Stau, schlechte Luft und genervte AutofahrerInnen: Fahrradpodcast „Antritt“ diskutierte über logistische Lösungen

Diskutierten bei der Sendung „Antritt“ auf detektor.fm im Rekorder Dortmund: Simon Chrobak aus Münster, Christian Bollert (Moderation), Kirsten Haberer aus Wuppertal und Fabian Menke von der Stadt Dortmund. Fotos: A. Steger

von Angelika Steger

Es ist etwas anders heute im Rekorder in Dortmund. Die Bühne ist auch in verschiedene Farben gehüllt, der Raum füllt sich langsam mit Publikum. Aber heute spielt keine Band auf der Bühne. Stattdessen vier Stühle und vier Mikrofone, links und rechts stehen besondere Fahrräder: länger als ein Trekkingrad und mit Ladefläche zwischen Vorderrad und Lenker. Das sind Lastenräder, die auch in Dortmund dank Förderung vom Land NRW verstärkt im Straßenverkehr unterwegs sind. Der Podcast-Sender detektor.fm aus Leipzig hatte zum Podiumsgespräch über das Thema Lastenräder geladen. Auf detektor.fm gibt es einmal monatlich den Fahrradpodcast „Antritt“ zu hören, der sich ausschließlich Themen rund ums Radfahren widmet.

Lastenräder sollen Innenstädte entlasten: ein Ersatz für jede Art von Lieferverkehr?

Aus Berlin kennt man das Klischee der jungen Muttis, die in Lastenrädern ihre Kinder zum Kindergarten transportieren. „Wir sind jung und hip und fahren Lastenrad und gleichzeitig ersetzt dieses Rad den 3. SUV“, nennt ein Gesprächspartner des Abends, Simon Chrobak, eines der wenigen Klischees über diese Fahrrad-Art. Er ist Fahrradaktivist in Münster und Spezialist für Lastenräder. Dass aber jede und jeder dieses Rad für den eigenen Alltag sinnvoll nutzen kann, zeigt dieser Gesprächsabend im Rekorder.

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Das Leih-Lastenrad für Dortmund: der rote Rudolf.

„Man muss sich den genauen Zweck überlegen und den Transportweg ansehen, den man nehmen will“, gibt Fabian Menke zu bedenken. Er ist Fahrrad- und Fußgängerbeauftragter der Stadt Dortmund. Nicht immer sei entscheidend, dass die Ladefläche auf dem Lastenrad komplett voll sei. „Das Lastenrad ist flexibel, es gibt praktisch keine Grenzen, weil es verschiedene Modelle gibt.“

Der Einsatzzweck bestimme die Auswahl des Lastenrades. Bereits jetzt benutzt ein Paketdienst in Dortmund Lastenräder. „Dabei geht es um die berühmte letzte Meile“, macht Fahrradaktivist Chrobak aus Münster klar. Dabei fährt der große motorisierte Transporter nur bis zu einer bestimmten Stelle in oder vor der Innenstadt und belädt von diesem festen Standort aus die Lastenräder, die im Umkreis von ca. 5 Kilometern dann Pakete ausliefern.

Die Folge: weniger Verkehr, weil nicht ein großer Paketwagen oft in der zweiten Reihe parkt, um Waren auszuliefern. Ein Gedanke, den auch Supermärkte aufgreifen sollten. „Es ist völlig klar, dass die Belieferung von Supermärkten nur mit den LKWs erfolgen kann, für ein Lastenrad wären die Warenmengen viel zu groß. Aber um den Endkunden zu beliefern, wäre ein Lastenrad sehr von Vorteil“, ist Menke überzeugt. Bisher sieht man nur Lieferwagen in Dortmund mit vier Rädern, die ihre Waren zu den KundInnen bringen.

