Sichere Fluchtwege aus Afghanistan schaffen: Multikulturelles Forum und Paritätischer fordern Rettung aller Gefährdeten

Demonstration am 26. September: Solidarität mit ALLEN Geflüchteten, Refugees Welcome Dortmund
„Refugees Welcome“ – das sollte auch für die Menschen aus Afghanistan gelten. Archivfoto: Klaus Hartmann

Nach der Machtübernahme der Taliban befinden sich unzählige Menschen in Afghanistan in akuter Lebensgefahr. Für Kenan Küçük, Geschäftsführer des Multikulturellen Forums, ist klar, hier stehen Deutschland und die EU mit in der Verantwortung: „Seit 20 Jahren haben die ausländischen Streitkräfte das Geschehen in Afghanistan bestimmt, nun können wir nicht sagen, die Folgen gehen uns nichts an.”

Scharfe Kritik: „Die Fehleinschätzungen der letzten Wochen kosten Menschenleben“

Kenan Küçük ist Geschäftsführer des Multikulturellen Forums Lünen e.V..
Kenan Küçük ist Geschäftsführer des Multikulturellen Forums. Archivfoto: Alex Völkel

Auch dass die öffentliche Diskussion sich verstärkt um die Vermeidung weiterer Fluchtbewegungen nach Deutschland dreht, kritisiert Küçük stark: „Der vielfach zitierte Satz, 2015 dürfe sich nicht wiederholen, ist ein Schlag in das Gesicht vieler Geflüchteter, die alles hinter sich lassen mussten und nun alles daran setzen, Teil unserer Gesellschaft zu sein.”

Gemeinsam mit dem Paritätischen Wohlfahrtsverband, dem das Multikulturelle Forum angehört, fordert er die schnellstmögliche Evakuierung aller Menschen aus dem Land, die in akuter Gefahr sind. Auch Deutschland müsse hier seinen Beitrag leisten. Neben Ortskräften deutscher Ministerien, NGOs und Stiftungen gehe es auch um Journalist:innen; Wissenschaftler:innen, die in Deutschland studiert oder geforscht haben, sowie andere besonders Gefährdete wie etwa Menschenrechtsverteidiger:innen, Frauenrechtsaktivist:innen, Autoren:innen, Künstler:innen, Sportler:innen und Angehörige religiöser und sexueller Minderheiten sowie ihre Familienangehörigen.

Auch die Familienangehörigen der in Deutschland anerkannten Flüchtlinge, die seit langem auf die Ausreise warten, müssten mit ausgeflogen werden. „Es ist schockierend und beschämend, was uns Ratsuchende über die Situation ihrer Angehörigen in Afghanistan berichten. Die Fehleinschätzungen der letzten Wochen kosten Menschenleben“, konstatiert Küçük.

Ulrich Schneider: „Für Bürokratie und deutsche Ordnungsliebe ist schlicht keine Zeit“

Dr. Ulrich Schneider ist Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes. Foto: Sven Serkis
Dr. Ulrich Schneider ist Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes. Foto: Sven Serkis

Klartext auch vom „Paritätischen“: „Für Bürokratie und deutsche Ordnungsliebe ist schlicht keine Zeit. Jetzt gilt es wirklich allen bedrohten Menschen ohne Ansehen des Status so schnell wie möglich, unbürokratisch und engagiert zu helfen“, fordert auch Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Deniz Greschner, Sprecherin des Forums der Migrant*innen im Paritätischen, mahnt: „Aus 2015 zu lernen, heißt ausreichende, sichere Fluchtwege für die Geflüchteten zu eröffnen und die Grenzen in Europa für sie offen zu halten.”

Neben der schnellstmöglichen Evakuierung Gefährdeter müssten die Nachbarstaaten bei der Aufnahme von Flüchtlingen in der Region im Wege der Nothilfe unterstützt und durch die Aufnahme Geflüchteter aus den Erstaufnahmeländern entlastet werden, so der Paritätische Wohlfahrtsverband. Es müssten sichere und legale Zugangswege geschaffen werden, so der gemeinsame Appell an Deutschland und die EU. Auch bei steigenden Flüchtlingszahlen dürfe es keine Grenzschließungen geben, um katastrophale humanitären Folgen zu vermeiden.

