Fast 1000 Jugendliche in Dortmund haben in diesem Jahr keinen Ausbildungsplatz bekommen. 307 blieben zum Stichtag 30. September „unversorgt“, 687 weitere mussten sich für eine Alternative entscheiden. Sie besuchen zum Beispiel weiterführende Schule, machen Freiwilligendienst oder entscheiden sich für eine Berufstätigkeit. Allerdings würden sie dies für einen Ausbildungsplatz wieder drangeben.
Jugendarbeitslosigkeit in Dortmund ist nach wie vor zu hoch
Zwar ist die Jugendarbeitslosigkeit in diesem Jahr um 0,9 Prozent gesunken. „Die Jugendarbeitslosigkeit ist nach wie vor hoch, zu hoch. Damit können wir nicht zufrieden sein, auch wenn wir die richtigen Schritte gegangen sind“, macht Astrid Neese, Chefin der Dortmunder Arbeitsagentur, deutlich.
Im abgeschlossenen Ausbildungsjahr – die Arbeitsagentur rechnet vom 1. Oktober letzten bis zum 30. September diesen Jahres – gab es vier Prozent weniger betriebliche Ausbildungsstellen. „Daher bitten wir auf alle Arbeitgeber, auf jeden Fall ihre Stellen zu melden, um einen Überblick zu haben“, appelliert Neese.
„Nur dann können wir die Lücken füllen und jedem Jugendlichen ein Angebot machen.“ Denn auch jetzt geht die Vermittlung weiter.
Klaffende Lücke zwischen Ansprüchen und Eignungen
Das größte Problem: Mit tendenziell rückläufigen Schulabgangszahlen, den Besetzungsschwierigkeiten in einzelnen Berufen und gleichzeitig steigenden Passungsproblemen steht der Ausbildungsmarkt weiterhin vor Herausforderungen.
Diese können nur gemeinsam bewältigt werden, damit für alle jungen Menschen der erfolgreiche Start ins Berufsleben gelingt.
IHK Dortmund vermeldet erneut 5000 abgeschlossene Ausbildungsverträge
„Entgegen dem Trend auf NRW- und Bundesebene, mit zum Teil stark zurück gehenden Eintragungszahlen, ist die Lage auf dem Ausbildungsmarkt im Bereich der IHK zu Dortmund erfreulich stabil“, freut sich Michael Ifland, Geschäftsführer Berufliche Bildung der IHK.
Ziemlich genau 5000 Ausbildungsverträge wurden verzeichnet. „Dadurch bringt die Wirtschaft klar zum Ausdruck, dass die duale Ausbildung ein wesentlicher Baustein zur Sicherung des eigenen Fachkräftebedarfs ist“, sagte Ifland.
Allerdings sei der demografische Wandel nicht aufzuhalten: „Die Schülerzahlen werden kontinuierlich sinken und den Prognosen zu Folge haben wir bis zum Jahr 2020 im Vergleich zum Jahr 2010 rund 15 Prozent weniger Schüler, die die Schule verlassen“, machte Ifland deutlich.
Herausforderung: Rechtzeitig Weichen stellen gegen drohenden Fachkräftemangel
„Deshalb ist es jetzt für Unternehmen die richtige Zeit, gemeinsam mit der IHK geeignete Strategien zu entwickeln und die Weichen zu stellen, damit die Betriebe auch in Zukunft die angebotenen Ausbildungsplätze besetzen und den eigenen Fachkräftebedarf von morgen decken können.“
Ein Baustein dabei kann die gelungene Integration von Flüchtlingen sein. Für Unternehmen, die Flüchtlinge ausbilden und beschäftigen wollen, hat die IHK einen Leitfaden herausgegeben, um die wichtigsten Fragen – etwa zu den rechtlichen Rahmenbedingungen – beantworten zu können.
„Nicht alle jungen Flüchtlinge kommen für eine Ausbildung in Frage und natürlich ist das Beherrschen der deutschen Sprache eine sehr wichtige Voraussetzung. Grundsätzlich aber gilt, dass die Unternehmen das Potenzial vieler Flüchtlinge nutzen und diese Menschen über Ausbildung und Beschäftigung in die Gesellschaft integrieren sollten“, so Ifland.
