen. Die Personenrettung sei davon aber nicht beeinträchtigt: Pro Jahr gebe es zum Glück nur zwei Brandopfer.
Neben den Bränden an sich stellen sich den Feuerwehrmännern und -frauen aber auch ganz neue Herausforderungen. Beispielsweise der Umgang mit chemischen Bränden und eine wachsende Zahl an Naturkatastrophen zwingen die Feuerwehr sich anzupassen. Um auch die neuen Aufgaben zu bewältigen soll die Dortmunder Forschungseinrichtung IFR die Rettungskräfte immer auf dem neuesten Stand halten.
Alternde Gesellschaft bringt mehr Einsätze für Dortmunder Rettungsdienst
Was den Rettungsdienst der Feuerwehr betrifft, sieht es jedoch anders aus. Hier sind die Einsätze über die Jahre signifikant gestiegen: „Das kommt daher, dass wir in einer stetig alternden Gesellschaft leben, im Alter treten nunmal häufiger gesundheitliche Notfälle auf“, begründet Aschenbrenner.
Doch häufiger sind es Vorfälle, die die Betroffenen mit der richtigen Schulung selber bewältigen können, anstatt direkte Notfälle. Der Rettungsdienst möchte in Zukunft Betroffene zur Selbsthilfe animieren. So könnten die Rettungskräfte schon bald etwas entlastet werden und der Abteilung so deutlich mehr Spielraum verschaffen.
So scheinen auch hier bald positive Entwicklungen zu erwarten. Doch der einzige rote Problemfaden, der sich durch alle öffentlichen Ämter zieht, ist der Umgang mit den BeamtInnen. Auch bei der Feuerwehr müssen die Einsatzkräfte vor Ort, sowie auch die Leute der Notrufannahme auf der Wache, müssen zunehmend verbale oder in Extremfällen auch physische Gewalt von Dritten über sich ergehen lassen.
„Es besteht Handlungsbedarf“: Sicherheitsgefühl der Menschen soll stärker berücksichtigt werden
Der Umgang mit den BeamtInnen und das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung seien Herausforderungen. Handlungsbedarf sehen die Beteiligten insbesondere auch im Bereich des fehlenden Respekts und Gewalt gegenüber Rettungskräften, Polizei und kommunalen Beschäftigten, was in den vergangenen Jahren nicht nur in Dortmund zugenommen hat.
„Hier handelt es sich offensichtlich um ein gesamtgesellschaftliches Problem, das so nicht toleriert werden kann. Wir werden uns in unserer politischen Arbeit dafür einsetzen, dass jede Art von Gewalt insbesondere gegen Rettungskräfte und Polizei nicht toleriert und streng geahndet wird“, verspricht Dirk Goosmann, ordnungspolitischer Sprecher der SPD-Ratsfraktion.
„Die lebhafte Diskussion hat allen Beteiligten gezeigt, wie viele Facetten das Thema umfasst“, zeigt sich Goosmann beeindruckt. Unverzichtbar sei auch die erfolgreiche Vorbeugung von Straftaten durch Präventionsarbeit. „Die Kriminalitätsstatistik zeigt, dass die Stadt Dortmund und die Polizei in den vergangenen Jahren hierbei gute Arbeit geleistet haben und die Fallzahlen teilweise deutlich zurückgegangen sowie die Aufklärungsquoten gestiegen sind, so der Fraktionssprecher. „Dennoch besteht weiterhin Handlungsbedarf, insbesondere auch damit sich die Menschen in Dortmund noch sicherer fühlen.“