Kreativer Integrationsprozess in der Dortmunder Nordstadt

„Sawubona 103“ bietet ein spannendes interkulturelles Programm im Chancen-Café

Das Chancencafé 103. Foto: Guido Meincke
Seit vielen Jahren ein Kreativ-Ort für Integration: das Chancencafé 103 unweit des Borsigplatzes in der Dortmunder Nordstadt. Archivfoto: Guido Meincke

„Sawubona“ lautet das Motto des diesjährigen Interkultur-Programms des Chancen-Cafés 103 in der Oesterholzstraße 103. Der Gruß – der südafrikanischen Zulu-Sprache entstammend – bedeutet wörtlich: “Ich sehe dich, du bist mir wichtig und ich schätze dich“. Die gängige Antwort ist „Yebo sawubona – ich sehe dich auch“, oder „Shiboka – dann existiere ich für dich.“

Kreativer Integrationsprozess in der Dortmunder Nordstadt wird vorangetrieben

Nach „Welcome to 103“, „Marhaba 103“, „Aloha 103“, „Namaste 103“ und „Salām 103“ hat Kuratorin Julia Rumi im siebten Teil der Projektreihe des Förderfonds von Interkultur Ruhr diesen Begriff gewählt, um den Dialog auf Augenhöhe in den Mittelpunkt zu stellen: „Er soll uns als eine stetige Erinnerung dienen, einander wirklich zu sehen, mit Achtung zu begegnen und gemeinsam Frieden zu praktizieren.“

Djembe-Workshop mit Aladji Touré Foto: Stefan Buntscheck

Machbarschaft Borsig11 e.V. und das Chancen-Café 103 treiben mit „Sawubona 103“ einen kreativen Integrationsprozess in der Dortmunder Nordstadt voran, der seit 2016 in jährlichen Etappen fortschreitet.

Neue Nachbar:innen sind inzwischen zu Gastgeber:innen geworden und organisieren ein diverses Programm mit eigenen Workshops und Veranstaltungen: von Musik, Malerei und Meditation über Nähen und Kochen bis hin zur Behördenbegleitung.

Im Café 103: Altbewährtes neben neuen Veranstaltungsreihen

Schneiderei 103 mit Ulrike Brucksch-Klasener Foto: Guido Meincke

Viele Formate haben sich bereits bewährt und laufen weiter. Wie der Djembe-Workshop mit Aladji Touré, der immer montags um 18:30 Uhr stattfindet.

Ebenso die Schneiderei 103, die Ulrike Brucksch-Klasener als offene Nähwerkstatt betreibt, oder Yaremehrban, der Lesekreis persischer Frauen mit Jaleh-Leila. Zu den wöchentlichen Veranstaltungen gehört als „Soulfood“ erneut das gemeinsame Kochen mit Marlene Bambury-Paul, das Schach-Café 103 mit Andreas Griese. Auch die mobile Beratung mit Fereydun Kohestani geht weiter.

Birgitt Schuster, Julia Rumi, Diego und Uri Bülbül unter dem Vollmond Foto: Sabitha-Saul

Neue Veranstaltungsreihen sind angelaufen. Dazu gehört der „Vollmond Talk“ mit dem Essener Philosophen Uri Bülbül, seinem Hund Diego und Gästen, der sich monatlich bei Vollmond dem Aktualisierungspotential von Ideen der Romantik widmet.

In der dritten Folge am 13. Juli spricht er mit Birgitt Schuster „dialektisch über den Ecktisch.“ Einwürfe aus dem Publikum sind erwünscht – anders ist Philospophie nicht denkbar. Die Veranstaltung wird übrigens im Livestream übertragen.

Neue Kooperationen im Chancen-Café 103 stets herzlich willkommen

Offene Ateliers 2022, Installation von Caro Fugazzi Foto: Sabitha Saul

Kooperationen sind im Chancen-Café 103 stets willkommen. Im Juni gab es zum Beispiel einen Workshop mit dem Sitar-Spieler Imran Khan in Zusammenarbeit mit ProJazz e.V., und zu den Offenen Ateliers war die Künstlerin Caro Fugazzi zu Gast.

Am 16. Juli stellt das Kollektiv Vier.D die üblichen Anordnungen von Sehen und Gesehen-Werden auf den Kopf und feiert die Finissage ihrer Interventionsreihe „Diffusionen“ im Schaufenster der 103.

Nepalesischer Abend mit Karma Tamang Foto: Karma Tamang

Tags drauf bespielt der ehemalige Programmkurator der 103 Anup Khattri Chettri den Raum. Nach seiner Rückkehr aus Kathmandu kann er aus erster Hand von politischen Entwicklungen in Nepal berichten. Die junge Generation sowie die Frauen sind dort in allen Gremien bisher stark unterrepräsentiert.

