Zwei interessante Veranstaltungen gibt es in der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache, Steinstraße 50: Die eine Veranstaltung widmet sich dem letzten Stabschef der SA, Wilhelm Schepmann. Die zweite berichtet über die neusten Forschungen zu den Dortmunder Schwulen, die im Nazi-Reich verfolgt und in der Steinwache inhaftiert waren.
„Schwulen-Paragraf 175″ als Haftgrund in der Steinwache
Neueste Forschungen von Dr. Frank Ahland haben ergeben, dass zwischen 1933 und 1945 im Dortmunder Polizeigefängnis Steinwache rund 660 Männer und Jugendliche wegen ihrer sexuellen Orientierung nach § 175 RStGB inhaftiert wurden. Mit präziser Gründlichkeit in den Haftbüchern dokumentiert, wurde diese Tatsache jahrzehntelang ignoriert.
Der Arbeitskreis schwule Geschichte im Dachverband schwul-lesbischer und transidenter Vereine und Initiativen in Dortmund (SLADO e.V.) will diese neuen Forschungsergebnisse zum Anlass nehmen, diesen Opfern in einer musikalisch begleiteten Veranstaltung zu gedenken.
Neben einigen Informationen zu den Opfern wird Pater Siegfried Modenbach die Gedenkrede halten.
Die Gedenkfeier findet am Dienstag, 25. August 2015 von 18 Uhr bis 19 Uhr in der Steinwache statt. Wer an der Veranstaltung teilnehmen möchte, sollte sich nach Möglichkeit bis Donnerstag, 20. August, unter info@slado.de anmelden.
Vortrag widmet sich dem letzten Stabschef der Sturmabteilung
In Kooperation mit dem Historischen Verein Dortmund und dem Stadtarchiv findet bereits am Donnerstag, 20. August, 19 Uhr, zu einem Vortrag von Yves Müller statt, der sich Wilhelm Schepmann widmet.
Als Schepmann im April 1949 den britischen Besatzern überstellt und in Folge einem Entnazifizierungsverfahren unterzogen wird, ist man sich durchaus bewusst, wen man hier vor sich hat. Nach dem Unfalltod Viktor Lutzes 1943 war Schepmann bis Kriegsende der letzte Stabschef der Sturmabteilung (SA).
Seine Person indes ist heute kaum mehr bekannt, denn mit ihrem „Verschwinden“ infolge der sogenannten Röhm-Krise 1934 verliert sich auch die Spur der weiteren Geschichte der SA. Kennt der geneigte Betrachter Viktor Lutz, den Nachfolger Ernst Röhms, zumindest als Anführer einer gezähmten „Parteiarmee“, so ist Wilhelm Schepmann fast gänzlich in Vergessenheit geraten.
Yves Müller referiert über eine bisher vernachlässigte Größe des NS-Regimes
Der Vortrag zeichnet den politisch-beruflichen Werdegang eines von der Forschung bisher vernachlässigten Protagonisten des Nationalsozialismus nach und skizziert das Wirken Schepmanns als Führer der westfälischen SA, Dortmunds Polizeipräsidenten und – nach 1934 – Führer der SA in Sachsen.
Schepmann war ein zentraler Akteur der NS-Bewegung in Westfalen und maßgeblich am Aufbau der hiesigen SA beteiligt.
Die politische Biografie Wilhelm Schepmanns erscheint zunächst wenig spektakulär: Seine politische Biografie ist bis 1934 eine nationalsozialistische Bilderbuchkarriere. Unter Schepmann findet die SA im Zweiten Weltkrieg ab 1943 zu ihrer Rolle – und zu ihrem Verhältnis zur Wehrmacht.
Mag. Yves Müller (Jahrgang 1982), Studium der Geschichte, Politikwissenschaft und Gender Studies in Berlin. Tätigkeiten als freiberuflicher Historiker, u.a. Forschungsprojekt zur „Köpenicker Blutwoche“. Arbeitsschwerpunkte sind Rechtsextremismus sowie Männlichkeiten im Nationalsozialismus.