Der Rat der Stadt Dortmund hat gegen die Stimmen von CDU und FDP/Bürgerliste beschlossen, den Erlass einer sozialen Erhaltungssatzung zu prüfen. Damit soll die Bevölkerung geschützt werden, wenn in aufstrebenden Stadtteilen die Mieten nach Immobilien-Modernisierungen stark steigen. Der angestammten Wohnbevölkerung droht dann die Verdrängung.
CDU: Dortmund hat keine Probleme mit Gentrifizierung
Vehement dagegen hatte sich die CDU ausgesprochen: „Vorab lassen sie mich gleich feststellen, dass Dortmund keine Probleme durch Gentrifizierung hat“, betonte Uwe Waßmann. „Ursächlich dafür ist unter anderem auch, dass es durch eine kluge Wohnungs – und Sanierungspolitik von Verwaltung, Rat und Eigentümern vermieden wurde, dass es z.B. durch sog. Luxussanierungen in Quartieren zu Verdrängungsprozessen gekommen ist. Wir sind davon überzeugt, dass dieser Weg in der bisherigen Form weiter begangen werden sollte.“
Für den CDU-Politiker war auch der Zeitpunkt dieser Vorlage bemerkenswert: „Wir alle wissen um die Situation im Bereich des Wohnungsbaus in Dortmund und ganz Deutschland. Hohe Kosten und höhere Zinsen führen dazu, dass der Wohnungsbau aktuell nahezu zum Erliegen gekommen ist. Vor diesem Kulisse, die die dringende Notwendigkeit von Wohnungsbau und auch Sanierungen erheblich erschwert, liegt nun diese Verwaltungsvorlage auf dem Tisch“, so Waßmann.
„Es ist wohl das schärfste Schwert, dass das Baugesetzbuch bereit hält, wenn es um eine ,Soziale Erhaltungssatzung’ geht. Ob dieses Schwert auch in Dortmund eingesetzt werden kann, soll jetzt überprüft werden“, so der CDU-Planungssprecher.
Sollte diese Satzung kommen, werde den Eigentümer:innen ein „Korsett“ aufgezwungen, das ein „Bürokratiemonster“ sei. Dann müssten nämlich alle Modernisierungsmaßnahmen – vom Balkon-Anbau bis zum Gäste-WC – durch Einzelbeantragung dieser Maßnahmen genehmigt werden.
„Wir wollen als CDU ein investitionsfreundliches Klima, dass gewerbliche und private Eigentümer darin bestärkt, ihr Geld möglichst in unserer Stadt zu investieren. Die hier jetzt diskutierte Thematik wirkt dabei kontraproduktiv und wird dazu führen, dass sich auch in den Quartieren mit Problemlagen in unserer Stadt die negativen Aspekte weiter verfestigen“, begründete Waßmann die Ablehnung.
Grüne wollen eine umfassende Anlayse von Sozialstruktur und Verdrängungsdruck
Der grüne Projektpartner sah dies allerdings anders: „Ist es wirklich das Bürokratiemonster, was die CDU an die Wand gemalt hat?”, fragte Ingrid Reuter. „Es geht erst mal um eine umfassende Analyse der Sozialstruktur und den möglichen Verdrängungsdruck im Quartier. Wir würden nicht schlankweg behaupten, dass es nirgendwo Verdrängungsdruck gibt”, widersprach sie der Darstellung der CDU.
„Wir halten Modernisierungen und Sanierungen für wichtig, aber sie müssen sozial verträglich bleiben. Nur dann kann eine soziale und funktionale Durchmischung erhalten bleiben. Wir sind nicht gegen die Aufwertung von Wohnungen und Quartieren, aber das muss sozial verträglich passieren”, so Reuter.
Ihre Fraktion sei froh, dass diese Prüfung einer sozialen Erhaltungssatzung komme. Schließlich hatten die Grünen im Rahmen einer Haushaltsinitiative im Jahr 2019 das Thema auf die Agenda gebracht. „Wir machen uns nicht von vorn herein kirre wegen eines Bürokratiemonsters, sondern warten auf die Prüfergebnisse“, so Reuter.
SPD: „Wir wollen die Nordstadt aufwerten – aber behutsam”
Offene Türen rannten die Grünen bei der SPD ein: „Wir halten die Prüfung für notwendig. Wir brauchen Zahlen und Daten zum Bestand in seinen Einzelheiten und auch, ob es einen Druck gibt oder nicht“, betonte Carla Neumann-Lieven.
„Wir wollen die Nordstadt aufwerten – aber behutsam. Wir wollen auch behutsam mit dem umgehen, was da ist. Doch dazu brauchen wir Informationen über die Potenziale. Das sofort abzuwürgen, halten wir für falsch. Daher tragen wir die Vorlage mit”, so die SPD-Fraktionsvorsitzende.
Die Linke+ will Sanierungen, aber keine Modernisierungen
Sonja Lemke (Die Linke+) war mehr als irritiert wegen der Äußerungen der CDU: „Wenn ich Herrn Waßmann höre, frage ich mich, ob wir in der selben Stadt leben. Wir haben einen massiven Druck auf dem Wohnungsmarkt und Mietpreiserhöhungen um bis zu 50 Prozent in den letzten zehn Jahren.”
Außerdem seien die Argumente der CDU falsch: „Niemand wird aufgehalten, seinen Bestand zu sanieren”, betonte Lemke. Der Unterschied zu einer Modernisierung sei aber, dass Sanierungen nicht auf die Miete umgelegt werden könnten, anders als Modernisierungen.
„Modernisierungen wollen wir verhindern, weil die dauerhaft mit acht Prozent auf die Mieten umgelegt werden. Um das zu verhindern, braucht es eine Soziale Erhaltungsatzung – und ich hoffe, dass sie bald kommt”, so die Linken-Politikerin.
Das Südliche Nordmarktquartier wird zum Sanierungsgebiet –
Neues Stadtteilmanagement für die Nordstadt beschlossen
Ebenfalls beschlossen wurde vom Rat – hier nur gegen die Stimmen der AfD – das Südliche Nordmarktquartier als ein Sanierungsgebiet auszuweisen. Zudem wurde ein „Integriertes Handlungskonzept Dortmund Nordstadt“ auf den Weg gebracht, was unter anderem die Schaffung eines Stadtteilmanagements vorsieht – als Weiterentwicklung des bisherigen Quartiersmanagements. Mehr zu den Themen und Hintergründen in den Vorberichten (Links am Ende).
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