Trotz Regen und Kälte: Dortmund demonstriert gegen Rechts(d)ruck in der deutschen Politik

Laut Polizei nahmen 4700 Menschen am Protest gegen Faschismus teil

Tausende Dortmunder:innen demonstrieren gegen Rechts in der Innenstadt
„Gegen Rechts und für Gemeinschaft“:: Am Donnerstagabend sagte Dortmund dem Faschismus den Kampf an. Foto: Helmut Sommer für Nordstadtblogger

Es gibt kein schlechtes Wetter. Es gibt nur schlechte Politik. Das finden auch die 4.700 Menschen, die laut Polizeiangaben am klitschnassen Donnerstagabend (30. Januar 2025) in die Dortmunder Innenstadt kamen. Vor der Reinoldikirche versammelten sich gegen 18 Uhr Demonstrierende, um ihrem Ärger über die Erschütterung der demokratischen Mitte Ausdruck zu verleihen. Am Mittwoch wurde erstmals seit über 75 Jahren ein Beschluss gefasst, der nur durch eine Mehrheit mit der AfD möglich wurde.

Protest gegen den Fall der Brandmauer

Dabei ging es „nur“ um Empfehlungen. Am heutigen Freitag folgt dann aber auch der Antrag zum sogenannten Zustrombegrenzungsgesetz der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, dessen Durchsetzung ebenfalls mit Hilfe der AfD, aber auch mit Stimmen von FDP und BSW – möglich werden könnte.

"Für die Solidarische Gesellschaft. Stoppt die AfD": 26 Organisationen rufen zum Protest in Dortmund
„Für die Solidarische Gesellschaft. Stoppt die AfD“: 26 Organisationen riefen zum Protest in Dortmund auf. Foto: Helmut Sommer für Nordstadtblogger

Die Absichtserklärung der CDU, die Asylpolitik Deutschlands zum Brandsatz inmitten der heißen Wahlkampfphase zu erklären, sorgt für Wut und Unverständnis in der deutschen Gesellschaft.

Die „Brandmauer“, durch welche sich die demokratischen Parteien vom Rechtspopulismus der AfD distanzierten, wird nun allerorts als gefallen bezeichnet. Am Donnerstagabend demonstrierten auch Dortmunder:innen gegen den Rechts(d)ruck in der deutschen Politik.

Unter dem Motto „Für eine solidarische Gesellschaft. Stoppt die AfD und ihre Helfer:innen“ rufen queere Aktivist:innen zum Aufstand auf. Mit verbaler Peitsche macht die Sprecherin klar, wohin die Reise heute gehen soll. Viel Rede ist von „faschistischen Gelüsten, die lauter werden“ und ihrem „Arsch“, der auf „Grundeis“ gehe, auch wegen der menschenfeindlichen „Law-and-Order“-Ideen von Rot und Grün.

Mit verbaler Peitsche durch die Dortmunder Innenstadt

„Alle sind Teil des Problems“, kreischt die Sprecherin ins Mikro. Und „Alle“ meint auch die Polizei, die an diesem Abend des 30. Januar für Sicherheit der fast 5000 Teilnehmer:innen sorgen soll. Darunter auch viele Kinder, Hunde und ältere Menschen, die sich über den Westenhellweg schieben.

Trotz Regen und Kälte kommen fast 5.000 Protestier:innen zur Demo gegen Rechts
Trotz Regen und Kälte kommen fast 5.000 Protestier:innen zur Demo gegen Rechts. Foto: Helmut Sommer für Nordstadtblogger

Einigen sind die Aussagen zu radikal und emotional aufgeladen. „Wir sind hier, um gegen Rechts zu demonstrieren, nicht um alle Parteien über einen Kamm zu scheren“, erklärt eine Besucherin.

„Dieses Aufhetzen ist nichts anderes, als was die AfD in ihren Reden macht“, meint ihr Begleiter. Ein anderer beschwert sich: „Die Leute wollen friedlich demonstrieren und nicht radikalisiert werden.“

Der Wert von Worten – Kanzlerkandidat Merz nun unglaubwürdig

Der Wunsch nach mehr Sachlichkeit und weniger Polemik tat dem Willen tausender Dortmunder:innen aber keinen Abbruch, um bis zur CDU-Zentrale am Südwall zu laufen. Dort skandierten die Demonstrierenden „Shame on you, CDU!“ und „Ganz Dortmund hasst die CDU!“.

