In der Zeit vom 28. Januar bis zum 5. Februar 2023 wird die Bürger:innen-Initiative „Schlafen statt Strafen“ in der Dortmunder Innenstadt ein Protestcamp aufschlagen mit dem Ziel, das Thema „Obdachlosigkeit“ mehr in den Fokus der Öffentlichkeit zu bringen. „Die Situation ist für Obdachlose hier in Dortmund katastrophal“, so Anna Flaake, die Pressesprecherin der Initiative. Das Camp wird seit Freitagnachmittag im Bereich der Kreuzung Katharinenstraße und Kampstraße aufgebaut – zwischen Sparkasse, DSW-Kundencenter und Petrikirche.
Bürger:innen-Initiative „Schlafen statt Strafen“ entstand im Herbst 2022
„Es fehlen akzeptable und kostenlose Notunterkünfte für die geschätzt 900 Menschen ohne festen Wohnsitz in Dortmund. Die Männer- und die Frauennotschlafstelle sind permanent überfüllt, Ausweichmöglichkeiten gibt es kaum.
Zudem werden die Unterkünfte zum Teil von European Homecare, einem profitorientierten Unternehmen, geführt, was dazu führt, dass Ausstattung, hygienische Verhältnisse und auch der Umgang mit den Menschen dort sehr zu wünschen übrig lassen. Das wurde auch schon durch wissenschaftliche Studien der FH Dortmund dokumentiert“, so Flaake.
Weiterhin fehlten Möglichkeiten, die hygienischen Bedürfnisse der auf der Straße lebenden Menschen zu befriedigen, bemängelt „Schlafen statt Strafen“. Öffentliche, kostenfreie Toiletten findet man in der Innenstadt nicht.
Gegründet hatte sich die Bürger:inneninitiative „Schlafen statt Strafen“ im Herbst 2022, nachdem öffentlich worden war, dass die im Cityring organisierten Kaufleute einen privaten Sicherheitsdienst engagiert hatte, um obdachlose, schlafende Menschen nachts aus Haus- und Geschäftseingängen in der Innenstadt zu vertreiben.
„Dieser Vorstoß des Cityrings reiht sich ein in eine lange Liste von Maßnahmen des Dortmunder Ordnungsamtes, die das Ziel haben, obdachlose Menschen zu kriminalisieren und zu verdrängen. Aus den Augen, aus dem Sinn löst jedoch das Problem nicht“, so Flaake. Mit dem Protestcamp, welches in der Innenstadt aufgeschlagen werden soll, wollen die Protestierenden ihren Forderungen Nachdruck verleihen
Das Camp will neun Tage lang ein Ort des gemeinsamen Lebens sein
Die Aktivist:innen fordern kostenfreie, akzeptable Unterbringung für alle obdachlosen Menschen, die diese in Anspruch nehmen wollen, Programme wie „housing first“ (Wohnungen für obdachlose Menschen ohne daran geknüpfte Bedingungen wie Annahme von Unterstützung durch Sozialarbeiter*innen, Suchtmittelentzug, etc.), die Abschaffung von obdachlosenfeindlicher Architektur im öffentlichen Raum, die Bereitstellung kostenloser öffentlicher Toiletten und den Stopp der Vertreibung obdachloser Menschen aus der Innenstadt.
Das Camp will neun Tage lang ein Ort des gemeinsamen Lebens sein. Rund um die Uhr werden Menschen vor Ort sein, dort kochen, essen, schlafen, diskutieren, leben. Es ist ein politisches Rahmenprogramm vorgesehen mit Information, Musik und Diskussionsrunden. Besonderen Wert legen die Protestierenden darauf, mit interessierten Passant:innen ins Gespräch zu kommen und so das Thema „Obdachlosigkeit“ stärker ins öffentliche Bewusstsein zu bringen.
Durch die angebotene Möglichkeit, gemeinsam eine Zeit dort zu leben (in einzelnen kleinen Zelten sowie in einem, von den „NaturFreunden NRW“ zur Verfügung gestellten Großzelt), soll zumindest kurzzeitig ein Schutzraum für teilnehmende obdachlose Menschen entstehen.
Dies soll ihnen die Möglichkeit bieten, im geschützten Raum zur Ruhe zu kommen und gleichzeitig verhindern, dass ihr Besitz, wie beispielsweise am Hauptbahnhof geschehen, vom Ordnungsamt der Stadt Dortmund als „Müll“ entsorgt wird. Das Camp wird von verschiedenen lokalen und überregionalen Initiativen und Gruppen, u.a. die Kana-Suppenküche, Face2Face oder der Selbstvertretung wohnungsloser Menschen, unterstützt.
Spendenkampagne soll bei der Realisierung des Camps helfen
Um das Camp zu finanzieren, wurde im Vorfeld eine Spendenkampagne gestartet sowie eine Solidaritätsveranstaltung im „Nordpol“ an der Bornstraße durchgeführt. Auch Eigenmittel wurden von den Mitgliedern von „Schlafen statt Strafen“ bereitgestellt. Weiterhin läuft zur Zeit noch eine Petitionskampagne, bei der Unterschriften gegen den unwürdigen Umgang mit obdachlosen Menschen und für Solidarität mit ihnen gesammelt werden.
Diese Kampagne richtet sich an den Oberbürgermeister Thomas Wesphal sowie den Vorsitzenden des Cityrings Tobias Heitmann, welche zur Übergabe der Unterschriften im Verlauf des Protestcamps eingeladen worden sind.
„Wir laden alle Menschen herzlich ein, sich uns anzuschließen, uns bei unserem Camp zu unterstützen, sich solidarisch zu zeigen und mit uns ins Gespräch zu kommen.“, so die Pressesprecherin. „Spenden sind genauso willkommen wie aktives Mitmachen. Wir laden auch die Presse ein, uns während des Camps zu begleiten.“
Mehr Informationen:
- Weitere Infos und das Programm auf schlafen-statt-strafen.org
- Spendenkampagne: betterplace.me/schlafen-statt-strafen-protestcamp
- Petition: campact.de/petitions/schlafen-statt-strafen-stoppt-die-verdrangung-von-obdachlosen-in-dortmund
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Schlafen statt Strafen – Protestcamp in der Innenstadt legt Finger in die Wunde (PM Grünen-Fraktion)
Am Samstag startet in der Innenstadt ein fünftägiges Protestcamp der Initiative „Schlafen statt Strafen“ gegen Diskriminierung und Verdrängung von obdachlosen Menschen in Dortmund. Das Ziel: Aufmerksamkeit schaffen für die schwierige Lage von Obdachlosen. Die GRÜNE Ratsfraktion kündigt an, mit den Beteiligten des Protestcamps das Gespräch zu suchen.