Die Forderungen des Paritätischen Gesamtverbandes in voller Länge finden Sie hier: LINK

 

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Reaktionen

  1. Afghanistan: Bundesregierung muss Flucht- und Aufnahmeperspektiven schaffen – Frauenrechtlerinnen, Kultur- und Medienschaffende sowie deren Angehörige besonders bedroht (PM ver.di)

    Afghanistan: Bundesregierung muss Flucht- und Aufnahmeperspektiven schaffen – Frauenrechtlerinnen, Kultur- und Medienschaffende sowie deren Angehörige besonders bedroht

    Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) fordert die Bundesregierung auf, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um von den Taliban in Afghanistan bedrohte Menschen – insbesondere auch Frauenrechtlerinnen, Kultur- und Medienschaffende, die etwa für die Deutsche Welle arbeiten – schnell außer Landes zu bringen und ihnen eine sichere Aufenthaltsperspektive zu bieten.

    „Die Bilder, die wir vom Flughafen Kabul und seinem Umfeld sehen müssen, sind unerträglich. Fassungslos macht zudem, dass viele bedrohte Menschen in Kabul festhängen, keine sicheren Orte mehr finden, nicht mehr zum Flughafen durchkommen und auch keinen Platz auf den Ausreiselisten finden. Hier muss die Bundesregierung endlich schnell und konsequent handeln“, sagte der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke.

    „So schwer es schon ist, die Ortskräfte von Militär, Polizei sowie Hilfs- und Entwicklungsorganisationen außer Landes zu bringen, so nötig sind weitere Anstrengungen seitens der Bundesregierung“, so Werneke weiter. Für Frauenrechtlerinnen, Kultur- und Medienschaffende sowie für Angehörige von in Deutschland lebenden afghanischen Journalistinnen und Journalisten, Menschenrechtsaktivistinnen und –aktivisten müsse die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen Flucht- und Aufnahmeperspektiven schaffen.

    „In Deutschland lebende afghanische Journalistinnen und Journalisten, die auf Dari oder Paschtu für die Deutsche Welle arbeiten und namentlich in Afghanistan bekannt sind, müssen um das Leben ihrer in Afghanistan festsitzenden Angehörigen fürchten. Gleiches gilt für die Angehörigen von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit, nicht nur deren Töchter, auch deren Söhne. Die politischen Entscheidungsträger in Berlin und Washington stehen in der Verantwortung, die Menschen und ihre Angehörigen, die sich für Meinungsfreiheit und Menschenrechte in Afghanistan eingesetzt haben, nicht der Rache der Taliban auszusetzen.“

  2. Wir haben Platz – Hilfe für die Menschen aus Afghanistan (PM Die PARTEI)

    Wir haben Platz – Hilfe für die Menschen aus Afghanistan

    Die erwartbare Situation in Afghanistan kommt einem Totalversagen gleich. Daher unterstützt Die FRAKTION Die PARTEI Oberbürger*innenmeister Thomas Westphal darin, sich sofort auf Bundesebene für die Aufnahme von Geflüchteten aus Afghanistan stark zu machen.

    Die Nachrichten der letzten Tage aus Afghanistan kommen nicht überraschend und das zögerliche Handeln der Bundesregierung ist beschämend. Als Kommune sind die Optionen der Politik begrenzt, doch müssen wir unverzüglich deutlich machen, dass wir Platz für Menschen aus Afghanistan haben.