"Frühling ohne Merz": Dortmunder demonstrieren gegen Friedrich Merz' Asylpolitik
„Frühling ohne Merz“: Dortmunder:innen demonstrieren gegen Friedrich Merz‘ Asylpolitik. Foto: Helmut Sommer für Nordstadtblogger

„Die CDU sollte sich mal auf das ,C‘ in ihrem Namen zurückberufen und sich an christliche Werte in der Asylpolitik erinnern“, meint eine Teilnehmerin.

Sie sei nicht christlich, aber was Friedrich Merz da abziehe, mache ihn jetzt doch „extrem und extrem unglaubwürdig“, meint sie. „Seine Worte von November sind nichts mehr wert.“

Weitere Kundgebungen und Demonstrationen sind geplant

Der Zug schaffte es nach anfänglichen Abstimmungsproblemen mit der Polizei durch die Innenstadt bis zur Abschlusskundgebung an der Reinoldikirche. „Seid ihr bereit, auf viele weitere Demonstrationen zu gehen“, fragte eine Rednerin die Menge zum Abschluss und erntete große Zustimmung.

"Für die Solidarische Gesellschaft. Stoppt die AfD": 26 Organisationen rufen zum Protest in Dortmund
„Für die Solidarische Gesellschaft. Stoppt die AfD“ – die Proteste sollen weitergehen. Foto: Helmut Sommer für Nordstadtblogger

Insgesamt 26 Organisationen und Verbände hatten zum Protest aufgerufen. In den kommenden Wochen folgen weitere Protestaktionen unter anderem in Essen und Bochum. Eine Liste von deutschlandweiten Demonstrationen gibt es hier.

Eine Kundgebung aus dem eher bürgerlichen Spektrum ist bereits für Februar angemeldet: Der Dortmunder Arbeitskreis gegen Rechtsextremismus ruft für den (19.) 20. Februar 2025 in der Zeit von 18 bis 20 Uhr zu einer Kundgebung unter dem Motto „Ein Lichtermeer für Demokratie und Vielfalt!“ auf. Stattfinden wird diese in der Dortmunder Innenstadt auf der Kampstraße in Höhe der Petri-Kirche.


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Reaktionen

  1. Wer einer Gesellschaft schaden will, schürt Ängste! Der Caritasverband Dortmund schließt sich den Warnungen des Deutschen Caritasverbands vor falschen Versprechen in der Flüchtlingspolitik an (PM)

    Dortmund / Berlin. „Die aktuelle Tonlage in der Migrationspolitik ist verheerend und schürt nicht nur Ängste, sondern stellt auch Versprechungen in den Raum, die sowieso nicht praktikabel sind“, ärgert sich Tobias Berghoff, Vorstand des Caritasverbands Dortmund.

    Auch Caritas-Präsidentin Eva Welskop-Deffaa konstatiert: „Die jüngsten Ereignisse von Magdeburg über Aschaffenburg bis Beelitz verstärken in Deutschland ein Unsicherheitsgefühl, das sich in den letzten Jahren durch Corona, Ukraine-Krieg, Cyberangriffe, Naturkatastrophen und Wirtschaftsschwäche aufgebaut hat.“

    Aber jetzt mit populistischen Vorschlägen daher zu kommen, schade den Menschen in Deutschland, so der Dortmunder Caritas-Vorstand. Dauerhafte Grenzkontrollen seien bei der Länge der Binnengrenze sowieso nicht umsetzbar und Schutzsuchende zurück zu weisen, verstoße gegen EU-Recht. Nicht zuletzt schadeten verschärfte Abschiebungen der deutschen Wirtschaft.

    „Nicht umsetzbare Forderungen untergraben das Vertrauen in den Staat und Migrantinnen und Migranten erleben Diskriminierung und Gewalt“, ergänzt Oliver Müller, Vorstand im Deutschen Caritasverband. Er betont, dass rechtsstaatliche Garantien und Menschenrechte unverhandelbar sind. „Diese Prinzipien aufzugeben, schwäche den Rechtsstaat und das Vertrauen der Bürger:innen.“

    Politik steht jetzt in besonderer Verantwortung und sollte nicht kurzfristig auf unrealistische Forderungen pochen, in der Hoffnung dafür Wählerstimmen zu ernten. Etwas für die Menschen in Deutschland zu tun, bedeutet, „die auskömmliche Finanzierung der sozialen Infrastruktur und den Sozialstaat für alle abzusichern“, so Welskop-Deffaa.

