Rolle rückwärts in der Bezirksvertretung der Nordstadt: Nachdem im vergangenen Jahr die Sitzgelegenheiten am Borsigplatz abgebaut werden sollten, um es einer Trinkerszene ungemütlicher zu machen, hatte sich der Seniorenbeirat ins Zeug gelegt und für den Erhalt plädiert. Die BV stimmte einem Moratorium zu, ein Jahr zu warten, und insbesondere Dr. Franz-Josef Ingenmey vom Seniorenbeirat mit Anliegern, Gewerbetreibenden und Nutzer*innen zu sprechen. Jetzt legte dieser seinen Bericht vor – und eine Empfehlung des Seniorenbeirats, die Zahl der Bänke sogar aufzustocken.
Großer Bedarf an bequemen und seniorengerechten Sitzmöglichkeiten
Das Gremium wünscht sich die zusätzliche Installation von sechs sogenannten „seniorengerechten Bänken“ am Borsigplatz. Diese Bänke mit erhöhter Sitzfläche, Rücken- und Armlehnen würden die Aufenthaltsqualität insbesondere für Senior*innen und für mobilitätseingeschränkte Menschen verbessern und die anderen Aktivitäten im öffentlichen und privaten Raum sinnvoll ergänzen.
In letzter Zeit seien am Borsigplatz verschiedene Maßnahmen zur Verbesserung des Erscheinungsbildes und der Aufenthaltsqualitäten umgesetzt worden. Dazu zählen nach Ansicht von Ingenmey z.B. das Aufbringen eines BVB-Wandbildes auf der Fassade des ehemaligen Edeka-Ladens, die Anlage einer Wildblumenwiese und das Aufstellen des Nashorns „Hoppy“ (in Erinnerung an den BVB-Spieler Hoppy Kurrat).
Aber auch die Intensivierung der Reinigung von Gehwegen und Baumbeeten und die Erneuerung der Holzauflagen an den vorhandenen Bänken führte er als positiv auf. „Nach Rückmeldungen von älteren Menschen an den Seniorenbeirat und anderen Akteur*innen vor Ort besteht darüber hinaus Bedarf insbesondere hinsichtlich bequemer und seniorengerechter Sitzmöglichkeiten“, betonte der Seniorenvertreter.
Sechs potenzielle Standorte auf der Süd- und Ostseite des Borsigplatzes
„Die vorhandenen Bänke haben keine Lehnen und sind daher für viele Senior*innen und mobilitätseingeschränkte Menschen nur mühsam oder gar nicht nutzbar. Es macht daher Sinn, die vorhandenen Sitzangebote durch die Installation seniorengerechter Bänke mit erhöhter Sitzfläche, Arm- und Rückenlehne für diese Zielgruppen zu ergänzen.“ Der seniorenbeirat wünscht sich den Banktyp, den das Grünflächenamt vor kurzem an 50 Standorten im Fredenbaumpark verwendet hat.
Auf Initiative des Seniorenbeirats Innenstadt-Nord und des Runden Tischs „BVB und Borsigplatz“ hat dazu am 7. Mai 2021 ein Ortstermin mit einem Vertreter des Tiefbauamtes stattgefunden, bei dem u.a. mögliche Aufstellorte, Ausrichtung der Bänke, Einbeziehung von Geschäftsleuten und Anwohner* innen (z.B. Übernahme von Bank-Patenschaften) erörtert wurden.
Dabei wurden sechs potenzielle Standorte auf der Süd- und Ostseite des Borsigplatzes zwischen Oestermärsch und nördlicher Oesterholzstraße identifiziert. „Die Installation seniorengerechter Bänke steht dabei im Kontext der anderen Bemühungen zur Verbesserung der Aufenthaltsqualitäten am Borsigplatz.
Den Vorschlag des Seniorenbeirats erhoben die Grünen zum Antrag für die BV – nicht allen politischen Vertreter*innen gefiel der Vorschlag, zumal die Kosten für die Bänke nicht beziffert werden konnten. Amir Aletic (SPD) hakte nach, mit wie vielen Gewerbetreibenden gesprochen worden sei (Antwort: Im Prinzip mit allen).
Es bleibt Skepsis: Können Senior*innen die Trinkerszene verdrängen?
Dorian Marius Vornweg (CDU) berichtete von seinen Erfahrungen, die er dort gemacht habe („Es ist erschreckend, welches Verhalten da an den Tag gelegt wird“) und wunderte sich darüber, dass das neue BVB-Motiv schion nach kurzer Zeit so aussehe, „als als wäre 1960 angebracht worden“.
Dennoch wollte auch er sich den neuen Mehrheiten und Stimmungen nicht verweigern: „Wenn mehr Senioren dasitzen, gibt es vielleicht weniger Platz für andere Nutzer“, sagte er mit Blick auf die Trinkerszene.
Darauf setzt auch Cornelia Wimmer (Linke): „Die Grundregel sagt: Je belebter, desto sicherer ist ein Raum“, erinnerte sie an Grundsätze der Stadtplanung. „Wenn man einen Platz belebt, sorgt man auch für Augenzeugen. Sitzbänke, die zum Sitzen einladen und nicht abschrecken, sind ein Beitrag für mehr Attraktivität“, so Wimmer.
Der Faustregel wollte Thomas Oppermann (SPD) nicht widersprechen. „Mehr Menschen sorgen für mehr Sicherheit. Aber ob Senioren für mehr soziale Kontrolle beitragen, weiß ich nicht. Ich bezweifle, ob die Bänke einen Beitrag leisten“, so Oppermann.
Wenn die Kosten beziffert sind, berät die Bezirksvertretung erneut
Der Vorschlag von Thomas Lichtenberg, man könne ja vielleicht auch mobile Bänke anschaffen, die man bei Bedarf versetzen könnte, kassierte aber gleich seine Fraktionsvorsitzende ein: „Von nicht fest installiertem Bänken kann ich nur abraten, sie finden wir sonst wer weiß wo wieder“, warnte Brigitte Jülich.
Sie forderte auch ein, zunächst die Kosten für die zusätzlichen Bänke zu erfahren. „Die Kosten sollen wir vorher wissen, bevor wir etwas beschließen“, so Jülich. Da alle Mitglieder der Bezirksvertretung im Prinzip zustimmten, sollen nun noch konkrete Zahlen auf den Tisch. Dann wird sich das Gremium erneut mit den Bänken befassen. Wahrscheinlich nicht zum letzten Mal….