„Es ist gut, dass damit der Fokus auf die Situation obdachloser Menschen in Dortmund gerichtet wird. Die Aktionen und Überlegungen der letzten Monate von Verwaltung und Handel mit dem sogenannten „Weckdienst“ für Obdachlose und einem privaten nächtlichen Sicherheitsdienst erwecken den Eindruck, es gehe in erster Linie um eine Vertreibung der betroffenen Menschen aus der Innenstadt statt um die Verbesserung ihrer Situation. Das ist nicht unser GRÜNER Ansatz“, kommentiert Jenny Brunner, Ratsmitglied der GRÜNEN, die Protestcamp-Aktion.
Insgesamt sind aus Sicht der GRÜNEN Ratsfraktion die Möglichkeiten zur Vermeidung von Obdachlosigkeit und zur Versorgung von Wohnungslosen noch nicht ausgeschöpft. Jenny Brunner: „Das Ziel auf EU-, Bundes- und Landesebene ist es, Obdachlosigkeit bis 2030 zu überwinden. Deswegen müssen auch wir in Dortmund alles daransetzen, dass jeder Mensch ein Dach über dem Kopf hat. Klar ist, dass es an einigen Stellen Handlungsbedarf gibt. Das betrifft zum Beispiel die Übernachtungsmöglichkeiten in der Männer- und Frauenübernachtungsstelle. Es gibt eine Diskrepanz zwischen freien Plätzen in den Einrichtungen einerseits und sichtbaren Übernachtungen im Freien andererseits. Das muss sich ändern.“
Wer keinen sogenannten Übernachtungsschein mit einer Zusage der Kostenübernahme durch das Jobcenter oder das städtische Sozialamt vorweisen kann, muss bis auf die erste Nacht für weitere Übernachtungen in den Einrichtungen zahlen. Das betrifft neben Obdachlosen aus anderen Städten vor allen Dingen Obdachlose aus dem EU-Ausland. Für viele Menschen stellt das eine finanziell nicht zu leistende Belastung dar. Eine Folge ist die sichtbare Zunahme von Übernachtungen im Freien.
„Wir haben dazu eine entsprechende Anfrage im Sozialausschuss gestellt. Die Verwaltung soll darlegen, wie hoch sie die Kosten einer generellen kostenfreien Übernachtung der betroffenen Gruppe schätzt und welche anderen Hilfestellungen diesen Personen angeboten werden. Und auch mit der Umsetzung des Konzeptes „Housing First“ muss endlich begonnen werden. Seit fast zwei Jahren warten wir auf ein Konzept der Verwaltung, um wohnungslose Menschen direkt in Wohnungen mit eigenem Mietvertrag unterzubringen – ohne die Bedingung, dass sie vorher eine „Wohnfähigkeit“ nachweisen müssen. Darauf werden wir weiter drängen. Unser Ziel ist es, Housing First in einem größeren Umfang als zusätzliches Instrument der Wohnungslosenhilfe in Dortmund zu etablieren“, so Jenny Brunner abschließend.
Programm des „Schlafen statt Strafen“ – Protestcamps (PM)
Wie zuvor berichtet, veranstaltet die Bürger*inneninitiative „Schlafen
statt Strafen“ vom 28.01. bis 05.02.23 in der Dortmunder Innenstadt ein
Protestcamp gegen die Diskriminierung und Verdrängung von Wohnungslosen.
Während des Camps wird ein vielfältiges Programm stattfinden, was Räume
für Dialoge zwischen Betroffenen, Bürger*innen und politischen
Akteur*innen öffnen kann.
Das organisierte Programm wird am Samstag, 28.1. um 14 Uhr mit einer
Auftaktkundgebung starten, bei dem es neben Redebeiträgen von „Schlafen
statt Strafen“ und weiteren Gruppen auch ein offenes Mikrofon für von
Wohnungslosigkeit Betroffene geben. „Es ist uns ein großes Anliegen, die
Betroffenen selbst zu Wort kommen zu lassen, statt nur über sie zu
reden, wie es sonst im politischen Diskurs so häufig passiert“, so Anna
Flaake, die Pressesprecherin der Initiative. „Nur wenn wir den Menschen
zuhören und ihre Wünsche und Bedürfnisse ernst nehmen, können wir das
soziale Problem Wohnungslosigkeit wirksam lösen“.
Im weiteren Verlauf des Protestcamps wird es ein vielfältiges Programm
aus kulturellen und politischen Veranstaltungen geben. Als einige
Höhepunkte sind ein Konzert am 3.2., Vorträge und Workshops mit externen
Gästen, historische Stadtführungen und ein Literaturabend zu nennen. Am
30. und 31.1. soll jeweils abends eine Videoschalte zur „Fünften
Mahnwache gegen Obdachlosigkeit“ in Berlin stattfinden, wodurch die
überregionale Vernetzung noch weiter gestärkt werden soll.
Weiterhin wird Zeit sein für spontane Kreativität und Skill Sharing der
Teilnehmenden des Camps. Die offenen Gruppentreffen von „Schlafen statt
Strafen“ bieten zudem die Gelegenheit, direkt beim Camp in die Arbeit
der Bürger*inneninitiative aktiv einzusteigen. Und schließlich wird es
jeden Abend ein kostenfreies veganes Essensangebot geben, das allen
Menschen offensteht („Küche für Alle“).
„Schlafen statt Strafen“ bedauert, dass bislang alle Einladungen an
Entscheidungsträger*innen der Stadtverwaltung zum Dialog ausgeschlagen
wurden. So wurde die Einladung zur Übergabe der Petition und einer
Diskussion von Oberbürgermeister Thomas Westphal mit der Begründung von
Terminknappheit abgelehnt, eine Folge-E-Mail mit der Frage, ob
stattdessen ein*e Stellvertreter*in der Einladung folgen könnte blieb
bisher unbeantwortet. Auch die Sozialdezernentin Birgit Zoerner erteilte
der Einladung zum Vorstellen des Konzeptes der Stadt gegen
Wohnungslosigkeit eine Absage. Hierbei wurde von ihr darauf verwiesen,
dass die Stadt ein funktionierendes Konzept gegen Wohnungslosigkeit habe
und die Diskussion in bestehenden Netzwerken zielführender sei.