Einsatz von Lastenrädern im privaten Alltag: vielfältig und gut zu bewältigen

In Wuppertal ist die „Cargobike-Szene“ neben Münster am stärksten vertreten. Das überrascht auf den ersten Blick, denn das Stadtgebiet Wuppertal hat manche starke Steigung zu bieten, mit der man schon als TrekkingradfahrerIn zu kämpfen hat. „Seht Ihr das pragmatisch, wenn es um einen Elektromotor für das Rad geht?“, will Moderator Christian Bollert wissen.

Moderator Bollert und Aktivistin Haberer im Gespräch.

Kirsten Haberer von der Initiative „Fahrradstadt Wuppertal“ kennt diese Frage nur zu gut. „Es ist völlig klar, dass man für solche Steigungen Unterstützung braucht. Deshalb verleihen wir „Fienchen“, das ist ein Lastenrad mit E-Motor.“ Ohne Motor könne man nur im Flachland fahren.

Die Nordbahntrasse, ein 23 Kilometer langer Rad- und auch Fußweg entlang einer alten Bahntrasse führt quer durchs Stadtgebiet und weist kaum Steigungen auf. „Viele entdecken durch die Nordbahntrasse, die komplett autofrei ist, auch ihre Stadt links und rechts des Weges. Nach und nach erschließen sich so die WuppertalerInnen ihre Stadt neu“, gibt die Fahrradaktivistin Haberer begeistert kund.

Im Frühjahr 2020 wird auch ein weiterer autofreier Weg, die Schwarzbachtrasse, eröffnet werden. Diese Trassen seien ein weiterer Grund, es auch mal mit dem Lastenrad statt dem Auto zu versuchen, sind alle GesprächspartnerInnen des Abends überzeugt. Bei weiten Strecken von mehr als 10 Kilometern gebe das Elektrorad Sicherheit, dass man ohne Stress und ohne Bedenken sein Ziel noch erreicht. Der Gedanke, es nicht schaffen zu können, hält viele vom Radfahren ab, davon ist Haberer überzeugt.

Lastenrad versus Auto: sollen Autos komplett verboten werden? – Vorurteile und Bedenken gegen Initiativen

Aufmerksames Publikum bei der Antritt-Gesprächsrunde im Rekorder.

Sind denn jetzt alle Lastenrad-FahrerInnen ganz gegen das Auto? Kann ein Lastenrad ein Auto ersetzen? Diese Fragen stellt Moderator und Mitbegründer der Sendung „Antritt“, Christian Bollert, in die Runde der Fahrradaktivisten und Gesprächspartner. Kirsten Haberer von der Fahrrad-Initiative aus Wuppertal verneint:

„Es geht nicht darum, das Auto komplett den Leuten verbieten zu wollen. Allerdings wäre es doch besser, nicht noch ein Zweitauto besitzen zu müssen, mit dem die Kinder in die Kita gebracht oder der Einkauf erledigt wird. Das kann ein Lastenrad auch erledigen.“ Weniger Stau durch Elterntaxis vor Kindergärten und weniger Abgase in der Luft wären die positiven Folgen. Es brauche auch nicht jeder Haushalt ein eigenes Lastenrad anschaffen.“

„Baumärkte und auch Ikea vermieten inzwischen Lastenräder. Denn nicht immer sind es große sperrige Teile, die nach Hause transportiert werden müssen“, ergänzt die Wuppertaler Fahrradaktivistin. Sie selbst besitzt sogar zwei Lastenräder, eins mit und eins ohne Motor. Dank einer Tiefgarage, die zu ihrer Wohnung gehöre, seien sie auch gut untergebracht.

Pro und Contra Lastenrad: Bezahlung und sichere Unterbringung müssen gewährleistet sein

So ist auch ein großes Rad wie ein Lastenrad sicher untergebracht: mit einer Fahrradgarage. Foto: Maike Brautmeister

Die Wohnhäuser in Deutschland sind schon für normale Räder nicht wirklich benutzerInnenfreundlich gebaut. Oft muss das eigene Rad über Treppen getragen werden, um sicher nach Feierabend abgestellt zu werden. Menschen, die ihr Rad nicht nur für den Sonntagsausflug verwenden, benötigen sichere Unterbringungsmöglichkeiten.