Handwerkskammer beklagt viele unbesetzte Ausbildungsplätze
Im Zuständigkeitsbezirk der Handwerkskammer Dortmund waren zum 30.09.2015 insgesamt 844 Verträge eingetragen worden. Dies sind 50 Verträge mehr als zum gleichen Zeitraum des vergangenen Jahres und somit ein Zuwachs von 6,38 Prozent.
Trotz dieser zum Stichtag verzeichneten Zunahme gebe es keinen Grund, sich zufrieden zurückzulehnen. Immerhin seien zum Stichtag noch 239 Lehrstellenangebote, die in der Lehrstellenbörse der Handwerkskammer Dortmund verzeichnet sind, unbesetzt.
Ausbildungsbetriebe schauen schon längst nicht mehr nur auf die Schulnoten
„Dabei sind die Betriebe längst schon dazu übergegangen nicht ausschließlich nach Schulnoten zu schauen“, betont Angelika Weies, Geschäftsführerin der Handwerkskammer.
„Da wo es sich hinsichtlich der fachpraktischen Voraussetzungen noch eben rechtfertigen lasse würden auch Ausbildungsverträge mit Jugendlichen abgeschlossen, deren schulischen Leistungen Mängel aufweisen“, so Weies.
„Die Betriebe arbeiten hier eng mit Nachhilfeeinrichtungen bzw. auch der Arbeitsagentur zusammen, um diese Jugendlichen fit für einen erfolgreichen Ausbildungsverlauf zu machen.“
Für den DGB Dortmund ist e bedenklich, dass der Anteil der jungen Menschen in den letzten Jahren stetig steigt, die sich eine Alternative suchen müssen, weil sie keinen Ausbildungsplatz gefunden haben.
Auf Dauer schwäche dieser Weg das duale Ausbildungssystem als Fachkräftezulieferer.
„Gemeinsam müssen wir dafür Sorge tragen, dass sich duale Ausbildung nicht über einen solchen Weg verabschiedet“ fasste Jutta Reiter, Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), die Ausbildungssituation zusammen.
Übergang von der Schule in den Beruf wird immer besser verzahnt
„Der Ausbildungsmarkt in Dortmund wird sich mit sinkenden Schulabgängerzahlen nicht automatisch entspannen. Das zeigt das diesjährige Bilanzergebnis deutlich“, bilanziert die Arbeitsagentur-Chefin Astrid Neese.
„Insgesamt spüren wir, dass ein verzahntes Übergangssystem zwischen Schule und Arbeitswelt immer mehr Jugendlichen den Einstieg erleichtert.“
Mit früher Berufsorientierung und individueller Beratung, einem großen Angebot an Börsen und Messen und weiteren Informations- und Unterstützungsangeboten geben die unterschiedlichen Akteure den Jugendlichen die richtigen Hinweise, um einen Ausbildungsplatz zu finden.
Neese: Mehr Flexibilität von allen Seiten gefordert
Doch für viele junge Menschen bleiben die Hürden in die Ausbildung zu hoch; sie entsprechen nicht den Erwartungen der Betriebe.
„Wenn wir von allen Seiten mehr Flexibilität zeigen, könnten wir gemeinsam deutlich erfolgreicher werden. Betriebe können nicht nur auf Schulnoten schauen, wenn sie Fachkräfte suchen“, so Neese. „Was sie aber von jungen Menschen erwarten können, ist echtes Interesse am erwählten Beruf und Motivation, um zu lernen. Wir unterstützen mit unseren Angeboten beide Seiten auf diesem Weg.“
„Assistierte Ausbildung“ als ein weiteres neues Instrument der Arbeitsagentur
Durch den Einsatz der Dortmunder Ausbildungsakquisiteure konnten so 140 benachteiligte Jugendliche mit schlechten Startvoraussetzungen in Ausbildung vermittelt werden. Mit der „Assistierten Ausbildung“ hat die Agentur für Arbeit ein weiteres neues Instrument.
Jugendliche mit schwächeren Schulabschlüssen sowie Jugendliche mit Migrationshintergrund werden von Fachleuten individuell vor, während und nach der Berufsausbildung betreut.