„Wir sind sehr enttäuscht von der fehlenden Dialogbereitschaft.“ äußert
sich Pressesprecherin Anna Flaake. „Wenn die Stadtvertreter*innen so
überzeugt von ihrem Konzept sind, sollte es doch ein Leichtes sein,
dieses in der Öffentlichkeit zu diskutieren, auch mit Betroffenen von
Wohnungslosigkeit, über die in Gesellschaft und Politik zu oft geredet
und ohne ihre Beteiligung hinwegentschieden wird.“
Die Initiative ist weiterhin offen für kurzfristige Änderungen im
Programm, falls die Vertreter*innen der Stadtverwaltung sich
entscheiden, doch in den Dialog zu treten und sich den Fragen von
Betroffenen zu stellen. Doch auch in Abwesenheit der Stadtverwaltung
wird es unterstützende Angebote speziell für Betroffene geben. Zu
erwähnen sind hier eine Rechtsberatung zu ALGII & Co. durch die
Anarchistische Gruppe Dortmund, individuelle Unterstützung bei
Amtsgängen durch die Aktivist*innen von „Schlafen statt Strafen“ und
eine Beratung zu Selbstorganisation und politischer Partizipation durch
die Selbstvertretung Wohnungsloser Menschen e.V. Dadurch erhofft
„Schlafen statt Strafen“ einen nachhaltigen positiven Effekt des
Protestcamps für die Lebenssituation der obdachlosen Menschen in
Dortmund.
Das vollständige Programm findet sich auf der Website der Initiative
unter:
https://www.schlafen-statt-strafen.org/2023/01/19/programm-des-protestcamps/
Die Stadt Dortmund hat sich zum Thema Obdachlosigkeit geäußert – als Reaktion zum Protestcamp von „Schlaf statt Strafen“ (PM)
Im Zusammenhang mit dem Thema Obdachlosigkeit stellen wir Ihnen die folgenden Informationen zur Verfügung. Anzahl der wohnungslosen Menschen Zu der Anzahl der wohnungslosen Menschen gibt es nur Schätzungen. Wir gehen von 500 bis 600 Menschen aus. Zu der stark schwankenden Anzahl der Menschen, die im Bereich des Hauptbahnhofes oder in der Innenstadt übernachten, gibt es ebenfalls keine exakten Angaben, da es hier eine große Fluktuation gibt. Wir gehen insgesamt von 30 bis 40 Menschen aus.
Unterstützungs- und Hilfeangebote
In Dortmund gibt es ein ausdifferenziertes System an Unterstützung und Hilfe für diese Menschen. Alle diese Instrumente sind darauf ausgerichtet, die Menschen von der Straße zu holen.
Dortmund verfügt über ausreichende Kapazitäten, um obdachlose Menschen unterzubringen. Alle Menschen, die eine unfreiwillige Obdachlosigkeit für die Nacht und fehlende Selbsthilfemöglichkeiten erklären, erhalten von der Stadt Dortmund ein Übernachtungsangebot. Die Stadt stellt sicher, dass jeder Mensch, dessen Lage sich so darstellt, ein Obdach erhält. Niemand muss draußen schlafen, wenn er dringend Hilfe benötigt. Die insgesamt breit gefächerten Ressourcen und Angebote der Stadt garantieren so, dass Menschen nicht ohne Hilfe bleiben. Wer Hilfe benötigt, kann sich an alle bekannten Einrichtungen des Netzwerkes aus Stadt und Freien Trägern oder an die Sozialarbeiter*innen wenden.
Hinweis: Bis auf einige wenige Ausnahmen erhalten die Menschen, die in den Unterkünften übernachten, Sozialleistungen zum Lebensunterhalt. Das bedeutet, dass die Gebühren für die „Kosten der Unterkunft“ damit bereits abgedeckt sind, so dass die Menschen keinerlei „Mehrkosten“ zu tragen haben, wenn sie die Angebote nutzen.
In Dortmund gibt es eine Männerübernachtungsstelle (Träger: European Homecare GmbH), eine Frauenübernachtungsstelle (Trägerin: Diakonisches Werk), die Städtische Notschlafstelle für wohnungslose junge Erwachsene gap jump (Träger: European Homecare GmbH), die Städtische Notschlafstelle für wohnungslose Drogenabhängige (Träger: Soziales Zentrum e.V.) sowie das Sleep-In Stellwerk für Jugendliche (Träger: Verbund Sozialtherapeutischer Einrichtungen NRW e.V.)
Die Männerübernachtungsstelle bietet 70 Schlafplätze in Zimmern für zwei bis vier Personen. Die Übernachtungsstelle für Frauen hat 50 Schlafplätze mit Zimmern für zwei Personen. Die Notschlafstelle für junge Erwachsene bietet 20 Betten, die Notschlafstelle für Drogenabhängige bietet ebenfalls 20 Betten, für Jugendliche stehen im Sleep In zehn Betten bereit.
Zudem hat die Stadt Dortmund eigens zur Unterbringung der obdachlosen Menschen in ausreichender Anzahl Wohnungen angemietet, die sie diesen in einem festgelegten Rahmen zur Verfügung stellen kann. Diese werden über das sogenannte Wohnraumvorhalteprogramm im Sozialamt verwaltet. Von hier aus gelingt einigen Menschen auch der Sprung (zurück) auf den regulären Mietwohnungsmarkt.
Im Rahmen des sozialen Managements des Sozialamtes besteht grundsätzlich die Möglichkeit, dass Nutzende und Vermieter*in sich über die Übernahme des Mietvertrages einigen, so dass die/der Betroffene auf diesem Wege am Ende wieder eine eigene Wohnung, ein „eigenes Zuhause“ hat. Die Stadt verliert dabei eine Ressource aus dem Bestand, würde das Portfolio über Einheiten durch Neuanmietung aber auffüllen. Ausführliche Informationen zum Thema finden sie unter: Hilfen bei (drohender) Wohnungslosigkeit – Sozialamt – Familie & Soziales – Leben in Dortmund – Stadtportal dortmund.de
Kontrollen des Ordnungsamtes
Das Lagern, Campieren und Übernachten auf öffentlichen Straßen oder in Anlagen ist gemäß der „Ordnungsbehördlichen Verordnung der Stadt Dortmund“ untersagt. In diesem Zusammenhang führt der Kommunale Ordnungsdienst (KOD) des Ordnungsamtes seit längerem Kontrollen vor allem in der City durch. Die betroffenen Menschen werden zur Übernachtung und für weitere Hilfsangebote auf die dafür vorgesehenen Schlafgelegenheiten (z.B. Männerübernachtungsstelle, Frauenübernachtungsstelle) hingewiesen.
