Die Zeche Minister Stein in Eving ist ein geschichtsträchtiger Ort: Vor fast 30 Jahren wurde hier die letzte Dortmunder Zeche geschlossen. Ein Ort des Niedergangs von Kohle und Stahl, aber auch ein Sinnbild für erfolgreichen Strukturwandel. In dem Raum, wo einst Bundeskanzler Willy Brandt stand, steht nun NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. Eingeladen hat sie einer, der ebenfalls für den Strukturwandel steht: Volkan Baran.
Ein ehemaliger Bergmann möchte nun in den Landtag einziehen
Der Nordstädter schickt sich an, die Nachfolge von Gerda Kieninger im Landtag anzutreten. Einst hat er noch seine Ausbildung als Bergmann auf der Zeche gemacht – nach 400 erfolglosen Bewerbungen wurde er hier angenommen. Er engagierte sich gewerkschaftlich, trat in die SPD ein und arbeitete im Ausländerbeirat mit. „Auf der Zeche wurde ich politisch sozialisiert“, sagt der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende.
Nach dem Ende der Kohleförderung zog das Entwicklungszentrum für berufliche Qualifizierung und Integration (EWZ) am Evinger Platz ein, um ehemaligen Hoeschianern und Zechen-Mitarbeitern eine neue Perspektive zu geben. Baran war einer von ihnen. Er arbeitete für das EWZ.
„In meiner Zeit konnten wir 500 Jugendliche in Ausbildung und bis zum Abschluss bringen“, sagt er nicht ohne Stolz und blickt in die Gesichter von damaligen und heutigen Mitstreitern. Derzeit ist er Diversity-Manager bei den Dortmunder Stadtwerken.
Ich hoffe, dass wir bald nicht mehr über „Migrationshintergrund“ sprechen müssen
Der ehemalige Bergmann mit Migrationshintergrund. „Schließlich ist er in Lünen geboren und lebt heute in Dortmund“, wie der Evinger SPD-Stadtbezirksvorsitzende Uli Dettmann scherzhaft betont.
Kraft greift diesen Ball natürlich gerne auf. Sie hoffe, dass wir bald nicht mehr über „Migrationshintergrund“ sprechen müssten. „Wir sind alle Nordrhein-Westfalen“, sagt sie und kann sich über die Zustimmung in diesem Raum des EWZ sicher sein.
Heute hat das EWZ 40 hauptamtliche MitarbeiterInnen – 400 Menschen sind regelmäßig in unterschiedlichen Maßnahmen in Eving, der Münsterstraße in der Nordstadt und in Hamm. In dem geschichtsträchtigen Saal müssen an diesem Tag die Computerkurse ausfallen, weil die Landes-Mutter zu Gast ist.
Gekommen sind auch viele Multiplikatoren. Unternehmer, Vereinsvertreter, Interessenverbände. Sie sollen die Möglichkeit bekommen, ihre Wünsche und Nöte zu formulieren. Deshalb sind auch die anderen SPD-KandidatInnen – Nadja Lüders, Anja Butschkau und Armin Jahl – mit von der Partie.
Ein Heimspiel bei Bildung, Ausbildung und gelungenem Strukturwandel
Es ist nicht die ganz große Bühne. Doch eine, auf der sich Kraft wohl fühlt und Volkan Baran seine Nervosität schnell ablegen kann. Denn mehr Heimspiel geht – abgesehen davon, dass der Termin in Eving und nicht der Nordstadt stattfindet – für ihn nicht.
Doch zunächst ergreifen Kraft und Baran das Wort, nachdem sie sich von Birgit Krumme, einer der beiden EWZ-Geschäftsführerinnen, das Haus haben vorstellen lassen. Logisch, dass sie in Wahlkampfzeiten die Erfolge und Leistungen, aber auch die Ziele rausstellen wollen.
Es ist die kostenfreie Bildung und Ausbildung bis hin zum Meister, mit der die SozialdemokratInnen nicht nur in Dortmund punkten wollen. Sie seien nicht nur eine Partei für Studierende, auch wenn sie die Studiengebühren abgeschafft hätten. Sie setzten sich jetzt auch für ein kostenloses Azubi-Ticket ein.
Berufliche und soziale Integration fallen als Stichworte. Natürlich auch soziale Teilhabe. Die SPD hat akzeptiert, dass es viele Langzeitarbeitslose gerade auch in Dortmund gibt, für die der Weg auf den ersten Arbeitsmarkt aussichtslos scheint. Doch auch sie sollen – wenn sie wollen und können – ihren Beitrag leisten können. Dafür gibt das Land ebenfalls Geld aus.
Familie, Kinder und Bildung als wichtige Wahlkampf- und Zukunftsthemen
Doch Kernthemen bleiben Familie, Kinder und Bildung. Jeder dritte Euro des Landes wird hierfür ausgegeben. „Wir müssen in diesem Bereich was tun.“ Davon hätten alle etwas, auch die SeniorInnen, betont Kraft.
Denn um die Renten zu erwirtschaften, müssten eben mehr Menschen in Arbeit kommen. „Die Frauenerwerbstätigkeit ist noch immer zu niedrig. Daher brauchen wir eine gute Kinderbetreuung und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf“, erklärt die Ministerpräsidentin.
