Zur offiziellen Preisverleihung im Dezember reist der Autor nach Dortmund

Toleranz, Respekt und Versöhnung: Schriftsteller Saša Stanišić erhält Dortmunder Nelly-Sachs-Preis

„Mit Saša Stanišić wird kein unbekannter Schriftsteller der Gegenwartsliteratur ausgezeichnet, sondern einer, der von seinem ersten Buch an Leserinnen und Leser verschiedener Generationen konstant begeistert“, betont die Jury.
„Mit Saša Stanišić wird kein unbekannter Schriftsteller der Gegenwartsliteratur ausgezeichnet, sondern einer, der von seinem ersten Buch an Leserinnen und Leser verschiedener Generationen konstant begeistert“, betont die Jury. Foto: Katja Sämann

Der Nelly-Sachs-Preis der Stadt Dortmund geht in diesem Jahr an den deutsch-bosnischen Schriftsteller Saša Stanišić. Die Entscheidung über die Vergabe des mit 15.000 Euro dotierten Literaturpreises fiel am vergangenen Freitag in der Jury-Sitzung. In Anlehnung an den Geburtstag von Nelly Sachs wird der am 10. Dezember in einem Festakt im Museum für Kunst und Kulturgeschichte verliehen. Saša Stanišić hat die Nachricht erfreut entgegengenommen und angekündigt, zur Verleihung nach Dortmund zu kommen.

Sprachliche Virtuosität, eine komplexe Handlungsführung, authentische Figuren

„Mit Saša Stanišić wird kein unbekannter Schriftsteller der Gegenwartsliteratur ausgezeichnet, sondern einer, der von seinem ersten Buch an Leserinnen und Leser verschiedener Generationen konstant begeistert. Seine Werke zeichnen insbesondere eine sprachliche Virtuosität, eine komplexe Handlungsführung, authentische Figuren und raffiniert und präzise gestaltete Romanwelten aus. Zudem macht sein spielerischer Umgang mit der Form und den Grenzen der Sprache und des Erzählbaren die Rezeption seiner Romane zu einer intellektuellen Unterhaltung im besten Sinne“, betont die Jury.

Ein zentraler Moment Saša Stanišićs sei seine Fluchterfahrung, findet die Jury und zieht Parallelen zwischen Stanišić und der Namensgeberin des Preises: „Wie Nelly Sachs mit den literarischen Traditionen ihrer Herkunft nicht gebrochen hat, so setzt auch Stanišić den Erzählreichtum der Balkankulturen fort. Dabei zeichnet sich sein Schreiben stets durch das Bemühen aus, noch das Unangenehmste, das ihm und seiner Familie erst in Jugoslawien und dann auch in Deutschland zugestoßen ist, mit Ironie und Witz zum Thema zu machen, ohne dabei etwas zu verharmlosen.“

„Vor allem jedoch entwickeln seine Texte eine außergewöhnliche Sogkraft, die es den Lesenden ermöglicht, sich restlos in die Figuren hineinzuversetzen. Durch dieses Potential der emotionalen Identifikation gestattet er seinen Leserinnen und Lesern, die beschriebenen Erfahrungen nicht nur zu verstehen, sondern sie geradezu zu durchleben. So eröffnet Stanišić eine einzigartige Dimension der Verständigung, die auf einer emotionalen Ebene Kulturen und Menschen miteinander verbindet“, begründet die Jury die Entscheidung.

Seine Werke wurden in über 30 Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet

In einer ersten Reaktion bedankt sich der Autor mit einem Nelly-Sachs-Zitat: „,Alles beginnt mit der Sehnsucht‘ – so beginnt Nelly Sachs ein Gedicht“, sagt Saša Stanišić. „Meine sehr frühe Sehnsucht waren Geschichten und sind es noch immer: zuhören, erzählen. Meinen aufrichtigen Dank, dass Sie ihnen mit diesem Preis Vertrauen schenken.“

Saša Stanišić wurde 1978 in Višegrad (Jugoslawien) geboren und lebt seit 1992 in Deutschland. Er veröffentlichte die Romane „Wie der Soldat das Grammofon repariert“ (2006), „Vor dem Fest“ (2014) und „Herkunft“ (2019), den Erzählband „Fallensteller“ (2016) sowie zuletzt mehrere Kinderbücher.

Seine Werke wurden in über 30 Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet. Saša Stanišić erhielt u.a. den Preis der Leipziger Buchmesse für „Vor dem Fest“ und zuletzt für „Herkunft“ den Deutschen Buchpreis 2019, sowie u.a. den Eichendorff-Literaturpreis, den Schillerpreis und den Hans-Fallada-Preis. Er lebt und arbeitet in Hamburg.

