Die NPD und die Partei „Die Rechte“ können sich über einen Geldsegen freuen. Die Stadt Dortmund muss sie – vorläufig – als Ratsgruppe anerkennen. Das Oberverwaltungsgericht Münster hat ihrem Eilantrag stattgegeben und die anderslautende Entscheidung des Verwaltungsgerichts aus dem Dezember aufgehoben.
Dortmunder Stadtrat hatte den beiden Ratsmitgliedern den Gruppenstatus verweigert
Der Rat der Stadt Dortmund hatte den Zusammenschluss von Michael Brück („Die Rechte“) und Axel Thieme (NPD) als Gruppe nicht anerkannt und ihnen die damit verbundenen Rechte und Geldmittel verweigert.
Es war bereits der dritte Anlauf, da die Partei „Die Rechte“ bereits ihren dritten Vertreter in den Rat entsandt hat. Siegfried „SS-Siggi“ Borchardt und Dennis Giemsch hatten jeweils nach wenigen Monaten ihr Mandat niedergelegt. Daher waren die jeweiligen Anträge auf Gruppenbildung hinfällig. Der dritte Antrag wurde am 28. Mai 2015 gestellt – um ihn geht es nun.
Gegen die Verweigerung des Gruppenstatus hatten die beiden Parteivertreter geklagt und in einem Eilantrag die vorläufige Anerkennung als Gruppe beantragt. Während im eigentlichen Hauptsacheverfahren noch nicht entschieden ist, gab das OVG dem Eilantrag nun statt.
Rechtsextreme Parteien bekommen mehr Möglichkeiten in Rat und Ausschüssen
Eine Anerkennung durch das Verwaltungsgericht in Gelsenkirchen als Gruppe im Hauptverfahren ist aber wahrscheinlich – der Beschluss und die Begründung des OVG Münster legen dies nahe. Ob es dazu kommt und ob die Stadt dann noch weitere Instanzen bemüht, ist derzeit offen.
In ihrem Beschluss machten die Oberverwaltungsrichter deutlich, dass von gemeinsamen Zielen und einer Zusammenarbeit sehr wohl auszugehen sei. Auseinandersetzungen während des Wahlkampfs seien zu vernachlässigen. Viel stärker zu gewichtigen seien die gemeinsame Anfragen.
Die Richter nahmen sogar Bezug auf den Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen: Darin werde konstatiert, dass „deren politische Ideologie und Programmatik in erster Linie durch Fremdenfeindlichkeit und Rassismus bestimmt“. Dies sehen sie als ein Argument für deren gemeinsames Wirken und damit auch für die Gruppenfähigkeit an.
Klar ist nur, dass durch den vorläufigen Gruppenstatus die beiden Ratsmitglieder auch weitergehende Rechte bekommen. So stehen ihnen künftig auch Sitze in mehreren Ausschüssen zu. Außerdem werden die beiden Rechtsextremen erneut darauf drängen, dass sie nun nebeneinander im Rat sitzen. Bisher sind die räumlich getrennt. Auch dies hatte der Stadtrat so beschlossen.
Stadt muss mindestens 40.000 Euro pro Jahr für Gruppenarbeit zahlen
Entscheidender Faktor ist aber wohl das Geld: Denn der zweiköpfigen Gruppe stehen nun rund 42.000 Euro im Jahr für Personal- und Sachkosten zu. Das sind zwei Drittel der Mittel, die der kleinsten Ratsfraktion – in Dortmund ist das die drei Ratsvertreter starke AfD – zustehen.
Nicht aus dem Beschluss hervor geht, ob die Mittel ab sofort, oder auch schon rückwirkend ausgezahlt werden sollen. Für Dr. Gudrun Dahme, stv. Pressesprecherin des OVG Münster, ist „nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen“ eine Zahlung ab Entscheidung des Gerichts in Münster zu leisten.
Allerdings könne die Stadt schon jetzt rückwirkend auszahlen. Ansonsten müsste sie es erst dann, falls gerichtlich die Gruppenbildung bestätigt ist. Ihnen stünden dann Gelder ab dem 28. Mai 2015 zu.
Offene Frage: Stehen nur Fraktionen Räume zu?
