Von Klaus Winter
Die Atombomben-Abwürfe durch US-amerikanische Bomber auf Hiroshima (6. August 1945) und Nagasaki (9. August 1945) führten zur Kapitulation Japans (2. September 1945) und zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Die Wiederkehr der Jahrestage der Atombombenabwürfe nehmen wir zum Anlass, in der Serie „Nordstadt-Geschichte(n)“ an den letzten Großangriff auf Dortmund zu erinnern. Dieser hatte am Montag, den 12. März 1945, stattgefunden.
1.108 britische Flugzeuge starteten in Ostengland mit rund 5.000 Tonnen Minen- und Sprengbomben
Nachdem am 11. März 1945 die Nachbarstadt Essen von mehr als 1.000 britischen Flugzeugen angegriffen worden war, die dort fürchterliche Schäden angerichtet hatten, sollte als nächstes Dortmund – erneut – Ziel eines Flächenangriffs werden. 1.108 britische Flugzeuge starteten zu diesem Zweck am 12. März mittags in Ostengland und flogen über das Sieger- und Sauerland Dortmund an.
Ihre Fracht bestand aus rund 5.000 Tonnen Minen- und Sprengbomben, darunter auch überschwere Minenbomben. Zielpunkte waren der Hauptbahnhof mit seinen Zufahrten, der Südbahnhof sowie das Stadtzentrum.
Der Angriff begann gegen 16.30 Uhr. Wegen der Bewölkung war von den angreifenden Flugzeugen aus keine Sicht auf die Stadt möglich. Deshalb wurde zunächst mit Markierungsbomben das Ziel gekennzeichnet. Aus 921 Maschinen wurden dann binnen einer halben Stunde rund 4.100 Tonnen Bomben abgeworfen.
Sie verwüsteten ein etwa 1 x 5 km großes Gebiet quer durch das Stadtzentrum. Ab 17 Uhr führten rund 160 Bomber dann einen weiteren Angriff durch und richteten besonders in einem ca. 1 x 2,4 km messendem Gelände zwischen Westfalenhalle und Fredenbaum massive Zerstörungen an.
Der Verlust an Wohnraum, Industriebauten und Verkehrsanlagen, den die Stadt durch diesen Großangriff erlitten hatte, ließ sich nicht mehr beziffern. Nicht einmal die Zahl der menschlichen Opfer konnte ermittelt werden. In der Stadt sprach man von 460 Toten, 295 Verletzten und 78 Verschütteten. Dagegen hieß es in einem britischen Untersuchungsbericht im August 1945, dass 898 Menschen bei dem Angriff vom 12. März ihr Leben verloren hatten und 2.358 schwer verletzt worden waren.
Ein US-amerikanisches Militärflugzeug überflog drei Tage nach dem Luftangriff vom 12. März die Stadt und fertigte dabei automatisch Serienfotos an. Ein Bild aus dieser Serie soll hier vorgestellt werden. Es hat ein Format von 18 x 21,5 cm und zeigt einen Ausschnitt des schwer zerstörten Dortmunds mit den Eckpunkten Alter Markt /Hansaplatz (links unten), der Straßenkreuzung Uhland-/Haydnstraße (links oben), Zeche Kaiserstuhl I/III (rechts oben) und den großen Fabrikhallen der Schwerindustrie an der Erwinstraße (rechts unten). Da die auf dem Foto erkennbaren Schatten nach Nordosten fallen, wurde die Aufnahme in den Nachmittagsstunden des Tages gemacht.
Luftbild zeigt die Situation eines großen Bereichs der Nordstadt nach dem letzten Luftangriff
Das Foto dokumentiert die Situation eines großen Bereichs der Nordstadt wenige Wochen vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Die sichtbaren Schäden stammen aber nicht allein von dem Angriff am 12. März 1945, sondern sind zum weitaus größten Teil bei früheren Luftangriffen entstanden.
Der erste Ausschnitt der Luftaufnahme, den hier vorgestellt wird, zeigt den Bereich zwischen dem großen Viehmarkt-Gelände (links), der Mallinckrodtstraße (oben), der Nordstraße und dem Steinplatz. Es ist deutlich erkennbar, dass kaum ein Haus noch ein Dach hat: Man schaut von oben in die Häuser.
Die Länge der Schatten verrät einiges über das Ausmaß der Zerstörung: Je kürzer der Schatten, desto niedriger auch die verbliebenen Überreste der Häuser. Auf dem Bildausschnitt ist u. a. die Ruine der völlig zerstörten katholischen Josephs-Kirche im Winkel Münster- /Heroldstraße, gegenüber der Einmündung der Priorstraße zu sehen. Von der Kirche ist, wie man sich heute noch selber überzeugen kann, nur der Turm (ohne seinen Turmhelm) stehen geblieben. Auf dem Luftbild ist erkennbar, wie der Schatten des Turms über die Heroldstraße auf die gegenüberliegenden Hausruinen fällt.
Der zweite Bildausschnitt ist ein Detail des vorangegangenen und zeigt den Steinplatz. Der in früheren Zeiten so belebte Platz erscheint völlig menschenleer und verlassen.
Es ist auch kein Fahrzeug erkennbar. Dass in den Gaststätten, Varietés und dem Kino rund um den Steinplatz im Frühjahr 1945 kein Betrieb mehr herrschte, verraten die ausgebombten Gebäude zur Genüge.