    „Afghanistan war für viele kein sicheres Herkunftsland und die Kommunen müssen jetzt bereit sein, Menschen aufzunehmen. Die Herrschaft der Taliban gibt keine Sicherheit vor allem für Frauen, queere und trans Personen, aber auch Künstler*innen, Journalist*innen, Dolmetscher*innen und viele weitere Menschen sind in großer Gefahr“, sagt Olaf Schlösser (Fraktionsvorsitz Die FRAKTION – Die PARTEI im Rat der Stadt Dortmund) und fährt fort: „Dortmund ist gerade im Bereich Vielfalt vorne mit dabei und auch weil Dortmund Teil der Initiative „Sicherer Hafen“ ist, müssen jetzt Taten folgen, um wenigstens mit unseren Mitteln das Leid etwas zu lindern. Deswegen:

    – Aufnahme von Geflüchteten aus Afghanistan sofort!
    – Frauen sowie queere und trans Personen nicht vergessen!
    – Abschiebungen nach Afghanistan nicht nur vorläufig, sondern gänzlich stoppen!

  3. Einladung Online-Vortrag „Die aktuelle Lage in Afghanistan – Situation von Mädchen und Frauen“ (PM)

    Die Integrationsagentur der AWO Unterbezirk Dortmund lädt zum Online-Vortrag „Die aktuelle Lage in Afghanistan – Situation von Mädchen und Frauen“ ein. Der Vortrag der Afghanistan-Expertin Friederike Stahlmann bietet eine Übersicht der aktuellen Entwicklungen in Afghanistan.

    Im Vordergrund stehen die Auswirkungen der Machtübernahme der Taliban, der humanitären Not und der Missachtung von Menschenrechten für die Zivilbevölkerung und die Lage von Frauen und Mädchen.

    Friederike Stahlmann (Universität Bern) forscht seit Langem zu Afghanistan und ist als Sachverständige zu Afghanistan für Gerichte tätig.

    Wann? Montag, 22. November 2021, 17.30 – 19 Uhr

    Anmeldung unter praktikummigra@awo-dortmund.de
    Die Zugangsdaten erhalten Sie per E-Mail.
    Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenfrei.

  4. Hilfe für Erdbebenopfer in Afghanistan: „Es trifft die Ärmsten der Armen“ (PM Caritas)

    90 Prozent der Menschen in Afghanistan hungern, über 50 Prozent der Kinder sind unterernährt. Das neue Erdbeben traf Menschen am Abgrund, die jetzt dringend Hilfe von außen brauchen – deshalb bitten wir um Spenden.

    „Oft helfen schon kleine Beträge zwischen 10 bis 30 Euro, um davon ein sogenanntes Medikamenten-Kit zu kaufen, Lebensmittel zu besorgen und zu transportieren“, so Ansgar Funcke, Vorstandsvorsitzender der Caritas Dortmund.
    Nach ersten Informationen sind durch das Erdbeben mindestens 1.000 Tote und 1.500 Verletzte zu beklagten, allerdings wird davon ausgegangen, dass die Zahlen noch drastisch steigen werden in den nächsten Tagen.

    Seit dem chaotischen Abzug der NATO- und US-Truppen im August 2021, ist Afghanistan wieder in den Händen der militant-islamistischen Taliban. Ein Großteil der Bevölkerung hat seitdem seine Arbeit verloren und hat kaum noch genug zum Essen. Hinzu kommen extreme Dürren und die Pandemie der letzten zwei Jahre.
    Weil vermieden werden soll, dass Hilfsgelder in den Händen der Taliban landen, werden die noch bestehenden Hilfen über die Vereinten Nationen und Hilfsorganisationen geleitet. „Deshalb ist es so wichtig, dass Menschen in der jetzigen Situation an Caritas International spenden, um der Bevölkerung helfen zu können, denn die Kollegen sind weiterhin in dem Land tätig und betreiben ein Büro in Kabul“, so Caritas Vorstand Tobias Berghoff.

    Seit die Taliban an die Macht kamen, ist ein geregelter Geldtransfer nach Afghanistan nur schwer möglich. Das liegt einerseits an den Sanktionen gegen die Taliban, andererseits auch an Gesetzen, die gegen Terrorfinanzierung bestehen. Für Hilfsorganisationen konnten allerdings Ausnahmeregelungen geschaffen werden.

    Deshalb bitten wir um Spenden an: Caritas International. Stichwort: Afghanistan.
    IBAN: DE88 6602 0500 0202 0202 02

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