Kein Kind zurücklassen. Kein Abschluss ohne Anschluss. Zwei Programme, auf die die SPD-PolitikerInnen gerne hinweisen. Ebenso wie auf den Strukturwandel in Dortmund. Baran greift zu gerne das stets von OB Ullrich Sierau bemühte und fast schon überstrapazierte Bild von Dortmund als Tausendfüssler auf.
Viele kleine Unternehmen und Aktivitäten statt einiger weniger Großkonzerne. Dortmund hat aus seiner Montangeschichte gelernt. Und es lässt sich – nicht zu Unrecht – gerne als Vorbild im Strukturwandel feiern.
Hannelore Kraft: „Der Strukturwandel muss gestaltet werden“
„Strukturwandel darf man nicht geschehen lassen, Strukturwandel muss gestaltet werden“, betont die Ministerpräsidentin.
In Dortmund ist dies nach Ansicht der SPD – trotz noch immer vergleichsweiser hoher Arbeitslosigkeit – gut gelungen. Stadtentwicklung, Städtebau, Wohnen. Wichtige Themen, nicht nur in Dortmund. Heimat ist für die SPD ein zentraler Begriff. Es geht darum, wie man Stadtteile und Dörfer umbaut, damit man auch in Zukunft gut und sicher leben kann.
Doch der nächste Strukturwandel steht bereits vor der Tür. „Die Digitalisierung ist die nächste Strukturwandelungsstufe“, schwört Kraft die Anwesenden ein. Darauf gelte es das Land vorzubereiten. „Wir haben gute Zahlen. Aber wir brauchen noch einen weiteren Schub und müssen noch einige Schüppchen drauflegen“, sagt Kraft etwas nebulös.
Apropos Infrastruktur: Natürlich darf der Verweis auf die 14 Milliarden Euro für Investitionen in Straßen und Brücken nicht fehlen – und die damit verbundene Bitte um Verständnis, dass es deswegen derzeit noch mehr Staus als üblich gebe.
Klare Kante gegen Populisten und Rechtsextreme sowie für Europa
Der politische Gegner wird an diesem Nachmittag fast keines Wortes gewürdigt. Außer eben, dass die vom CDU-Bundesfinanzminister propagierte „Schwarze Null“ wenig Wert sei, „wenn die Brücke wackelt und die Schule bröckelt“, betont Dettmann.
Was macht also NRW aus? „Wir können Wandel und wir wissen, dass wir es nur zusammen schaffen. Wir lassen uns nicht spalten. Auch nicht von denen, die flotte Sprüche haben, aber keine Konzepte“, sagt Kraft. „Wir haben eine klare Haltung gegen Populismus, gegen Rechtsextremismus und für Europa. Da werden wir Haltung bewahren.“
Die SPD gebe es 154 Jahre. „Da waren wir immer auf der richtigen Seite und bleiben es auch jetzt“, sagt Kraft und die geladenen Gästen klatschen begeistert. Einer tritt sogar noch vor Ort in die SPD ein, als Volkan Baran mit einem Stapel Mitgliederklärungen winkt.
Möbelhändler Mustafa Saray füllt die Erklärung gleich aus. Schulterklopfen, Händedruck. „Als Genosse kannst Du jetzt Du zu mir sagen“, sagt Kraft. Sie geht von Stehtisch zu Stehtisch. Nach 45 Minuten muss Kraft zum nächsten Termin. In der Gewissheit, dass der Auftritt in der „Herzkammer der Sozialdemokratie“ zu ihren leichteren Terminen gehört hat.
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SPD Dortmund
Wahlkampfaktion der SPD mit Norbert Römer in Eving
Anlässlich der am 14. Mai stattfindenden Landtagswahl findet am 27.04 2017 eine Kundgebung der SPD statt. Dazu laden die Stadtbezirke Eving, Nordstadt und Innenstadt Ost ein. Als Hauptredner haben wir den Vorsitzenden der SPD Landtagsfraktion Norbert Römer für diese Kundgebung gewinnen können.
Die Kundgebung unter dem Motto: #NRWIR gestalten den Strukturwandel findet am 27. April 2017 um 15 Uhr auf den „Evinger Platz“ (Haltestelle Zeche Minister Stein) statt.
Ab 14.30 ist für musikalische Unterhaltung und das leibliche Wohl der Teilnehmer*innen gesorgt. Außerdem gibt es spezielle Angebote für Kinder.
30 Jahre nach der Schließung der letzten Zeche in Dortmund, ist dieser Platz ein Symbol für den Strukturwandel in unserer Stadt. Deshalb haben wir diesen Ort für unsere Kundgebung gewählt. Die Einrichtungen am Evinger Platz sind ein Symbol für den Strukturwandel in Eving und das Herzstück der „neuen Evinger Mitte. Und auch der Kandidat Volkan Baran symbolisiert diesen Strukturwandel. Als gelernter Bergmann, dann viele Jahre EWZ Mitarbeiter, heute Diversity Manager bei DSW21,das ist Strukturwandel.
Als Redner*innen sind derzeit neben Norbert Römer, die Unterbezirksvorsitzende Nadja Lüders (Wahlkreis 114), sowie Volkan Baran, Kandidat für den Wahlkreis 112 vorgesehen. Die Moderation der Veranstaltung erfolgt durch Uli Dettmann. Im Anschluss an die Reden werden die Dortmunder Kandidat*innen der SPD an Infotischen für Gespräche zur Verfügung stehen. Die Veranstaltung soll gegen 17 Uhr beendet sein.