  2. Ulli Sander

    Auf zu neuen Demos! Welche Schilder zeigen wir?
    Ich bastele noch, z.B.:
    # Für einen März ohne Merz # Willkommenskultur statt Hass # Gegen Supertrump – Amy go home # Butter statt Kanonen # Gegen den Militarismus, auch den von Pistorius # Wählen ohne Haken: Jan van Aken # Leider wahr: Kapitalismus führt zum Faschismus

  3. Nein! zur sog. Alternative für Deutschland: Geht Wählen! Frieden, Toleranz und Verständigung, die Werte der Auslandsgesellschaft brauchen Eure Stimme! (PM)

    Die Auslandsgesellschaft setzt sich seit ihrer Gründung 1949 für die Förderung der Völkerverständigung im Geiste von Humanität und Toleranz ein. Damit steht ihr Auftrag im direkten Bezug zum Friedensgebot in der Präambel des Grundgesetzes und der Verpflichtung, dem „Frieden der Welt zu dienen“.

    Wir fördern die Demokratie, freiheitliche Rechte und die Meinungsvielfalt und setzen uns gegen Diktatur und Rechtsextremismus ein. In der sogenannten Alternative für Deutschland (kurz: AfD) werden fremdenfeindliche und rechtsextreme Positionen vertreten, Rechtsextremisten geduldet.

    Die Partei, ihr Programm und ihre führenden Köpfe zeigen eine Haltung und Einstellung, die mit den Werten der Auslandsgesellschaft unvereinbar sind. Die AfD gefährdet die freiheitliche, demokratische Grundordnung.

    Wir sind entsetzt über die Aussagen der AfD-Vorsitzenden und Kanzlerkandidatin, Alice Weidel, zum Holocaust gestern Abend in der ARD. In der Sendung „Caren Miosga“ sprach sie von einer Instrumentalisierung des Holocaust. Angesprochen auf die Gedenkstunde an die Opfer des Nationalsozialismus im Bundestag, verdrehte sie – für das Publikum sichtbar – die Augen (darauf angesprochen, bestritt sie das).

    Im Zusammenhang mit dem Holocaust sprach sie in der Vergangenheit von einer „Schuldkultur“. Dem Hinweis, dass es sich dabei um einen neurechten Begriff handele, entgegnete sie, es sei ihr egal, woher das Wort stamme.

    Im Januar bezeichnete sie den Nationalsozialisten Adolf Hitler in einem Gespräch mit Elon Musk als »Kommunisten«.

    Die Auslandsgesellschaft distanziert sich scharf von den Ansichten und Programmen der AfD!

  4. DIE LINKE+ ermutigt zur Aufrechterhaltung der Brandmauer (PM)

    Nach der gescheiterten Abstimmung zum Gesetzentwurf von Friedrich Merz und der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, die eigentlich mit AfD, BSW und FDP eine Mehrheit im Bundestag gehabt hätte, ermutigt die Dortmunder RatsfraktionDIE LINKE+ die Ratskolleg*innen, die Brandmauer in Dortmund unverändert aufrecht zu erhalten.

    „Mit Nazis kooperiert man nicht – das sind die Lehren aus dem deutschen Faschismus mit all seinen Gräueltaten. Aber es sind auch die Lehren aus den jüngeren Mordserien der Neonazis, von denen auch Dortmund betroffen war – eine mittlere dreistellige Zahl von Todesopfern in Deutschland geht seit dem 90er Jahren auf das Konto von Faschisten. Davon können auch die Taten aus anderen Milieus nicht ablenken. Ich lade die Dortmunder CDU-Fraktion dazu ein, auch weiterhin mit den demokratischen Fraktionen dafür zu stehen, dass diese menschenverachtende Ideologie in Dortmund keinen Fuß breit an Einfluss gewinnt“, so Fraktionsvorsitzender Utz Kowalewski von DIE LINKE+.

    Die Stadt Dortmund ist nach Ansicht der Linken in ihrer gesamten Geschichte eine weltoffene Stadt gewesen, die immer schon Migration erlebt hat. „Wir lassen uns hier nicht gegeneinander aufhetzen. Nicht von der AfD und auch nicht von einem sauerländischem Gernegroß. Oder wie Günter Wallraff es formuliert hat: ‚Mach meinen Kumpel nicht an‘ – und ich füge hinzu: Macht meine Nachbarn und meine Freunde nicht an“, erläutert Kowalewski die Position der Linken.

