Gemeinnützige Vereine, die städtische Immobilien nutzen, können sich eigentlich glücklich schätzen. Diese sind deutlich günstiger zu haben, als wenn diese auf dem freien Immobilienmarkt angemietet werden müssten. Um eine Vereinheitlichung und auch Transparenz zu erreichen, waren die Regelungen für Nutzungsentgelte vereinheitlicht worden. Doch das sorgte bei einigen Vereinen für Sorgen und Nöte. Diese gingen teils soweit, dass sie die städtischen Liegenschaften nicht mehr anmieten wollten. Das beschäftigte jetzt den Ausschuss für Finanzen und Liegenschaften.
Vereine bekamen teils heftige Mieterhöhungen auf den Tisch
Die Grünen hatten das Thema (erneut) auf die Tagesordnung gebracht. Die seit 2021 geltende neue Verfahrensweise bei der Anmietung von städtischen Räumlichkeiten hat offenbar bei einigen Vereinen und Organisationen zu Verunsicherung geführt. Im Sinne einer transparenten Haushaltsführung müssen seitdem für alle von der Stadt genutzten Räume Mietverträge abgeschlossen werden.
220 Vereine nutzen städtische Räume. Die Sprünge sind teils erheblich: Fast 1000 Euro im Monat statt 48 Euro soll der Bürgerschützenverein Dortmund-Marten für seine 161 Quadratmeter bezahlen – sechs Euro pro Quadratmeter für eine „Schrottimmobilie“.
Auch der Verein „Heimatmuseum Lütgendortmund e.V.“ bemängelt diesen Quadratmeterpreis, nachdem der Verein die Räume im Haus Dellwig 1988 im Rohbau-Zustand übernommen und seitdem 80.000 bis 100.000 Euro investiert hatte.
Sechs Euro pro Quadratmeter klingt viel und ist es auch. Aber gemeinnützige Vereine und Initiativen bekommen im Gegenzug die vereinbarten Mietzahlungen und pauschalen Betriebskosten im Rahmen der Vereinsförderung in gleicher Höhe wieder erstattet. Die Kosten sind somit durchlaufende Posten.
Das Problem: „Während die Förderzuschüsse jedes Jahr neu im Haushalt verankert werden, verpflichten sich die Vereine mit Abschluss des neuen Mietvertrags zur Zahlung der Mietkosten über die gesamte Dauer des Mietvertrags. Damit entsteht für die Vereine durch die fehlende Synchronisation von Mietvertragsdauer und Bereitstellung der Zuschüsse ein Risiko“, erklärt Dr. Christoph Neumann, Sprecher der Grünen-Ratsfraktion.
Gemeinnützige Vereine erhalten die Nutzungentgelte in gleicher Höhe als Förderung
Dies hat bei einigen Vereinen zur Verunsicherung geführt. Die Grünen haben deshalb das Thema auf die Agenda des Finanzausschusses gebracht. Dort nahm Stadtdirektor Jörg Stüdemann – in Personalunion Kämmerer, Liegenschafts- und Kulturdezernent – ausführlich Stellung. Er verteidigte die Lösung, hatte aber auch Verständnis für die Verunsicherung.
Stüdemann räumte ein, „einiges nicht intensiver betrachtet“ zu haben: „Da wir zum Teil jahrzehntealte Nutzungspraxis haben, ist teils die Verunsicherung riesengroß. Ich kann nur dafür werben.“ Gemeinnützige Vereine hätten kein Risiko: „Ich kann nur die Nerven beruhigen – wir werden einen Weg finden.“ Kein gemeinnütziger Verein sei deshalb existenziell bedroht, so Stüdemann.
Doch die Vorstände der Vereine – insbesondere die der kleineren Brauchtumsvereine, die keine oder kaum Einnahmen haben, machen sich Sorgen, dass sie die Nutzungsentgelte nicht mehr bezahlen können, sollten die Zuschüsse sinken. Die Ehrenamtlichen haften für ihre Entscheidungen und scheuen daher das finanzielle Risiko. Allerdings bekommen gemeinnützige Vereine bisher die Netto-Nutzungentgelte in gleicher Höhe als Förderung.
Die Politik lobt die transparente und gerechte Lösung
„Ich will auch noch mal eine Lanze brechen für Ratsentscheidung. Da geht es um Gerechtigkeit. Die Vereine bekommen die Räume nicht kostenlos, sondern immer für eine Gegenleistung“, so Sascha Mader (CDU).