Dabei suchen die Teams des KOD bei Kontrollen immer das Gespräch mit den betroffenen Menschen, informieren sie über die bestehenden Hilfsangebote und fordern sie zur Einhaltung der rechtlichen Regelungen auf. Zumeist kommen die Menschen der Aufforderung, den entsprechenden Ort zu verlassen, nach. Es kommt aber auch vor, dass Platzverweise ausgesprochen werden müssen. Verwarn- oder Bußgelder werden nicht erhoben.
Alle Maßnahmen werden immer mit der entsprechenden Sensibilität und mit einem der jeweiligen Situation angepassten Augenmaß durchgeführt. Zu dem Thema gibt es einen engen Austausch zwischen Ordnungsamt und Sozialamt.
Netzwerk „Wohnungslosenhilfe“
Die Veranstalter des Camps stellen als Beweggründe zur Durchführung dieser Veranstaltung dar, dass sie davon ausgehen, dass der Austausch zwischen der Stadtverwaltung und von Obdachlosigkeit betroffenen Menschen meist indirekt sei, dass die Problemlagen dieser Menschen der Stadtverwaltung nicht ausreichend bekannt seien und zudem die betroffenen Menschen nur unzureichende Kenntnisse über die Angebote der Obdach- und Wohnungslosenhilfe in Dortmund hätten. Diese Annahmen treffen nicht zu und entsprechen auch nicht der gelebten Praxis.
Selbstverständlich haben die verschiedenen Akteur*innen des Netzwerkes „Wohnungslosenhilfe“ eine Vielzahl von Kontakten zu den betroffenen Menschen und kennen ihre Perspektive und Bedarfe. Anders wären die Angebote für obdach- und wohnungslose Menschen auch nicht zu realisieren und nicht sinnvoll weiterzuentwickeln. Den betroffenen Menschen wiederum sind die Angebote in Dortmund bekannt. Die Dortmunder Obdach- und Wohnungslosenhilfe ist breit aufgestellt und verfügt über ein ausdifferenziertes Angebot für betroffene Menschen, das stetig weiterentwickelt wird.
Die Hilfe für obdach- oder wohnungslose Menschen in Dortmund basiert seit Jahren auf einem Zusammenwirken von mittlerweile insgesamt 15 Trägern: Träger der freien Wohlfahrtspflege, kirchliche Träger, Vereine und Initiativen, die FH Dortmund, das Jobcenter und die Stadt Dortmund (Sozialamt, Gesundheitsamt, Ordnungsamt und Jugendamt). Diese haben sich in dem regelmäßig tagenden Netzwerk „Wohnungslosenhilfe“ zusammengeschlossen.
Dort werden die Bedarfe von obdach- oder wohnungslosen Menschen aus den verschiedenen Blickwinkeln und Erfahrungen der beteiligten Akteure diskutiert. Ebenso werden dort Entwicklungen der Obdach- und Wohnungslosenhilfe, die außerhalb Dortmunds, auch bundesweit, stattfinden, verfolgt, um daraus für Dortmund gegebenenfalls wichtige Schlüsse zu ziehen.
In Folge dieses Austauschs wurden und werden im Netzwerk Lösungsmöglichkeiten für die betroffenen Menschen entwickelt und deren Umsetzung vereinbart. Das Netzwerk „Wohnungslosenhilfe“ hat sich als Ort des kritischen Austauschs, der fachlichen Evaluation und damit als Instrument der gemeinsamen Weiterentwicklung der Obdach- und Wohnungslosenhilfe in Dortmund bewährt.
Diese Weiterentwicklung kann gut anhand der öffentlich zugänglichen Berichte des Sozialamtes nachvollzogen werden. Die Stadt begrüßt es es sehr, dass sich in Dortmund viele Menschen um das Thema „Wohnungslosenhilfe“ kümmern und an seiner Weiterentwicklung mitwirken möchten. Der dafür geeignete Ort ist das Netzwerk „Wohnungslosenhilfe“. Die Stadt hat die Organisatoren des Camps eingeladen, ihre Initiative und ihre Ideen dort vorzustellen.
Dirk Hoffmann
Hallo,
diese Aktion ist ein gutes Beispiel, um Solidarität und Aufmerksamkeit für dieses dringende Problem zu zeigen. Ich selber wohne in Bonn, bin nicht obdachlos, kenne jedoch viele Menschen, die mit dieser Problematik leben. Meine Frage daher, ob eine solche Aktion auch hier in Bonn aufgezogen werden kann, bzw ob Sie die Möglichkeit sehen, hier in Bonn ähnliches zu machen.
MfG
Hoffmann
Pressemitteilung vom 01.02.2022: Zwischenbilanz zum Schlafen statt Strafen Protestcamp (PM)
Zur Mitte des 9-tägigen Protestcamps in der Dortmunder Innenstadt zieht
die Bürger*inneninitiative „Schlafen statt Strafen“ eine positive
Zwischenbilanz. Das Ziel, die Probleme rund um Wohnungslosigkeit und die
Verdrängung von obdachlosen Menschen aus der Dortmunder Innenstadt noch
mehr ins Bewusstsein der Stadtbevölkerung zu bringen, konnte erreicht
werden.
Eine zentrale Frage war für die Organisator*innen vor Beginn des Camps,
ob es gelingen würde, das Protestcamp auch zu einem Ort des Austauschs
mit von Obdachlosigkeit Betroffenen zu machen und ihnen einen Schutzraum
zu bieten. Es zeigte sich dann schnell, dass das Camp von Betroffenen
als niedrigschwelliger Ort zum Ausruhen, Essen, Austauschen und
Vernetzen angenommen wird. Seit Beginn am vergangenen Samstag steigt die
Zahl der hier lebenden Menschen stetig, inzwischen sind jede Nacht
ungefähr 25-30 Betroffene vor Ort und gestalten das Camp selbst aktiv
mit. Dabei entwickelt sich das Zusammenleben äußerst solidarisch und auf
Augenhöhe.
„Zusammenhalt und Solidarität sorgen für mehr Sicherheit.“ sagt zum
Beispiel Marek. „Es ist schön, dass das hier so zentral stattfindet,
weil so Orte zum Schnorren und zum Schlafen nah beieinander sind.“
Motzie ergänzt: „Sowas hat bisher noch kein Mensch hier gemacht, außer
Menschen, die selbst obdachlos sind.“
„Wir sind sehr glücklich, dass das Camp ein Raum für Partizipation und
gegenseitiger Wertschätzung geworden ist“, so Anna Flaake,
Pressesprecherin von „Schlafen statt Strafen“. „Wenn man die Menschen
einbindet und auch an Entscheidungen beteiligt, anstatt über ihren Kopf
hinweg zu entscheiden, dann profitieren am Ende alle“. Dieses Erleben
von solidarischer Gemeinschaft kann hoffentlich zu weiterer, beständiger
Organisierung Betroffener auch nach Ende des Camps beitragen.