Die Neonazis fordern nun auch einen Raum im Rathaus oder einem städtischen Gebäude für ihre Gruppe. Darüber wird aber noch gesondert zu befinden sein.
Denn der Rat der Stadt Dortmund hatte noch in der letzten Legislaturperiode beschlossen, dass Räume nur Fraktionen zustehen. Daher muss wohl nun entschieden werden, ob NPD und „Die Rechte“ künftig einen Raum oder ersatzweise Geld dafür bekommen.
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Linke & Piraten
Unverständnis über Gerichtsurteil
„Mit einer Hiobsbotschaft endet diese Woche. Der Nationalsozialismus in Dortmund erhält vorläufigen Gruppenstatus im Stadtrat.“ So kommentierte Utz Kowalewski, Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE & PIRATEN am Freitag die fast noch druckfrische Anordnung des Oberverwaltungsgerichts. Dieses fordert die Stadt Dortmund auf, die beiden in den Rat gewählten Vertreter der Partei „Die Rechte“ und der „NPD“ bis zu einem möglichen Urteil in einem Hauptverfahren als Gruppe zu behandeln.
„Wir leben in einem Rechtsstaat. Deshalb akzeptieren wir das Urteil des OVG selbstverständlich. Aber wir halten es für falsch. Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen. Daher kann die verbrecherische Haltung dieser Nazis auch nicht als gleichgerichtete politische Auffassung verstanden werden, die einen Gruppenstatus rechtfertigt, sondern nur als Anschlag auf die freiheitliche demokratische Grundordnung. Einem solchen Anschlag sollten auch Gerichte keine Unterstützung gewähren“, so Kowalewski.
Die beiden Rechten, die im Rat weit auseinander sitzen und dort immer wieder durch rassistische Parolen auf sich aufmerksam machen, hatten die Klage vor dem OVG erwirkt.
„Das Urteil gilt nur bis zur rechtskräftigen Entscheidung. Dann hat das OVG die Gelegenheit, seine jetzige Entscheidung zu korrigieren. Schließlich kann es angesichts der gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen beiden Parteien im Wahlkampf nicht ausgeschlossen werden, dass eine der beiden Seiten unter Androhung von Gewalt zur Gruppenbildung gezwungen wurde. Immerhin musste ja auch ein ehemaliges Mitglied der früheren NPD-Gruppe vor den Schlägern von „Die Rechte“ ins Ausland flüchten“, so Kowalewski.
Dennoch müssten sich die Stadtspitze und die demokratischen Parteien im Rat nun mit dem Gerichtsurteil auseinander setzen. Denn als offizielles Duo hätten die beiden Männer leider mehr Rechte als ein Einzelkämpfer. Unabhängig davon stünden einer Gruppe mehr Gelder aus Steuermitteln für die politische Arbeit zu. „Auch wenn ich bei dieser rassistischen Hetze, die wir uns ständig anhören müssen, wirklich nicht von politischer Arbeit sprechen möchte“, so Kowalewski.
Für Kowalewski und alle weiteren Mitglieder der Fraktion DIE LINKE & PIRATEN steht fest: „Egal, wie sich die Situation im Rat entwickelt. Wir werden mit dieser neuen Gruppe ebenso verfahren wie mit den Vertretern der rechtspopulistischen AfD-Fraktion. Wir lehnen jedes Ansinnen aus dem rechten Lager ab.“
Grünen-Fraktion
Urteil des OVG: 45.000 Euro für rechtsradikale Propaganda, Bedrohungen und Einschüchterungen
Am morgigen 1. März beginnen die mündlichen Verhandlungen zum neuen Verbotsver- fahren für die NPD vor dem Bundesverfassungsgericht. Gleichzeitig sollen nach Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster die Ratsvertreter von NPD und DIE RECHTE als Ratsgruppe ab sofort ca. 45.000 Euro jährlich aus der städtischen Kasse bekommen.