Dies sei gut gegen Willkür: „Das finde ich total gerecht und solange das gegenfinanziert ist, ist das nicht schlecht. Wir sollten nicht von dieser Linie abweichen.“ Gemeinnützige Vereine müssten sich keine Sorgen machen – und andere auch nicht: „Die Preise die wir ansetzen, haben nichts mit Marktpreisen zu tun.“
Um den Vereinen entgegenzukommen, werden derzeit in den jeweiligen Dezernaten Ansprechpartner:innen gesucht. Die Bandbreite ist groß: Kultur, Brauchtum, Schützenwesen, freiwillige Feuerwehr, Jugendarbeit oder die Karnevalsjugend nennt Stüdemann beispielhaft. Dass es diese Anlaufstellen bisher nicht gibt, findet er nicht problematisch.
„Wir mussten uns da bisher nicht weiter reinhängen – die Vereine sind ja jeweils erfolgreich. Wir bauen das jetzt auf und sortieren das. Dann wird für die Vereine klar, bei wem sie sich melden können, wenn es eine Sorge gibt“, so Stüdemann.
Die große finanzielle Misere könne er nicht erkennen, „aber Kriege kann man nie voraussehen“, so Stüdemann. „Wenn es so schlimm kommen sollte, dass wir nicht mehr handeln können, betrifft das nicht nur die 220 Nutzungs- und Pachtverträge, sondern auch alle anderen Bereiche“.
Grünen-Sprecher Dr. Christoph Neumann bedankte sich für die Aufklärung und das städtische Engagement, um die Vereine zu beruhigen. Und fügte ironisch hinzu: „Wer hätte gedacht, dass sich die Grünen mal so für Schützenvereine einsetzen würden…“
KOMMENTAR
Warme Worte sind nicht genug
Eins vorweg: Die Regelung über die Nutzungsentgelte ist transparent. Sie sorgt auch für mehr Gerechtigkeit. Denn Vereine, die bisher nicht in den Genuss von städtischen Räumen kommen, müssen teils deutlich mehr an Miete bezahlen. Das gilt allerdings nicht für jeden Verein.
Dennoch sind die Sorgen der Vereine berechtigt. Wenn sich ehrenamtliche Vereinsvorstände keine Sorgen machen würden, wenn sie die neuen Nutzungsverträge auf den Tisch bekommen, machen sie ihre Arbeit nicht richtig. Denn die Nutzungsentgelte sind eine Bürde. Da helfen auch die Beteuerungen im Ausschuss und die Schaffung von Ansprechpartner:innen in den Dezernaten wenig. Das löst keine finanziellen Sorgen.
Klar ist: Droht irgendwann eine Haushaltssicherung und damit der Wegfall von freiwilligen Leistungen, hat natürlich die gesamte Stadtgesellschaft massive Probleme. Dann geht es um den Verlust von Arbeitsplätzen und das Vorhalten von vielen wichtigen und liebgewonnenen Leistungen. Im Sozial- und Jugendbereich oder auch bei Kultur und Sport sähe es finster aus. Darauf verweist Jörg Stüdemann zurecht. Doch das hilft den Vereinen ja nicht, die bisher Sorge haben, langfristige Mietverträge zu unterschreiben.
Im Gegenteil: Ihre Sorgen, die Mieten dann nicht mehr bedienen zu können, kämen als zusätzliches Problem ja noch obendrauf. Dann drohen hohe unbezahlte Mietrechnungen – die Vereine sind in der Misere und die Vorstände in der Haftung. Den Ehrenamtlichen würde nur helfen, wenn die Stadt die Förderung im Mietvertrag verbindlich festschreibt.
Da dies aber haushaltstechnisch nicht ohne weiteres geht, müsste den Vereinen zumindest eine Exit-Strategie angeboten werden. Mein Vorschlag: Sollten die Zuschüsse irgendwann wegfallen, müsste es für die Vereine ein sofortiges Kündigungsrecht für ihre Nutzungsverträge geben. Das ist zwar auch nicht optimal – aber nur das würde den Vereinen die Sicherheit geben, dass sie sich nicht über Jahre zusätzlich massiv verschulden.
Alexander Völkel