Auch von Passant*innen gibt es viel Interesse und positives Feedback in
unterschiedlichster Form. Menschen spenden Sachgüter, aber auch Geld, um
das Camp zu unterstützen. Die direkten Gespräche zwischen Passant*innen,
den Aktivist*innen von „Schlafen statt Strafen“ und der
„Selbstvertretung wohnungsloser Menschen“ und vor allem auch den
obdachlosen Bewohner*innen des Camps helfen augenscheinlich dabei,
Vorurteile abzubauen.
Die Stadtspitze hingegen ignoriert auch weiterhin die Angebote, mit der
Initiative und mit Betroffenen direkt in Austausch zu treten. Eine
Einladung zur Mitarbeit im „Netzwerk Wohnungslosenhilfe“ möchte die
Initiative annehmen, allerdings gibt es Bedenken, ob das Netzwerk der
Ort ist, an dem ein wirklicher, zu Veränderung führender Austausch
stattfinden kann. „Für uns ist vor allem wichtig, dass nicht über
Betroffene gesprochen wird in Netzwerken der Stadt, sondern vermehrt
Betroffene gehört und in politische Entscheidungsprozesse eingebunden
werden.“ bekräftigt Pressesprecherin Anna Flaake.
Der Cityring-Vorsitzende Tobias Heitmann hat laut Ruhrnachrichten leider
eine Einladung zu einem moderierten Gespräch, zu dem „Schlafen statt
Strafen“ sehr gerne zugesagt hatte, ausgeschlagen. Die Aktivist*innen
hoffen, dass ein solches Gespräch zwischen dem Cityring, Betroffenen und
ihnen in der Zukunft noch irgendwann zustande kommen wird.
Für die zweite Hälfte des Camps ist ein dichtes politisch-kulturelles
Programm geplant. Am Freitag, 3.2. wird eine Gruppe von Aktivist*innen
aus Lützerath das Camp für einen gemeinsamen Workshop besuchen, bevor um
17 Uhr ein Konzert der Bands „Worst Band in Town“, „Münzmikrowelle“ und
„Der Baum vom alten Apfel“ auf dem Platz vor dem Camp stattfinden und
der Abend mit einer Jam-Session beendet wird. Der Samstag, 4.2. startet
mit einer Kundgebung um 12:30, in deren Rahmen es auch ein offenes
Mikrofon für Betroffene gibt, gefolgt von einem Workshop der
Obdachlosigkeits-Aktivistin Janita-Marija Juvonen, einer weiteren
historischen Stadtführung und einem Vortrag des Haldi47-Kollektivs, das
in Bochum seit mehreren Monaten ein Haus besetzt und damit Wohnraum
wieder nutzbar macht. Am Sonntag, 5.2. wird das Camp nach einer
Abschlusskundgebung wieder abgebaut.
Die Initiative „Schlafen statt Strafen“ hofft, dass auch in der zweiten
Hälfte des Camps das Interesse der Menschen weiterhin hoch ist und der
Austausch zwischen Betroffenen und Nicht-Betroffenen noch vertieft
werden kann, damit das Camp auch nachhaltige Veränderungen im Umgang der
Stadtgesellschaft mit ihren Bürger*innen ohne festen Wohnsitz anstoßen
kann.
Pressemitteilung von „Schlafen statt Strafen“ zu den Beschlüssen des Ausschusses für Finanzen der Stadt Dortmund am 2.2.2023
In der Sitzung des Ausschusses für Finanzen der Stadt Dortmund am 2.
Februar wurde der gemeinsame Antrag von Grünen und CDU zur personellen
Aufstockung des Ordnungsdienstes sowie verschiedener
sicherheitspolitischer Maßnahmen im Raum Stadtgarten mit Stimmen von
CDU, Grünen, FDP, AfD gegen die Stimmen von „Die Partei“ und SPD bei
Enthaltung der Fraktion „Die Linke“ beschlossen. Die Beschlüsse sind
Teil eines Maßnahmenpaketes und sehen vor, den kommunalen Ordnungsdienst
um 10 auf 74 Stellen zu erhöhen und den Sicherheitsdienst, der abends am
Stadtgarten im Einsatz ist und das Ziel hat, obdachlose Menschen und
Konsumierende zu vertreiben, um ein weiteres Jahr zu verlängern.
Die Initiative „Schlafen statt Strafen“ bewertet diese Beschlüsse als
weiteren Schritt, um obdachlose Menschen aus der Innenstadt zu
verdrängen. In der Begründung für den Ausbau des Ordnungsdienstes ist
von einer „angespannten Sicherheitslage“ in der Innenstadt die Rede,
wobei nicht klar wird, was damit gemeint ist. Die Aufgaben des
Ordnungsdienstes beinhalten nach eigenen Angaben das Vorgehen gegen
„Aggressives Betteln“, „unerlaubte Abfallablagerungen“ und andere
Ordnungswidrigkeiten, die kaum mit einer objektiven „Sicherheitslage“
für die Bürger*innen zu tun haben. Der von der Polizei zwischenzeitlich
berichtete Anstieg von Gewaltdelikten in der Innenstadt fällt hingegen
nicht in den Bereich des Ordnungsdienstes. Daher ist davon auszugehen,
dass eine Aufstockung des Ordnungsdienstes hauptsächlich zu einer
verstärkten Repression gegenüber obdachlosen Menschen führen könnte.
Grüne und CDU befeuern in ihrem Antrag das Framing vom „Angstraum
Stadtgarten“, mit dem Kontrollen, Grünschnitt und Performances des
Theaters zusammen als positives Konzept dargestellt werden. Es ist
allerdings aufgrund dieser Wortwahl davon auszugehen, dass es gar nicht
um Kultur geht, sondern vor allem darum, Unruhe zu schaffen, um dadurch
obdachlosen Menschen und Drogenkonsument*innen zu vertreiben. „Schlafen
statt Strafen“ weist hier darauf hin, dass Verdrängung noch nie ein
geeignetes Mittel war, um soziale Probleme zu lösen, sondern es
stattdessen geeignete Alternativen wie mehr und besser ausgestattete
Tagesaufenthalte, Schlafstellen und Drogenkonsumräume mit längeren
Öffnungszeiten braucht. Die 850.000 €, die für beide Maßnahmen
veranschlagt sind, könnten stattdessen in solche Projekte fließen, die
einen deutlich positiveren und nachhaltigeren Effekt hätten.