Der Nelly-Sachs-Literaturpreis zeichnet seit über 60 Jahren herausragende Autor:innen aus

Nelly Sachs im Jahr 1910

Mit dem nach Nelly Sachs benannten Literaturpreis ehrt und fördert die Stadt Dortmund alle zwei Jahre Persönlichkeiten, die herausragende schöpferische Leistungen auf dem Gebiet des literarischen und geistigen Lebens hervorbringen und zur Verbesserung der kulturellen Beziehungen zwischen den Ländern beitragen.

Die Preisträger:innen stehen für Toleranz, Respekt und Versöhnung und leben diese Werte in einer globalisierten Gesellschaft, in der sie sich für ein friedliches Zusammenleben einsetzen. Der Preis wird jeweils im Dezember in Anlehnung an den Geburtstag von Nelly Sachs in einem Festakt im Dortmunder Rathaus verliehen.

Die erste Preisträgerin war 1961 die Namensgeberin Nelly Sachs selbst. Später ging der Preis u.a. an Nadine Gordimer (1985), Milan Kundera (1987), Javier Marias (1997), Christa Wolf (1999), Per Olov Enquist (2003), Margaret Atwood (2009) und Marie N’Diaye (2015). Der Preis wird seit 2015 alternierend an Männer und Frauen vergeben. Letzte Preisträgerin war 2021 Katerina Poladjan.

Die wechselnde Jury besteht aus diversen Expert:innen

Für die Verleihung des Preises stellt der Rat für die Dauer seiner Wahlzeit eine Jury. Diese besteht aus 3 Fachpreisrichter:innen, 4 Mitgliedern des Rates sowie der leitenden Person der Stadt- und Landesbibliothek als festem Mitglied der Jury. Eine erneute Berufung der gleichen Fachpreisrichter/innen zur folgenden Preisverleihung ist möglich.

Unter dem Vorsitz der zweiten Bürgermeisterin Barbara Brunsing gehören derzeit verschiedenste Expert:innen der Jury an, wie die Literaturkritikerin Dr. Bozena Badura und die Literaturredakteurin und Moderatorin Katharina Borchardt. Auch der Literaturchef der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ), Andreas Platthaus, findet sich unter den Fachpreisrichter:innen.

Aber auch Akteur:innen der Dortmunder Literatur- und Kulturszene sind in die Entscheidung involviert. So ist neben dem Stadtdirektor und Kulturdezernenten der Stadt Dortmund Jörg Stüdemann auch der Leiter der Stadt- und Landesbibliothek Dortmund Dr. Johannes Borbach-Jaene Jurymitglied des Nelly-Sachs-Literaturpreises. Zu den Sachpreisrichter:innen zählen die drei Ratsmitglieder Matthias Dudde (Grüne), Dominic de Marco (SPD) und Manfred Sauer (CDU).

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Reaktionen

  1. Lesung und Gespräch mit Nelly-Sachs-Preisträger Saša Stanišić im literarturhaus.dortmund (PM)

    Der Nelly-Sachs-Preis der Stadt Dortmund geht in diesem Jahr an den deutsch-bosnischen Schriftsteller Saša Stanišić. Bevor Stanišić am 10. Dezember die Auszeichnung erhält, liest er am Samstag, 9. Dezember, 19:30 Uhr im literaturhaus.dortmund (Neuer Graben 78) aus seinen Werken.

    Im Gespräch mit Moderator Andreas Platthaus gewährt er Einblicke in sein bisheriges Schaffen und seine Arbeit. Tickets für die Veranstaltung sind für 10 Euro erhältlich und können vorab online erworben werden: https://www.eventbrite.de/e/preistragerlesung-mit-sasa-stanisic-tickets-758816479517

    Über den Autor Saša Stanišić

    Saša Stanišić, 1978 in Višegrad (Jugoslawien) geboren, lebt seit 1992 in Deutschland, ist Autor der Romane „Wie der Soldat das Grammofon repariert“ (2006), „Vor dem Fest“ (2014) und „Herkunft“ (2019), des Erzählbands „Fallensteller“ (2016) sowie mehrerer Kinderbücher.

    Seine Werke, in über 30 Sprachen übersetzt, wurden mehrfach ausgezeichnet, darunter mit dem Preis der Leipziger Buchmesse und dem Deutschen Buchpreis 2019 für „Herkunft“. Stanišić erhielt zudem den Eichendorff-Literaturpreis, den Schillerpreis und den Hans-Fallada-Preis. Er lebt und arbeitet in Hamburg.

    Stanišić geht spielerisch mit Sprache und Erzählformen um, ermöglicht intellektuelle Unterhaltung und macht die Fluchterfahrung zum zentralen Thema seines Schreibens. Sein Schreiben thematisiert stets selbst das Unangenehmste mit Ironie und Witz, ohne zu verharmlosen.

    Die Lesung wird vom Kulturbüro Dortmund in Zusammenarbeit mit dem literaturhaus.dortmund veranstaltet.

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