In der linken oberen Ecke dieses Ausschnitts sind die Überreste des Kaufhauses Drahota (ursprünglich Meyer & Günther) zu sehen, das an Leopold- und Steinstraße und Steinplatz lag und dessen Ostfassade noch ein ganzes Stück in die Zimmerstraße hineinreichte.
Bis zu seiner Zerstörung hatte das gewaltige Gebäude diese Seite des Steinplatzes geprägt. Der später wiederaufgebaute Gebäudeteil (nach Drahota, dann Kogge, dann Kaufhof Nord) hatte deutlich bescheidenere Maße als sein vor dem Ersten Weltkrieg errichtete Vorgänger.
Etwa ab der Mitte des hier am unteren Bildrand sichtbaren Bahndamms verläuft die Krimstraße nach Norden. Am Ausgangspunkt ihres Verlaufs an der Eisenbahnbrücke Leuthardstraße ist deutlich die Ruine der Krimkapelle (links) zu erkennen.
Sie war ursprünglich von der katholischen Kirchengemeinde Dortmunds gebaut , aber dann jahrzehntelang von der altkatholischen Kirchengemeinde genutzt worden. Das gegenüberliegende Gelände mit der diagonal verlaufenden Straße ist heute eine Grünfläche.
Am rechten Bildrand, etwa in der Mitte, sieht man die Ruine der evangelischen Johanneskirche. Sie wurde nicht in alter Form wieder aufgebaut. Heute steht der alte Turm nördlich neben einem Nachkriegsbau.
In der oberen Bildhälfte zweigt links die Bleichmärsch (unten) von der Oestermärsch ab. An den beiden Straßen reiht sich Hausruine an Hausruine. Auch die Bahnanlagen sind beschädigt, wie die Bombentrichter im Gleiskörper verraten. Dagegen scheinen zumindest fünf Industrieschornsteine des Kraftwerks an der Weißenburger Straße (unterer Bildrand) sämtliche Angriffe überstanden zu haben: Ihre langen Schatten sind deutlich erkennbar.
Dieser Bildausschnitt zeigt den Schleswiger Platz im Mittelpunkt, am oberen Rand die Mallinckrodtstraße. Das Ausmaß der Zerstörung ist auch hier gewaltig, doch gibt es zumindest noch Straßenabschnitte, an denen Häuser stehen, die noch ihre Dächer besitzen. Daraus zu folgern, dass sie völlig unversehrt geblieben sind, dürfte allerdings ein Trugschluss sein.
Auf dem Nordmarkt, von dem hier sogar das Wegenetz zu erkennen ist, hatten im Kriegsverlauf mehrere Bomben eingeschlagen: Je ein großer Krater ist gegenüber den Einmündungen der Braunschweiger Straße und der Schüchtermannstraße zu finden. Dazu finden sich weitere Treffer hier und auf dem angrenzenden unbebauten Gelände westlich dieses Platzes.
Auf dem letzten Detail, das hier gezeigt wird, verläuft von links die Bergmannstraße, die am rechten Bildrand auf die Bornstraße trifft. Oberhalb der Bergmannstraße sieht man Tagesanlagen der ehemaligen Zeche Kaiserstuhl I/III, unterhalb den heutigen Stollenpark. Allein hier sind vier Bombenkrater dicht beieinander deutlich erkennbar.
Weitere Teile aus der Serie Nordstadt-Geschichte(n) gibt es hier:
SERIE Nordstadt-Geschichte(n): Die Krimkapelle und die Spaltung der Katholischen Kirche in Dortmund
Weitere Nordstadt-Geschichte(n) gibt es hier:
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Deutsch-Japanische Gesellschaft in der Auslandsgesellschaft NRW
Aus Hiroshima lernen, Atomwaffen verbieten – Gedenktag am 6. August 2018 in Dortmund
17.00 – Platz von Hiroshima. „Lautes Gedenken“ der japanischen Trommelgruppe „Senryoku“ am Mahnmal „Mutter Hiroshima“, danach geht es gemeinsam zum Hiroshima-Ginkgobaum am Friedensplatz und zum Rathaus, wo gegen 17.45 Uhr noch einmal die japanischen Trommeln wachrütteln.
18.00 Uhr – Begrüßung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer durch Yoko Schlütermann von der Deutsch-Japanische Gesellschaft der AG NRW und Ingrid Farzin, Regionalgruppe Dortmund IPPNW, im Rathaus.
18.05 – Grußworte von Bürgermeister Sauer.
18.10 – Gedenken an Hiroshima, kurze Lesung aus den Erinnerungen des Überlebenden Shigemi Ideguchi durch Horst Schlütermann, Deutsch-Japanische Gesellschaft Dortmund.
18.20 – Aus Hiroshima lernen, Atomwaffen verbieten. Clara Sonneborn und Lena Theunissen berichten über die Arbeit der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN). Die Organisation erhielt im letzten Jahr den Friedensnobelpreis.
19.15 – Gedenken an Stanislaw Petrow (✝ 19.05.2017), der 1983 einen Atomkrieg verhinderte und damit uns allen das Leben rettete.
19.25 – Abschluss mit einem Lied aus der ICAN-Bewegung.
Links zum Thema
http://www.icanw.de/
http://www.ippnw.de/
http://www.mayorsforpeace.org/english/
http://www.huerth.de/stadtpolitik/mayors_for_peace.php