Von Klaus Winter
Die Münsterstraße gehört zu den ganz alten Straßen Dortmunds. Seit Jahrhunderten ist sie eine wichtige Verkehrsanbindung nach Lünen, Lindenhorst und darüber hinaus. Während der längsten Zeit ihres Bestehens stand an ihren Seiten kaum ein Haus. Erst nach der Inbetriebnahme des Dortmunder Bahnhofs 1847 setzte – beginnend am Burgtor – die Bebauung ein. Es entstanden Wohnhäuser, Geschäftslokale, Handwerksbetriebe und Fabriken.
Eine Publikation von 1928 nennt alte Firmen
Im Jahre 1928 wurde „Das Buch der alten Firmen von Groß-Dortmund“ veröffentlicht. Es enthält Selbstdarstellungen Dortmunder Unternehmen, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Buches mindestens 25 Jahre bestanden.
Das Buch ist eine wichtige Quelle Dortmunder Wirtschaftsgeschichte und gestattet einen Blick auf die unternehmerische Vielfalt der Stadt. Selbstverständlich enthält es auch Hinweise auf Unternehmen des nördlichen Stadtteils und solche, die ihren Sitz damals an der Münsterstraße hatten. An einige wird hier erinnert.
Die Haushaltswarenhandlung Otto Berthold
Die Kaufleute Otto Berthold und Friedrich Kühndahl gründeten 1898 im Haus Münsterstr. 8 eine Eisen-Haushaltswarenhandlung. Das Angebot umfasste Kochherde, Wassermotorwaschmaschinen, aber auch Kinderwagen und Einmachgläser.
Die gute Geschäftsentwicklung machte bald eine Erweiterung des Geschäftslokals notwendig. Deshalb wurde das Haus Münsterstraße 6 erworben und in den Betrieb eingebunden. Dem erfolgreichen Einzelhandelsgeschäft wurde im Haus Mühlenstraße 12 ein Großhandel angegliedert.
Das Motto von Otto Berthold hieß „Qualität und Preiswürdigkeit“
Im Jahre 1907 trennten sich die Wege von Berthold und Kühndahl, weil letzterer das Unternehmen verließ. Otto Berthold kaufte im folgenden Jahr die Immobilie Münsterstr. 10 und vergrößerte so nochmals seine Handlung.
Noch vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges begann man damit, die Firmengebäude an der Münsterstraße durch einen Neubau zu ersetzen. Die Arbeiten wurden erst im Krieg abgeschlossen.
Krieg und Nachkriegszeit waren für die Fa. Otto Berthold eine schwere Zeit mit vielen Rückschlägen. Doch die positive Entwicklung hielt an. So wurden 1924 zur Geschäftserweiterung Häuser an der Kapellenstraße erworben. Dem Geschäftsinhaber Otto Berthold, der 1928 noch sein Unternehmen führte, stand bei seiner Tätigkeit der Prokurist Otto Hasselmann zur Seite. Dem Firmenmotto „Qualität und Preiswürdigkeit“ blieb man treu.
Aus „Bielefelder Neuwasch- und Plättanstalt“ wurde Großwäscherei Hamsen
Im Hause Münsterstr. 51 befand sich 1928 die Großwäscherei Hamsen. Diese konnte in dem Jahr zwar ihr 25jähriges Bestehen feiern, trat aber erst seit Ende 1927 unter dieser Firma auf, denn die Firmengründung war 1903 in Dortmund unter dem Namen „Bielefelder Neuwasch- und Plättanstalt“ erfolgt.
Gründer war Josef Hamsen, der seinen Wäschereibetrieb zu einem der besteingerichteten seiner Branche entwickelte. 50 Beschäftigte wuschen und plätteten 1928 Wäsche aller Art, auch Gardinen und Handarbeiten, Aussteuern und Hotelwäsche.