Am 17. Juli spricht Anup KC mit der jungen Politikerin Karma Tamang über ihre liberale, jugendorientierte Nepal Bibeksheel Party, die sich für mehr Mitbestimmung einsetzt. Dazu gibt es nepalesisches Essen und Musik von Sumit Ghimire und Rishav Pradhan.

Freier Eintritt zu allen Veranstaltungen ist selbstverstandlich

Musikalisch geht es mit der Nordstadt Session weiter, an deren Förderung sich neben Interkultur Ruhr seit mehreren Jahren auch das Kulturbüro der Stadt Dortmund beteiligt. Jeden zweiten Freitag treffen sich Musiker:innen der freien Szene auf der Kleinen Bühne 103. Die Opener-Band wird auf Facebook im Livestream übertragen.

Oriental con Fusion auf der Kleinen Bühne 103 Foto: Victor Lurie

Am 22. Juli stellt sich in der Reihe „Oriental con Fusion“ der junge syrische Pianist Karim Al Assil vor, in Begleitung von Ammer Alia mit Nay-Flöten und Jens Pollheide am Bass. Danach ist die Bühne frei für weitere Beiträge, die den Klang der Dortmunder Nordstadt bereichern. Am 5. August stehen dann Mister Kibs & Jojo auf der Bühne.

Neben alldem hat die 103 diesen Sommer wieder vieles mehr zu bieten, wie die permanente Einrichtung der Givebox oder das Foodsharing, das ehrenamtlich betrieben wird. Der Eintritt zu allen Veranstaltungen ist frei. Und „Sawubona 103“ teilt sich das Chancen-Café mit dem Projekt „Ласкаво просимо на 103“, in dem sich neue Nachbar:innen aus der Ukraine selbst organisieren.

Andersartigkeit achten und durch neue Erfahrungen schätzen lernen

Mit Hilfe von thyssenkrupp Steel leisten Zhanna Yakhnis, Sieglinde Albrecht und Team konkrete Unterstützung und bieten kreative Betätigungsmöglichkeiten an, u.a. für eine Notunterkunft in Hagen.

Schach-Café 103 mit Andreas Griese Foto: Guido Meincke

„Wir möchten eine Sawubona-Kultur pflegen“, sagt Julia Rumi. „Es geht darum, die Andersartigkeit der/des Anderen achten und schätzen zu lernen. Um eine gelebte Kultur der Vielfalt. Freiheit beginnt eigentlich erst da, wo man sie anderen einräumt.“

Das weiß auch Uri Bülbül zu schätzen, der einmal im Monat den weiten Weg aus Essen auf sich nimmt: „Dass man wahrlich gesehen wird als Gegenüber, das ist doch wunderbar. Kann es etwas Schöneres für Kunst, Kultur, den Mond oder meinen Freund Diego geben? Da kann man sich als Hund wie als Mensch nur zu Hause fühlen.“

“Sawubona 103” ist ein Programm von Julia Rumi / Machbarschaft Borsig11 e.V., gefördert vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NordrheinWestfalen, von Interkultur Ruhr und vom Kulturbüro Dortmund, realisiert mit den Chancen der Bewohner:innen des Borsigplatz-Quartiers.

Weitere Informationen:

Sawubona 103 im Juli 2022

  • Mobile Beratung: Beratung, Begleitung, Übersetzung, Behördengänge u.a. mit Fereydun Kohestani: immer Mo, 15 Uhr
  • Djembe spielen: Percussion-Workshop mit Aladji Touré: immer Mo, 18:30 Uhr
  • Schneiderei 103: Offene Nähwerkstatt mit Ulrike Brucksch-Klasener: immer Di, 16 Uhr
  • Schach-Café 103: Schachkurs für Anfänger und Fortgeschrittene mit Andreas Griese: immer Mi, 16 Uhr

Einzeltermine:

  • Nordstadt Session: Leonie Mayer – Opener Livestream / Interkulturelle Jam-Session: Fr, 08.07.2022, 19 Uhr
  • Vollmond Talk: Dialektisch über den Ecktisch – Livestream / Gesprächsreihe mit Uri Bülbül und Gästen: Mi, 13.07.2022, 19 Uhr
  • Political generation change in Nepal – Gespräch mit Karma Tamang und Anup Khattri Chettri: So, 17.07.2022, 16 Uhr
  • Nordstadt Session: Oriental con Fusion / Karim Al Assil – Opener Livestream / Interkulturelle Jam-Session
    Fr, 22.07.2022: 19 Uhr
  • Yaremehrban – Lesekreis persischer Frauen: Anmeldung erwünscht
  • Ласкаво просимо на 103 – Workshops mit neuen Nachbar:innen aus der Ukraine: Termine nach Absprache

Weitere Programminformationen:

 

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