Ingrid Reuter und Ulrich Langhorst, Sprecher*innen der GRÜNEN Ratsfraktion:
„Das ist schon schwer zu verstehen und auszuhalten: Während das oberste deutsche Gericht über ihre Verfassungsfeindlichkeit berät, sollen die Verfassungsfeinde gleichzei- tig Geld aus der städtischen Kasse erhalten. Sowohl die NPD als auch DIE RECHTE als Nachfolgeorganisation des verbotenen Nationalen Widerstand Dortmund sind rechtsextremistische, fremdenfeindliche und rassistische Organisationen. Dass ihre Mitglieder darüber hinaus auch gewaltbereit sind, zeigen die Bedrohungen und Angriffe der letzten Jahre gegen politisch Andersdenkende, Migrant*innen, Journalist*innen oder auch der Sturm auf das Rathaus am Abend der letzten Kommunalwahl. Aktuelles Bei- spiel ist die Einschüchterung von Vermietern und Mietern eines Kulturtreffs in der Nordstadt, der den Nazis politisch nicht passt.
Nicht umsonst werden sowohl NPD als auch DIE RECHTE vom Verfassungsschutz be- obachtet. Wenn sie jetzt durch ihre Anerkennung als Gruppe für ihre Mitgliedschaft im Rat Gelder bekommen sollen, dann lohnt ein kurzer Blick auf ihre bisherigen Aktivtäten. Eine ernsthafte parlamentarische Arbeit der Nazis im klassischen Sinne findet nämlich nicht statt und ist auch nicht gewollt. Jede Anfrage, jede Äußerung im Rat dient einzig der Provokation sowie der Legitimation des parlamentarischen Auftritts in den eigenen Reihen. Das zeigen auch die Inhalte ihrer Anfragen: Dabei geht es gegen EU- Zuwander*innen, Flüchtlinge, Homosexuelle, gegen Aids-kranke Menschen, gegen das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus, gegen die demokratische Jugendbe- wegung und die Organisation der Ratsarbeit. Besonders empörend war dabei die Frage nach den Wohnorten jüdischer Mitbürger*innen. Das offensichtliche Ziel auch der Rats- aktivitäten ist es, Menschen zu verunsichern, eine stete Beobachtung zu suggerieren und unausgesprochene Gewalt anzudrohen. Dafür gibt es nun demnächst auch noch städtisches Geld.
Das Oberverwaltungsgericht hat die rechtliche Zulässigkeit der Ratsgruppe bewertet. Leider spielt im Urteil der inhaltliche Aspekt keine Rolle. Ob ein Hauptverfahren ein an- deres Ergebnis bringt, ist offen. Es wäre allerdings ein richtiges Zeichen, dieses Ergeb- nis zunächst abzuwarten – auch um zu zeigen, dass wir als Stadt weiterhin nicht wider- standslos bereit sind, die Finanzierung rechtsradikaler Aktivitäten aus der Stadtkasse zu akzeptieren.
Darüber hinaus ist zu hoffen, dass das Verbotsverfahren gegen die NPD Erfolg hat. Auch dann hätte sich der Gruppenstatus erledigt.“
Stadt Dortmund
Rat der Stadt Dortmund muss Beschluss des OVG NRW umsetzen
Der Verwaltungsvorstand beschäftigte sich auf seiner heutigen Sitzung mit der Vorlage an den Rat zur vorläufigen Gewährung von Mitteln für die zweiköpfige sogenannte Gruppe der Rechtsextremisten im Rat der Stadt Dortmund. Hintergrund der Befassung des Rates ist der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts (OVG) NRW vom 25. Februar 2016.
Vor dem Hintergrund des OVG-Beschlusses sieht die Vorlage vor, der rechtsextremen sogenannten Gruppe bis zum Ende der Wahlperiode im Jahr 2020 jährliche Zuwendungen ab dem Zeitpunkt der Zustellung des Beschlusses des OVG am 25. Februar 2016 in Höhe von 45 974,07 zu gewähren. Dieser Beschluss des Rates wäre bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in dem beim VG Gelsenkirchen anhängigen Hauptsacheverfahren über die Feststellung des Gruppenstatus vorläufig.
Die sogenannte Gruppe der Rechtsextremen erhält nach den Vorgaben der Gemeindeordnung künftig finanzielle Zuwendungen in einer Höhe, deren Bezugsgröße zwei Drittel der Zuwendungen sind, die die kleinste Fraktion nach §56 Abs. 1. S. 2 GO NRW erhält oder erhalten würde. Des Weiteren steht den Rechtsextremisten eine proportionale Ausstattung zu, die ebenfalls zwei Drittel der Zuwendung an die kleinste Fraktion entsprechen.
