Ruhr-Appell zur Finanzlage: Handlungsfähigkeit der Kommunen endlich wieder herstellen

Gewerkschaften, Kirchen und Wohlfahrt fordern Lösung für Altschulden

Übergabe des Appells (vordere Reihe von rechts): Mark Rosendahl (DGB Emscher-Lippe), Josef Hovenjürgen (Staatssekretär im MHKDB), Anke Unger (stell. Vorsitzende DGB NRW), Prof. Martin Junkernheinrich, Martin Murrack (Kämmerer Stadt Duisburg)

Aus der Zivilgesellschaft im Ruhrgebiet haben sich eine Vielzahl von Vertreter*innen aus Gewerkschaften, Kirchen und Wohlfahrtsverbänden auf einen „Ruhr-Appell Kommunalfinanzen für die Würde unserer Städte und der Menschen“ verständigt. Zentraler Inhalt des Appells ist die Forderung an die Landesregierung NRW und die Bundesregierung, in gemeinsamer Verantwortung die Altschulden der Kommunen zu übernehmen. Dazu muss in einem ersten Schritt die Landesregierung ihre Kommunen einmalig von übermäßigen kommunalen Liquiditätskrediten befreien. Der Bund sollte sich im Anschluss zu 50 Prozent an den vom Land übernommenen Schulden beteiligen.

„Ohne Hilfe droht eine weitere Verschlechterung der Lebensbedingungen“

Auf Grundlage dieses Appells gab es am 2. November 2023 ein Hearing in Gelsenkirchen, in dessen Rahmen der Appell an den Vertreter der Landesregierung Josef Hovenjürgen, Staatssekretär im NRW-Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung, übergeben wurde.

Jutta Reiter (DGB) Foto: Dietmar Wäsche / GrünBau gGmbH

„Die aktuellen Krisen der Zeit – vom Klimawandel über den Bildungsnotstand bis zur Bewältigung der Unterbringung von Geflüchteten – erfordern kommunale Investitionen, um gegenzusteuern. Das können die Städte aber nur, wenn das Land NRW und der Bund helfen“, betonte Jutta Reiter, Geschäftsführerin der DGB-Region Dortmund-Hellweg.

„Ansonsten drohen uns eine weitere Verschlechterung der Lebensbedingungen, die Staatsverdrossenheit wird befördert und in der Folge der demokratische Rechtsstaat untergraben. Von daher ist ein schnelles Handeln aller demokratischen Parteien zur Wiederherstellung der Handlungsfähigkeit unserer Kommunen zwingend notwendig“, so Reiter.

Die finanzielle Lage der Kommunen wird absehbar noch schlechter

In ihrem Grußwort machte dazu die stellv. Vorsitzende des DGB-NRW Anke Unger deutlich, dass aus Sicht der Gewerkschaften dies die zentrale Voraussetzung für die Zukunftsfähigkeit der Städte im Ruhrgebiet ist. Prof. Martin Junkernheinrich von der TU Kaiserslautern führte danach in die Debatte ein.

Unter der Moderation des DGB-Regionsgeschäftsführers aus Recklinghausen, Mark Rosendahl, diskutierten anschließend Vertreter von Kirchen und Wohlfahrtsverbänden sowie dem Duisburger Stadtkämmerer mit Staatsekretär Josef Hovenjürgen über die Problemlagen der Ruhrgebietskommunen.

Das parteiübergreifende Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ fordert einen Kurswechsel.
Konsens mit den Kämmerern: Auch das parteiübergreifende Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ fordert seit Jahren einen Kurswechsel beim Land NRW und eine Lösung der Altschuldenproblematik.

Dabei wurde deutlich, dass sich die Unterzeichner des Appells vor allem große Sorgen um die Lebensbedingungen in den Ruhrgebietsstädten machen. Die finanzielle Lage der Kommunen wird absehbar noch schlechter als sie ohnehin schon ist. Seit Jahrzehnten kann in den Städten im Ruhrgebiet nicht ausreichend investiert werden. Die Infrastruktur an Gebäuden, Straßen, Kanälen etc. zerfällt Jahr um Jahr. Die erzwungenen Personalkürzungen mindern die Leistungsfähigkeit von Verwaltungen, hohe Grundsteuern und Gewerbesteuern belasten die Bürger*innen und Unternehmen.

Hier gibt es den Appel als PDF zum Download: Ruhr-Appell Kommunalfinanzen

Unterstütze uns auf Steady

Mehr zum Thema bei nordstadtblogger.de:

Protestaktion „Für die Würde unserer Städte“: Altschuldenlösung muss dieses Jahr kommen

Erdrückende Altschulden: Aktionsbündnis der Kommunen „wehrt“ sich online – „ein Link für mehr Gerechtigkeit“ 

Reaktionen

  1. Altschulden: Gesetz ist auf dem Weg – Entlastung für Dortmund zu erwarten (PM)

    Die Ratsfraktion der GRÜNEN in Dortmund begrüßt ausdrücklich den jetzt vom Landeskabinett beschlossenen Gesetzentwurf zur Entlastung hochverschuldeter Kommunen. Im Rahmen einer gemeinsamen Anfrage mit der CDU im Finanzausschuss fordern die Fraktionen eine erste Bewertung der zu erwartenden Auswirkungen für die Stadt Dortmund.

    Die nordrhein-westfälische Landesregierung plant mit dem Altschuldenentlastungsgesetz, bis zu 50 Prozent der übermäßigen Kommunalschulden zu übernehmen. Als übermäßig werden dabei Liquiditätskredite definiert, die eine Pro-Kopf-Verschuldung von mehr als 100 Euro je Einwohner verursachen. Von diesem Haushaltsjahr an steht dafür eine Viertelmilliarde Euro jährlich zur Verfügung. Für Dortmund, das mit Liquiditätskrediten in Höhe von rund 1,5 Milliarden Euro belastet ist, könnte diese Initiative eine spürbare Erleichterung bedeuten.

    „Seit Jahren ächzt unsere Stadt unter der hohen Schuldenlast. Es ist daher zwingend notwendig, dass endlich gehandelt wird”, erklären die Fraktionssprecher*innen der GRÜNEN, Katrin Lögering und Dr. Christoph Neumann. Ein entscheidender Grund für die hohe Verschuldung der Kommunen sei vor allem die Übertragung von immer mehr Aufgaben von Bund und Land auf die Städte, ohne die nötige Gegenfinanzierung sicherzustellen. “Gut, dass das Land jetzt, unabhängig vom Bund, vorangeht und ernst macht mit einer landesfinanzierten Hilfe“, so Lögering und Neumann. „Denn die Entlastung von Altschulden ist eine wesentliche Voraussetzung, um die drängenden Herausforderungen unserer Stadt stemmen zu können – vom Klimaschutz über die Unterbringung von Geflüchteten bis hin zum Erhalt der sozialen Infrastruktur.“

    Der Gesetzentwurf wurde Ende Februar vom Landeskabinett beschlossen und wird nun zunächst den kommunalen Verbänden zur Beratung zugeleitet. Die endgültige Verabschiedung im Landtag ist noch vor der Sommerpause geplant.

    „Eine substanzielle Reduzierung der Altschulden würde Dortmund neue finanzielle Handlungsspielräume eröffnen, die dringend benötigt werden, um die Stadt zukunftsfähig und lebenswert zu gestalten“, betonen Lögering und Neumann abschließend.

Reaktion schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert