Im Mai dieses Jahres startete das Projekt Nordwärts, dessen langfristiges Ziel es ist, eine Harmonisierung der Lebensqualität zwischen den nördlichen und südlichen Dortmunder Stadtteilen zu erreichen.
Die Bewohner sollen Vorschläge für die Zukunft ihrer Stadtteile formulieren
„Ein Nord-Süd- oder Ost-West-Gefälle ist in vielen Städten nicht untypisch, stellt Oberbürgermeister Ullrich Sierau zum Auftakt des abends fest. „Aber wir machen was.“
Auf zehn Jahre ist das Projekt angelegt. „Seit Mai fanden mittlerweile gut dreißig Veranstaltungen mit zirka 1500 Teilnehmern statt“, zählt Projektkoordinatorin Michaela Bonan die bisherigen Anstrengungen auf.
Im Rahmen von Beteiligungs- und Dialogveranstaltungen sollen die Bewohner und Bewohnerinnen zu Wort kommen und Vorschläge für die Zukunft ihrer Stadtteile formulieren.
Der „normale“ Nordstadt-Bewohner war eindeutig in der Minderheit.
Jetzt fand im Dietrich-Keuning-Haus, das letzte von sieben Nordforen statt.
An mehreren Themen-Tischen konnten die Besucher ihre Wünsche, die Potentiale, die Mängel und auch visionäre Vorstellungen zur Nordstadt mit dicken Filzstiften zu Papier bringen und diskutieren.
Fast hundert Personen waren der Einladung der Bezirksvertretung gefolgt und sorgten für ein volles Haus.
Viele von denen, die gekommen sind, haben berufsmäßig mit dem Stadtteil zu tun, andere sind in den politischen Gremien und Parteien im Stadtteil aktiv.
Der „normale“ Nordstadt-Bewohner war eindeutig in der Minderheit.
Im zwanzig-minütigen Wechsel ging es von Thema zu Thema
Zu den Themenschwerpunkten Flächenentwicklung, Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen, Steigerung der Umwelt- und Lebensqualität sowie Qualifizierung und Bildung wurden die Tischen Experten aus der Stadtverwaltung beigestellt.
„Warum gibt es nicht einen Tisch zum Thema Sicherheit, Ordnung und Sauberkeit“, kritisierte eine Besucherin gleich zu Beginn des „Brainstormings“.
Zuvor hatte Bezirksbürgermeister Dr. Ludwig Jörder diese Thematik, als eines der dringendsten Handlungsfelder in der Nordstadt in seiner Begrüßungsrede definiert.
Immer wieder unterbrochen vom Geläut einer Glocke wechselten die Teilnehmer an andere Tische. Einigen waren die zwanzig-minütigen Wechsel zu kurz oder sie kamen in Gegenwart der „Profis“ nicht zu Wort. Am Ende der Veranstaltung füllten sich die großen Papierbögen mit vielen Buchstaben.
Die Stadtverwaltung will in naher Zukunft die Umsetzung der Bürger-Vorschläge in konkrete Projekte prüfen
„In nächster Zeit prüfen wir in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Ämter, wie sich aus den Vorstellungen der Bürger Projekte entwickeln lassen“, verspricht Michaela Bonan von Nordwärts.
„Die weitere Planung sieht vor, dass bei konkreten Projekten das Beteiligungsverfahren fortgeführt wird“, so Bonan. Die Ergebnisse der Veranstaltung von denen nur wenige überraschten, kann man auf der Nordwärtsseite im Internet wiederfinden.
Obwohl – die Mallinckrodtstraße als Fußgängerzone – das ist doch ein schöner Gedanke.
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Wiebke Claussen
Beim Beteiligungszirkus Nordstadtforum blieben Profis weitgehend unter sich und schotteten sich durch Security ab
Das Nordstadtforum Nordwärts am 19.8. war das letzte in einer Runde von gut 30 Veranstaltungen des Stadtentwicklungsvorhabens „Nordwärts“ in den Stadtbezirken. Bürgerbeteiligung wird dabei sehr groß geschrieben, verkommt aber zur Politik-PR.
Ins Dietrich Keuning Haus waren am 19.8. Bewohner eingeladen worden, um ihre eigenen Vorschläge und Ideen zur Zukunft der Nordstadt an Dialogtischen einzubringen. Das Teilnahmeinteresse überstieg offensichtlich weit die geplante Teilnehmerzahl. Die Anmeldeliste des Onlineverfahrens wurde kurz nach Versendung der Einladung geschlossen. Leute, die sich trotzdem zum Forum eingefunden hatten, wurden auf einige frei werden Nachrückerplätze verwiesen. Etliche Leute zogen unverrichteter Dinge ab. Und eine Gruppe, die zur selben Zeit turnusgemäß einen Raum im Keuning Haus angemietet hatte, wurde wieder nach Hause geschickt mit der Erklärung: geschlossene Veranstaltung der Stadt.
Und schon bei der Ankunft hatte sich ein befremdlicher Eindruck eingestellt: ein Polizeiwagen, etliche private Security-Leute, die sich am Rande aufhielten, und eine Hundestaffel. Wogegen sollten die Security-Präsenz-Kräfte sichern?
Bereits im Eingangsbereich wurde klar, dass sich die Teilnehmerschaft des Nordwärts Forum fast zu 100% aus Leuten aus Verwaltung, Politik, sozialen Trägern, Projektträgern zusammensetzte. Die Profis blieben also weitgehend unter sich, vermakelten ihre üblichen Projektideen, schmiedeten Koalitionen und nutzten das Forum, um nichts weiter als ihre Arbeit zu tun. „Normale Bürger“ waren am 19.8. eine Randerscheinung, bedingt auch durch das Anmeldeverfahren und die viel zu gering bemessene Teilnehmerzahl. Solch ein Verhalten ist in einem Stadtteil mit einer Wahlbeteiligung von 25% skandalös.
Das Ganze wird dann als innovativer, breit angelegter Beteiligungs- und Dialogprozess und Konsensergebnis verkauft: nach außen, um Punkte für künftige Förderanträge zu sammeln und sich als Bürgerbeteiligungsstadt zu profilieren – nach innen, um eine Koalition der Macher zu schmieden und künftige Kritik abzuwehren.
Inhaltlich bewegten sich die gesammelten Ideen zwischen Aufwertungsprojekten, um Teile der Nordstadt zum überregionalen Anziehungspunkt oder zum neuen Kreuzviertel zu machen, dem S-O-S-Ruf nach Sicherheit, Ordnung und Sauberkeit sowie dem Ausgleich der Lebensqualität zwischen dem nördlichen und südlichen Dortmund. Insgesamt ist das Vorhaben „Nordwärts“ bisher nichts weiter als eine Zusammenstellung weitgehend vorhandener Maßnahmen und ohne jede Ressourcenausstattung. Aber worum geht es beim Beteiligungszirkel eigentlich?