  5. Sicherheit braucht Zusammenhalt, Fürsorge und Solidarität (PM)

    Multikulturelles Forum bezieht gemeinsam mit dem Forum der Migrantinnen und Migranten im Paritätischen Gesamtverband Stellung zur Migrationsdebatte

    Seit vergangenen Mittwoch haben viele Demokrat*innen ihr Entsetzen über die Vorgehensweise der Union zum Ausdruck gebracht. Zehntausende sind auf die Straße gegangen und haben demonstriert. Auch wir teilen das Entsetzen: Die Union hat diese Anträge und den Gesetzesentwurf in den Bundestag eingebracht, wohlwissend, dass sie sie nur mit den Stimmen einer in Teilen rechtsextremen Partei verabschieden kann. Das ist unentschuldbar. Gleichzeitig finden wir es wichtig festzuhalten, dass die Brandmauer nicht erst und ausschließlich durch das gemeinsame Heben der Hände gebröckelt hat. Denn wer die Positionen der AfD in seine eigenen Anträge gießt, hat jegliche Berührungsangst mit ihr längst verloren.

    Die geforderten Änderungen sind allesamt entweder mit dem Grundgesetz oder europäischer Rechtsprechung unvereinbar, nicht umsetzbar und vor allem nicht zielführend. Diese Anträge sollen unser Land vermeintlich sicherer machen. Doch was macht eine sichere Gesellschaft aus? Möchten wir die europäische Idee begraben und 3800 km Bundesgrenze mittels Mauern sichern? Macht es unser Land sicherer, wenn wir das Recht auf Asyl – ein Vermächtnis unserer Vergangenheit – abschaffen? Keine dieser Forderungen verhindert Anschläge, auf die sie nun eine Reaktion sein sollen.

    Wir alle sind weniger sicher in einem Land, in dem eine menschenverachtende Partei im Bundestag einen Punktsieg bejubeln kann.

    Sicherheit schafft man nicht dadurch, dass man die Gesellschaft spaltet. Sicherheit erreicht man nicht, indem man Menschenrechte abschafft. Sicherheit braucht Haltung und Anstand im politischen Diskurs. Sicherheit braucht Zusammenhalt, Fürsorge und Solidarität.

  6. Breites Bündnis ruft zu Demonstration gegen AfD-Beteiligung an Podiumsdiskussion auf (PM)

    Für Dienstag, den 4. Februar 2025, mobilisiert ein breites Bündnis aus demokratischen Jugendorganisationen zu einer Demonstration gegen die Teilnahme der AfD an einer Podiumsdiskussion der Westfälischen Kaufmannsgilde. Die Kundgebung findet um 17:30 Uhr an der Straßenecke Märkische Straße/Petrystraße in unmittelbarer Nähe zur IHK statt.

    Die Veranstalter kritisieren die Einladung der teilweise als rechtsextrem eingestuften AfD zu der Diskussionsrunde als Tabubruch. „Die Normalisierung rechtsradikaler Positionen durch deren Einbindung in öffentliche Debatten ist inakzeptabel. Das gilt sowohl für Podiumsdiskussionen als auch für jegliche andere Form der Zusammenarbeit. „, erklärt Feline Paul, Sprecherin der GRÜNEN JUGEND Dortmund.

    Dem Protestaufruf haben sich neben der GRÜNEN JUGEND auch die Jusos, Fridays for Future, Campus Grün, die DGB-Jugend und die Falken angeschlossen. Michelle Gnatzy von den Jusos betont: „Es geht nicht primär darum, den Besuch dieser Veranstaltung zu kritisieren. Vielmehr wenden wir uns entschieden gegen die Einladung rechtsradikaler Kräfte zu solchen Podien. Dies trägt zu einer gefährlichen Normalisierung extremistischer Positionen bei.“

    Die Demonstration soll ein deutliches Zeichen setzen, dass die Zivilgesellschaft wachsam bleibt und sich gegen jegliche Versuche der Salonfähigkeit rechtsextremer Ideologien zur Wehr setzt.

  7. TERMINÄNDERUNG: Kundgebung – Ein Lichtermeer für Demokratie und Vielfalt! (PM)

    Angesichts des nun auf den 19. Februar terminierten Champions-League Spiels des BVB hat sich der Dortmunder Arbeitskreis gegen Rechtsextremismus dazu entschlossen, seine Kundgebung unter dem Motto „Ein Lichtermeer für Demokratie und Vielfalt!“ auf den darauf folgenden Tag zu verlegen. Neuer Termin ist nun Donnerstag den 20. Februar in der Zeit von 18 bis 20 Uhr in der Dortmunder Innenstadt auf der Kampstr./Petri Kirche.