Die Anträge zum Haushalt müssen kommenden Donnerstag noch final durch
den Rat der Stadt Dortmund beschlossen werden. Die Initiative „Schlafen
statt Strafen“ appelliert hier speziell an die Grüne Ratsfraktion, dass
sie diese Beschlüsse im Stadtrat nicht mitträgt, sondern sie im
Interesse der obdachlosen Menschen ablehnt. Die Grüne Ratsfraktion hatte
sich in den vergangenen Tagen medial inszeniert mit dem Protestcamp und
den damit verbundenen Forderungen gegen Verdrängung von obdachlosen
Menschen solidarisiert. Eine Ablehnung der Beschlüsse im Rat wäre ein
klares Signal, dass diese Solidarisierung ernst gemeint ist. An die
Fraktion „DIE LINKE +“ wendet sich „Schlafen statt Strafen“ mit dem
Hinweis, dass sie nur durch eine Ablehnung der Beschlüsse ihrem
Selbstverständnis als Partei für mittellose Menschen gerecht werden
kann.
Positiv hingegen ist immerhin der Beschluss für mehr öffentliche
Toiletten zu bewerten, wenn auch mit einer flächendeckenden Umsetzung
frühestens 2024 gerechnet werden kann. Eine Umsetzung des Beschlusses,
nach dem 10 neue Toiletten im Bereich der Innenstadt gestellt werden
sollen, würde die Situation für obdachlose Menschen deutlich entspannen.
„Schlafen statt Strafen“ fordert die Stadtverwaltung auf, bei der
Auswahl der Standorte obdachlose Menschen DIREKT einzubinden und ihre
Bedürfnisse zu berücksichtigen. „Schlafen statt Strafen“ bietet an, hier
den Kontakt herzustellen. Die Initiative hofft auf eine zügige und
vollständige Umsetzung des Beschlusses, sobald er auch vom Stadtrat
beschlossen wird.
Vorm Hintergrund der Beschlüsse würde „Schlafen statt Strafen“ einen
Austausch mit den Fraktionen des Rates der Stadt Dortmund begrüßen und
lädt die demokratischen Fraktionen für Samstag, den 4.2. um 13:30 Uhr
zum Gespräch auf das Protestcamp ein. Hierbei soll es zum einen
allgemein um die Forderungen der Initiative, einen Austausch zwischen
Mitgliedern des Rates, der Initiative und von Obdachlosigkeit
Betroffenen gehen. Zum anderen soll es auch um die Beschlüsse zur
Aufstockung des Ordnungsdienstes und Verlängerung des
Sicherheitsdienstes gehen. Die demokratischen Fraktionen erhalten die
Einladungen zum Dialog zeitgleich mit dieser Pressemitteilung.
GRÜNE JUGEND DORTMUND SCHLIESST SICH DEN FORDERUNGEN DER INITIATIVE „SCHLAFEN STATT STRAFEN“ AN: HILFE STATT REPRESSION! (PM)
Seit Samstag befindet sich in der Kampstraße in der Dortmunder Innenstadt ein Protestcamp der Initiative „Schlafen statt Strafen“, mit dem Ziel, Aufmerksamkeit für die Verdrängung von Obdachlosen zu schaffen. Am Mittwoch suchte die Grüne Jugend Dortmund das Gespräch mit der Initiative.
„Wir begrüßen es sehr, dass die Bürgerinitiative die öffentliche Aufmerksamkeit auf dieses wichtige Thema lenkt. Bisher wird diese Debatte zu wenig geführt. Damit politische Verbesserungen für Obdachlose beschlossen werden und die Stadt gegen Diskriminierung von Obdachlosen vorgeht, braucht es leider den öffentlichen Druck“, so Michelle Jura, Sprecherin der Grünen Jugend Dortmund.
Im Gespräch mit der Bürgerinitiative wurde deutlich, welchen Problemen Obdachlose täglich gegenüberstehen: Es gibt kaum öffentliche, kostenlose Toiletten, sodass täglich Ordnungsgelder riskiert werden. Die Zustände in den privat betriebenen Übernachtungsstellen sind so schlecht, dass Obdachlose freiwillig auf der Straße schlafen. Dort werden sie früh morgens vom Ordnungsamt oder der Polizei vertrieben, ohne dass Rücksicht auf ihre Rechte, ihre Situation oder ihre Wertsachen genommen wird. Gleichzeitig sind die Übernachtungsstellen nicht kostenlos, wenn kein sogenannter Übernachtungsschein vom Jobcenter ausgestellt wurde. Dieser steht Obdachlosen aus dem EU-Ausland nicht zu, für alle anderen stellt er eine nicht nachvollziehbare Hürde dar.
Die Probleme sind vielfältig: Gerade Obdachlose leiden unter dem Straftatbestand, ohne Fahrkarte die öffentlichen Verkehrsmittel zu nutzen. Dabei entstehen durch die Verfolgung dieser Straftaten und dem Verhängen anderer Ordnungsgelder nur Kosten für die Stadt, für Gerichte und Haftvollzugsanstalten.
Die Grüne Jugend Dortmund verurteilt ausdrücklich die Maßnahme des Cityrings (ein Zusammenschluss aus Dortmunder Einzelhändler*innen), einen privaten Sicherheitsdienst zu engagieren, der Obdachlose ebenfalls vertreibt. Auch wenn dieser Sicherheitsdienst laut dem Cityring wieder abgeschafft wurde, zeigt diese Maßnahme ausdrücklich, dass Obdachlosigkeit aus Sicht des Cityrings nur ein störendes Problem ist, dass sich mit Verdrängung lösen lässt, statt an einer menschenfreundlichen Verbesserung der Situation für Obdachlose zu arbeiten.
Luis Hotten, Sprecher der Grünen Jugend Dortmund, nach dem Gespräch mit der Initiative: „Wir schließen uns den Forderungen der Initiative an die Politik, die Stadt und den Cityring an. Es braucht Hilfsangebote und Dialoge mit Obdachlosen, statt Repressionen durch Ordnungsamt und Sicherheitsdienste!“
Die Grüne Jugend Dortmund fordert die Politik und die Stadt auf, die Situation von Obdachlosen zeitnah und massiv zu verbessern. Dazu gehören mehr und kostenlose öffentliche Toiletten sowie die Finanzierung sauberer und lebenswerter, ebenfalls kostenloser Übernachtungsstellen ohne Kontrolle von Staatsangehörigkeit. Wir fordern eine Praxis des Ordnungsamts, welche Betroffenen in ihrer Situation hilft, statt sie zu vertreiben. Außerdem fordern wir die Stadt dazu auf, das bereits beschlossene „Housing-First“ zeitnah umzusetzen.
