Nach 35 Jahren Dienst verabschiedet sich die Pfarrerin der Lydia-Gemeinde

Ruhestand für Birgit Worms-Nigmann – 1989 entschied sie sich bewusst für die Nordstadt

Die Nordstadt-Pfarrerin Birgit Worms-Nigmann geht nach 35 Jahren in den Ruhestand. Foto: Susanne Schulte für Nordstadtblogger.de

Von Susanne Schulte

Dass Birgit Worms-Nigmann nach dem Studium und dem Vikariat all ihre Zeit als Pfarrerin in der Dortmunder Nordstadt verbracht hat, war kein Zufall, sondern eine bewusste Entscheidung: „Ich habe mich hier sofort wohlgefühlt und das ist die ganzen 35 Jahre lang so geblieben.“  Die etwas mehr als 35 Jahre im aktiven Dienst gehen an Silvester zu Ende. Dann hält sie, an ihrem letzten Arbeitstag, ihren letzten Gottesdienst in der Pauluskirche. Das ist eine Tradition für sie. So weit wie sie sich erinnert, hat sie stets den letzten Gottesdienst im Jahr gehalten. Bis auf einmal, vielleicht, in ihren ersten Jahren in der Johannesgemeinde.

„Ich habe mich hier sofort wohlgefühlt“

In Bremen geboren, in Gütersloh aufgewachsen, hat sie, wie sie selbst sagt, den für viele Pfarrer:innen typischen Weg hinter sich: nach der Konfirmation Mitarbeiterin beim Kindergottesdienst, später in der Jugendarbeit der Gemeinde, Studium in Göttingen und Marburg. Fürs Vikariat ging Birgit Worms-Nigmann nach Brambauer. ___STEADY_PAYWALL___

Als sie sich dann für die zwei Jahre im Entsendungsdienst, der damals noch Hilfsdienst hieß, eine von drei Gemeinden in Dortmund aussuchen konnte, überlegte sie nach dem Besuch an der Jägerstraße in der Johannesgemeinde nicht lange.

Nach einem Rundgang durch die Nachbarschaft mit der damals gerade neu in der Gemeinde aufgenommenen Pfarrerin Gabriele Germer entschied sie sich, dort zu bleiben. „Die dritte Gemeinde habe ich mir gar nicht mehr angeguckt.“

Erste Pfarrstelle in der Johannesgemeinde

Damals waren die Aussichten auf eine feste Pfarrstelle nicht so aussichtsreich wie heute. Die ausgebildeten Theolog:innen, die sich erst nach zwei Jahren im Entsendungsdienst auf Pfarrstellen bewerben durften, suchten oft lange nach einer Gemeinde, die eine freie Stellen zu besetzen hatte.

Birgit Worms-Nigmann war 20 Jahre Pfarrerin in der Markus-Kirche. Daniela Berglehn | Nordstadtblogger

Für Birgit Worms-Nigmann kam die Chance 1991: Die Johannesgemeinde suchte eine Pfarrerin, sie bewarb sich und wurde angenommen. 1997 wechselte sie zur Lukasgemeinde.

Zwei Jahre später war sie auch wieder für die ehemaligen Mitglieder der Johannesgemeinde zuständig, nachdem sich die Luther-, Lukas- und Johannesgemeinde zur Friedensgemeinde zusammengetan hatten. Weniger Einnahmen und weniger Gemeindemitglieder machten diesen ersten Zusammenschluss notwendig.

Von einst fünf Kirchen bleibt der Lydiagemeinde heute noch eine

Wie immer findet die Veranstaltung in der Pauluskirche statt. Foto:
Die Pauluskirche ist das letzte noch in betrieb befindliche evangelisches Gotteshaus in der Nordstadt. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Aus den nun drei Nordstadt-Gemeinden, neben der Friedensgemeinde waren noch die Markus- und die Paulusgemeinde selbstständig, wurde 2007 dann die Lydiagemeinde. Birgit Worms-Nigmann war nun allen verbunden.

