Stadtwerke übernehmen Steag komplett

 

Die Zentrale der Steag in Essen. Foto: Alex Völkel
Die Zentrale der Steag in Essen. Fotos: Alex Völkel

Steag zum Zweiten: Begleitet von den Wirren der Energiewende, bereiten die Dortmunder Stadtwerke und ihre Partner die komplette Übernahme des fünftgrößten Energieerzeugers Steag vor. Sie steigen damit endgültig ins „Big Business“ der Industriepolitik ein. 

Die Zentrale der Steag in Essen. Foto: Alex Völkel
51 Prozent an der Steag hat das Stadtwerke-Konsortium bereits gekauft. Jetzt soll der Rest auch gekauft werden.

Die Dortmunder Stadtwerke (DSW) und ihre sechs Partner aus dem Rhein-Ruhr-Konsortium machen ernst: Nach dem Kauf der ersten Tranche von 51 Prozent der Steag-Anteile 2011 für 650 Mio. Euro wollen sie jetzt die restlichen 49 Prozent von Steag-Miteigentümer Evonik übernehmen. Im Frühjahr soll das Millionengeschäft angekündigt und in der 2. Hälfte 2014 vollzogen werden.

Voraussichtlicher Kaufpreis für die sieben Kommunalen: knapp unter 600 Millionen Euro. DSW und die Energietochter DEW gehen dabei mit je 34 Mio. Euro ins Risiko – der größte Teil des Kaufpreises wird über Fremdkapital (Bankdarlehen) finanziert. Sollte sich der Kauf des Kohleverstromers Steag nach Jahren als Flop erweisen, stehen zunächst die Banken in der Pflicht.

Städte haften nicht für die Finanzierung

Bedenken aus der Politik, der Kauf könne am Ende den Städten auf die Füße fallen und bis in die kommunalen Haushalte durchschlagen, weisen die Stadtwerke zurück: Die Städte haften für die Steag-Finanzierung nicht, wird in der DSW-Zentrale immer wieder betont.  Theoretisch könnte sich das Stadtwerke-Konsortium auch bis Ende 2016 Zeit lassen mit der Komplett-Übernahme des Essener Unternehmens. Aber es gibt gute Gründe, aufs Tempo zu drücken: Kredite zur Finanzierung des Geschäftes sind billig wie nie. Und: Die Stadtwerke müssen Steag-Miteigentümer Evonik Zinsen auf den Kaufpreis zahlen – und die steigen ab 2014 auf sieben Prozent.

Die Zentrale der Steag in Essen. Foto: Alex Völkel
Die Steag in Essen verdient sein Geld vor allem mit den Auslandsbeteiligungen., nicht mit Kraftwerken im Inland.

Dabei kalkulieren die Kommunalen ein, dass die Energiewende auch an Steag nicht vorbei geht. Zwar laufen, anders als bei RWE und Eon, noch keine Stilllegungsprogramme für die konventionellen Steinkohle- und Gaskraftwerke. Im Gegenteil: Es sind ausgerechnet die abgeschriebenen Möhrchen mit hohem CO2-Ausstoß, die wirtschaftlich arbeiten. Die Kraftwerksblöcke 6 und 7 in Lünen, die eigentlich 2015 vom Netz gehen sollten, bleiben jetzt bis mindestens 2018 erhalten. Fest steht aber auch: Die Ausschüttungen von Steag an die neuen Eigentümer sinken. Bislang hat Steag jährlich 109 Mio. Euro an die Vorschaltgesellschaft überwiesen, die die sieben Stadtwerke gegründet haben. Diese Gesellschaft hat aus den Erlösen die Kredite bedient – und darüber hinaus Erträge von je 4,5 Mio. Euro an DSW und an DEW nach Dortmund überwiesen. Künftig sinkt die Rendite von 12,5 Prozent auf im Schnitt 8 Prozent  – was aus Stadtwerke-Sicht aber immer noch ein guter Wert ist.

Die große Bühne der Energiepolitik

Den Erfolg hat Steag vornehmlich seinem Auslandsgeschäft mit 60 Beteiligungen zu verdanken. Im Inland aber ist mit konventionellen Kraftwerken kaum noch Geld zu verdienen, so dass Steag auf längere Sicht an Stilllegungen nicht vorbeikommen wird. Dennoch geht man bei den Stadtwerken davon aus, dass Steinkohlekraftwerke auch in Zukunft gebraucht werden. Mit dem insgesamt 1,2 Milliarden Euro schweren Steag-Deal betreten die Kommunalen die ganz große Bühne der Industriepolitik. Vorbei die Zeiten, da sie Energie an ihre Bürger lediglich verkauften und durch ihre Netze verteilten – mit Steag erzeugen sie die Energie auch. Sie haben die gesamte Wertschöpfungskette in ihrer Hand und können ein Versorgungs-Netzwerk im Ruhrgebiet aufbauen.

Dabei soll der Anteil Erneuerbarer Energien (hauptsächlich Windkraft) langfristig auf ein Viertel steigen. Überdies will Steag das Auslandsgeschäft ausweiten. Da braucht man finanzstarke Partner. Auch deshalb möchten die Stadtwerke nach dem Kauf der zweiten Tranche schnell Gespräche mit passenden Interessenten aufnehmen.  Zehn haben sie auf der Liste.

 

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