Beim Lastenrad ist dies noch mal erschwert, weil es schwerer, länger und breiter als ein „normales“ Rad ist. Das ist allen Beteiligten klar, die Tiefgarage von Kirsten Haberer erscheint dabei fast wie ein Luxus. Die Lösung könnten Fahrradgaragen sein, die größer sind als die bereits bestehenden Fahrradhäuser in Dortmund.

Fahrräder sind oft auch durch die Hausratversicherung mitversichert. Ohne diese Absicherung wäre jede Diskussion um Lastenräder ad absurdum geführt, ist die Wuppertalerin überzeugt. Ein großes Hemmnis für die Nutzung eines Lastenrades wurde in der detektor-fm-Gesprächsrunde an diesem Abend nicht angesprochen: die vergleichsweise hohen Kosten.

Die Kosten für ein Lastenrad können je nach Marke und Ausstattung 2000€ bis mind. 5000€ betragen. Foto: das Leih-Lastenrad aus Gelsenkirchen, die GErda.
Die Kosten für ein Lastenrad können je nach Marke und Ausstattung 2.000 bis mind. 5.000 Euro betragen. Foto: das Leih-Lastenrad aus Gelsenkirchen, die GErda.

Selbst mit einfacher Ausstattung ohne Motor sind es schon rund 2.000 Euro, die ein „Cargobike“ kostet. Selbst mit einer Förderung vom Land NRW oder in manchen Städten auch von der Kommunalverwaltung für Privatpersonen nicht unbedingt attraktiv.

Das „riecht“ nach Exklusivität, dass sich nur Gutverdienende ein Lastenrad leisten könnten. Alle Beteiligten verstehen sich jedoch als offene Gemeinschaft, an der alle Menschen teilhaben können soll.

So stellt das „Forum Freie Lastenräder“ in verschiedenen Städten Lastenräder kostenlos zur Verfügung. Miete für 0,- Euro heißt aber nicht, dass die Verleiher keine Kosten hätten: Spenden sind immer gern gesehen. In Dortmund verleiht die Initiative VeloCityRuhr den Rudolf, in Münster heißt das Lastenrad Lasse, in Gelsenkirchen die GErda, nur um einige Beispiele zu nennen.

Lastenräder-Typen und Möglichkeiten, ohne eigenes Rad ein Cargobike fahren zu können

„Man muss den Leuten die Möglichkeit geben, das Ding mal auszuprobieren. Zuerst denken sie: boah, was für ein großes Gefährt, das fährt sich wie ein Panzer. Das muss überwunden werden.“ Davon ist Simon Chrobak überzeugt: jedeR kann ein Lastenrad fahren. Moderator Christian Bollert wendet aber ein, dass es auch auf das Modell ankomme. Tatsächlich fährt sich kein Lastenrad wie das andere: manche sind träger und mehr auf sichere Spur bedacht, ähnlich dem Hollandrad.

Ein Lastenrad mit Regendach und Kindersitzen: Modell Bakfiets, ausleihbar bei ADFC Unna.

Andere fahren sich sportlicher, so dass man sich auch mal in die Kurve legen kann. „Es ist ähnlich wie beim Rennradfahren“, meint Kirsten Haberer aus Wuppertal. „Anfangs muss man sich an den Lenker, die andere Körperhaltung, gewöhnen. Ich habe auch schon eine Freundin entlang der Nordbahntrasse geschoben, bis sie das Lastenrad selbständig gefahren hat.“

Die Menschen würden vor allem dann neugierig und würden sie als Lastenradfahrerin fragen, wenn sie sehen, dass vier Kästen Getränke oder eine Spülmaschine transportiert werden können. „So kommt man ins Gespräch, weil die Leute wissen wollen, wie das geht.“ Begeisterung ist im Gesicht von Kirsten Haberer zu lesen. Lastenradfahren ist auch eine Frage der Mobilität auf dem Land wie in der Stadt.

