Scharfe Kritik an Unterbringung in Sporthallen: Flüchtlinge kritisieren „menschenunwürdige Bedingungen“

Die Brügmann-Sporthallen sind am Montag zur Notunterkunft für Flüchtlinge umfunktioniert worden.
Die Brügmann-Sporthallen sind zur Notunterkunft für Flüchtlinge umfunktioniert worden.

Während sich die Diskussionen um die Flüchtlings-Notunterkunft in den  Brügmann-Hallen bisher vor allem um den ausgefallenen Schulsport und die Behinderungen für die Vereine drehen, gibt es jetzt massive Kritik der Flüchtlinge selbst. Sie beklagen „menschenunwürdige Bedingungen“ bei der Unterbringung und fordern, in eine andere Unterkunft zu kommen.

Flüchtlinge fordern ein schnelles Handeln und ein Schließen der Einrichtung

Am Donnerstag haben sie einen offenen Brief an Verantwortliche der Stadt Dortmund übergeben. Die Zustände in den Brügmannhallen werden als menschenunwürdig kritisiert, die Geflüchteten fordern die Schließung dieser Unterkunft und wollen ein Gespräch mit den Verantwortlichen.

Hier der offene Brief:

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Frau Zoerner, sehr geehrte Mitglieder des Rats der Stadt Dortmund und der Bezirksvertretung Innenstadt Nord,
als Menschen, die derzeit von der Unterbringung in den Sammelunterkünften „Brügmannhallen“ betroffen sind, wenden wir uns mit diesem offenen Brief an die Verantwortlichen der Stadt Dortmund und fordern menschenwürdige Wohn- und Lebensbedingungen für alle!
Außerdem möchten wir die Isolation durchbrechen und die Öffentlichkeit über die Zustände in der Einrichtung informieren. Derzeit leben etwa 280 Menschen unter katastrophalen Bedingungen in zwei Sporthallen, darunter Familien mit Kindern und Schwangere. Die Hallen sind durch Bretterverschläge, in denen jeweils fünf Menschen auf Feldbetten schlafen, unterteilt. Die Betten sind unbequem und für viele zu klein.
Es gibt keinerlei Privatsphäre und Rückzugsmöglichkeiten. Von 7-22 Uhr ist durchgehend die Deckenbeleuchtung an. Von 22-7 Uhr gibt es keine Möglichkeit zu duschen.
Die Verpflegungssituation ist schlecht. Es gibt zu wenig essen und das Essen ist für viele eine Zumutung.  Außerhalb der Essenszeiten gibt es keine Getränke. Die einzige Möglichkeit zu trinken, ist, Trinkwasser von den Toiletten zu holen. Es gibt keine Möglichkeit Wäsche zu waschen und die Bettwäsche zu wechseln. Einige von uns sind schon seit zwei Monaten in den Hallen untergebracht, ohne zu wissen, wie lange sie diesen Zustand noch ertragen müssen.
Würden sie selbst auch nur einen Tag unter diesen Bedingungen leben wollen? Wir fordern daher: Die sofortige Schließung der Brügmann-Hallen als Sammelunterkunft und ein umgehendes Gespräch!

Stadtspitze reagiert sofort auf das Schreiben von 120 Flüchtlingen – Krisengespräch vor Ort

Die ersten 31 Flüchtlinge werden hier ab Dienstag verpflegt.
Die Verpflegung ist ein massiver Kritikpunkt der Flüchtlinge. Fotos: Alex Völkel

Stadtdirektor Jörg Stüdemann nahm das Schreiben – unterzeichnet von fast 150 Flüchtlingen – am Donnerstagmittag entgegen und reagierte umgehend.

Bereits am Donnerstagabend findet ein Gespräch mit den Flüchtlingen vor Ort in der Notunterkunft statt.

Mit von der Partie ist neben weiteren städtischen Verantwortlichen auch die Johanniter-Unfallhilfe als Betreiberin der Einrichtung.

„Refugees Welcome Dortmund“ erklärt sich solidarisch

Die Sporthallen bieten sich an, weil hier schon eine Sanitär-Infrastruktur zur Verfügung steht.
Die Duschen sind nachts nicht zu benutzen.