  8. Gemeinsame Erklärung: Gegen die Angriffe auf den demokratischen Rechtsstaat (PM)

    Als Bürger:innen- und Menschenrechtsrechtsorganisationen sowie als juristische Berufsvertretungen wenden wir uns mit Nachdruck gegen die Infragestellung rechtsstaatlicher Mechanismen in diesem Bundestagswahlkampf. Überzogene Law and Order-Forderungen und verfassungswidrige Gesetze sind für uns nichts neues, gegen diese politisch und juristisch vorzugehen, ist schon lange ein Teil unserer Arbeit. Aber dieser Wahlkampf hat eine andere, gefährliche Qualität: Im Zuge einer radikalisierten Migrationspolitik, die durch den Aufstieg der AfD in den Wahlumfragen begünstigt wird, werden das Recht an sich und die Institutionen des Rechtsstaats, allen voran die Gerichte und die Rechtsanwaltschaft, auch von demokratischen Parteien offen in Zweifel gezogen.

    Durch die Zustimmung zum sog. „5-Punkte-Plan“ fordern CDU/CSU, FDP, BSW und AfD unverhohlen den Bruch mit Europarecht und Verfassungsrecht. Durch einen kalkulierten Rechtsbruch qua permanenter Grenzkontrollen soll Druck auf die europäische Gesetzgebung ausgeübt werden. Ob Urteile des Europäischen Gerichtshofs noch umgesetzt werden, ist zu einer offenen Frage geworden. In den letzten Jahren ist neben dem Migrationsrecht auch im Klima- und Umweltrecht öfter von einem sog. „exekutiven Ungehorsam“ die Rede, indem Gerichtsentscheidungen seitens der Regierung und Verwaltung schlicht ignoriert werden.

    Hinter vorgehaltener Hand sprechen Politiker:innen aus den Reihen der CDU laut Medienberichten bereits von den „Scheiß-Gerichten“. Sie stoßen in eine rhetorische Kerbe, die unter den extrem rechten Regierungen in Italien, Polen und in Ungarn bereits autoritär umgeschlagen ist: Richter:innen werden zu Feinden des Staates erklärt. SPD und Grüne haben in der denkwürdigen Sitzungswoche des Bundestages Ende Januar 2025 zwar rhetorisch den Rechtsstaat hochgehalten, aber auch sie selbst haben zuvor in der Migrations- und Sicherheitsgesetzgebung europa- und verfassungswidrige Vorhaben vorangetrieben: darunter zuletzt die Kontrollen an den deutschen EU-Binnengrenzen und das „Sicherheitspaket“ vom 18. Oktober 2024.

    Gegen die Einhaltung des gesetzten Rechts wird von Politiker:innen und in Teilen der Medien das Argument vorgebracht, das Recht dürfe nicht gegen „den Willen des Volkes stehen“. Falls es dies tue, müsse es verändert werden. Aber erstens geht es bei den allermeisten rechtlichen Aspekten, die aktuell infrage gestellt werden, nicht um einfaches Gesetzesrecht. Stattdessen geht es um Grund- und Menschenrechte, internationale und europäische Verträge oder um die Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit an sich.

    Richtig ist, dass das Recht immer das Ergebnis von gesellschaftlichen Aushandlungsprozessen ist. Aber unteilbare Grund- und Menschenrechte dürfen in politischen Verhandlungen nicht zur Disposition stehen. Im Übrigen lässt sich Recht nicht mit einem Faustschlag von Regierungsvertretern auf den Tisch hinwegfegen, sondern muss selbst Gegenstand von Verfahren im Parlament oder mit Partnern aus anderen Ländern sein. Zweitens sind diese Rechtsgrundlagen gerade in Deutschland das Ergebnis der historischen Erfahrungen aus zwei Weltkriegen und der NS-Herrschaft. Sie sind ein Teil der Aufarbeitung von Vergangenheit, die nichts an ihrer Gültigkeit verloren hat. Dazu zählt vor allem die Unteilbarkeit der menschlichen Würde und die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz, auch unabhängig von ihrer Herkunft.

    Und drittens geht die Gegenüberstellung von Demokratie und Recht implizit von einer „vollständigen“ Demokratie aus, in der die Interessen aller repräsentiert werden. Aber in unseren aktuellen demokratischen Verfahren sind Armutsbetroffene, die Mehrzahl der Lohnabhängigen, migrantische Personen ohne europäische Staatsbürgerschaft und solche diverser sexueller Orientierung viel zu oft ausgeschlossen. Um ihre Positionen in der Gesellschaft zu verbessern bedarf es einer Veränderung politischer Machtverhältnisse. Solange das aber nicht passiert ist, können diese Menschen in Verfahren vor Gericht mittels der Grund- und Menschenrechte ihren Platz und ihre Teilhabe an dieser Gesellschaft geltend machen.