„Führen wir da nicht eine Scheindebatte?“, gibt Moderator Bollert zu bedenken. Der Münsteraner Fahrradaktivist Chrobak widerspricht: „Das ist keine Diskussion von wegen Radfahren auf dem Land ist schwieriger als in der Stadt. Es braucht das richtige Rad für den entsprechenden Zweck.“ Ein befreundeter Aktivist sei mit dem Rad sogar im Südschwarzwald unterwegs, nicht gerade eine Flachland-Gegend.

Simon Chrobak über seine Heimatstadt: „Münster, das ist eine Autostadt mit vielen Fahrrädern.“

Sagt Simon Chrobak über seine Heimatstadt. Er hasse die Bezeichnung „Fahrradstadt Münster“, das gibt er offen zu. Das vielbeschworene Vorbild in Sachen Radverkehr habe einige Lücken in der Verkehrsinfrastruktur, die nicht zu übersehen seien. Deutsche Städte sind nicht auf den in den letzten Jahren sich verstärkenden Radverkehr und schon gar nicht auf Lastenräder eingestellt, die Straßenplanung stamme noch aus den 1970er oder 1980er Jahren.

Fahrradaktivist Simon Chrobak aus Münster.

Wege sind zu schmal, auch die Parkplätze an den Abstellanlagen zu eng, Fahrzeuge parken direkt neben dem Radweg, die sich öffnenden Autotüren bergen weiteres Unfallpotential. Zwar hat die sogenannte „Fahrradstadt Münster“ eine „Promenade“, auf der nur Fahrräder fahren dürfen, alle anderen Straßen seien aber genauso schlecht für den Radverkehr gebaut wie z. B. in Städten des Ruhrgebiets:

zu enge Radwege, die auch noch benutzungspflichtig sind, Baustellen, die zu waghalsigen Umfahrungen zwingen, weil nur AutofahrerInnen eine Umleitung ausgeschildert bekommen, nasses Laub, das sich – auch auf der Promenade Münster – zu einer dicken, festen Schicht entwickelt hat, weil die Straßenreinigung ihren Dienst dort nicht erledigt hat.

300.000 AutopendlerInnen kämen jeden Tag nach Münster. „Deshalb ist Münster keine Fahrradstadt, sondern eine Autostadt mit vielen Fahrrädern.“ Die zahlreichen Parkhäuser im Innenstadtbereich würden die Menschen noch ermuntern, mit dem Auto zu fahren, davon ist der Fahrradaktivist überzeugt.

Stadt Dortmund: Lastenräder für Privatpersonen, die Verwaltung und Firmen: gelingt die Vermittlung?

Fabian Menke, Fahrrad- und Fußgängerbeauftragter der Stadt Dortmund.

Im Gegensatz zu Münster gibt es in Dortmund wenig Fahrräder. Die Förderung des Radverkehrs habe sich die Stadt aber mit der Gestaltung des „Radwalls“ auf die Fahnen geschrieben, so Fabian Menke, Fahrrad- und Fußgängerbeauftragter der Stadt Dortmund (wir berichteten; siehe Anhang des Artikels).

Es gebe die Initiative „Cargobike Dortmund“ der Wirtschaftsförderung der Stadt, die Betrieben ermöglichen soll, ein Lastenrad zu nutzen. Allerdings seien ihm bisher nur die regelmäßigen Netzwerktreffen bekannt, aber nicht, ob ein Lastenrad vermittelt worden wäre.

Er versuche, die Stadt für dieses Thema zu mobilisieren. Man merkt Menke an, wie sehr ihm das Thema am Herzen liegt. Den Zauberstab hat aber auch ein Fahrradbeauftragter in einer autogeprägten Stadt nicht in der Hand. Bei einer Schulung seien 25 interessierte TeilnehmerInnen dabei gewesen, insgesamt wären bei einer Aktion 1500 Kilometer von VerwaltungsmitarbeiterInnen zusammengekommen.

„Nicht viel, aber doch ganz ordentlich“, nennt Menke diese Leistung. In Sachen E-Mobilität denken viele nur an das Elektroauto. Der Fahrradbeauftragte und Stadtplaner fühlt sich dabei ausgebremst: die Stadt Dortmund stelle nach und nach auf E-Autos um, das Rad sei aber nicht mit dabei.

