Von Klaus Winter
In ihrer Ausgabe vom 15. Juli 1934 gratulierte die „Dortmunder Zeitung“ dem Autohaus Hans Daum, Münsterstr. 56, zum Geschäftsjubiläum. „Es war vor 30 Jahren ein gewagtes Unternehmen, sich auf den Verkauf von Automobilen zu legen“, wertete die Presse rückblickend die ersten Schritte des Autohändlers. In Dortmund war Daum immerhin einer der ersten Händler, die sich in der neuen Branche versuchten.
Adressbücher geben Auskunft über den Geschäftsumfang
Zeitungsinserate, mit denen Hans Daum 1904 die Eröffnung seines Geschäftsbetriebes bekannt machte, konnten nicht gefunden werden. Im Branchenteil der Dortmunder Adressbücher wurde die Firma erstmals in der Ausgabe für das Jahr 1906 (Redaktionsschluss 1905) erwähnt und zwar mit einem knappen Eintrag unter „Automobil-Wagen-Handlung“, wo außer ihm nur das damals schon seit einigen Jahren bestehende Geschäft von Gustav Metzer, Kölnische Str. 3 (am Markt) verzeichnet war.
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Im Adressbuch 1906 findet sich aber unter „Motor-Fahrzeug-Handlungen“ ein weiterer Eintrag und zwar ausführlicher und im Gegensatz zu den drei anderen dort genannten Firmen fett gedruckt. Der Eintrag belegt, dass Hans Daum außer mit Automobilen auch mit Motor- und Fahrrädern handelte. Er betrieb eine Reparaturwerkstätte und vermietete Stellplätze in einer ihm gehörigen Garage. Ferner besaß er ein Ersatz- und Zubehörteillager und ebenso eine Ladestation.
An der Münsterstraße wurden Horch- und Brennabor-Automobile verkauft
Der Firmensitz befand sich zunächst im Haus Münsterstr. 38 ½. Die Zufahrt zu dem Grundstück erfolgte über die Zimmerstraße. Aber schon nach wenigen Jahren wurde das Geschäft in das Haus Münsterstr. 56 verlegt, wo es eine lange Zeit bleiben sollte.
Daum handelte mit Automobilen der August Horch & Cie. Motorwagenwerke AG, Zwickau (1910), später auch mit Fahrzeugen der Brennabor-Werke AG, Brandenburg (1912). Neben dem Verkauf bot er auch Fahrzeuge zur Vermietung an (1909). Nicht immer ging das problemlos.
Mietwagen-Unfall zeigte Folgen
Im November 1911 verunfallte ein Kraftfahrzeug des „Automobilhändlers D. aus Dortmund“ an einer Baustelle des Rhein-Herne-Kanals. Mehrere Dortmunder hatten den Wagen gemietet, gesteuert wurde er von einem Chauffeur Daums. Der Fahrer übersah in der Dunkelheit eine Baustellen-Umleitung und fuhr direkt in eine Baugrube. Das Auto erlitt dabei einen Totalschaden und Daum somit einen Verlust von 8.500 Mark sowie – weil er den Wagen nicht mehr vermieten konnte – einen täglichen Verdienstausfall von 15 Mark.
Der Autohändler zog vor Gericht, weil er der Ansicht war, dass der Unfall hätte vermieden werden können, wenn die Umleitungsstrecke und die Baugrube ordnungsgemäß gesichert worden wären. Tatsächlich hielt das Landgericht Essen, vor dem der Fall verhandelt wurde, die Klage für gerechtfertigt und das Oberlandesgericht in Hamm bestätigte die Entscheidung des Landgerichts.
Daum war Generalvertreter für Selve-Automobile
Welchen Einschränkungen die Autohandlung Daum im Verlauf des Ersten Weltkriegs unterlag und wie schwierig die Nachkriegsjahre mit Revolution, Inflation und Ruhrbesetzung für das Unternehmen waren, ist nicht belegt, wie auch Informationen über die Entwicklung des Autohauses in der Folgezeit spärlich überliefert sind. Der Trend ging jedenfalls aufwärts: Weil an der Münsterstraße dafür nicht genügend Platz vorhanden war, gründete Daum die „Königshof-Garagen“, die seinerzeit größte Garagenanlage der Stadt.
Zumindest in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre war Hans Daum Generalvertreter der Selve Automobilwerke AG, Hameln. Nachdem die Selve-Werke seit ihrer Produktionsaufnahme 1919 Mittelwagen hergestellt hatten, fertigten sie ab 1927 Luxus-Limousinen. Der Automobilhersteller geriet dann aber in den Strudel der Weltwirtschaftskrise und musste 1934 Insolvenz anmelden.
Hans Daum sen. eröffnete Filiale an der Hohen Straße
1933 eröffnete Hans Daum eine Filiale im Haus Hohe Str. 66. Die Außenwerbung pries Automobile der Marke Chevrolet an, die dortige Garagenanlage und eine Tankstelle. Ferner wurden nach wie vor Fahrräder zum Verkauf angeboten.
