Von Klaus Winter
In der Stadt, auch in der Nordstadt gibt es Plätze, die sich einer lebhaften Frequenz und einer offensichtlichen Aufenthaltsqualität erfreuen. Zu dieser Gruppe gehört der Hackländer-Platz nicht. Der Verkehr hier wird heute unbestreitbar in erster Linie von Autofahrer:innen bestimmt. Er ist selten Ziel von Passant:innen, erfüllt kaum die Ansprüche, die an einen Treffpunkt gestellt werden, und ist schon seit Jahrzehnten kein Ort für Veranstaltungen.
Die Vorgeschichte des Platzes begann um 1890
Überliefert ist, dass der Treffpunkt von Münster-, Scheffel- und Rückertstraße um 1890 Anlass von Verhandlungen zwischen der Stadt und einer Dortmunder Familie war. Details sind nicht mehr bekannt. ___STEADY_PAYWALL___
Die Familie Hackländer besaß damals Immobilien rund um den heutigen Straßenknotenpunkt. Am 30. Juni 1900 boten die Geschwister– drei Schwestern und zwei Brüder – einen Teil ihres Grundbesitzes der Stadt Dortmund als Geschenk an. Dieses war 44 x 60 Meter groß.
Die Familie und ein Dichter waren Namensgeber
Der Kaufmann Fritz Buchholtz, verheiratet mit einer der Hackländer-Schwestern, bat die Stadt, den neuen Platz „Hackländer-Platz“ zu nennen. Das geschah natürlich vor dem Hintergrund, den Namen der Familie, die ihn geschenkt hatte, zu verewigen.
Der Wunschname passte aber in das Konzept der Stadt. Denn eine ganze Reihe von Straßen in der Umgebung war nach Schriftstellern und Dichtern benannt. Da war der Wunschname Hackländerplatz nicht unpassend.
Denn ein Friedrich Wilhelm Hackländer (1816-1877) war in der Mitte des 19. Jahrhunderts ein sehr bekannter, viel gelesener Schriftsteller. Dass er mit der Dortmunder Familie verwandt war, konnte nicht festgestellt werden.
Die Stadt beachtete das Geschenk zunächst kaum
Die Stadt nahm das Geschenk an, ließ es anscheinend aber auch erst einmal unbeachtet. Denn ein Jahr nach der Schenkung baten die Geschwister Hackländer um eine „baldige, würdige Instandsetzung des Platzes“, so „wie es im Sinne der Schenkung liegt und wohl vorausgesetzt werden darf.“
Im Sommer 1902 wurde der unebene Platz dann mit Bauschutt und Mutterboden aufgefüllt und planiert. Ende des Jahres wurde beschlossen, eine gärtnerische Anlage zu schaffen. Bis Juni 1903 war dies – abgesehen vom Pflanzen einiger großer Bäume – erledigt. Die Bäume standen dann im Dezember des Jahres.
Gestaltungsfortschritte stellte die Familie Hackländer nicht zufrieden
Stadtgärtner Schmidt war mit der Ausführung der Platzgestaltung beauftragt worden. Er empfahl, die den Platz an der Südwest- und Nordseite angrenzenden Straßen zu planieren.
Die Geschwister Hackländer waren mit dem bislang erfolgen Ausbau des Platzes durch die Stadt jedoch nicht einverstanden. 1906 beschwerten sie sich, dass er lediglich im südlichen Teil vollständig ausgebaut war. Der Gesamteindruck war unbefriedigend.
Die Familie wollte Baugrundstücke verkaufen
Der Magistrat der Stadt reagierte nicht auf die Vorhaltungen. Die Familie Hackländer musste ihre Einwände mehrfach wiederholt. Die hatten vor allem einen wirtschaftlichen Hintergrund.
Denn der Hackländer-Familie gehörten mehrere Grundstücke im Umfeld des Platzes. Ihrer Ansicht nach konnten Baugrundstücke trotz Interessentennachfrage nicht verkauft werden, weil die vorbeiführenden Straßen nicht ordentlich ausgebaut waren.
Die Stadt wünschte künstlerische Gestaltung des Platzumfeldes
Die Kritik hatte zur Folge, dass die Stadt endlich Mittel zur Verfügung stellte, damit die umliegenden Straßen ausgebaut werden konnten.
Im Jahre 1911 hatte sich die Situation deutlich geändert. Das Umfeld des Hackländer-Platzes gehörte nun zu den Orten in der Stadt, an denen Neubaumaßnahmen die baupolizeiliche Genehmigung versagt werden sollte, wenn sie keine „künstlerische Gestaltung“ aufwiesen oder den „ästhetischen Eindruck der Umgebung“ beeinträchtigen würden.
Die Gertrudis-Kirche wurde Blickfang des Platzes
Mit den Arbeiten an dem prächtigsten Bau am Hackländer-Platz begann man allerdings erst 1927. Es handelte sich dabei um die Gertrudis-Kirche, die sich noch heute an der Westseite des Platzes erhebt.
Vorgänger der Kirche war eine bescheidene Kapelle an der Rückertstraße gewesen. Diese war im Verlaufe des Ersten Weltkrieges gebaut worden und genügte nun nicht mehr den Ansprüchen. Die neue Kirche wurde nicht nur das Zentrum der Katholiken der Umgebung, sondern auch Blickfang der Passanten.
Dazu kam, dass in der Nachbarschaft der neuen Kirche „großzügige Wohnungsbauten“ des Spar- und Bauvereins noch im selben Jahr wie die Kirchbaumaßnahme in Angriff genommen werden sollten, so wie auch an der dem Platz gegenüber liegenden Gutheilstraße.
Künstliche Planschwiese war 1914 ein Kinderparadies
Der Hackländer-Platz war von seinen Ausmaßen äußerst bescheiden. Wenn er deshalb auch für große Veranstaltungen und Versammlungen nicht geeignet war, so war er doch nicht leblos.
Beispielsweise hatte die Stadtverwaltung im Sommer 1914, wenige Wochen vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges, hier eine Planschwiese angelegen lassen, die dem Vergnügen der Kinder der Umgebung diente. Welche Veranstaltungen im Laufe der Jahre vor St. Gertrudis stattgefunden haben, konnte nicht festgestellt werden.
Neue Straßenführung zerstörte den Platzcharakter
Der Charakter des Hackländer-Platzes änderte sich massiv in den 1970er Jahren. Die rechteckige Anlage fiel dem Neubau der Straßenkreuzung zum Opfer.
Der Platz verschwand unter der Abbiegespur, die von der Rückerstraße nach Süden in die Münsterstraße führt. Geblieben sind ein kleiner Parkplatz, die Stufen der Gertrudis-Kirche und das Straßenschild „Hackländer-Platz“.
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Reader Comments
S
FALSCH. Die Scheffelstrasse hat mit dem Hackländerplatz nichts zu tun.
Das ist die Grisarstrasse.
Nur zur Info
Klaus Winter
Die Scheffelstraße hat heute einen anderen Verlauf als in früheren Zeiten. Sie führte nördlich bis zur Rückertstraße. Heute heißt der ehemalige nördliche Abschnitt der Rückerstraße Grisarstraße.