Gewerbliche und private Nutzung von Lastenrädern hat viele Vorteile

Vielfältige Einsatzmöglichkeiten für den Transport mit dem Lastenrad.

„Die meisten Hindernisse sind im Kopf. Die Leute können sich nicht vorstellen, mit dem Rad zu fahren.“ Dabei könnten z. B. Planungsunterlagen für Vermessungsarbeiten an Baustellen stressfreier mit dem Lastenrad statt dem Dienstwagen transportiert werden. Offensichtlich ist diese Einsicht noch nicht bei allen Mitarbeiterinnen der Stadt Dortmund angekommen.

In Düsseldorf und Köln haben einige Handwerkerfirmen, darunter ein Schreiner, bereits den Nutzen von Lastenrädern erkannt. Nicht immer muss ein großer Schrank zum Kunden transportiert werden, Werkzeug und Material für Reparatur- oder Messarbeiten passen auch auf die Ladefläche eines solchen Fahrradtypen.

Mit dem Lastenrad komme man auch schneller voran, Auszubildende, die noch keinen Führerschein haben oder gar nicht beabsichtigen, einen zu erlangen, könnten ebenfalls damit fahren, gibt Haberer zu bedenken.

Für die begeisterte Aktivistin, deren Augen beim Thema Lastenrad aufleuchten, ist das Lastenrad eine zukunftsträchtige Mobilität. Innerhalb der HandwerkerInnenschaft scheint sich wohl auch durchzusetzen, dass es kein gesellschaftlicher Abstieg ist, wenn man beiden KundInnen mal nicht mit dem Transporter vorfährt.

Mobilität: Nutzung von Bahn und Fahrrad im „Modal Split“: auch mit Lastenrädern?

Lastenrad der Stadt Dortmund.

Im August dieses Jahres gab die Deutsche Bahn AG eine Änderung ihrer Beförderungsbedingungen bekannt: man wolle im Fernverkehr keine Lastenräder mehr mitnehmen. Proteste und eine Petition gegen dieses als ungerecht wirkende Verbot waren die Folge. Familien beklagten, dass sie emissionsfrei in den Urlaub oder zu Verwandten fahren wollten, dafür sei das Lastenrad essentiell, um Kinder und Gepäck zu transportieren.

„Die Deutsche Bahn hat grundsätzlich ein Problem mit Fahrrädern. Als ich unterwegs nach Augsburg zu einem Lastenradrennen gewesen bin, war auch eine Gruppe von Mountainbikern auf dem Weg zu ihrer Tour in den Alpen. Die 50 Millimeter breiten Stollenreifen passen natürlich nicht in die Klemmen im Fahrradabteil“, moniert Simon Chrobak. Am fehlenden Angebot der Waggonbau-Firmen kann es aber nicht liegen, dass die DB AG sich so schwer mit dem Transport von Fahrrädern tut.

Besondere „Freude“ hätten Chrobak und Haberer gehabt, als sie in der „Pommesbude mit Gleisanschluss (Zitat der Autorin dieses Artikels), im Hauptbahnhof Dortmund ihre Lastenräder nur mithilfe von anderen Fahrgästen die Treppe hinuntertragen konnten. Aufzüge gibt es kaum und wenn, sind sie nicht für Cargobikes geeignet. Gerade ein Unternehmen, das damit wirbt, mit „100 Prozent Ökostrom“ zu fahren, bremst den Radverkehr als umweltfreundliche Mobilität aus. Dabei ist es gerade der „Modal Split“, die Nutzung von Bahn in Kombination mit dem Rad, die eine umweltfreundliche Mobilität ermöglicht.