„Um die Situation von Obdachlosen zu verbessern, müssen die Verantwortlichen das Gespräch mit den Betroffenen suchen, statt nur über sie zu reden. Da dieser Wille im Moment nicht erkennbar ist, bleibt der öffentliche Druck alternativlos“, so Luis Hotten abschließend.
„Schlafen statt Strafen“ – LINKE+ begrüßt Protestcamp in der City (PM)
Ein ungewohnter Anblick bietet sich derzeit den Passanten in der Innenstadt: Noch bis zum Sonntag ist dort ein Protestcamp aufgeschlagen – ein Protestcamp, das sich gegen die Diskriminierung und Verdrängung von Obdachlosen aus der Innenstadt richtet. „Unsere Fraktion steht voll hinter dieser Aktion“, sagt Sonja Lemke, Ratsmitglied für die Fraktion DIE LINKE+.
„Es hilft doch niemandem, wenn die obdachlosen Menschen in andere Straßen vertrieben werden oder sogar Strafzettel erhalten, sagt Sonja Lemke. „Diese Menschen brauchen Hilfe und Unterstützung. Deshalb finde ich die Protestcamp-Aktion der Initiative ‚Schlafen statt Strafen‘ sehr cool, um eine breite Öffentlichkeit auf das Thema aufmerksam zu machen. Ich hoffe, dass möglichst viele Menschen, die Vorbehalte gegen Obdachlose haben, jetzt mit diesen ins Gespräch kommen und sich über die allgemeine Situation der Betroffenen informieren.“ Möglichkeiten zum Gespräch gibt es derzeit ausreichend. Denn im Camp übernachten derzeit ziemlich viele Wohnungslose – auch weil es dort für sie da gerade sicher ist, es eine Nachtwache gibt, und sie nicht vertrieben werden.
Sonja Lemke war selbst schon vor Ort, ebenso wie die sozialpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE+, Fatma Karacakurtoglu. So wollen am Samstag mit weiteren Mitgliedern ihrer Fraktion wiederkommen: „Wir wollen mit den Menschen sprechen und nicht über sie. Wie wollen wissen, was die Obdachlosen von den durchaus vorhandenen Hilfsmöglichkeiten halten. Was gibt es? Gibt es davon genug und auch unkompliziert? Wo kann die Politik vielleicht noch unterstützen?“
Ein Thema hat DIE LINKE+ ohnehin auf dem Schirm: Housing First. Das bedeutet: Obdachlosen Menschen soll in Dortmund ein dauerhaftes Wohnungsangebot unterbreitet werden – bei gleichzeitiger Betreuung, um mit dem „neuen“ Leben, weg von der Straße oder von Notunterkünften, auch langfristig zurechtzukommen. In Finnland soll sich durch Housing First die Wohnungslosigkeit um über 80 Prozent reduziert haben. „Die LINKE+ kämpft seit Jahren schon für Housing First in Dortmund“, berichtet Fatma Karacakurtoglu.
„Es gibt zwar in Dortmund einige Housing-First-Wohnungen, aber längst noch nicht genug“, bestätigt Petra Dresler-Döhmann, ebenfalls Ratsmitglied (DIE LINKE+). Einen Teil dieser Wohnungen hat die Stadt organisiert. Darüber hinaus gibt es natürlich Initiativen, die sich kümmern. „Aber eine so wichtige Aufgabe kann nicht alleine den caritativen Einrichtungen überlassen“, betonen die Politikerinnen der Fraktion DIE LINKE+. „Da haben Politik und die Stadtverwaltung eine Verantwortung.“
Pressemitteilung zum Abschluss des Protestcamps gegen Diskriminierung und Verdrängung von obdachlosen Menschen (PM)
Neun Tage lang protestierte die Bürger*inneninitiative „Schlafen statt
Strafen“ deutlich sichtbar in der Dortmunder Innenstadt gegen die
Diskriminierung und Verdrängung von obdachlosen Menschen. Ziel des
Protestcamps war es, auf Missstände und Lücken im Obdachlosenkonzept der
Stadt Dortmund hinzuweisen, wie beispielsweise den Mangel an
menschenwürdigen Notschlafstellen, die diskriminierenden
Zugangsbeschränkungen zu den bestehenden Nothilfeangeboten, die
Verdrängungspraxis des kommunalen Ordnungsdienstes und das
Nicht-Vorhandensein kostenfreier Toiletten im Stadtbereich. „Wir sind
beeindruckt von dem großen öffentlichen Interesse“, so Anna Flaake,
Sprecherin der Initiative. „Wir haben zahllose Gespräche mit
Passant*innen geführt und es gab eine Vielzahl von Berichten in lokalen,
überregionalen und bundesweiten Medien. Besonders schön war auch die
große praktische Solidarität durch Lebensmittel- und Sachspenden und die
spontane Übernahme von Aufgaben im Camp durch Bürger*innen.“ Das zeigt,
dass der würdelose Umgang mit obdachlosen Menschen auf breites
Unverständnis und Fassungslosigkeit trifft.
Ein weiteres Ziel des Camps war es, die schon aus anderen Zusammenhängen
bestehenden Kontakte der Aktivist*innen von „Schlafen statt Strafen“ zu
von Obdachlosigkeit betroffenen Menschen weiter zu verstärken. Das
sollte durch die unübersehbare Anwesenheit in der Fußgängerzone, das
Angebot von Schlafplätzen und die tägliche „Küche für Alle“ forciert
werden. Dass dieses Angebot zur Teilhabe am Camp-Leben zu einem so
durchschlagenden Erfolg wurde, hatte die Initiative selbst nicht
vorhergesehen. „Wir waren sehr überrascht, dass sich so schnell rund
25-30 Betroffene dem Camp angeschlossen hatten“, berichtet Anna Flaake.
„Es ist bezeichnend für die Qualität der Nothilfe in Dortmund, dass ein
Zeltlager in der Innenstadt bei Frost und Regenwetter im Januar für so
viele Menschen eine deutliche Verbesserung ihrer Lebenssituation ist.“
Dass viele der obdachlosen Menschen nicht nur passive Bewohner*innen des
Camps waren, sondern sich aktiv in der Weiterentwicklung des Camplebens
einbrachten und dabei im Laufe der Woche aufblühten und immer mehr
Verantwortung übernahmen, zeigt, dass partizipative Ansätze selbst in
der akuten Nothilfe ein großes Erfolgspotential haben.
