OB zum Tarifabschluss: „Vom Ergebnis her hätte man das schon schneller kriegen können“

Ergebnis im Öffentlichen Dienst bleibt hinter den Erwartungen zurück

Es gab mehrere Warnstreiks und Demos zu den Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst. Foto: Helmut Sommer für Nordstadtblogger.de

Nach vielen Verhandlungsrunden und Warnstreiks steht der Tarifabschluss für den Öffentlichen Dienst. Er fällt moderater aus als von den Beschäftigten erhofft und den Arbeitgebern befürchtet. Die Stadt Dortmund muss in diesem Jahr sogar 410.000 Euro weniger ausgeben als eingeplant. Erst im kommenden Jahr wird die Stadt 2,4 Millionen Euro mehr bezahlen müssen als vorgesehen.

Die Entgelterhöhung bleibt unter den Erwartungen der Stadt zurück

Der Abschluss setzt auf der Einigungsempfehlung der Schlichtungskommission auf. Im Ergebnis soll es für die Beschäftigten ab April 2025 eine Entgelterhöhung von 3,0 Prozent monatlich geben, mindestens aber 110 Euro, wovon insbesondere Menschen aus den unteren Lohngruppen profitieren. Eine weitere Erhöhung um 2,8 Prozent erfolgt ab Mai 2026. 

Foto: Leopold Achilles für Nordstadtblogger.de

Die Laufzeit des Tarifvertrages beträgt 27 Monate, bis zum 31. März 2027. Darüber hinaus steigen die Zulagen für besonders belastende Arbeitszeiten deutlich: von 40 auf 100 Euro monatlich für Schichtdienste, von 105 auf 200 Euro für Wechselschichtdienste, in Krankenhäusern von 155 auf 250 Euro. Alle Zuschläge werden dynamisiert, steigen also bei künftigen Tariferhöhungen prozentual mit.

Bei der Arbeitszeit wurde ein zusätzlicher Urlaubstag ab dem Jahr 2027 vereinbart. Daneben verständigten sich die Tarifparteien auf die Einführung eines Langzeitkontos sowie verbesserter Regelungen bei der Gleitzeit.

Zudem kann die Jahressonderzahlung (13. Monatsgehalt) künftig in bis zu drei freie Tage umgewandelt werden, um mehr Flexibilität und Zeitsouveränität zu erreichen. Die Jahressonderzahlung wird dafür insgesamt erhöht: bei den kommunalen Arbeitgebern einheitlich auf 85 Prozent, beim Bund auf 75 bis 95 Prozent des Monatsgehalts.

Gabriele Schmidt: „Das Ergebnis ist ein Kraftakt gewesen“

Zugleich wurde mit den Arbeitgebern vereinbart, dass es zeitlich befristet freiwillige Erhöhungen der persönlichen Arbeitszeit auf bis zu 42 bezahlte Stunden in der Woche geben kann, mit zusätzlichen Gehaltszuschlägen für die Erhöhungsstunden. 

Frank Werneke ist Bundesvorsitzender der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di.
Frank Werneke ist Bundesvorsitzender der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Foto: Kay Herschelmann für ver.di

„Das ist ein Thema, bei dem wir klare Grenzen eingezogen haben“, sagte der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke: „Niemand kann gedrängt werden, mehr zu arbeiten – das ist Teil der Tarifvereinbarung. Und: Wer freiwillig mehr arbeitet, erhält für die zusätzlichen Stunden einen Aufschlag.“

Die Regelung sei zunächst auf fünf Jahre angelegt und wird rechtzeitig vorher in ihrer Wirkung überprüft. ver.di startet nun eine Mitgliederbefragung zum Tarifergebnis. Mitte Mai entscheidet dann die Bundestarifkommission für den öffentlichen Dienst abschließend.

„Das Ergebnis ist ein Kraftakt gewesen. Die Empfehlung zur Annahme ist der Bundestarifkommission nicht leichtgefallen. Nach zwei Verhandlungsrunden ohne Arbeitgeberangebot, einem durch die Arbeitgeberseite erklärten Scheitern in der dritten Verhandlungsrunde und einer Schlichtung, die nicht von Wertschätzung der Arbeitgebervertreter geprägt war, sind wir bis an die Schmerzgrenze gegangen“, kommentiert die Landesbezirksleiterin von ver.di NRW, Gabriele Schmidt. 