Bereits 2002 stand in ihrem Arbeitsvertrag eine pfarramtliche Verbindung eingetragen: Drei Viertel ihrer Dienstzeit absolvierte sie für die Markusgemeinde, ein Viertel für die Friedensgemeinde. Und nun gehörten alle zur Lydiagemeinde.

„In der Nordstadt hatten wir mal fünf Kirchen und fünf Gemeindehäuser. Jetzt haben wir eine Kirche und ein Gemeindehaus“, sagt sie. Und das sind die Pauluskirche samt Gemeindehaus an der Schützenstraße und Kirchenstraße. Alle anderen Gebäude sind nun im Eigentum des Kirchenkreises, der sie weitervermietet.

„Die Menschen hier sind offen, halten nicht hinterm Berg“

Komplett überrascht von dieser Entwicklung ist Birgit Worms-Nigmann nicht. „Schon als ich in der Johannesgemeinde anfing, sagten mir Eltern bei einer Taufe: ,Wir haben jetzt eine neue Wohnung außerhalb der Nordstadt, wollten mit dem Umzug aber bis nach der Taufe warten.‘“

Evangelische Lydia-Gemeinde, Markus-Kirche
Die Evangelische Lydia-Gemeinde musste auch die Markus-Kirche aufgeben. Klaus Hartmann | Nordstadtblogger

Heirat und Taufe, Beginn der Kindergartenzeit und Einschulung seien für Familien oft Zeitpunkte gewesen, die Nordstadt zu verlassen. „Die Menschen hier sind offen, halten nicht hinterm Berg und es sind so Treue“, ist ihre Erfahrung.

Viele sah sie trotz des Umzugs wieder – in den vielen Gemeindegruppen und bei besonderen Veranstaltungen. „Die alteingesessenen Nordstädter:innen sind stolz auf die Nordstadt“, aber müssten dann oft wegziehen: „Es gibt hier wenig altersgerechte Wohnungen.“

„Ich würde den Beruf immer wieder wählen“

Die Arbeit für Familien lag ihr immer seher am Herzen. Und was ihre Vorgänger aufgebaut hatten, setzte sie gerne fort. Doch als das Geld in der Markusgemeinde immer knapper wurde, wurde die hauptamtliche Kinder- und Jugendarbeit aufgegeben. „Was noch lebt, das ist die Internationale Gemeinde.“

Die Internationale Gemeinde in der Nordstadt setzt besondere Akzente. Fotos: Susanne Schulte
Die Internationale Gemeinde in der Nordstadt setzte besondere Akzente – geblieben sind nur die internationalen Gottesdienste.. Foto: Susanne Schulte für Nordstadtblogger.de

Doch auch innerhalb dieser Einrichtung, gegründet 2016, gab es Abstriche. Wie die kulinarische Weltreise und den Bibelkreis. Mittlerweile werden nur noch Internationale Gottesdienste gefeiert. So auch am 12. Januar 2025. Während dieses Gottesdienstes und des Neujahrsempfangs der Lydiagemeinde sagen die Kolleg:innen von Birgit Worms-Nigmann und die Gemeindemitglieder ihr „Auf Wiedersehen“.

Die scheidende Pfarrerin weiß, dass es viel Musik geben wird an diesem Sonntag und sicher auch viel Wehmut. Aber sie ist ja nicht aus der Welt. Da sie ihren Ruhestand mit einem Sabbatjahr beginnt, wohnt sie mit ihrem Mann erst einmal weiterhin im Wichernhaus. Und sie hört mit dem guten Gefühl auf, sich in der Nordstadt immer wohlgefühlt und sich für die richtige Profession entschieden zu haben: „Ich würde den Beruf immer wieder wählen.“

Verabschiedung ist am 12. Januar im nächsten Jahr

Der Silvestergottesdienst in der Pauluskirche an der Schützenstraße beginnt um 18 Uhr. Anschließend sind die Gäste – wie in den Jahren zuvor – zu einem kleinen Umtrunk mit Sekt und Selters eingeladen. Der Internationale Gottesdienst mit Neujahrsempfang und Verabschiedung von Birgit Worms-Nigmann beginnt am Sonntag, 12. Januar, um 11.30 Uhr in der Pauluskirche.