Die Eröffnung der Filiale an der schon damals wichtigen Ausfallstraße nach Süden war Hans Daums letztes großes Vorhaben. Am 15. März 1934 übertrug er das Geschäft auf seinen gleichnamigen Sohn. Als der Artikel der „Dortmunder Zeitung“ über das 30jährige Geschäftsjubiläum seiner Firma erschien, war der Gründer bereits nicht mehr der Inhaber.
Hans Daum jun. trat die Nachfolge seines Vaters an
Hans Daum junior hatte von 1929 bis 1932 eine Handwerkslehre und im Anschluss daran von 1933 bis 1936 eine kaufmännische Lehre absolviert. Er hatte das väterliche Unternehmen mit zwei Verkäufern und zwei Arbeitern zu einem Zeitpunkt übernommen, als er seine Ausbildung noch nicht abgeschlossen hatte. 1941 sollte er noch seine Meisterprüfung bestehen.
Zunächst führte Hans Daum das Unternehmen am alten Firmensitz Münsterstr. 56 weiter. Aber schon nach wenigen Jahren traten entscheidende Veränderungen ein. Die Fa. Autozentrale Hans Daum, Hohestraße und Königshof, wurde aufgelöst. Doch Hans Daum senior eröffnete einen neuen Gewerbebetrieb unter dem Namen „Industrie-Garagen“ an der Weberstraße. Gemäß dem Örtlichen Fernsprech-Verzeichnis, Ausgabe Oktober 1942, verkaufte Hans Daum senior zu der Zeit Autoreifen an der Weberstraße.
Der Automobil-Handel wurde aufgegeben
Dagegen gründete Hans Daum junior einen „Handel mit Fahrrädern, Ersatz und Zubehörteilen, Ausführung von Reparaturen“ an der Rheinische Str. 51. Gemäß einem Fragebogen der Industrie- und Handelskammer vom September 1937 beschäftigte er zwei Angestellte, drei Arbeiter und zwei Lehrlinge. Die gewerblich genutzten Räume umfassten 400 Quadratmeter. Es gab einen Firmenwagen. Das Anlage-und Betriebskapital belief sich auf 20.000 Mark und der Umsatz hatte in den letzten beiden Jahren jeweils 70.000 Mark betragen.
In der Zeit, in der der Fragebogen ausgefüllt wurde, benutzte Hans Daum junior Geschäftspapier mit folgendem Aufdruck: „Hans Daum Fahrrad-Spezialgeschäfte. Gegründet 1904. Dortmund, Münsterstraße 56, Rheinische Straße 51 2/2“.
Das Adressbuch der Stadt Dortmund für 1941 – das letzte, das bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges erschien – nennt die Fahrradhandlung Hans Daum jun. noch. Das Geschäftsfeld war um den Verkauf von Näh- und Waschmaschinen erweitert worden. Spätestens 1943 /44 dürfte der Betrieb aber nach Bombentreffern zwangsläufig eingestellt worden sein.
Nachdem Krieg gab es einen Neuanfang an der Heiligegartenstraße
Nach dem Krieg wagte man den Neuanfang. Am 20. Januar 1949 wurde eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegründet, bei der Hans Daum die kaufmännische Leitung und der Mitgesellschafter Wilhelm Tornow die technische Leitung innehatte. Unternehmensgegenstand war wieder der Handel mit Fahrrädern und Fahrradteilen. Das Stammkapital betrug 20.000 DM. Der Kaufmann Daum hatte seine Stammeinlage in Form eines Warenlagers von Fahrradteilen und Gerätschaften im Wert von 15.000,- DM erbracht.
An der Heiligegartenstraße stellte das Unternehmen Fahrräder her: Es wurden Rohre gezogen, zusammengeschweißt, lackiert und zu fertigen Fahrrädern verarbeitet. Zehn Hilfsarbeiter waren für das Unternehmen tätig. Sie stellten monatlich etwa 300 Fahrräder her. Der Umsatz betrug etwa 30.000 DM im Monat.
Anfang der 1950er kam ein rasches Aus
Da die Räumlichkeiten an der Heiligegartenstraße bereits 1949 zu klein wurden, ließ Hans Daum einen Neubau an der Münsterstraße errichten. Im Mai 1950 verlegte er sein Geschäft in das Haus Münsterstraße 38 ½ (gegenüber Kaufhaus Bell).
Überraschend kam dann das rasche Ende des Unternehmens. Im Oktober 1950 stellte die Industrie- und Handelskammer fest, dass eine Fabrikation von Fahrrädern bei Daum nicht mehr stattfand. Im November desselben Jahres erklärte Hans Daum gegenüber der IHK, dass sein Geschäftsbetrieb ruhe. Im Dezember 1952 fand der Totalausverkauf wegen Geschäftsaufgabe statt, und im Oktober 1954 reichte Hans Baum der IHK die Liquidationsbilanz per 31. Dezember 1953 ein.
Reader Comments
Bebbi
Ich lese diese „klein“ Lokal-Geschichten immer gerne. Danke für die Recherchen.