„Seit Aufstellung der Forderung im letzten Oktober haben sich die äußeren Rahmenbedingungen erheblich verschlechtert. Deshalb haben wir darum gerungen, am Verhandlungstisch zu einem vertretbaren Ergebnis zu kommen”, so Schmitt.

OB: „Warum man dafür so viele Verhandlungsrunden braucht, das bleibt für mich ein Rätsel.“

Die Stadt Dortmund begrüßte die Tarifeinigung, die den städtischen Haushalt vor keine größeren Herausforderungen stellt. 2,4 Prozent mehr Lohn und Gehalt habe man ohnehin schon in den Doppel-Haushalt eingepreist, erinnerte Dortmunds Personaldezernent Christian Uhr. „Daher haben wir die Situation, dass wir mit der Tariferhöhung gut umgehen können.“ 

OB Thomas Westphal Foto: Helmut Sommer für nordstadtblogger.de

Im laufenden Haushaltsjahr benötigt die Stadt sogar 410.000 Euro weniger als eingeplant, weil der Abschluss erst zum 1. April 2025 in Kraft treten soll. Im kommenden Jahr müssen dann jedoch 2,4 Millionen Euro mehr ausgegeben werden. „Mit dem Mehraufwand kann man umgehen und ihn im laufenden Haushalt bewirtschaften“, so Uhr.

Dortmunds OB Thomas Westphal ist froh, dass es endlich einen Abschluss gegeben hat: „Vom Ergebnis her hätte man das schon schneller kriegen können. Das habe ich ja vorher schon gesagt. Warum man dafür so viele Verhandlungsrunden braucht und so viele Streiktage, das bleibt für mich ein Rätsel.“


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Reaktionen

  1. Tatement von Pamela Strutz, Geschäftsführerin des ver.di Bezirks Westfalen

    Jetzt sind unsere Mitglieder am Zug: Diese Tarifrunde war eine der härtesten Auseinandersetzungen im öffentlichen Dienst seit Jahren. Die Arbeitgeberseite hat sich über weite Strecken verweigert – ohne erkennbare Wertschätzung für die Beschäftigten, ohne Bereitschaft zu Zugeständnissen. Es wurde erbittert gerungen, aber nichts wurde uns geschenkt.

    Die erzielte prozentuale Erhöhung und der Mindestbetrag sind das direkte Ergebnis der Streiks unserer Kolleginnen und Kollegen – ob in der Entsorgung, bei der DSW21, in der Sparkasse oder in vielen weiteren Bereichen des öffentlichen Dienstes. Noch in der dritten Verhandlungsrunde hielten die Arbeitgeber an der Vorstellung von Nullrunden fest.

    Jetzt führen wir bis Anfang Mai eine Mitgliederbefragung unter den ver.di-Mitgliedern durch, die vom Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen betroffen sind. Sie haben die Möglichkeit, dem Verhandlungsergebnis zuzustimmen oder es abzulehnen. Vor der Abstimmung informieren wir umfassend in den Betrieben und Dienststellen. Das Ergebnis der Befragung bildet die Grundlage für die abschließende Beratung und Entscheidung der Bundestarifkommission, die die Einigung entweder annimmt oder zurückweist.

    Uns ist besonders wichtig, dass sich möglichst viele Kolleg*innen beteiligen – auch wenn die bevorstehenden Osterferien und Urlaubszeiten eine Herausforderung darstellen.

    Diese Tarifrunde hat deutlich gemacht, worauf wir uns künftig einstellen müssen: auf Arbeitgeber, die auf Konfrontation setzen, und ein gesellschaftliches Klima, das sich unter dem Einfluss erstarkender rechter und konservativer Kräfte weiter verhärtet. Gerade deshalb bleibt die gewerkschaftliche Organisierung unser stärkstes Mittel, um dem etwas entgegenzusetzen.

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