Regionale Wasserwirtschaftverbände kooperieren europaweit

Schutz vor Sturzfluten: Startschuss für Projekt „FlashFloodBreaker“ im belgischen Lüttich

Bild der Zerstörung bei Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr Dortmund in Bad Münstereifel nach der Hochwasserkatastrophe 2021. Um auf solche Ereignisse besser vorbereitet zu sein, beteiligen sich die regionalen Wasserwirtschaftsverbände an einem europäischen Projekt. Archivfoto: Karsten Möller/ Feuerwehr Dortmund

Die steigende Anzahl an Sturzfluten ist eine zunehmende Gefahr in Folge des Klimawandels. Besonders die Ereignisse im Juli 2021 im Ahrtal sind vielen noch gut in Erinnerung und auch die Überflutungen in Süddeutschland in diesem Jahr zeigen, dass diese sowohl menschliche Verluste als auch enorme wirtschaftliche Schäden mit sich bringen. Um besser auf extreme Sturzfluten vorbereitet zu sein, wurde die internationale Kooperation „FlashFloodBreaker“ ins Leben gerufen.

13 Partner:innen aus sechs europäischen Ländern wollen besser vorbereitet sein

Die Emschergenossenschaft ist federführend unter den insgesamt 13 Partner:innen aus sechs verschiedenen europäischen Ländern. Sie beteiligt sich gemeinsam mit dem Lippeverband und der Feuerwehr Duisburg an verschiedenen Bausteinen der über vier Jahre laufenden Kooperation, die mit 7,15 Millionen Euro durch den Zusammenschluss Interreg North-West Europe des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) gefördert wird. Als Startschuss fand nun eine internationale Konferenz in Lüttich, Belgien mit über 100 Teilnehmer:innen statt.

In belgischen Lüttich trafen sich rund 100 Teilnehmer:innen der 13 Kooperationspartner aus sechs Ländern zur Auftaktkonferenz. Foto: F.Dor SPW tlpe

Eine Sturzflut ist die plötzliche Überschwemmung eines Gebietes mit einem extrem schnellen Wasseranstieg, der bei langanhaltenden und schweren Niederschlägen in tiefer liegenden Gebieten auftritt. Neben Tälern sind auch Ballungs- und Poldergebiete von der Gefahr zunehmend betroffen.

Mit rund 40 Prozent Polderfläche ist die Emscher-Lippe-Region ein Risikogebiet, aus dem das Wasser nicht abfließen kann und welches zudem in Teilen eine hohe Bevölkerungsdichte aufweist. „FlashFloodBreaker“ strebt eine Stärkung der transnationalen Vorbereitung und Reaktion auf Sturzflutereignisse an.

„Die Verbesserung des Sturzflut- und Hochwasserschutzes bleibt hochrelevant. Neben technologischen Innovationen arbeiten wir in dem Projekt auch an organisatorischen Lösungen, um extreme Hochwassersituationen besser zu managen“, sagt Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender von Emschergenossenschaft und Lippeverband.

Beteiligung der Emschergenossenschaft und Lippeverband im „FlashFloodBreaker“

Im Rahmen von „FlashFloodBreaker“ werden insgesamt sechs verschiedene Pilotaktivitäten zur verbesserten Vorhersage, Schadens-Prognose und -Erkennung sowie Schulungen und landes- und kooperationsübergreifende Zusammenarbeit umgesetzt. Neben Wasserwirtschaftsverbänden und kommunalen Gefahrenabwehrbehörden sind Hochschulen zur wissenschaftlichen Begleitung des Projektes involviert.

Zum Jahreswechsel 2023/2024 war die Lippe tagelang von einem Hochwasser betroffen wie hier in Lünen. Alles verlief glimpflich, aber Hochwasser kann Infrastrukturen wie Brücken gefährden. Foto: Andreas Fritsche für die EGLV

Ziel ist es, länderübergreifende Strategien zu erarbeiten, um Menschen sowie Infrastrukturen auf Sturzflutszenarien vorzubereiten, frühzeitig zu warnen, zu schützen und zu retten. Denn: Wasser macht nicht vor Ländergrenzen halt.