Hier sieht die Agenturchefin auch die Unternehmen in der Verantwortung: „Wer Nachwuchskräfte für sein Unternehmen sucht, sollte auch diese erfolgversprechenden Ansätze nicht außer Acht lassen“, so Neese.
„Wir gewährleisten eine individuelle Beratung und Betreuung, denn wir wissen, dass gerade kleinere Unternehmen dies nicht immer allein bewerkstelligen können.“
Was sind die beliebtesten Ausbildungsberufe? Wo gibt es die meisten freien Stellen? Mehr dazu gibt es in dieser PDF:
Top 10 Berufe nach Bewerbern und Stellen sowie Unbesetzte_Unversorgte nach Berufen
KONTAKTE:
- Meldung von Ausbildungsstellen an den Arbeitgeber-Service: Hotline 0800 4 5555 20 (gebührenfrei) oder per E-Mail an Dortmund.Arbeitgeber@arbeitsagentur.de.
- Termine bei der Berufsberatung: Hotline 0800 4 5555 00 (gebührenfrei) oder online unter www.arbeitsagentur.de/beratungswunsch
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Marco Bülow (SPD-MdB)
Paradigmenwechsel bei der Ausbildungsmarktpolitik notwendig
Angesichts der Tatsache, dass 1000 Jugendliche in Dortmund bislang keinen Ausbildungsplatz gefunden haben, erklärt der Dortmunder SPD-Bundestagsabgeordnete Marco Bülow:
„1000 Jugendliche in Dortmund haben noch keinen Ausbildungsplatz. Dieser Zustand ist nicht akzeptabel. Jedes Jahr blicken viele Jugendliche ungewiss in die Zukunft. Es wird Zeit für zusätzliche Maßnahmen.
Nicht nur die nicht-ausgebildeten Jugendlichen haben unter der Situation zu leiden, es entstehen auch gesellschaftlichen Folgekosten, für die letztendlich der Steuerzahler aufkommen muss. Und klar ist auch, wenn sich die Situation auf dem Ausbildungsmarkt nicht ändert, werden wird es auch weiterhin viele arbeitslosen Jugendlichen geben. Leider haben sich auch dort die Zahlen in der Region nicht verändert
549.098 junge Menschen suchten 2015 bundesweit über die Bundesagentur für Arbeit nach einem Ausbildungsplatz. Dem standen 520.010 gemeldete Ausbildungsplätze gegenüber. Dies ist ein leichter Anstieg um 1,6%. Dennoch gibt es bundesweit, zusammen mit den Bewerbern aus den Vorjahren, 282.274 Ausbildungsplatzsuchende. Alleine 256.100 Jugendlichen nahmen 2014 an Übergangsmaßnahmen teil. Immer noch haben 1,29 Mio. Menschen zwischen 20 und 29 Jahren keinen qualifizierten Berufsabschluss.
Die Dortmunder Akteure auf dem Ausbildungsplatzmarkt tun viel um, um allen Jugendlichen einen Ausbildungsplatz zu vermitteln. Diese Bemühungen sind gar nicht hoch genug zu bewerten. Einige Unternehmen sollten damit aufhören über Fachkräftemangel zu klagen, wenn sie selbst nur wenige Ausbildungsplätze schaffen. Aber auch die Jugendlichen müssen bei ihrer Suche nach einer Stelle noch flexibler werden.
Die Bundesregierung und das SPD-geführte Ministerium für Arbeit haben mit der Einführung der assistierten Ausbildung einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung getan. Dennoch muss hier mehr geschehen.
Ich werde mich in meiner Fraktion weiterhin dafür einsetzen, dass die arbeitsmarktpolitischen Bemühungen gerade für Jugendliche verstärkt werden und eine gesetzliche Ausbildungsmarktgarantie geschaffen wird. Ich selbst gebe regelmäßig eine Ausbildungsbroschüre raus, die auf meiner Webseite zu finden ist http://www.marco-buelow.de/fileadmin/marco-buelow.de/PDFs/4_Arbeit_Wirtschaft/2_Arbeit_Ausbildung/Ausbildungsbroschuere/Dortmunder_Ausbildungsbroschuere_2014.pdf