Präsidentin der Welthungerhilfe: „Wir werden es bitter bezahlen, wenn wir nicht zu einer gerechteren Welt kommen“

Jens Peick (stellv. Vorsitzender UB Dortmund), die Präsidentin der Welthungerhilfe Bärbel Dieckmann, Kai Neuschäfer (Schatzmeister UB Dortmund) und Marco Bülow (MdB) (v.l.n.r.).
Auch die Mitglieder ergriffen das Wort: Jens Peick, Bärbel Dieckmann, Kai Neuschäfer und Marco Bülow hören zu.

Ganz im Zeichen der „neuen internationalen Verantwortung“ diskutierte die Dortmunder SPD-Basis. Sie spricht sich für ein neues abgestimmtes Konzept der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik aus. Integraler Bestandteil sind dabei nicht-militärische Lösungen.

SPD-Forderung: Mehr Entwicklungshilfe und weniger Rüstungsexporte

Dortmund habe Willkommenskultur gezeigt: „Wir werden den humanitären Weg weiter gehen“, so Sierau.
120 Parteimitglieder erlebten eine spannende und lebhafte Diskussion im Wichernhaus.

Die Sozialdemokraten fordern die Mittel für Entwicklungshilfezusammenarbeit zu erhöhen und Rüstungsexporte einzudämmen. Wasser auf die Mühlen der Diskussion war der Gastvortrag von Bärbel Dieckmann, Präsidentin der Welthungerhilfe. Die frühere SPD-Spitzenpolitikerin appellierte, die deutsche Außenpolitik stärker an friedenspolitischen Fragestellungen auszurichten.

„Wir sind ein sehr stabiles Land, wirtschaftlich erfolgreich und eine Macht in Europa“ unterstrich Dieckmann. Daher stelle sich natürlich die Frage der internationalen Verantwortung. „Wir müssen uns aber daher die Frage stellen, ob wir auch ausreichend Verantwortung im vormilitärischen Bereich übernommen haben.“

Dieckmann: Deutschland soll seinen Einfluss und sein Ansehen in der Welt geltend machen

Bärbel Dieckmann ist die Präsidentin der Deutschen Welthungerhilfe.
Bärbel Dieckmann ist die Präsidentin der Deutschen Welthungerhilfe.

„Wir haben Einfluss in Wirtschaft und Politik. Doch wir führen die Debatte vor allem über militärische Einsätze“, kritisierte die Präsidentin der Welthungerhilfe bei ihrem Besuch in Dortmund.

„Wir haben aber zu wenig getan, um im Vorfeld die Konflikte zu verhindern und nicht-militärisch zu lösen.“ Dabei habe Deutschland durchaus Möglichkeiten dazu: „Deutschland genießt ein hohes Ansehen in der Welt.“

Die weltweiten Flüchtlingswellen, deren Auswirkungen auch in Dortmund zu spüren sind, hätten natürlich auch militärische Gründe. „Aber wir dürfen uns am Ende nicht wundern, dass Auseinandersetzungen um Boden, Rohstoffe und Wasser geführt werden, weil Milliarden von Menschen keine Lebensperspektiven haben“, so Dieckmann.

Daher müsse in der Europäischen Union, in den Vereinten Nationen und anderen internationalen Gremien und Institutionen die Diskussion auf die Verteilungsgerechtigkeit gelenkt werden. „Uns geht es so gut, weil es anderen schlecht geht. Doch das werden wir bitter bezahlen, wenn wir nicht zu einer gerechteren Welt kommen.“

Bülow: „Die Entwicklungshilfe ist zum Steinbruch der schwarzen Null geworden“

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Marco Bülow: „Wir brauchen andere Schwerpunktsetzungen und müssen den Preis für militärische Einsätze kennen.“
SPD-MdB Marco Bülow: „Wir brauchen andere Schwerpunktsetzungen.“

Das griff auch der Dortmunder SPD-Bundestagsabgeordnete Marco Bülow auf, der den Antrag den Parteimitgliedern vorstellte. Die Dortmunder Forderungen richten sich an die SPD-Bundestagsfraktion und den Parteivorstand.

„Die Entwicklungshilfe ist zum Steinbruch der schwarzen Null geworden“, kritisierte Bülow. „Wir brauchen andere Schwerpunktsetzungen und müssen den Preis für militärische Einsätze kennen.“

Zu oft würden Entscheidungen zu spät, dann nur halbherzig oder viel zu oft nur aus ökonomischen Erwägungen getroffen. Stimmen aus der Union forderten, den Verteidigungshaushalt zu erhöhen. Dabei entferne sich die Bundesregierung schon jetzt immer weiter vom selbst gesteckten Ziel, 0,7 Prozent des Haushalts für die Entwicklungshilfe bereitzustellen.

„Wir entfernen uns jedes Jahr weiter davon. Und auch in der SPD-Spitze hat dieses Thema nicht mehr den Stellenwert“, kritisierte Bülow. „Wir müssen diese Diskussion aus Dortmund neu anheizen“, forderte er unter dem Applaus der Parteibasis.

Dieckmann:  „Wir könnten viel mehr tun – auch ohne Waffenlieferungen.“

Eine Position, die auf viel Zustimmung des Gastes aus Bonn stößt: „Wir müssen viel früher Einfluss nehmen und in den Ländern vor Ort Strukturen fördern, ohne unsere Werte überzustülpen“, so Dieckmann. Nur dann ließen sich Gewaltexzesse vermeiden. „Wir in Deutschland sollten wissen, zu welchen Grausamkeiten Menschen fähig sind. Daher sollten wir unser Ansehen und unseren Einfluss in der Welt nutzen“, betont die Präsidentin der Welthungerhilfe. „Wir könnten viel mehr tun – auch ohne Waffenlieferungen.“

Zur Person: Bärbel Dieckmann 

  • Bärbel Dieckmann ist Präsidentin der Welthungerhilfe. Seit 2008 hat sie das Ehrenamt inne. 
  • Von 1994 bis 2009 war sie Oberbürgermeisterin der Stadt Bonn. Seit 1972 ist sie Mitglied der SPD. Sie war von 2003 bis 2009 Mitglied des Präsidiums der SPD und von 1999 bis 2009 Mitglied des Parteivorstandes. 
  • Die Schwerpunkte ihrer politischen Arbeit liegen auf Umwelt- und Entwicklungspolitik, Jugend- und Familienpolitik sowie Bildungspolitik. 
  • Sie ist Mitglied u.a. im Kuratorium der Stiftung Entwicklung und Frieden und der Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis, Mitglied im Beirat des Arnold-Bergstraesser-Instituts sowie im Präsidium der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen (DGVN). 

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