    Aktuell ist die Migrationspolitik der Schauplatz, auf dem um die Zukunft der rechtsstaatlichen Verfasstheit und um die Unteilbarkeit von Grundrechten gekämpft wird. Doch bleiben diese Entwicklungen dort nicht stehen. Der erstarkende Autoritarismus manifestiert sich auch dort, wo die Wissenschaftsfreiheit missachtet, das Streikrecht angegriffen, das Versammlungsrecht eingeschränkt und Anwält:innen in Klimaschutzverfahren als vermeintliche Gegner:innen der Demokratie gebrandmarkt werden.

    Als Bürger:innenrechtsorganisationen und juristische Berufsvertretungen setzen wir uns für einen demokratischen und menschenrechtsbasierten Rechtsstaat ein, in dem die Staatsgewalt umfassend an Grundrechte gebunden ist, sowie für eine unabhängige Justiz und eine engagierte Rechtsanwaltschaft. Die Verteidigung der Verfassung und der Menschenrechte ist ein Teil in dem Kampf um Demokratie. Es gilt, nicht länger der Aushöhlung des Rechts das Wort zu reden, sondern den Rechtsstaat in schwierigen Zeiten offensiv zu verteidigen.

    Humanistische Union (HU)
    Komitee für Grundrechte und Demokratie
    Neue Richtervereinigung (NRV)
    Postmigrantischer Jurist*innenbund
    Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV)
    Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen (VDJ)

  9. AfD gefährdet Ehrenamt und Demokratie (Pressemitteilung von Falken und Jugendring Dortmund)

    Es gibt eine Vielzahl an Gründen, weswegen die AfD eine Bedrohung für unsere Gesellschaft darstellt. Einer davon ist, dass die AfD ehrenamtliche und jugendverbandliche Strukturen zerstören will. Die AfD greift nicht nur gezielt demokratische Werte an, sondern stellt mit ihren Plänen auch eine unmittelbare Gefahr für die Arbeit von uns Jugendverbänden als Teil der demokratischen Zivilgesellschaft dar.

    Kürzungen und Hetze: Die Strategie der AfD

    Die AfD hat mehrfach betont, Förderungen für Jugendverbände kürzen oder streichen zu wollen, insbesondere für Organisationen, die sich für Demokratie, Vielfalt und Solidarität einsetzen. Projekte, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren oder demokratische Bildung fördern, werden dabei gezielt attackiert. Hinzu kommt die gezielte Diskreditierung etablierter Jugendverbände durch Hetze und populistische Aussagen, die darauf abzielen, diese gesellschaftlich und finanziell zu schwächen.

    Warum Jugendverbände unverzichtbar sind

    Jugendverbände sind ein zentraler Bestandteil der demokratischen Zivilgesellschaft. Sie fördern das Engagement junger Menschen, schaffen Räume für Mitbestimmung und stärken den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Ihre Arbeit leistet einen essenziellen Beitrag zur politischen Bildung und ist ein wirksames Mittel gegen Rechtsextremismus und Antidemokratie.

    Aufruf zum Handeln: Keine Stimme der AfD!

    Als Jugendverbände fordern wir Alle auf, Verantwortung zu übernehmen:

    – Demokratisch wählen: Jede Stimme zählt für die Zukunft unserer Demokratie. Die AfD darf keinen Einfluss auf unsere Gesellschaft gewinnen.

    – Zeichen setzen: Informieren Sie Ihr Umfeld über die Gefahr, die von der AfD ausgeht. Lassen Sie demokratiefeindliche Aussagen nicht unkommentiert und engagieren Sie sich in lokalen Bündnissen oder Initiativen für ein vielfältiges und solidarisches Miteinander.

    – Jugendverbandsarbeit stärken: Unterstützen Sie Projekte und Organisationen, die sich für Demokratie, Vielfalt und Teilhabe einsetzen.

    Die Jugend ist die Zukunft unserer Gesellschaft. Es liegt in unserer Verantwortung, diese Zukunft vor antidemokratischen Kräften wie der AfD zu schützen und gemeinsam für eine solidarische, offene und vielfältige Gesellschaft einzutreten.

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