Josef Hamsen folgte der wirtschaftlichen Entwicklung und führte in seinem Betrieb eine besondere Abteilung „Gewichtswäsche“ ein. Das Waschen, Trocknen und Mangeln wurde dabei allein nach dem Gewicht berechnet.
Der erfolgreiche Bauunternehmer Friedrich Reckert
Der Zimmer- und Maurermeister Friedrich Reckert hatte sich 1883 selbstständig gemacht. Mit Fleiß und Umsicht führte er seinen Betrieb von kleinen Anfängen zu einem Unternehmen von Namen und Rang, erweiterte es sogar um eine mechanische Bauschreinerei.
Reckert verlegte seinen Firmensitz 1904 zur Münsterstr. 133 ½. Er arbeitete für Privatleute, aber auch für die Stadt, für die Kirche und die Industrie. Außerberuflich übernahm er bedeutende Ehrenämter: Er war Stadtverordneter, gehörte u.a. dem Sparkassenvorstand und der Baukommission an.
Die schwere Kriegszeit 1914-1918 konnte Reckert noch mit Mühe meistern. Aber kurz nach Kriegsende verstarb er. Die Witwe führte das Unternehmen in den ersten Nachkriegsjahren weiter, dann übernahm es der jüngste Sohn.
Die Dortmunder Feilenfabrik Meinecke G. m. b. H.
Im August 1884 machte sich Wilhelm Meinecke mit der Gründung einer Feilenfabrik in Dortmund selbstständig. Seinen Betrieb eröffnete er in gemieteten Räumlichkeiten an der Rheinischen Straße.
Hier ließ er zwei durch Dampfkraft angetriebene Schleifsteine aufstellen. Bis zu fünfzehn Gesellen arbeiteten bei Meinecke als Handhauer. 1892 schaffte Meinecke eine Feilenhaumaschine an. Durch einen Brand wurde dann die Werkstatt weitgehend zerstört.
Nach diesem schweren Rückschlag baute Wilhelm Meinecke seinen Betrieb wieder auf und vergrößerte ihn sogar noch. 1899 zog er mit seiner Fabrik um zur Münsterstraße 255/257. In den neuen Betriebsgebäuden ließ er zwei Schleifsteine und drei Haumaschinen aufstellen.
Die Söhne mussten in den Krieg
Nach seinem 1912 erfolgten Tod übernahmen die Witwe und die Söhne die Leitung des Betriebes. Aber weil die Söhne sämtlich in den Krieg ziehen mussten, musste die alte Dame das Unternehmen alleine führen. Erst 1921 konnte sie sich aus dem Berufsleben zurückziehen, und ihre Söhne wandelten die Feilenfabrik in eine GmbH um.
Seit Kriegsende 1918 war die Fabrik in mehreren Schritten modernisiert und ausgebaut worden. Zum Betrieb der Maschinen nutzte man Elektrizität, und ein Lastkraftwagen ersetzte das Pferdefuhrwerk. Im Jahre 1928 gehörte die Dortmunder Feilenfabrik Meinecke G. m. b. H. zu den größten im rheinisch-westfälischen Industriegebiet. Rund vierzig Arbeiter produzierten 800 bis 1.000 Feilen täglich.
Reader Comments
Norbert
Das Fabrikgebäude der Pfeilenfabrik kann man in der Globus-Ansicht von Google Maps wiedererkennen. Lässt sich leider nicht direkt verlinken.
Google spuckt nichts aus, was dafür spricht, dass die Firmen noch existieren.
Kurt Heimann
Guten Tag Herr Winter ! Kann man in dieses Buch von 1928 Einsicht nehmen ? Mich interessiert wer da sons t noch drinsteht . Vielen Dank.
Klaus Winter
„Das Buch der alten Firmen von Groß-Dortmund“ ist sowohl im Stadtarchiv als auch in der Stadt- und Landesbibliothek (Präsenzbestand) einsehbar. Es taucht immer wieder einmal im Angebot von (Online-) Antiquariaten auf. Allerdings haben gut erhaltene Exemplare „ihren Preis“.