Der offene Brief löst große Betroffenheit und viele Reaktionen aus: „Wir erklären uns solidarisch mit den Menschen und unterstützen ihre Forderung. Wir sprechen uns gegen die menschenunwürdige Unterbringung in Sammelunterkünften aus und prangern insbesondere die unzumutbaren Zustände in den Brügmannhallen an“, heißt es in einer Stellungnahme der Gruppe „Refugees Welcome Dortmund“ auf ihrer Internetseite.

Mögliche Missstände sofort prüfen und abstellen

Auch in der Kommunalpolitik ist man hellhörig:  „Wir sind betroffen und haben Verständnis für die Klagen der Bewohner“, sagt Christian Gebel, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Fraktion von Linken und Piraten. „Aber leider sagt der Begriff ‚Notunterkunft’ schon aus, dass es sich um eine notdürftige Unterbringung handelt.“

Dennoch müsse sofort geprüft werden, ob die Vorwürfe mit der unzureichenden Essens- und Getränkeversorgung zutreffend seien, ergänzt Fraktionsvorsitzender Utz Kowalewski. In diesem Falle müsse diese  Situation – ohne Wenn und Aber – umgehend geändert werden.

Politik will Aufklärung, wie lange Hallen noch genutzt werden sollen

Die Sporthallen im Brügmannzentrum werden kurzfristig Notunterkunft für Flüchtlinge.
Statt für wenige Wochen, sind die Sporthallen nun schon über Monate Notquartier.

Zudem müsse der Rat der Stadt darüber informiert werden, wie lange die Verweildauer der Flüchtlinge in der Brügmann-Sporthalle noch tatsächlich andauern soll, fordert Kowalewski. „Diese vorübergehende Unterkunft darf nicht zur Dauerunterkunft werden.“

Es sei vor allem wichtig, dass die Stimmung in der Bevölkerung jetzt nicht kippe, warnte Christian Gebel. Mit dieser Bitte richtet sich der Pirat besonders an die Schulen und Vereine, die die Brügmannhalle schon wesentlich länger als erwartet nicht mehr für den Sport nutzen können.

Sporthallen-Schließungen: Sorge um Stimmung in der Bevölkerung

Feuerwehr und Johanniter haben die Hallen für Flüchtlinge hergerichtet.
Die Betten sind ebenfalls ein Kritikpunkt: Zu klein und zu unbequem.

Eine Sorge, die auch die Grünen teilen. Für sie ist die geplante weitere Unterbringung von Flüchtlingen in den Sporthallen am Brügmannblock in mehrerlei Sicht problematisch.

„Die Verwaltung macht bei der Unterbringung von Flüchtlingen einen guten Job. Das zeigen unter anderem auch die Bürgerversammlungen an den verschiedenen geplanten Standorten von Unterkünften“, betont Ulrich Langhorst, Fraktionssprecher der Grünen.

„Schwierig wird es aus unserer Sicht dann, wenn Ankündigungen gegenüber den Bürger*innen nicht eingehalten werden.“ Die Nutzung der Brügmannhallen als Notunterkunft sollte bis Ende des letzten Jahres dauern. Wenn sie nun bis Ende März oder sogar darüber hinaus fortgesetzt werden soll, dann stellt das die Schulen, aber auch viele Vereine vor große Probleme.

„Gerade auch die Vereine haben sich in den letzten Wochen solidarisch gezeigt und sich für die geplante Übergangszeit beispielhaft arrangiert“, so Langhorst.

Nutzung von leerstehenden Gebäuden und Unterbringung in Wohnungen

In der Adlerstraße ist die Notunterkunft hergerichtet worden.
In der Adlerstraße wurde die erste Notunterkunft für Flüchtlinge  hergerichtet.

Die Hallen seien weder wohnlich, noch hinsichtlich der sanitären Anlagen für eine längerfristige Unterbringung geeignet. „Es sind halt Sporthallen und keine Wohnungen. Aus einem Provisorium darf deshalb keine Dauerlösung werden.“

Auch die Grünen haben die Sorge, dass dadurch die positive Stimmung gegenüber den Flüchtlingen kippt. Vorrangig sollten deshalb keine bereits anderweitig belegten Gebäude, sondern leerstehende Immobilien für die Unterbringung genutzt werden.

„Oberstes Ziel muss es aber sein, möglichst viele der Flüchtlinge möglichst schnell und dezentral in eigenen Wohnungen unterzubringen“, so Langhorst.

 

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