Lastenrad-Fahren führt zu mehr sozialen Kontakten und einer aktiven Szene

Der Spaß und die Gemeinschaft statt dem Siegerpodest im Vordergrund: die TeilnehmerInnen des Lastenradrennens Münster 2019. Foto: Jan Frohne

Allen GesprächspartnerInnen ist anzumerken, um was es in der Lastenrad-Community auch geht: um eine gute Gemeinschaft. Sie seien alle, ob in Münster, Dortmund oder Wuppertal gut vernetzt, durch den privaten Kontakt zu Herstellern seien die Wege kürzer, wenn es etwa um die Neuanschaffung eines Leih-Lastenrades gehe.

Oder wenn ein Rad gestohlen wurde, tauche das bald im Internet wieder auf, was sofort bemerkt würde. „Es ist auch der soziale Aspekt: man ist draußen unterwegs, lernt Leute kennen“, ergänzt die Wuppertaler Aktivistin. Und Simon Chrobak fügt hinzu: „Ich komme entspannter an, weil der Rucksack nicht von mir getragen werden muss. Außerdem habe ich immer eine Bank für zwei dabei, das ist sehr praktisch beim Radausflug ins Grüne.“

In mehreren Städten finden außerdem Lastenrad-Rennen statt: eine überschaubare Strecke, die mit leeren und beladenen Rädern gefahren werden muss. Der Spaß ist dabei wichtiger als Medaillen und stärkt die Gemeinschaft, ist Menke überzeugt: „Eine feine Sache, die uns zusammengebracht hat.“ Ob Einzelrennen oder Teams zu zweien oder mehreren Teilnehmerinnen in einer Runde, wird in jeder Stadt anders festgelegt; olympisch ist diese „Sportart“ noch nicht.

Die Siegerinnen beim Lastenradrennen (Damenwertung) in Münster 2019. Foto: Jan Frohne.

Bei der „Schokofahrt“ sind auch hauptsächlich Lastenräder mit dabei. Der Gedanke dahinter: emissionsfrei Schokolade bis zum Verkaufspunkt transportieren. Ein Segelschiff eines Amsterdamer Schokoladenherstellers bringt den Kakao nach Europa, die (Lasten-)radfahrerInnen holen die süße Ware ab und bringen sie in mehreren Tagesetappen nach Münster.

Dieses Jahr war sogar ein Team aus Augsburg mit dabei (die Anreise erfolgte allerdings mit dem Zug, was auch ein „besonderes“ Erlebnis wegen des nun bestehenden Mitnahmeverbots von Lastenrädern (s.o.) gewesen war: Der vergleichsweise hohe Preis ist nachzuvollziehen, wenn man diesen Produktionsweg kennt.

Trotz aller Schwierigkeiten, die sich dem Radverkehr in den Weg stellen, möchte keineR der GesprächspartnerInnen des Abends sein oder ihr Lastenrad mehr missen. Diese Gemeinschaft sei stärker als bei jeder Mountainbike-Gruppe, davon ist der Münsteraner Aktivist Simon Chrobak überzeugt. Alle seien eingeladen, ein Lastenrad auszuprobieren – und gerne Mitglied dieser Szene und Gemeinschaft zu werden.

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Weitere Informationen:

  • Die Sendung „Antritt“, der Fahrradpodcast auf detektor.fm hier.
  • Lastenrad-Förderung des Landes Nordrhein-Westfalen: Informationen hier.
  • Förderung des Radverkehrs in Dortmund: der Radwall. Informationen hier.
  • Der autofreie Weg für RadfahrerInnen und FußgängerInnen Nordbahntrasse
  • Lastenrad-Rennen 2019 in Dortmund: Bericht
  • Die Schokofahrt von Augsburg nach Amsterdam und zurück: ein Bericht
  • Fahrrad- und Fußgängerbeauftrager der Stadt Dortmund: Informationen hier.
  • Lastenrad-Ausleihe in Dortmund: Informationen hier.
  • Initiative Fahrradstadt Wuppertal: Informationen hier.
  • Initiative Freie Lastenräder: Übersicht für ganz Deutschland hier.
  • Initiative in Münster: Informationen hier.
  • Seite von Simon Chrobak, Fahrradaktivist für Münster hier.

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