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Reaktionen

  1. „Das ist der beste Beruf, den es gibt.“ Birgit Worms-Nigmann würde alles wieder genauso machen (PM Kirchenkreis)

    Das ist ein glücklicher Mensch, der in den Ruhestand eintritt und im Rückblick an seinem Berufsleben so gar nichts auszusetzen hat! Pfarrerin Birgit Worms-Nigmann gehört zu diesen seltenen Exemplaren. Sie liebt ihren Beruf und „ihre“ Lydia-Gemeinde in der Dortmunder Nordstadt und freut sich doch auf einen neuen Alltag ohne Verpflichtungen.

    „Dabei soll das gefährlich sein“, sagt Birgit Worms-Nigmann. „Man sagt nämlich, wenn man den Pfarrdienst verlässt, soll man möglichst wegziehen aus der Gemeinde und sich mindestens ein Jahr lang komplett raushalten.“ Das wird schwierig, denn die Pfarrerin wohnt „mittendrin“ und geht vorerst auch nicht weg.

    Ihr Ehemann, ein Sozialwissenschaftler, der bereits im beruflichen Ruhestand ist, freut sich auf sie. Auf mehr Zeit für die gemeinsamen Hobbys: Theater- und Konzertbesuche, Wandern, Kino, Lesen und Kiesertraining. „Ich muss üben, nicht einfach weiter zu machen“, sagt die „Neu-Rentnerin“. „Ich muss mich zurückhalten. Früher war das für die Kollegen einfacher, weil es ja immer Nachfolger gab.“

    Birgit Worms-Nigmann hat viele Fusionen erlebt. Als sie 1989 in der Nordstadt angefangen hat, gab es dort noch fünf Gemeinden, jetzt nur noch die Lydia-Gemeinde.

    Die Lydia-Gemeinde wird international

    Damals ahnte noch keiner, dass der Lydia-Gemeinde einmal eine besondere Aufgabe zukommen sollte. 2016 wurde sie – nach ihrer engagierten Bewerbung – von der Landeskirche dazu auserkoren, „Internationale Gemeinde“ zu werden. Birgit Worms-Nigmann und ihre Kolleginnen und Kollegen begannen erst einmal mit intensiven Recherchen.

    Überrascht stellten sie fest, dass ihre Gemeindemitglieder aus 60 (!!) unterschiedlichen Nationen kamen. Sie alle galt es anzusprechen, zu Gottesdiensten einzuladen, miteinander über ein mögliches gemeinsames Engagement zu reden. Daraus entstand u.a. eine enge Zusammenarbeit mit der tamilischen und der koreanischen Gemeinde. In den Gottesdiensten spielte fortan häufig eine afrikanische Band, die „Living Worshippers“.Die Gemeinde lud zu „kulinarischen Weltreisen“ ein, zum internationalen Bibelkreis.

    „Das war eine schöne Zeit“, schwärmt Birgit Worms-Nigmann. „Alle waren mit ganzem Herzen dabei.“ Die Gottesdienstsprache blieb deutsch. Gebete und Fürbitten, die in anderen Sprachen gehalten wurden, wurden immer kurz übersetzt. Leider hat die Corona-Zeit vieles kaputt gemacht. Die Kontakte konnten nicht mehr intensiv gepflegt werden, die tamilische Gemeinde zog um nach Leverkusen. Und doch sind internationale Akzente geblieben.

    Birgit Worms-Nigmann, die übrigens von 1998-2002 als junge Frau die erste Superintendentin in Dortmund war, geht jetzt in den Ruhestand, genauer gesagt: erst in ein Sabbatjahr, für das sie fünf Jahre lang „gespart“ hat und dann in den Ruhestand.

    Wir wünschen Birgit Worms-Nigmann alles Gute und Gottes Segen für ihren neuen Lebensabschnitt.

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