Von Mariana Bittermann
Am 15. Juni 1991 gründeten Vertreter verschiedener schwuler Gruppen und Initiativen das Schwule Netzwerk NRW in Dortmund. Fast genau 25 Jahre späte wurde mit Vorträgen und Diskussionen im Dortmunder Rathaus sein Jubiläum zelebriert.
Barbara Steffens: „Wir haben schon viel erreicht, es ist aber noch viel zu tun“
Dass dabei Dortmund so eine zentrale Rolle spielt, überrascht weniger. Viele Gründungsmitglieder des Netzwerkes stammen aus Dortmund und sind auch noch heute politisch aktiv und das KCR in der Braunschweiger Straße ist die am längsten bestehende Schwulengruppe Deutschlands.
„Selbstverständlich hisst die Stadt heute zu diesem Anlass die Regenbogenflagge im Rathaus“, merkte Steffen Schwab, Vorsitzender des Schwulen Netzwerks, in seiner Eröffnungsrede an.
Und trotzdem – „Wir haben schon viel erreicht, es ist aber noch viel zu tun“, bemerkte Schirmherrin Barbara Steffens, Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes NRW, in ihrer Eröffnungsrede.
Die Betroffenheit wegen des blutigen Anschlags auf den queeren Nachtclub „Pulse“ in Orlando war noch deutlich zu spüren und zog sich durch die Eröffnungsreden. „Diese Tagung ist erfolgreich, wenn wir uns bewusstmachen können, welche Verbindung es zwischen dem Anschlag und unseren heutigen Themen gibt“, so Steffen Schwab.
Unter Paragraph 175 Veruteilte sind noch immer vorbestraft
„Was macht das Verbindende schwuler Identität aus, wenn es irgendwann nicht mehr die gemeinsame erlebte Diskriminierung ist?“ war die Frage, die sich durch die Vorträge und die Podiumsdiskussion zog. Über die Geschichte der schwulen Bewegung seit Kriegsende referierte Marcus Velke.
Noch immer sind schwule Männer, die nach 1945 unter dem Paragraphen 175 für homosexuelle Handlungen verurteilt worden sind, vorbestraft. Dies habe bei vielen schwulen Männern zu Altersarmut geführt.
Allerdings dürfe man die Geschichte von Homosexuellen nicht zu schwarz-weiß sehen, da im Nachkriegsdeutschland auch viele homosexuelle Paare unverfolgt leben konnten.
Homophobie nicht einfach auf „den Islam“ reduzieren
Die nächsten Vorträge beschäftigten sich mit der Forschung zu Diskriminierung am Arbeitsplatz und der Lebensrealität von arabisch-, türkisch- und kurdisch-stämmigen homosexuellen Männern.
Man dürfe laut dem Soziologen Dr. Michael Borchow Homophobie nicht einfach auf „den Islam“ zurückführen. Viel mehr könne Homophobie in allen monotheistischen Weltreligionen wiedergefunden werden und hängt mit der sozialen Konstruktion von Männlichkeit zusammen
Mit seinem Vortrag zu Homosexualität und Online-Dating schloss Kommunikationswissenschaftler Richard Lemke die Vortragsreihe ab. „Was für eine Interessenvertretung brauchen schwule Männer in den nächsten 25 Jahren in NRW?“ war die Fragestellung der anschließenden Podiumsdiskussion. Ausgeklungen wurde der Abend bei einem Geburtstags-Get-together im KCR.
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