Allerdings ist diese Vorgabe hinsichtlich der Ausstattung nicht zwingend in der Weise umzusetzen, dass die sogenannte Rats-Gruppe der Rechten Räumlichkeiten in einem städtischen Gebäude erhält. Bei Nichtüberlassung von Räumen wird ein entsprechender Geldwert nach § 56 Abs.3 S.4 GO NRW berücksichtigt (4767,40 Euro) und auf die jährliche Zuwendung von 41 206,67 Euro hinzugerechnet. Daraus ergibt sich der oben genannte Gesamtbetrag in Höhe von jährlich 45 974,07 Euro (für das Jahr 2016 anteilig in Höhe von 38 972,27 Euro). Sowohl im Rathaus, als auch im Stadthaus-Komplex stehen derzeit keine Räumlichkeiten für die Einrichtung von Büros einer politischen Gruppe zur Verfügung. Auch im näheren Umkreis gibt es keine entsprechenden städtischen Immobilien.
Der Rat wird sich mit der Vorlage auf seiner nächsten Sitzung am 17. März beschäftigen.
Grünen-Fraktion
Grüne: Zuwendungen an NPD und RECHTE – Wenn überhaupt, dann nur gegen Bürgschaften
Die Verwaltung soll prüfen, ob finanzielle Zuwendungen an die sogenannte Ratsgruppe von NPD/RECHTE nur gegen Sicherheitsleistungen (Bürgschaft) gezahlt werden können. Das sieht ein Antrag der GRÜNEN für die Sitzung des Rates in der kommenden Woche vor.
Laut Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster sind die Ratsmitglieder von NPD und RECHTE vorläufig als Gruppe zu behandeln und haben damit Anrecht auf Zuwendungen von ca. 45.000 Euro jährlich. Die Verwaltung hatte mitgeteilt, dass sie sich an dieses Urteil gebunden fühlt und die Gelder auszahlen muss.
Vor dem Hintergrund des laufenden Verbotsverfahrens gegen die NPD zahlt allerdings momentan auch der Bundestag die Gelder der gesetzlichen Parteienfinanzierung nur gegen entsprechende Sicherheiten aus.
Ingrid Reuter und Ulrich Langhorst, Fraktionssprecher*innen der GRÜNEN:
„Es ist schwer zu ertragen, dass Mitglieder rechtsextremistischer, fremdenfeindlicher und rassistischer Organisationen Geld aus der städtischen Kasse erhalten sollen.
Am liebsten wäre uns, sie bekämen keinen Cent. Das ist vor dem Hintergrund des Urteils des OVG schwierig. Allerdings sähe das bei einem NPD-Verbot schon wieder anders aus.
Zurzeit berät das Bundesverfassungsgericht über einen entsprechenden Verbotsantrag. Mit der Entscheidung wird in einigen Monaten gerechnet. Wenn das Verbotsverfahren erfolgreich ist, verliert auch das Dortmunder Ratsmitglied der NPD sein Mandat. Das sieht der Paragraph 46 des Kommunalwahlgesetzes vor: Wird eine Partei durch das Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt, so verlieren die Vertreter, die dieser Partei zur Zeit der Antragstellung oder der Verkündung des Urteils angehören, ihren Sitz. Der dadurch freigewordene Sitz im Rat bleibt anschließend unbesetzt.
Spätestens dann existiert als Konsequenz auch die sogenannte Gruppe aus NPD und RECHTEN nicht mehr. Da stellt sich natürlich die Frage: Was ist, wenn die bis zu diesem Zeitpunkt bereits gezahlten Zuwendungen nicht mehr zurückgezahlt werden können?
Diese Frage beschäftigt auch andere Ebenen. So gewährt der Bundestag vor dem Hintergrund des Verbotsverfahrens die gesetzliche Parteienfinanzierung an die NPD derzeit nur gegen Sicherheitsleistungen der Partei. Die Verwaltung sollte deshalb umgehend prüfen, ob dieses Verfahren auch hinsichtlich der Zuwendungen an die sogenannte Ratsgruppe NPD/RECHTE angewandt werden kann. Wenn die Prüfung positiv ausfällt, dann sollte ein solches Verfahren auch in Dortmund umgesetzt werden.“