Ein Hauptanliegen von „Schlafen statt Strafen“ ist die politische
Partizipation von Betroffenen. Daher war der Infowagen der
„Selbstvertretung wohnungsloser Menschen e.V.“ nicht zufällig einer der
weithin sichtbaren Eckpfeiler des Camps. Die Kontakte mit dieser
bundesweit aktiven Struktur wurden während des Camps intensiviert und
die Grundlage für eine weitere Zusammenarbeit gelegt. Die Einbindung von
selbstorganisierten Strukturen in Entscheidungsprozesse fordert
„Schlafen statt Strafen“ auch in Dortmund. Diese Forderung wird auch
beim Treffen des „Netzwerks Wohnungslosenhilfe“ angesprochen, zu dem die
Initiative von der Stadt Dortmund nach großem öffentlichem Druck
eingeladen wurde. Anna Flaake: „Ein Konzept zur Bekämpfung von
Obdachlosigkeit kann nur dann funktionieren, wenn man die Betroffenen
auch selbst fragt und einbezieht, anstatt immer nur über ihre Köpfe
hinweg zu entscheiden.“ Diese Position hat die Initiative zusammen mit
Betroffenen auch den Vertreter*innen der demokratischen Ratsfraktionen
gegenüber deutlich gemacht, die am 4.2. einer Einladung ins Camp gefolgt
waren. Alle vertretenen Ratsfraktionen hatten bei diesem Treffen
versichert, dass ihnen die Verbesserung der Lebenssituation obdachloser
Menschen ein großes Anliegen sei. Allerdings wurde bei diesem Treffen
auch deutlich, dass vielen Ratsmitgliedern die Dramatik der Situation
zwar auf einer persönlich-emotionalen Ebene bewusst ist, ihnen
Lösungsansätze bekannt sind, es aber an Strategien zur tatsächlichen
Umsetzung fehlt.
Insgesamt wertet „Schlafen statt Strafen“ das Protestcamp als Erfolg.
Neun Tage des intensiven Zusammenlebens, zusammen mit einem
reichhaltigen Programm an Vorträgen, Vernetzungen, Konzerten und
Kundgebungen haben einen bleibenden Eindruck nicht nur in der Stadt,
sondern auch bei den Aktivist*innen hinterlassen. „Wir werden
weitermachen“, sagt Anna Flaake. „Die prekäre Situation wohnungsloser
Menschen in Dortmund lässt es nicht zu, dass wir uns jetzt ausruhen. Es
wird in Zukunft weitere Aktionen von uns geben, bis sich etwas
nachhaltig ändert.“ Das nächste Treffen der Initiative, zu dem auch
einige von Obdachlosigkeit betroffene Camp-Bewohner*innen bereits ihr
Kommen ankündigten, wird am 15.2. um 18 Uhr im Kasino
(Mallinckrodtstraße 234) stattfinden. Interessierte sind herzlich
eingeladen, sich anzuschließen.
Obdachlosigkeit als Ordnungswidrigkeit: GRÜNE stellen ordnungsbehördliche Verordnung auf den Prüfstand (PM)
Die GRÜNE Ratsfraktion kündigt an, die Ordnungsbehördliche Verordnung auf den Prüfstand zu stellen. In dieser Verordnung ist festgeschrieben, dass das Lagern, Campieren und Übernachten in der Öffentlichkeit als Ordnungswidrigkeit gelten. „Die Verordnung wird von der Verwaltung als Grundlage dafür genannt, dass obdachlose Menschen vom Hauptbahnhof und anderen zentralen Orten vertrieben und Platzverweise erteilt werden. Das Problem Obdachlosigkeit lässt sich allerdings nicht mit Platzverweisen und Sanktionen lösen”, so Jenny Brunner (GRÜNES Ratsmitglied).
In der Pressekonferenz des Verwaltungsvorstands vom 31. Januar 2023 verwies Oberbürgermeister Westphal als Antwort auf die Kritik am Umgang mit Obdachlosen in Dortmund auf die Ordnungsbehördliche Verordnung. Wer etwas dagegen habe, könne politisch Initiative ergreifen, um die Verordnung anzupassen. „Wir nehmen den Vorschlag des Oberbürgermeisters Westphal dankend auf und werden die Verordnung auf den Prüfstand stellen“, so Brunner.
Knöllchen gegen Obdachlose?
Im Ausschuss für öffentliche Ordnung am 7. Februar 2023 forderten die GRÜNEN Aufklärung. Bei einem gemeinsamen Gespräch aller demokratischen Fraktionen mit Obdachlosen im Protestcamp „Schlafen statt Strafen“ auf der Kampstraße wurde u. a. berichtet, dass die Stadt Dortmund Bußgelder gegen Obdachlose erteilt. „Das passt nicht zu den Äußerungen der Verwaltung, die uns stets versichert, dass das Übernachten auf der Straße zwar als Ordnungswidrigkeit gelte, aber nicht mit Bußgeldern geahndet werde“, mahnt Jenny Brunner. „Deswegen wollen wir jetzt wissen, inwieweit der Verwaltungsvorstandsbeschluss aus dem Jahr 2018 noch eingehalten wird. Sollte sich herausstellen, dass die Stadtkasse auf Kosten von Obdachlosen gefüllt wird, werden wir dagegen politisch vorgehen.“
Kehrtwende durch Protest in der Bevölkerung
2018 war der Skandal groß. Die Stadt Dortmund hatte mit einem neuen Bußgeld einen Weg gefunden, um gegen obdachlose Menschen vorzugehen: Sie verteilte Bußgelder, wenn diese auf der Straße schliefen. Die anhaltende harte Kritik am Vorgehen der Stadt Dortmund zeigte schnell Wirkung: Der Verwaltungsvorstand lenkte ein und beschloss am 28. November 2018, ab sofort auf Knöllchen gegen Obdachlose zu verzichten.
Platzverweise rechtens?
Mit der Anfrage im Ausschuss gehen die GRÜNEN aber weiter: „Obdachlose berichteten uns, dass sie vom sogenannten Weckdienst des Ordnungsamts in den Morgenstunden einen Platzverweis für 24 Stunden für die komplette City erhalten“, berichtet Brunner erstaunt. „Wir stellen die Platzverweise für solch große Bereiche infrage und möchten wissen, auf welcher Rechtsgrundlage hier gehandelt wird.”