Von Susanne Schulte
Dass Birgit Worms-Nigmann nach dem Studium und dem Vikariat all ihre Zeit als Pfarrerin in der Dortmunder Nordstadt verbracht hat, war kein Zufall, sondern eine bewusste Entscheidung: „Ich habe mich hier sofort wohlgefühlt und das ist die ganzen 35 Jahre lang so geblieben.“ Die etwas mehr als 35 Jahre im aktiven Dienst gehen an Silvester zu Ende. Dann hält sie, an ihrem letzten Arbeitstag, ihren letzten Gottesdienst in der Pauluskirche. Das ist eine Tradition für sie. So weit wie sie sich erinnert, hat sie stets den letzten Gottesdienst im Jahr gehalten. Bis auf einmal, vielleicht, in ihren ersten Jahren in der Johannesgemeinde.
„Ich habe mich hier sofort wohlgefühlt“
In Bremen geboren, in Gütersloh aufgewachsen, hat sie, wie sie selbst sagt, den für viele Pfarrer:innen typischen Weg hinter sich: nach der Konfirmation Mitarbeiterin beim Kindergottesdienst, später in der Jugendarbeit der Gemeinde, Studium in Göttingen und Marburg. Fürs Vikariat ging Birgit Worms-Nigmann nach Brambauer. ___STEADY_PAYWALL___
Als sie sich dann für die zwei Jahre im Entsendungsdienst, der damals noch Hilfsdienst hieß, eine von drei Gemeinden in Dortmund aussuchen konnte, überlegte sie nach dem Besuch an der Jägerstraße in der Johannesgemeinde nicht lange.
Nach einem Rundgang durch die Nachbarschaft mit der damals gerade neu in der Gemeinde aufgenommenen Pfarrerin Gabriele Germer entschied sie sich, dort zu bleiben. „Die dritte Gemeinde habe ich mir gar nicht mehr angeguckt.“
Erste Pfarrstelle in der Johannesgemeinde
Damals waren die Aussichten auf eine feste Pfarrstelle nicht so aussichtsreich wie heute. Die ausgebildeten Theolog:innen, die sich erst nach zwei Jahren im Entsendungsdienst auf Pfarrstellen bewerben durften, suchten oft lange nach einer Gemeinde, die eine freie Stellen zu besetzen hatte.
Für Birgit Worms-Nigmann kam die Chance 1991: Die Johannesgemeinde suchte eine Pfarrerin, sie bewarb sich und wurde angenommen. 1997 wechselte sie zur Lukasgemeinde.
Zwei Jahre später war sie auch wieder für die ehemaligen Mitglieder der Johannesgemeinde zuständig, nachdem sich die Luther-, Lukas- und Johannesgemeinde zur Friedensgemeinde zusammengetan hatten. Weniger Einnahmen und weniger Gemeindemitglieder machten diesen ersten Zusammenschluss notwendig.
Von einst fünf Kirchen bleibt der Lydiagemeinde heute noch eine
Aus den nun drei Nordstadt-Gemeinden, neben der Friedensgemeinde waren noch die Markus- und die Paulusgemeinde selbstständig, wurde 2007 dann die Lydiagemeinde. Birgit Worms-Nigmann war nun allen verbunden.
Bereits 2002 stand in ihrem Arbeitsvertrag eine pfarramtliche Verbindung eingetragen: Drei Viertel ihrer Dienstzeit absolvierte sie für die Markusgemeinde, ein Viertel für die Friedensgemeinde. Und nun gehörten alle zur Lydiagemeinde.
„In der Nordstadt hatten wir mal fünf Kirchen und fünf Gemeindehäuser. Jetzt haben wir eine Kirche und ein Gemeindehaus“, sagt sie. Und das sind die Pauluskirche samt Gemeindehaus an der Schützenstraße und Kirchenstraße. Alle anderen Gebäude sind nun im Eigentum des Kirchenkreises, der sie weitervermietet.
„Die Menschen hier sind offen, halten nicht hinterm Berg“
Komplett überrascht von dieser Entwicklung ist Birgit Worms-Nigmann nicht. „Schon als ich in der Johannesgemeinde anfing, sagten mir Eltern bei einer Taufe: ,Wir haben jetzt eine neue Wohnung außerhalb der Nordstadt, wollten mit dem Umzug aber bis nach der Taufe warten.‘“
Heirat und Taufe, Beginn der Kindergartenzeit und Einschulung seien für Familien oft Zeitpunkte gewesen, die Nordstadt zu verlassen. „Die Menschen hier sind offen, halten nicht hinterm Berg und es sind so Treue“, ist ihre Erfahrung.
Viele sah sie trotz des Umzugs wieder – in den vielen Gemeindegruppen und bei besonderen Veranstaltungen. „Die alteingesessenen Nordstädter:innen sind stolz auf die Nordstadt“, aber müssten dann oft wegziehen: „Es gibt hier wenig altersgerechte Wohnungen.“
„Ich würde den Beruf immer wieder wählen“
Die Arbeit für Familien lag ihr immer seher am Herzen. Und was ihre Vorgänger aufgebaut hatten, setzte sie gerne fort. Doch als das Geld in der Markusgemeinde immer knapper wurde, wurde die hauptamtliche Kinder- und Jugendarbeit aufgegeben. „Was noch lebt, das ist die Internationale Gemeinde.“
Doch auch innerhalb dieser Einrichtung, gegründet 2016, gab es Abstriche. Wie die kulinarische Weltreise und den Bibelkreis. Mittlerweile werden nur noch Internationale Gottesdienste gefeiert. So auch am 12. Januar 2025. Während dieses Gottesdienstes und des Neujahrsempfangs der Lydiagemeinde sagen die Kolleg:innen von Birgit Worms-Nigmann und die Gemeindemitglieder ihr „Auf Wiedersehen“.
Die scheidende Pfarrerin weiß, dass es viel Musik geben wird an diesem Sonntag und sicher auch viel Wehmut. Aber sie ist ja nicht aus der Welt. Da sie ihren Ruhestand mit einem Sabbatjahr beginnt, wohnt sie mit ihrem Mann erst einmal weiterhin im Wichernhaus. Und sie hört mit dem guten Gefühl auf, sich in der Nordstadt immer wohlgefühlt und sich für die richtige Profession entschieden zu haben: „Ich würde den Beruf immer wieder wählen.“
Verabschiedung ist am 12. Januar im nächsten Jahr
Der Silvestergottesdienst in der Pauluskirche an der Schützenstraße beginnt um 18 Uhr. Anschließend sind die Gäste – wie in den Jahren zuvor – zu einem kleinen Umtrunk mit Sekt und Selters eingeladen. Der Internationale Gottesdienst mit Neujahrsempfang und Verabschiedung von Birgit Worms-Nigmann beginnt am Sonntag, 12. Januar, um 11.30 Uhr in der Pauluskirche.
Anm.d.Red.: Haben Sie bis zum Ende gelesen? Nur zur Info: Die Nordstadtblogger arbeiten ehrenamtlich. Wir machen das gern, aber wir freuen uns auch über Unterstützung!