Emschergenossenschaft und Lippeverband (EGLV) sind an mehreren Projektbausteinen für die Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmen beteiligt. Dabei setzen die Wasserwirtschaftsverbände zunehmend auf die Unterstützung durch künstliche Intelligenz (KI) sowohl bei der Vorbereitung auf Sturzfluten als auch beim Einsatz im Akutfall.

Zur Vorbereitung auf Sturzflut- und Hochwasserszenarien kann KI helfen, Simulationen zu erstellen und bereits im Vorfeld mögliche Gefährdungsszenarien und -stellen zu erkennen. Außerdem soll KI im Ernstfall bei der Auswertung von Echtzeit-Drohnenaufnahmen und bei Auswirkungsprognosen zum Einsatz kommen.

Auch die Feuerwehr Duisburg ist am Projekt beteiligt

So können größere Flächen auf ihr Risiko analysiert werden und genauere Vorhersagen über Fließrichtung und -geschwindigkeit getroffen werden. In einer Überflutungs- oder Hochwassersituation werden potenziell betroffene Straßen, störendes Treibgut oder mögliche Schäden an Deichen schneller erfasst. Die Technologie zur Anwendung von KI sowie zur Umsetzung von Echtzeit-Drohnenaufnahmen und -Prognosen werden im Rahmen von „FlashFloodBreaker“ weiterentwickelt und getestet.

Sturzfluten und Hochwasser sind auch im Emschergebiet eine Gefahr – hier konnte im April dieses Jahres das Wasser im Hochwasserrückhaltebecken Emscher-Auen in Castrop-Rauxel schadlos zurückgehalten werden. Foto: Rupert Oberhäuser für die EGLV

Schnell reagieren müssen neben Wasserwirtschaftsverbänden vor Ort auch die Einsatzkräfte der Feuerwehr oder Mitarbeitende der Wirtschaftsbetriebe Duisburg, welche für die Verteidigung der kommunalen Deiche und weiterer Hochwasserschutzanlagen verantwortlich sind. Üben können sie dies zukünftig an einem „nassen Übungsdeich“, der im Rahmen von „FlashFloodBreaker“ in Duisburg entsteht.

In einen Übungsdeich werden dafür Wasserschläuche platziert, um Schadensszenarien am Deich durch Hochwasser nachstellen zu können. Die Möglichkeiten reichen von Schäden an einzelnen Stellen bis hin zu einem völlig durchnässten Deich. So werde eine potenzielle Hochwasserlage realistischer dargestellt, erklärt Christian von Spiczak, Sachbearbeiter für das Hochwasserrisikomanagement bei der Feuerwehr Duisburg.

Konferenzteilnehmer:innen unternahmen eine interessante Exkursion

„Häufig werden Hochwasserszenarien an trockenen Deichen geübt. Der nasse Zustand kann allerdings einen enormen Unterschied in der Verteidigung des Deiches machen.“ Egal ob Deichsicherung oder der effektive Einsatz von Sandsäcken – „Übung macht den Meister“ heißt das Motto. Von dem speziellen Übungsdeich profitieren auch die transnationalen Kooperationspartner, mit welchen gemeinsam Krisenstabs- sowie Hochwasserübungen durchgeführt werden.

Die Auftaktkonferenz in Lüttich wurde vom belgischen Projektpartner „Public Service of Wallonia“ gemeinsam mit der Emschergenossenschaft als federführender Partner der Kooperation organisiert. Die Region Wallonie in Belgien wurde schwer von verheerenden Überflutungen im Juli 2021 getroffen.

Die Vertreter:innen aus Deutschland, Belgien, den Niederlanden, Frankreich, Irland und Luxemburg diskutierten über territoriale Ansätze zum Management von Sturzfluten. Eine Exkursion zum Vesdre-Tal, welche stark von den Fluten getroffen wurde, zeigte von einer praktischen Seite wie die Talsperre eine entscheidende Rolle zur Verringerung der Katastrophe gespielt hat.

Das Projekt läuft bis 2028 und kostet rund 12 Millionen Euro. Davon werden 7,15 Millionen Euro durch das Programm Interreg North-West Europe mit Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) gefördert.


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